Frauen in Männerberufen - wie denkt ihr darüber?

vom 31.08.2008, 20:58 Uhr

Hallo Talkterianer,

Und zwar möchte ich heute mal von euch wissen, wie ihr es seht, dass es immer mehr Frauen in reinen "Männerberufen" gibt. Es soll ja mittlerweile verstärkt vorkommen, dass sich Frauen in reine "Männerdomänen" reinwagen und dort auch sehr gut Fuß fassen und erfolgreich sind.

Ich selbst habe ja vor 7 Jahren meine Ausbildung zur Industriemechanikerin gemacht und wir waren damals 3 Frauen in meiner Berufsschulklasse, aber auf der gesamten Schule wirklich eine Rarität. Nach der Ausbildung hat meine direkte Kollegin eine zweite Ausbildung zur Physiotherapeutin begonnen (mittlerweile ist sie fast fertig), die andere ist, wie ich, in ihrem Beruf geblieben und wir bilden uns berufsbegleitend und auch berufsbezogen weiter.

Was mir aber aufgefallen ist, als ich vor gut 3 Jahren auf Jobsuche war, dass man als Frau mit einem Männerberuf noch immer seltsam angeschaut wird bei den Vorstellungsgesprächen. Und auch sehr oft hinter vorgehaltener Hand gesagt bekam, dass man als Frau keine Chance hat und lieber ein Mann stattdessen eingestellt wurde. Das ist sicher deprimierend, aber ich habe nicht aufgegeben und schlußendlich eine gute Stelle gefunden. Auch als ich jetzt vor 3 Monaten wieder auf Jobsuche war, war es ungefähr das gleiche Bild. Wiedermal wurden bevrzugt Männer eingestellt, was ich absolut nicht nachvollziehen kann. Denn ich habe den Beruf ja gelernt, weil es mein Traumberuf ist und ich somit weiß, was alles an Arbeiten auf mich zukommt. Ich wußte also um die Folgen, wenn ich einen solchen Beruf erlerne und weiß auch damit umzugehen. Auch habe ich mit den überwiegend männlichen Kollegen kein Problem und kann mich verbal durchsetzen, sollte mal ein blöder Spruch kommen. Und der kommt öfter, wie man meint :lol: Aber man lernt auch, damit umzugehen und erarbeitet sich somit den entsprechenden Respekt bei den Kollegen und den Vorgesetzten, wenn man sich da weiß, durchzusetzen.

Die kuriosteste Frage, die ich mir während meiner Bewerbungsphase anhören durfte war: "Tragen sie als Frau denn auch wie ihre männlichen Kollegen einen Blaumann?". Was soll man denn darauf antworten? Sicher erscheine ich angemessen in Arbeitskleidung zur Arbeit und möchte keine "Extrawurst". Auch bei der Behandlung vom Chef oder der Bezahlung möchte ich als Frau nach meiner Leistung und meines Wissensstandes bezahlt werden. Und bis jetzt habe ich in der Hinsicht auch keine negativen Erfahrungen gemacht. Auch konnte ich mich bei diversen Lohnverhandlungen immer durchsetzen und habe das bekommen, was ich meine, was mir für meine Leistung zusteht. Natürlich auch gemessen an den Leistungen meiner ausschließlich männlichen Kollegen.

Viele Firmen stellen auch mittlerweile bevorzugt Frauen in solchen Berufen ein (wie ich in einigen Vorstellungsgesprächen heraushören konnte) und die Begründung dafür sieht so aus: Frauen würden sorgfältiger arbeiten, kämen weniger oft zu spät, arbeiten oft vorausschauender und vor allem leisten Frauen öfter "mehr", weil sie immer das Gefühl haben, sie müßten sich und dem Chef etwas beweisen. Außerdem wären Frauen belastbarer und flexibler einsetzbar. Hinzu kommt auch noch, dass Frauen mehrere Dinge gleichzeitig gleich gut ausführen könnten.

Bei mir selbst kann ich das eigentlich auch beobachten. Jedenfalls einige der Punkte. Und zwar bin ich eigentlich nie zufrieden mit dem, was ich mache. Es ist nie so perfekt, wie ich es gerne hätte und auch mit der Ausführung bin ich selten zufrieden. Und bei der Qualität der von mir produzierten Teile bin ich sehr penibel. Auch versuche ich immer wieder, den Produktionsablauf zu optimieren und somit effektiver zu arbeiten. Manchmal denke ich auch, dass ich zu kritisch mit mir bin und einfach auch mal 5 grade sein lassen sollte. Aber das widerspricht dann meiner Einstellung und so falle ich wieder in mein altes (und bisher bewährtes) Arbeitsmuster zurück.

Nun meine Frage an euch: Findet ihr es gut, dass sich immer mehr Frauen für "typische" Männerberufe wie Industriemechaniker, Automechaniker, Schreiner etc interessieren oder seht ihr da Probleme drin? Sicher ist es so, dass man in gewissen Berufen als Frau nicht das gleiche leisten kann, wie ein Mann (ich denke da an schweres Heben) aber Frau gibt sich doch Mühe und es gibt ja auch Hilfsmittel, die einem (auch den Männern) das Arbeiten erleichtern.

Mein letzter Chef hat, als ich jetzt gekündigt habe, wieder eine Frau auf meine Stelle eingestellt, und das, obwohl es wirklich körperlich schwere Arbeit ist mit regelmäßigem schwererem Heben und großer Verantwortung. Und hinzu kommt, dass er einige gute Bewerbungen von Männern hatte. Ich finde es aber gut, dass er ebenso Frauen einstellt und diese den Männern gleich behandelt.

Also, wie seht ihr das: Ein Ja zu Frauen in Männerberufen oder doch eher ein verhaltenes Jein. Oder meint ihr, es kommt auf die Frau an und den Beruf, den sie ausüben will?

Gibt es hier denn noch mehr Frauen in "typischen" Männerberufen oder welche, die den Wunsch hegen, nach der Schule einen solchen zu erlernen? Wenn ja, was habt ihr gelernt oder was wollt ihr machen? Ich bin gespannt auf eure Meinungen, Erfahrungen und Beiträge.

LG P-P

Benutzeravatar

» P-P » Beiträge: 3246 » Talkpoints: 1,58 » Auszeichnung für 3000 Beiträge



Hallo!

Ich finde es gut, wenn Frauen auch in sogenannten Männerberufen arbeiten und meine Tochter zum Beispiel hat meine vollste Unterstützung. Sie ist im 2. Ausbildungsjahr zur Tischlerin und ist sehr glücklich mit ihrer Berufswahl.
Sie hat sich in der firma beworben und ist sofort angenommen worden. diese Firma nimmt jedes Jahr Auszubildende an und jedes Jahr ist mindetens 1 Mädchen unter den Auszubildenden. Ich würde das immer wieder unterstützen.

Da ich es in meiner Berufswahl sehr schwer hatte vor ca. 30 Jahren finde ich das wirklich gut. Meine Mutter wollte nicht, dass ich in die Männerdomäne einsteige. Automechanikerin wäre damals mein Traumberuf gewesen. aber wahrscheinlich war das in der Zeit wirklich noch nicht so "anerkannt".

Benutzeravatar

» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Ich bin mir zwar nicht sicher, ob mein Beruf auch zu den "Männerberufen" gehört, allerdings bin ich als weibliche Informatikerin eindeutig in einer Männerdomäne und merke das immer wieder. In meinem Semester waren wir damals 3 Damen und gut 80 Herren, also durchaus eine Minderheit. Allerdings haben alle Damen durchgehalten, während zum Ende des Grundstudiums einige Herren schon gegangen sind (Studium abgebrochen, Richtung gewechselt).

Meine Wahl habe ich bis heute nicht bereut, auch wenn ich zwischenzeitlich mal überlegt hatte, mit etwas ganz Anderem mein Geld zu verdienen, die Informatik aber immer weiter nebenher zu betreiben. Das lag aber einfach daran, dass es so aussah, als würden einige Kunden wesentlich verhaltener in IT-Dienstleistungen investieren und neue Kunden waren schwierig zu akquirieren. Jetzt läuft es aber wieder besser und ich bilde mich in meiner Wunschrichtung weiter.

Auch andere Frauen, die in "typischen Männerberufen" arbeiten sind mit ihrer Wahl zufrieden und arbeiten weiter darin, obwohl es mit Sicherheit nicht immer einfach ist und man sich als Frau noch immer ein dickes Fell halten sollte.

Inzwischen sind auch etliche Chefs der Meinung, dass Frauen in Männerberufen durchaus ihren Mann stehen können. Denn (das ist auch meine Erfahrung), wer sich als Frau für einen Männerberuf entscheidet (gilt auch umgekehrt), der tut das sehr bewusst. Diese Menschen haben sich schon sehr genau darüber informiert, was sie in dem für ihr Geschlecht eher untypischen Beruf erwartet und auch über eventuell auftretende Schwierigkeiten und gehen so ganz anders damit um.

Was man aber auch als Frau bedenken sollte, wenn man in einer Männerdomäne Fuß fassen möchte: die wenigsten Chefs wollen Kerle mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen. Die meisten wollen Frau, wegen der positiven Eigenschaften, die uns Frauen nun mal zugeschrieben werden. Bei mir ist ganz oft so gewesen, dass ich noch mal die farbliche Gestaltung prüfen sollte, weil Frauen einfach ein besseres Gespür dafür hätten :wink:

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Hallo P-P,

Ich finde es völlig in Ordnung, wenn eine Frau einen "Männerberuf" macht. Genauso habe ich nichts gegen Männer in "Frauenberufen". Um genau zu sein, fände ich es schön, wenn es gedanklich diese Klassifizierung von Berufen als "Frauenberufe" oder "Männerberufe" gar nicht gäbe. Ich finde, jeder, der körperlich und geistig geeignet dafür ist, sollte den Beruf annehmen können, den er annehmen möchte. Da sollte es keine Vor- oder Nachteile wegen des Geschlechts geben.

Ich übe keinen typischen Männerberuf aus, denke ich mal. Ich studiere aktuell Geschichte und Germanistik. Dabei habe ich gleichermaßen weibliche wie auch männliche Dozenten. Bei Sprachen redet man ja immer davon, dass das besonders für Frauen typisch sei, sich damit zu befassen, und wir haben tatsächlich viele weibliche Studenten in der Germanistik. Aber eben auch männliche und auch männliche Dozenten. In der Geschichte, was eher als "Männergebiet" gilt, sieht es ähnlich aus, mit einem leichten Männerüberschuss. Irgendwie ist das aber alles nicht so tragisch und hält sich ungefähr die Waage.

Benutzeravatar

» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Hallo,

ich bin eine Frau, die sich in eine Männerdomäne wagt. Ich studiere Informatik im 7. Semester und mache im März hoffentlich meinen Abschluss. Dieser Männerberuf hat zwar nichts mit Schreiner, Mechaniker oder so gemein, aber viele Frauen gibt es in der Informatik trotzdem nicht. Wir hatten am Anfang drei im Semester und ich bin jetzt die einzige Frau, die im März den Abschluss macht.

Problematisch finde ich es nicht als Frau in einem Männerberuf zu arbeiten. Man muss in einem solchen Beruf allerdings oft lernen mit der Gesellschaft von Männern klar zu kommen, da es nicht immer Frauen in den Firmen gibt, in denen man arbeitet. Ich habe mein Praxissemester in der Zweigstelle einer Firma gemacht. Dort haben nur Männer gearbeitet und habe dabei wie auch im Studium gelernt, dass reine Männergesellschaften eben oft anders scherzen. Wenn man sich allerdings daran gewöhnt hat ist alles super.

Im Praxissemester habe ich noch keine schlechten Erfahrungen gemacht was irgendwelche Vorurteile angeht.

Im Verlauf meines Studium musste ich allerdings das ein oder andere Mal feststellen, dass so mancher Professor mich nicht für voll nimmt. Einer hat mir im Labor die leichtesten Fragen gestellt obwohl ich natürlich die schweren auch gewusst hätte. Als ich in der Klausur dann eine eins hatte war er total überrascht :wall: Der Herr ist nun mal vom älteren Kaliber, deshalb will ich ihm das auch gar nicht vorwerfen.

Ein anderer Professor scheint mich für blöd zu halten. Er nimmt mich im Labor nicht für voll und ist jedes Mal hoch begeistert wenn ich eine eins schreibe (und ich schreibe fast nur einsen bei ihm...). Und das obwohl ich in einem Fach meine Laborgruppe quasi angeleitet habe und die Versuche dirigiert habe. Ebenso melde ich mich in seinen Vorlesungen immer und bringe mich ein. Ich weiß nicht ob das daran liegt, dass ich eine Frau bin oder ob er mich wegen meiner Art nicht für voll nimmt.

Als ich wegen meinem Praxissemester Vorstellungsgespräche hatte, habe ich auch so einiges erlebt. In jedem Gespräch kam die Frage "Wie komme Sie als Frau auf die Idee Informatik zu studieren?".

Abgesehen davon habe ich nicht viel Negatives zu berichten. Mir macht mein zukünftiger Beruf Spaß und den lasse ich mir von Männern nicht vermiesen.

Benutzeravatar

» Habbelchen » Beiträge: 127 » Talkpoints: 0,72 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^