Gewöhnung Haustiere an Babys
Hallo,
wenn man ein Baby bekommt und schon ein Haustier da ist, stellt sich für die werdenden Eltern oft die Frage, wie sie das Haustier und das Baby unter einen Hut bekommen. Die Möglichkeit, das Tier abzugeben, wird hier mit Absicht ausgelassen, weil es von wenig Verantwortungsbewußtsein, aber vielen fehlenden Informationen zeugt, diesen vermeintlich einfachen, für das Tier jedoch katastrophalen Weg zu gehen.
Es kursieren viele Geschichten um die beiden Extreme, nämlich das Kind und Tier sich lieben oder sich hassen (vor allem das Tier das Kind). In der Realität kennt allerdings kaum jemand das negative Extrem und hat es eher von der Bekannten der Freundin der Schwester gehört, die es erlebt hat - wie so viele negative Extreme. Auch eigene unangenehme Kindheitserinnerungen werden da eingebunden, wobei es oft daran hapert, dass man sich nicht erinnern kann, wie die Eltern mit der Situation umgegangen sind. Positive Moment zwischen Kind und Tier gibt es schon öfter, vor allem, wenn wenige, aber entscheidende Regeln eingehalten werden:
1) Kommt das Kind, sollte das Tier nicht zu kurz kommen.
Es ist auch weiterhin, während der Schwangerschaft und der Stillzeit, Zeit genug für eine beruhigende, blutdrucksenkende und streßabbauende Schmusezeit mit dem vierbeinigen Freund. Manche Mütter stillen ihr Kind, während sich eine schnurrende Katze an sie schmiegt, ein sehr ruhiges, friedvolles Gefühl und ein schöner Moment, leise mit Kind und Tier zu sprechen, vielleicht ist auch eine Hand da, die ein wenig krault. Auch wenn das Kind sehr anstrengend ist und die frischgebackenen Eltern am Rande ihrer Kraft, kann man innehalten und kurz das weiche Fell streicheln und einfach genießen. Man muss sich die kurze Zeit nur nehmen, Tiere geben oft viel mehr zurück, als sie bekommen.
2) Hunde und Katzen sind auch neugierig und müssen mal schauen, was da kommt.
Manche Hundebesitzer schwören auf den Trick, schon aus der Klinik eine benutzte Windel mit nach Hause zu nehmen, damit der Hund den Geruch bereits aufnehmen kann. Vor allem sollte das mit etwas absolut positiven begleitet werden, natürlich streicheln, reden, ein Leckerbissen vielleicht. Ist das Baby da, wird auch der Hund und die Katze mal vorsichtig schnuppern wollen. Gut sozialisierte Tiere nehmen Babys als das war, was sie sind: Babys, die es zu beschützen gilt. Mir ist kein Tier bekannt, dass aus einer guten Haltung heraus mehr gemacht hätte als am Baby zu schnuppern und dann verwundert nachzudenken oder sich ein bißchen zu erschrecken, wenn das Baby weint.
3) Hygiene ist wichtig, aber man sollte nicht übertreiben.
Natürlich hat eine dreckige Hundeschnauze nichts im Babygesicht zu suchen, aber der Hund darf im Raum sein, wenn das Baby gewickelt oder gestillt wird, auf der Krabbeldecke liegt oder im Wagen ausfährt. Keime und Bakterien sind immer anwesend, und sie schaden dem Baby nicht, Keimfreiheit und übertriebene Hygiene aber viel mehr. Das Immunsystem baut sich auf und wird mit dem im Alltag anwesenden Belastungen gut fertig, und wenn Hund und Katze schon vorher da waren, waren diese Allergene ebenfalls schon anwesend und schon im Mutterleib "ein Thema". Kinder, die mit Haustieren aufwachsen, scheinen weniger oft von Tierallegien betroffen zu sein als Kinder aus haustierlosen Haushalten.
Natürlich sollte der Hund nicht alleine mit dem Baby sein, aber im Normalfall liegt ein Baby ja auch nicht unbeaufsichtigt herum.
4) Dem Tier Rückzugsmöglichkeiten schaffen.
Wird das Baby aktiv, muss auch ein Tier sich mal zurückziehen dürfen. Bei Katzen wird das noch am einfachsten sein, weil ein paar höhere Regalbretter, die freigeräumt werden, eine Bank oder ein Fensterbrett erst einmal ausreichen, um ohne Störung eines kleinen Dreikäsehochs gemütlich eine Runde zu schlafen.
Bei Hunden stellt es sich etwas schwieriger dar. Ich empfehle ein Türgitter, vielleicht eines, über das der Hund springen kann, aber hinter dem jedenfalls Futter und Wasser gegeben werden und wo der Hund auch ein Körbchen oder derg. stehen hat, damit er ebenfalls nicht stets zur Unterhaltung und Untersuchung herhalten muss.
5) Verhaltensregeln von Anfang an und unmissverständlich durchsetzen
Kinder dürfen streicheln, aber niemals etwas anderes - eine Zeit lang hat man das Gefühl, man hätte schon gefühlte 199999 Mal "Nur fein streicheln! Nein, nicht! Nur fein streicheln!" gesagt, aber der Aufwand wird sich lohnen! Es dauert eine Zeitlang, bis das Kind gelernt hat, was streicheln ist und wie es geht, aber auch hier gilt: Konsequenz ist alles. Einem freundlichen Hund macht ein fester Griff nichts aus, aber wenn er dauernd vom Baby drangsaliert wird, wird er es irgendwann nicht mehr mögen oder nicht in seiner Nähe wollen. Wenn die Eltern jedoch stets darauf achten, dass nicht mehr als ein fester Griff ins Fell geschieht, wird der Hund im Normalfall ein guter und dauerhafter Freund des Kindes werden und sein Leben nachhaltig bereichern.
Bei Katzen sieht die Sache manchmal anders aus, hier ist eine freundliche Duldung in den ersten Lebensjahren oft das höchste der Gefühle für die Katze. Dabei sollte man es auch bewenden lassen und weder Kind noch Katze zu weiteren Kontakten auffordern. Oft genug liegen die beiden dann auf einmal nebeneinander, das Kind streichelt die Katze sanft und ruft aufgeregt:"Mama, Mietzie laßt siss von mir steichen!" Dann hat man alles richtig gemacht.
Wie sehen Eure Erfahrungen aus? Völlig anders?
Lieben Gruß
Karen 1
Auch als Besitzer eines grossen Hundes, bei dem allein schon der Rasse viele mit Vorbehalt gegenüberstehen, kam uns nie der Gedanke, den Hund wegen eines Kindes abzugeben. Als ich schwanger war, haben wir das von vielen gesagt bekommen. "Was macht ihr denn jetzt mit dem Hund? Den wollt ihr doch wohl nicht behalten?" Solche Fragen und andere dumme Sprüche haben mich immer furchtbar aufgeregt und ich habe auch alles andere als freundlich darauf reagiert.
Als unser Sohn zur Welt kam, habe ich meinem Mann zwar keine benutzte Windel, aber eine Mullwindel, die den ganzen Tag beim Kind lag, mit nachhause gegeben. Er hat das Tuch beschnüffelt, und mit herumgeschleppt (roch ja noch dazu nach dem schwer vermissten Frauchen) und auch zum schlafen hatte er es bei sich.
Als ich mit dem Kleinen aus dem Krankenhaus gekommen bin, bin ich zuerst allein ins Haus gegangen, mein Mann hat mit dem Kind draussen gewartet, damit unser Hund sich über meine Rückkehr erst mal beruhigen konnte. Er gehört zu der Kategorie Hunde, die nach ein paar Tagen Abwesenheit beinahe einen Herzinfarkt bekommen, wenn das vermisste Familienmitglied wieder nachhause kommt.
Als die erste Wiedersehensfreude abgeklungen ist, habe ich das Baby reingeholt und in der Babyschale auf den Fussboden gestellt, wo er ausgiebig untersucht, beschnüffelt und in die Familie aufgenommen wurde. Unser Hund ist völlig abgedreht vor Aufregung, war am Kind aber sehr vorsichtig. Interessanterweise muss ich hinzufügen, hatte er bereits seit Anfang meiner Schwangerschaft ein anderes Verhalten an den Tag gelegt. Ich wurde zuerst immer sehr beschnüffelt, ich vermute der Körpergeruch hatte sich durch die Hormonumstellung verändert. Hinterher hat er immer seinen Kopf auf meinen Bauch gelegt, wo er des öfteren mal einen Babytritt abbekam und ich wurde in der Schwangerschaft sehr von ihm beschützt.
Vom ersten Tag an, hat er uns auf Schritt und Tritt begleitet, egal, ob zum wickeln, zum baden, wenn mein Sohn Hunger hatte, oder ob er schlief. Wenn der Kleine tagsüber im Kinderzimmer geschlafen hat, wurde das Babybett bewacht. Stand er im Kinderwagen im Garten, lag unser Hund daneben und passte auf ihn auf. Es hätte niemand Fremdes wagen dürfen, an den Kinderwagen zu gehen, er hat mit Argusaugen aufgepasst. Wenn unser Sohn irgendwo auf der Krabbeldecke lag, lag der Hund neben der Decke, es hatte schon etwas Rührendes.
Im vergangenen Jahr hatten wir ein Vogelnest im Garten in der Hecke. Durch Zufall habe ich gesehen, dass unser Hund von den Vogeleltern attackiert wurde, als er zu nah an die Hecke kam, darauf ist er nur noch bis zur Hälfte des Gartens gegangen. Zwei Tage später marschierte unser Sohn auf noch wackeligen Beinen (er lernte gerade laufen) genau in die Richtung und über die unsichtbare Grenze unseres Hundes hinweg. Ich konnte genau sehen, welch inneren Kampf unser Hund mit sich ausgefochten hat, er wollte den Kleinen beschützen, aber eigentlich selbst nicht weitergehen. Der Schutztrieb hat dann gesiegt, er hat ihn durch den Garten eskortiert, bis er wieder sicher bei Mama war.
Auch die Reizschwelle scheint unerschöpflich, es gab Momente, wo unser Sohn ihn am Ohr oder an der Rute gezogen hat (da kann man noch so aufpassen, so etwas passiert), er hat es hingenommen, obwohl er vor Schmerz gequietscht hat. In unserem Fall lief die Zusammenführung von Kind und Hund also reibungslos und ich hoffe, dass es so bleibt. Natürlich sollte man Kinder und Hunde nicht unbeaufsichtigt lassen, auch wenn alles prima zu laufen scheint, wie bei uns, habe ich doch immer ein Auge auf die beiden.
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