Nicht nach Meinung gefragt - und trotzdem zu hören bekommen?
In der letzten Zeit ist mir verstärkt ein Phänomen aufgefallen, das ich mehr oder weniger regelmäßig wahrnehmen kann. Und nun würde mich interessieren, ob es auch Euch so geht wie mir:
In den letzten zwei Jahren packen mein Mann und ich relativ viele Projekte an, die unser Leben betreffen. Das können Umzüge sein, Jobveränderungen, unsere Fernstudien, Urlaube oder sonstige private Pläne.
Jedenfalls ist bei uns relativ viel los gewesen und es gibt öfter mal was Neues bei uns, von dem natürlich auch der eine oder andere erfährt, hauptsächlich sind das Freunde und Familien, je nachdem, wie wichtig diese Neuerungen sind und ob man darüber erzählen sollte oder eben nicht.
Es kommt also dazu, dass ich über irgendeinen Beschluss erzähle, den wir gefasst haben, aber ich tue das nicht mit einer Fragestellung, sondern einfach als Kundgebung, als Aufklärung quasi. Und jedesmal bin ich wieder überrascht, weil derjenige, dem ich gerade von unserem Beschluss erzählt habe, seine Meinung dazu abgeben muss, manchmal sind das richtig umfangreiche Ratschläge, die mich nicht interessieren, mir nicht weiterhelfen oder die ich grundsätzlich auch nicht hören wollte.
Als Beispiel könnte ich vielleicht verdeutlichend nennen:
Eine Schulfreundin, zu der ich längere Zeit keinen Kontakt hatte, habe ich auf den neuesten Stand der Dinge gebracht und ihr von unserer Situation erzählt, ebenso wie sie das im umgekehrten Fall auch mir gegenüber tat. Ich habe sie ohne weitere Gedanken über alle möglichen Dinge in Kenntnis gesetzt, die wir uns vorgenommen haben oder planen, weil das ja immer auch mit Emotionen verbunden ist wie Nervosität, vielleicht Zweifel, Vorfreude etc.
Diese Schulfreundin hat dann auf einen der genannten Punkte Bezug genommen und mir gesagt, dass sie diesen Punkt jetzt aus dem und dem Grund nicht umsetzen würde. Sie hat das genau begründet, allerdings war ihre Begründung für mich überhaupt nicht relevant, nachvollzieh- oder anwendbar. Irgendwie hat mich überhaupt irritiert, dass sie ihre Meinung bzw. ihren Ratschlag abgegeben hat, denn ich habe nicht danach gefragt, sondern einfach nur den aktuellen Stand der Dinge durchgegeben.
Im Anschluss daran habe ich mir überlegt, ob ich wohl genauso bin, und ich habe festgestellt: Ja, manchmal kann es auch bei mir vorkommen, dass ich meine Meinung zu einem Sachverhalt äußere, der mir geschildert wird, auch wenn ich nicht ausdrücklich um meine Meinung gebeten wurde. Dann aber, so meine ich jedenfalls, eigentlich nur in den Fällen, in denen ich weiß, dass diese Person meine Meinung gern hören möchte und auch konkret danach fragen würde, wenn ich meine Meinung nicht direkt nach ihrer Schilderung abgeben würde. Ansonsten halte ich mich doch mit persönlichen Ratschlägen und Meinungsabgaben zurück und warte, bis ich danach gefragt werde.
Wie handhabt Ihr das? Kennt Ihr dieses Phänomen, dass Menschen sich immer irgendwie versuchen, einzumischen, auch? WIe geht Ihr damit um?
Ich kenne das andere Phänomen, ich lasse jeden so leben, wie er will, höre mir an was er macht und sage gut, wenn er damit glücklich ist. Und mir wird vorgeworfen, dass ich oberflächlich bin und mich zu wenig auf "Probleme" anderer einlasse.
Ich denke mal, dieses kommentieren ist einfach das was man selber meint, was von einem erwartet wird, wenn einem irgendetwas von Belangen erzählt wird. Denn in den meisten Fällen, erzählen die Leute von ihren Aktivitäten, weil sie bestätigt werden wollen, oder aber Tipps wollen, wie es besser zu machen ist.
Nun ist die "Ja aber" Mentalität in den letzten Jahren sehr ausgeprägt und bei einigen Leuten weiß ich eigentlich schon im Vorraus, was für eine Reaktion ich von denen zu erwarten habe. Mir macht es deshalb einfach nur Spaß bestimmten Leuten genau das zu sagen, wo sie wieder auf den Zug aufspringen können und sagen können, wie schlecht diese Welt doch ist, um ihnen dann mitzuteilen, dass es bei mir gut ausgegangen ist.
Mein Fazit: Keiner will hören, dass es einem gut geht und man Freude am Leben hat, jeder will sehen, dass es bei dem anderen auch nicht so gut läuft. Also leb dein Leben, so wie du es für dich und den deinen verantworten kannst.
Ich würde fast sagen, dass es in der Natur des Menschen liegt sich zu allem möglichen zu äußern, auch zu Dingen, wo man vielleicht nicht direkt gefragt wird, was man denn davon hält.
Wenn eine Person einem etwas erzählt, nehmen wir mal als Beispiel, dass er sich neu verliebt hat, dann erzählt er das meist vollkommen verliebt und derjenige dem man das erzählt sieht es aus der Ferne und objektiv, weil er der Meinung ist,dass man das selbst nicht so bewerten kann. Also sagt man was man davon hält. Und das ist eben auf fast alles anwendbar. Auch auf banale Dinge wie das Auswählen einer neuen Jacke.
Ich bin schon der Meinung,dass auch ungefragte Meinungen manchmal ganz nützlich sind, weil man auch Antworten bekommt, die man gar nicht unbedingt hören will. Und über die denkt man dann ja doch manchmal nach. Wichtig ist eben, dass man trotzdem das tut, wo man denkt es ist das richtige -also Personenabhängig würde ich das auch nicht machen.
Bei mir und meinen Freundinnen ist es meist sogar so, dass wir ständig auf bestimmte Sachverhalte antworten, obwohl wir nicht direkt gefragt wurden: Was hältst du davon. Und da das jeder so macht ist das auch kein Problem.
Machen wir das hier nicht alle?
Ich ertappe mich im realen Leben manchmal dabei, ungefragt meine Sicht der Dinge kundzutun, aber meist bremse ich mich ganz schnell wieder. Denn es gehört zu den Grundregeln der Kommunikation, den anderen nicht zuzu texten mit Dingen, die er gar nicht wissen möchte und auch nicht gefragt hat. Für eine Quasselstrippe wie mich nicht immer leicht, aber man kann es sich abgewöhnen, denn ich bin selbst immer befremdet, wenn andere Leute das tun.
Daher habe ich auch schon mal so einen Beitrag zur Unterhaltung meinerseits abgebrochen und mich bei meinem Gegenüber dfür entschuldigt, so einen ungefragten sermon hier abzugeben.
Karen1, zugegebenermaßen ist mir das auch schon passiert , ich meinte hier aber solche Fälle wie:
Du stehst kurz vor Deiner Hochzeit und Deiner Schwiegermutter in spe möchte wissen, was der Stand der Dinge ist. Du erzählst über den gefragten Stand der Dinge und sie beginnt ihre Urteile über Deine Ausführungen kundzutun.
Ein anderes Beispiel wäre: Du wirst von einer alten Schulfreundin, die Du nach Jahren triffst, gefragt, was es bei Dir Neues gibt, was Du beruflich machst, wie es Dir privat geht. Und Du erzählst, um sie auf den (wieder gefragten) neuesten Stand der Dinge zu bringen. Anschließend beginnt sie, Dir von irgendwelchen Plänen, von denen Du ihr kurz (!) erzählt hast, abzuraten, obwohl ihre Meinung gar nicht gefordert war, denn Du hast sie ja nicht gefragt, was sie davon hält, sondern eher umgekehrt: Sie hat Dich gefragt, wie der Stand der Dinge ist.
Das Posten hier kann man nicht ganz damit vergleichen, finde ich, denn wenn ich meinen Rat weitergebe, dann auch nur im konkreten Fall einer vorangegangenen Fragestellung des Threaderstellers. So handhaben wir es alle, und so ist es ja auch in Ordnung.
Ich denke auch, dass das eine ganz alltägliche Reaktion ist, über die sich die meisten Menschen wohl überhaupt keine Gedanken machen. Bei mir selbst habe ich das auch schon aus beiden Blickwinkeln erlebt. Ich denke mal, das in den meisten Fällen die Leute auch ganz einfach nur durch Ratschläge zeigen wollen, das sie an einer Situation Anteil nehmen und es ihnen somit nicht gleichgültig ist. Wenn ich mir einfach mal den umgekehrten Fall vorstelle: ich erzähle jemandem von meinen Plänen und Vorstellungen und bekomme daraufhin keine Reaktion, würde ich wahrscheinlich denken, das ich demjenigen wohl relativ egal bin - da ist mir eine Reaktion in Form einer Meinung oder Ratschlägen auf alle Fälle lieber.
Hallo moin, ich verstehe ganz gut, was Du meinst. Erst neulich habe ich wieder ein solches Beispiel erlebt: Ich habe darüber gestöhnt, dass ich fix und fertig bin, weil mein Kind so fit ist. Auf Nachfrage des Gegenüber habe ich kurz von den Schlafgewohnheiten erzählt. Weiter wusste diese Person gar nichts von meinem Kind. Ungebetener Ratschlag: Dein Kind hat ADHS lass es testen. Hat es definitv nicht, aber das ist wieder ein anderes Thema.
Klar gebe ich auch gern meine Lebenserfahrung weiter und treibe mich deshalb sehr gern in diesem Forum herum . Aber ich sehe es auch so, dass man sich und seine Sicht der Dinge ja bewusst zur Diskussion stellt und Ratschläge, Tipps, Meinungen etc. pp. meist sogar explizit erbeten sind.
Dass wir gern Tipps und Ratschläge geben (in der Tat auch gern mal ungebeten) liegt wohl wirklich in der Natur des Menschen. Für mich hat es auch etwas damit zu tun, dass man selbst schon "etwas darstellen" möchte. Und das kann man sehr wohl damit, dass man sich als Experte auf einem bestimmten Gebiet (gern auch vielen verschiedenen) sieht und dass durch Ratschläge gern unterstreicht. Dass man das selbst nicht gern mag (erst recht, wenn der Ratgeber eben nicht qualifiziert ist), vergisst man dabei gern mal wieder.
Allerdings kann man durchaus lernen, eben nicht mehr so oft ungebetene Ratschläge zu erteilen. Ich kann mich da mittlerweile auch gut zurückhalten. Trotzdem falle ich manchmal in alte Muster zurück, ab und zu sogar mutwillig: nämlich dann, wenn ich merke, dass ich von manchen Menschen förmlich als seelischer Mülleimer missbraucht werde. Und was ich auch bemerkt habe, wenn ich mich vermehrt in der Gesellschaft derer befinde, die gern ungebetene Ratschläge erteilen, falle ich häufiger in dieses Verhalten zurück Darum meide ich solche Personen inzwischen weitestgehend. Denn ungebetene Ratschläge nerven tatsächlich und wenn es solche Wirkung hat, wie bei mir, kann man damit ganz schnell auch die Menschen vergraulen, die einem eigentlich lieb sind
Also ehrlich gesagt finde ich nicht, dass man sich über so etwas aufregen muss. Es liegt in der Natur des Menschen seine Meinung zu äußern und das finde ich ehrlich gesagt auch wirklich gut so. Und die Ratschläge die dir gegeben werden sind sicherlich nicht böse gemeint. Ich bin auch ein Mensch der die Meinung frei raus sagt. Man muss doch nicht immer warten, bis man gefragt wird, bis man seine Meinung äußern darf oder wartest du immer darauf, dass du gefragt wirst?
Ich denke ein jeder ertappt sich selber immer mal wieder dabei, wie er seine Meinung einfach so äußert. Wenn dich die Meinung des anderen nicht interessiert oder gar nervt, dann musst du demjenigen das halt beibringen. Oder du hörst es dir geduldig an und lässt es ins eine Ohr rein und aus dem anderen wieder raus.
Wenn du jemanden etwas erzählst ,dann bietest du ja Stoff zur Diskussion. Außer du sagst vorher, du willst darüber nicht diskutieren. Aber diese Situation stelle ich mir doch recht seltsam vor. Also wie gesagt, wenn es dir auf den Sack geht: Einfach ins eine Ohr rein und aus dem anderem wieder raus.
Hallo flower911,
es geht mir nicht darum, dass man nichts sagen darf, wenn einem etwas erzählt wird oder seine Meinung von sich gibt, so lange es nicht in Ratschläge übergeht, die man nicht hören will.
Ich nenne nochmal ein erklärendes Beispiel, denn scheinbar habe ich mich unglücklich ausgedrückt:
Eine Bekannte und ich unterhalten uns. Sie fragt mich, wie´s im Job läuft und ich erzähle ihr, dass soweit alles prima ist, ich jetzt aber aufgrund meines Fernstudiums und der Lernzeit, die ich dafür benötigt habe, nur noch in Teilzeit arbeite.
Jetzt wird´s kompliziert:
Würde man mir das erzählen, dann würde ich fragen: Bist du vorher mit Deiner Lernzeit ins Schleudern gekommen? Hast Du abends nach der Arbeit oder am Wochenende keine Zeit dafür? Ich würde versuchen, mich in diese Person hineinzuversetzen und mit Verständnis für ihren Blickwinkel versuchen, die Situation, in der sie steckt, nachzuvollziehen.
Das, was ich eingangs beschrieben habe, ist aber:
Die Bekannte, der ich das erzähle, dreht auf und sagt: Oh, das würde ich aber schnell wieder rückgängig machen, ich kann Dir sagen, dass eine Kollegin von mir auch auf Teilzeit gekürzt hat und jetzt jemand anders als Ausgleich für ihre Fehlzeit eingestellt wurde. Jetzt kann sie nicht mehr zurück, also lass das lieber sein und gehe wieder Vollzeit arbeiten.
Ich hoffe, ich konnte jetzt verdeutlichen, was ich meine. Diese Form von "Ratschlag" ist hier nicht gefragt, denn die Gedanken, die die Bekannte geäußert hat, sind entweder einfach haltlos und schlichtweg falsch oder man hat sie schon in seine eigenen Gedankengänge vor der Entscheidungsfindung einbezogen und abgewogen, was einem wichtiger ist.
So trifft man ja eine Entscheidung. Man wiegt ab und entscheidet sich für das kleinere Übel.
@ JotJot
Ich habe das Gefühl, Du hast genau verstanden, was ich meinte. In meinem threadauslösenden Fall ging es in eine ganz ähnliche Richtung.
LG,
moin!
Ich kenne das manchmal auch und finde es auch nervig. Am Besten übergeht man solche "Ratschläge", man kann aber auch offen sagen, dass man den Beschluß schon gefasst hat und es daran nichts mehr zu rütteln gibt.
Ich verstehe auch nicht, warum manche Menschen ihre Ansichten für das einzig Wahre halten und anderen Menschen diese "aufdrücken" wollen, aber solche Menschen wird es wohl immer geben.
Am Besten sollte man das Ganze aber auch nicht zu persönlich nehmen, sofern es nicht ständig vorkommt und solche Äußerungen einfach außer Acht lassen. Wäre ja umgekehrt auch schade, wenn eine Freundschaft daran zerbricht, dass man sich über gelegentliche Äußerungen zu sehr aufregt.
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