Arm trotz Arbeit - Wie kann so etwas passieren?

vom 26.08.2008, 11:20 Uhr

Sowohl mein Freund als auch ich gehen beide Arbeiten. Jedoch muss ich zugeben das wir die meiste Zeit im Jahr keine großen Sprünge machen können. Klar wir leisten uns auch mal das ein oder andere, aber Urlaub haben wir zum Beispiel schon seit Jahren nicht mehr gemacht, was sicherlich nicht nur daran liegt, dass wir hier vier Meerschweinchen haben die in dieser Zeit auch versorgt werden müssen.

Vor ein paar Jahren war es so, dass sowohl mein Freund und ich arbeiten gegangen sind, bei einem befreundeten Paar war es jedoch so, dass die Freundin arbeiten gegangen ist und der Freund zu Hause war. Diese konnten sich dann einen Urlaub leisten und auch so noch etliches. Wenn ich dann höre, jemand der Arbeitslos ist kann keine großen Sprünge machen oder jemand mit Hartz 4 würde es so schlecht gehen, dann könnte ich immer an die Decke springen.

Kennt ihr diese Situation? Wie kann so was sein?

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» Laufmasche » Beiträge: 7540 » Talkpoints: -37,09 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Eben in den Nachrichten haben sie gesagt, dass es bald keine Mittelschicht mehr geben soll. Die , die früher Mittelschichtverdiener waren sind heute Unterschichtverdiener und kommen, wenn sie Glück haben grade mal an Hatz 4 ran und können evt. noch Zuschüsse bekommen. Die Oberschicht allerdings hat jedes Jahr gute Gehalts und Lohnerhöhungen und die Löhne dort werden immer weiter steigen.

Ich denke, weil die Politiker genug verdienen, sie nicht so sehr an die Leute denken, die weniger verdienen, sondern den "Großen" eher Zugeständnisse machen.

Urlaub? Was ist das? Ich habe seit Jahren keinen Urlaub mehr gehabt. Wir sind nur die "Kleinen" und können uns den nciht leisten.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Diamante hat geschrieben:Die Oberschicht allerdings hat jedes Jahr gute Gehalts und Lohnerhöhungen und die Löhne dort werden immer weiter steigen.

Ich denke, weil die Politiker genug verdienen, sie nicht so sehr an die Leute denken, die weniger verdienen, sondern den "Großen" eher Zugeständnisse machen.

Na der direkte Zusammenhand zwischen Politikern, die bekanntermaßen nicht in der freien Wirtschaft während ihrer Amtszeit aktiv sind, und Betrieben, die ihren Arbeitnehmern die Löhne erhöhen (oder nicht) würde mich mal wirklich interessieren. Wird dann in Berlin darüber abgestimmt, dass Handwerksmeister Schmidt seinen Arbeitern den Lohn nicht erhöhen darf aber Siemens seinen Managern mehr bezahlen darf? Ich glaube Du hast da eine völlig falsche Vorstellung wie das ganze in der Realität ineinander hakt, klingt mal wieder sehr nach Stammtisch und "morgens erstmal BILD!", genau wie das

Diamante hat geschrieben: Die , die früher Mittelschichtverdiener waren sind heute Unterschichtverdiener und kommen, wenn sie Glück haben grade mal an Hatz 4 ran und können evt. noch Zuschüsse bekommen.

Klar. Alle! Es gibt im Grunde keine Mittelschicht mehr! Da frag ich mich lediglich warum die Mittelschicht sowohl die meisten Betriebe, Jobs, und "Mitglieder" stellt wenn die doch alle der Unterschicht angehören (denn die Zugehörigkeit wird vor allem über die Löhne und Gehälter deklariert). Man sollte mal die Kirche im Dorf lassen, vernünftige Quellen lesen und dann feststellen dass es natürlich Auf- und Abwärtsbewegungen zwischen den Schichten geht und die Mittelschicht am unteren Rand in letzter Zeit stärker ausgedünnt wurde bzw. Migrationen häufiger waren - nur wir reden hier vielleicht von 500.000 - 600.000 Menschen bei über 40 Millionen! Und die meisten haben auch wieder den Weg zurückgefunden, was nichts besonderes ist wenn 10 Euro mehr oder weniger über die Zugehörigkeit zu der einen oder anderen Gruppe entscheiden.

Zur Situation mit deinen Bekannten - ich versteh das Problem grad nicht, das ist doch das normalste der Welt. Wenn einer soviel verdient, dass es locker für 4 Personen reicht und 2 Menschen verdienen halt sowenig, dass sie halt nur damit auskommen: Das ist der Lauf der Lebens. Da könnte ich jetzt dutzende Beispiele auch aus meinem Bekanntenkreis bringen: Der Mann Bankdirektor oder Arzt, die Frau zuhause, fahren 3 mal im Jahr in den Urlaub - bei anderen arbeitet der Mann auf dem Bau, die Frau putzt, und viel bleibt nie übrig.

Und wie sowas sein kann? Ich würd mal sagen, mangelnde Qualifikation bzw. der andere ist einfach besser qualifiziert und bekommt deswegen in der Regel auch mehr. Man zahlt einem leitenden Angestellten ja auch seit Uhrzeiten mehr als einem Korbflechter.

» KrashKidd » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Weder ich putze, noch war oder ist die Bekannte so angestellt, dass sie für mehrere Personen das Einkommen hätte. Die Bekannte ist im Kindergarten tätig, als Kindergärtnerin. Also es war wirklich schon so, dass der Bekannte vom Staat genug bekommen hat, das er seinen Urlaub selbst finanzieren konnte.

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» Laufmasche » Beiträge: 7540 » Talkpoints: -37,09 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Tj, dann liegt die höhere Qualifikation bei dem werten Mann eben darin, dem Amt ordentlich etwas aus dem Kreuz zu leiern oder ALG & "unversteuertes Einkommen" zu kombinieren. Denn letztendlich läuft es immer darauf hinaus, dass das andere entweder besser haushalten oder eben mehr verdienen, egal wie.

Und das ganze ist so allgemein gehalten - bekommt er ALG I? Na dann wundert es nicht. Bekommt er ALG II? Dann scheinen die beiden das schon trickreicher anzustellen (z. B. Amt + Schwarzarbeit oder schummeln über Bezugsscheine).

» KrashKidd » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich habe vielleicht nicht die Ahnung, wie du sie hast und bin auch vielleicht nicht so gebildet. Aber ich denke, dass ich schon ein wenig denken kann und auch zuhören kann und heute in den nachrichten wurde immer wieder darauf hingeweisen, dass die Löhne und Gehälter in den letzten Jahren von der sogenannten Mittelschicht eher runtergegangen sind und diese sogenannte Mittelschicht nun eher zur Unterschicht gehört, während aber die Löhne und Gehälter der "höheren" Leute sich jedes Jahr um mehrere Prozent erhöhen.

Und da das nicht in den 12 Uhr Nachrichten von irgendeinem Sender kam, sondern in seriösen Nachrichtensendern, denke ich schon, dass da auch was dran ist.

Und genau aus dem Grund verlieren immer mehr Menschen die Lust auch Arbeiten zu gehen, was ich sehr schade finde. Ein Nettogehalt von nicht mal 1400 Euro ist doch schon ein guter Verdienst heuzutage. Nur darüber lachen die meisten, die eben zu der sogenannten Oberschicht gehört. Aber selbst qualifizierte Leute verdeinen heuzutage in einer Zeitarbeitsfirma nicht mehr und man kann kaum eine andre Arbeit heutzutage finden, wenn man nciht grade studiert hat.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


Der Totentanz für den Mittelstand wird doch seit ein paar Jahren immer wieder mal getanzt, aber bis jetzt gibt es ihn auch weiterhin. Ich kenne die genauen Einkommensgrenzen nicht, aber mit 1400 Euro (oder 2800 DM) gehörte nie jemand in den Mittelstand. Das sind doch alles nur Jammermeldungen für Leute, die sowieso nie dazugehörten. ;)

Und diese Runterrechnung von Einzelfällen, die jemand kennt, der jemand kennt, die kann ich schon gar nicht haben. Das mag in medizinischen Themen ja noch irgendwas bringen als Anregung, in gesellschaftspolitischen Diskussionen hingegen wird das zu Recht als Stammtischpolemik abgekanzelt.

Es wissen die Nachbarn ja sowieso immer am besten, wer was verdient, arbeitet, schwarz arbeitet oder dass das alles nicht mit rechten Dingen zugehen kann. Und dieser Neid auf das, was andere angeblich unverdient haben, was man selbst ja viel mehr verdient hätte, ist noch schlimmer, denn er übersieht geflissentlich, was der andere dafür leistet, wenn es nicht ins Bild paßt!

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» Karen 1 » Beiträge: 1344 » Talkpoints: 0,40 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Natürlich gibt es auch Lohnstagnation in der Mittelschicht, nur muss man da auch mal genauer hinsehen. Die Mittelschicht ist in Deutschland so breit angelegt, dass diese von der unteren Mittelschicht über die mittlere bis zur oberen reicht - und die Einkommen in der Mittelschicht sind sehr verschieden sowie die Berufsgruppen. Dazu kommt, die Definitionsfrage nach Untersuchendem (WHO, DIW, usw.), aber die lass ich mal außen vor.

Und nur zur Übersicht (auf Basis des Medians des DIW) bei 2 Personen in einem Haushalt:
- gemeinsames Einkommen von mehr als 1.400 Euro = untere Mittelschicht
- gemeinsames Einkommen von mehr als 2.000 Euro = mittlere Mittelschicht
- gemeinsamen Einkommen von mehr als 3.000 Euro = obere Mittelschicht

Der Median bezeichnet den Durchschnitt, also den Durchschnittsverdiener, die Zugehörigkeit wird prozentual definiert also 70 % vom Durchschnitt = untere Mittelschicht, 150 % vom Durchschnitt = obere Mittelschicht usw. Wenn der Durchschnitt jetzt natürlich mehr verdient dank Lohnerhöhung (hier zählen 400 Jobs genauso wie das Einkommen von Top Managern) und nach oben rutscht aber der untere Rand nicht, fällt dieser rechnerisch aus der Statistik, auch ohne echten sozialen Abstieg. Und eine (deutliche) Lohnerhöhung ist bei Angehörigen der höheren Berufe prinzipiell wahrscheinlicher als bei denen der "niederen".

Mal als Rechenbeispiel: Gruppe A verdient unter`m Strich z. B. als Schlosser 1.400 Euro und gehört damit der unteren Mittelschicht an. Gruppe B verdient als z. B. leitende Angestellte 2.000 Euro und gehört damit der Mitte an.

Jetzt bekommt Gruppe B eine Gehaltserhöhung von einem Euro, Gruppe A nicht, so dass sie also 2001 Euro verdient (es reicht schon ein Cent) und damit wird der Schnitt so "stark" angehoben, dass Gruppe A rausfliegt, da sie somit 70 Cent unter dem Schnitt liegen.


Und so sieht es in der Realität oft aus, dass hier Geringfügigkeiten von ein paar Euro Unterschiede ausmachen wie Unterschicht / Mittelschicht. Das funktioniert auch nach oben, also dass jemand mit einem Einkommen von meinetwegen 4.000 Euro schon rechnerisch zur Oberschicht gehören kann - hier aber genauso gut Menschen mit 120.000 Euro Monatseinkommen dazugehören und es sich hierbei wohl selten um Menschen des gleichen Schlags trotz der gleichen Schicht handelt.

Und da Löhne prozentual im Schnitt nicht gleichermaßen stark angehoben werden ist es auch klar, dass hier Angehörige der unteren Mittelschicht abrutschen müssen, denn 2,1 % Lohnsteigerung bei 2.000 Euro macht eben mehr aus als 2 % bei 1.400 Euro (da eben tendenziell höhere Berufsgruppen bessere Lohn- und Tarifabschlüsse nach Gehaltsverhandlungen erzielen).

Unterm Strich: Im Grunde ändert sich da gar nichts und die Abwanderung von der unteren Mittelschicht in die Unterschicht ist selten ein echter sozialer Abstieg - genausowenig wie jemand unter normalen Umständen schnell von der mittleren Mittelschicht in die Unterschicht absteigt, das sind in der Masse Randerscheinungen. Und nur so: Rein rechnerisch müsste eine alleinstehende Frau bei einem Einkommen von 1300 (Unterschicht) nur ein Kind bekommen und schon wäre sie dank Kindergeld in der Mittelschicht. Dass das ganze aber in der Realität eher ein finanzieller Abstieg denn Aufstieg ist muss man da aber wohl nicht erwähnen. Daher greift man auch noch kaum auf die Defintion des 3 Schichtsystems zurück, weil zu ungenau - sowas wird wirklich nur noch für "einfache Botschaften ans Volk" verwendet.

» KrashKidd » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Ich denke "arm" ist eine Definitionssache, oder? Es kommt immer drauf an, welche Ansprüche man hat. Ich kann arm sein, wenn ich in einer 5 Zimmer Wohnung wohnen will, obwohl mir aber 3 reichen würden und diese größere Wohnung dann mein Budget überschreitet. Ich kann auch arm sein, wenn ich mir unbedingt einen Porsche finanzieren muss, obwohl ich lediglich mit einem Fahrzeug zur Arbeit kommen muss.

Es ist schon wahr, dass viele Jobs echt unterbezahlt sind, leider. Darunter fallen viele handwerkliche Berufe wie Mechaniker, Frisör oder auch Kassiererin. Ich finde das auch eine absolute Ungerechtigkeit. Trotzdem muss man eben manchmal seine Bedürfnisse und Ansprüche seinen finanziellen Möglichkeiten anpassen. Unter Umständen muss man dann gar nicht mehr arm sein, trotz gleicher/ähnlicher Lebensweise.

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» SunflowerJule » Beiträge: 126 » Talkpoints: -1,47 » Auszeichnung für 100 Beiträge


Karen 1 hat geschrieben:Der Totentanz für den Mittelstand wird doch seit ein paar Jahren immer wieder mal getanzt, aber bis jetzt gibt es ihn auch weiterhin. Ich kenne die genauen Einkommensgrenzen nicht, aber mit 1400 Euro (oder 2800 DM) gehörte nie jemand in den Mittelstand. Das sind doch alles nur Jammermeldungen für Leute, die sowieso nie dazugehörten. ;)

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Mein Mann hat früher im gleichen Beruf aber in einer anderen firma zu DM Zeiten aber seine 3500 Euro raus gehabt. Er musste aber die Arbeitsstelle wechseln, weil der Betrieb Mitarbeiter abgebaut hatte. Dann hat er im gleichen Beruf in einer Zeitarbeitsfirma gearbeitet und jeden Monat ein nettolohn von 1200 Euro gehabt. Nun hat er zwar wieder eine feste Arbeit nicht in einer Zeitarbeitsfirma, aber verdient nicht annähernd das, was er zu DM Zeiten verdient hat.

Die Medien berichten ja, dass immer mehr Leute bei gleicher Arbeit und gleichem Beruf weniger bekommen als vor Jahren. Zu DM Zeiten wären wir also mittlere Mittelschicht gewesen und jetzt, wo wir weniger als 1400 Euro netto haben , sind wir unter der untersten Mittelschicht.

Und das bei immer steigenden Lebenserhaltungskosten.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge


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