Wie hat sich der Gothic Style entwickelt?

vom 05.09.2008, 02:02 Uhr

Ich kann ehrlich gesagt mit der Ideologie der Gothics überhaupt nix anfangen. Aber der Style, in dem sie rumlaufen, fasziniert mich wahnsinnig. Schwarze Klamotten, viel Lack, viel Netz, das ist einfach überaus sexy. Wisst ihr, wie sich diese Art sich zu kleiden entwickelt hat? Woher kommt der Gruftie-Style? Das würde mich echt wahnsinnig interessieren.

Manche behaupten ja, das sei von Johnny Cash, dem Man in Black ausgegangen, der eines Tages beschlossen hat, nur noch schwarze Kleidung zu tragen. Wisst ihr mehr darüber?

» Federmäppchen » Beiträge: 212 » Talkpoints: -0,79 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Schwarz war schon immer die Farbe, die Intellektuelle als Kleidung bevorzugten, besonders um die Jahrhundertwende zum 20. Jhdt. war es in Dichterkreisen sehr beliebt und ein Mittel sich abzugrenzen, die Avantgarde auch nach außen hin zu tragen und sich durch die eigentliche Trauerfarbe ein düsteres, vom Verfall geprägtes Image zu verpassen.

In den 80igern entwickelte sich dann die Gothicszene aus der Punkszene heraus. Im Gegensatz zum Punk pflegte diese Jugendkultur eben auch ein düsteres Image und entlehnte sich das intellektuelle Image ein wenig .

Zudem trug man Priestergewänder, spitze Schuhe, zerrissene Shirts und lange Kutten und Gewänder, die ein bisschen auch die Mode der 80iger wieder spiegelt. Zudem griff man gerne zu romantisierten, idealisierten, historischen Kleidern. Die Szenenkleidung entwickelte sich mit der Zeit natürlich auch weiter und nahm Einflüsse von Außen auf. Besonders aus dem Fetischbereich wurde die eher freizügige Kleidung aufgegriffen und Symboliken wie der Ring des O gesellten sich zu umgedrehten Kreuzen, Ankhs und Pentagrammen. Letztendlich ist die Kleidung wie auch die Weltanschauung des Gothic, falls man das vereinheitlichen kann, ein Mischmasch aus verschiedenen kulturellen Strömungen (Romantik, Dekadenz, Fin de siecle) und mystischen und historischen Lehren- Idealisierung des Mittelalters, Ästhetik der vikt. und elisabeth. Englands- Keltentum- Neuheidentum- Fantasy- usw.

In neuerer Zeit hat das Gothicoutfit viele neue Einflüsse aus der Rockabillyszene erfahren: Schwalben, Sterne, Pünktchen, weite Röcke und Schmalztolle sieht man immer häufiger, teilweise wird auf Szenenpartys sogar Rock der 50/60iger gespielt. Zudem ist ein großer Teil der Ästhetik aus der Manga/Anime und Gothiclolitaszene aus Japan herübergeschwappt, eine Quelle aus der auch Tokio Hotels Bill seinen Stil gebildet hat. Desweiteren wird Gothicmusik zunehmend von Einflüssen aus dem Elektro/ Cyberpunk- Milieu beeinflusst. Atemmasken, bunte Puschelstulpen, Knicklichter und bunte Plastikhaare kommen immer mehr auf und sind auf den Partys und Festivals genau so wie Mädels im Reifrock, Lackmini, Bondagehose oder Mittelaltergewand verbreitet.

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» Feuerputz » Beiträge: 1415 » Talkpoints: 7,29 » Auszeichnung für 1000 Beiträge


Ich kann mich Feuerputz nur anschließen. Ich höre die Musik gerne. Früher habe ich mich auch viel schwarz gekleidet. Aber das hat dann irgendwann nachgelassen. Ich mag die Kleidung der Gothics auch sehr gerne. Gerade die Kleider, die es da gibt. Und die Röcke und Oberteile mit Trompetenärmel und die etwas romantisch gemacht sind. Aber leider sind die Sachen auch recht teuer.

Aber es scheint ja immer mehr Gothic- Shops zu geben und auch im Internet bekommt man die Kleidung immer häufiger.

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» Nelchen » Beiträge: 32238 » Talkpoints: -0,25 » Auszeichnung für 32000 Beiträge



Tja, dann oute ich mich mal als jemand, der sich recht nahe an den Gothic-Kreisen bewegt. Zuerst sei einmal gesagt, dass es den Bilderbuch-Goth eigentlich nicht gibt. Die Szene ist derart vielschichtig geworden, dass es selbst dann noch schwer würde alle zu kategorisieren, wenn man noch 20 Unterarten einführt.

Wie Feuerputz schon geschrieben hat, ist es mittlerweile ein Mix aus allem möglichen. Hauptsache es ist größtenteils schwarz, romantisch, cyberdelisch oder einfach nur obskur was den Kleidungsstil angeht. Warum du "überhaupt nichts" mit der Ideologie dieser Szene anfangen kannst ist mir allerdings schleierhaft. Ich vermute einfach mal dass du dich bisher noch nie mit den Idealen der Gothic Szene auseinander gesetzt hast um solch eine Aussage treffen zu können.

Goths sind mit Abstand das Volk mit der geringsten Gewaltbereitschaft, ganz im Gegensatz zur Punkbewegung aus der die Szene ursprünglich entstanden ist. Man beschäftigt sich mit Fragen der Existenzphilosophie, seinen Platz in der Gesellschaft und der Selbstverwirklichung. Aber auch Kunst, Individualismus und Kritiv an der konservativen Schicht der Bevölkerung spielen eine Rolle. Den Glaube an Satan, Hexen oder Geister wirst du in der Gothic Szene nicht finden, auch wenn das leider ein weitverbreiteter Irrglaube ist. Ganz im Gegenteil, Leute die dies tun hätten es in der Szene sogar recht schwer Fuß zu fassen.

Nicht falsch verstehen, ich will dir nicht mein Weltbild aufzwingen (das hat bei mir ja offensichtlich auch nicht funktioniert :) ). Jedoch sieht es stark danach aus, dass du nur vom hören-sagen etwas über die Szene weist. Les dich mal auf Wikipedia schlau, und du wirst bestimmt feststellen, dass es unter den Goths noch ganz andere gute Dinge gibt außer der schönen Kleidung.

Nun aber mal zum eigentlichen Thema: Der Kleidungsstil der Goths lässt sich wohl am ehesten aus der Punk- und New Wave Szene ableiten, wenngleich es auch noch einige andere kleinere Faktoren gab, die mit hineinspielten wie Rock und Metal, ebenso wie die allgemeinen Modetrends der 80er Jahre. Recht schnell folgten auch Einflüsse aus anderen Epochen, allen voran die Renaissance und das viktorianische Zeitalter, woraus sich im Laufe der Jahre dann der heutige Gothic Look (im weitesten Sinne) entwickelt hat.

Eigentlich kann man aber gar nicht von "einem" Gothic-Stil reden. Es gibt viele verschiedene Stile, die bevorzugt eben von Goths getragen werden. Das geht von Hosen mit Ketten und Totenschädeln bis zum viktorianischen Kleid mit Korsett und Maske. Dann gibt es noch die sogenannte Cyberwear, welche viel blankes Metall und schwarzen Stoff beinhaltet. Teilweise erinnert dieser Kleidungsstil schon eher an eine Chromrüstung als an normale Kleidung.

Dann haben wir noch die Nadelstreifen-Fraktion. Hier sind Schnitt und Aussehen eher an Herrenanzügen orientiert aus Stoff mit Nadelstreifen-Muster. Herrenröcke sind auch recht verbreitet in der Szene. Diese gehen vom einfachen gewickelten Rock aus simpler schwarzer Baumwolle bis hin zu Lack mit Nieten und Ketten. Die Liste könnte eigentlich täglich erweitert werden, da in der Gothic-Szene auch immer wieder gerne experimentiert wird (in einem gewissen Rahmen). Es gibt einige Leute (allen voran natürlich die Damen), die sich ihre Sachen auch selbst schneidern und immer wieder frischen Wind in den ohnehin vorhanden Kleiderdschungel bringen.

Ich für meinen Teil kleide mich zwar schwarz, jedoch verliere ich auch die Alltagstauglichkeit nicht aus den Augen, da ich damit auch zur Arbeit gehe. Die ganz krassen Sachen findet man bei mir also nicht im Kleiderschrank. Es ist zwar nicht üblich dass man hier auf Talkteria ein Bild von sich postet (zumindest habe ich hier noch nie eines gesehen außer meinen eigenen Bildern aus meinem Making Of Bericht), aber es ich denke ich an der Zeit dass ich da mal ein Tabu breche :D

Bildlink.

Man muss also nicht gleich als schwarzer Papagei rumlaufen, damit man jemand ansieht, dass er dem Nachtvolk wohlgesonnen ist. :D

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» PitDesign » Beiträge: 375 » Talkpoints: -1,22 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ich gehöre auch zur Gothic-Szene - und weiß aus Erfahrung, dass Goth nicht gleich Goth ist - kann mich demzufolge meinem Vorredner nur anschließen. ;)

Bei den meisten Treffen ist ein bunter Mischmasch von schräg bis romantisch wohl am ehesten zu sehen. Lack und Leder hat eigentlich weniger mit Goth zu tun und gehört eher in die Fetischecke, die sich im Schmelztiegel der Andersartigen ja auch besonders wohlfühlen. Aber mir gefällt der Goth-Romantik-/Barock-/Renaissance-Look einfach am besten. :)

» Romy » Beiträge: 9 » Talkpoints: 2,65 »


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