Toter Rentner zwei Jahre unentdeckt

vom 26.07.2008, 15:53 Uhr

Ende Juni 2008 wurde in einer Magdeburger Senioren-Wohnanlage ein 1940 geborener Mann tot aufgefunden. Die Wohnanlage war unbetreut, also kein betreutes Wohnen, kein Pflegeheim. Nur durch einen aufmerksamen Postboten wurde der tote Rentner "schon" jetzt entdeckt. Der Zusteller hatte Mitarbeiter der Wohnanlage auf den übervollen Briefkasten des Verstorbenen aufmerksam gemacht. Herbeigerufene Rettungskräfte fanden den Mann dann nur noch halb bekleidet und mit Brille tot im Bett liegend vor.

Nach so langer Zeit kann der Todeszeitpunkt zwar nicht mehr korrekt ermittelt werden, durch Zeugenbefragungen kann jedoch der Todeszeitpunkt eingegrenzt werden. Im vorliegenden Fall wurde der Mann vor ungefähr zwei Jahren, zur Zeit der Fußball-WM wurde noch lebend gesehen und in der Wohnung des Mannes fanden sich Briefe aus dem Oktober 2006. Sicher ist aber, dass der Mann eines natürlichen Todes starb - wohl krankheitsbedingt.

Wieso der Mann so lange unentdeckt tot in der Wohnung liegen konnte? Schuldige wird man in diesem Fall wohl nicht benennen können. In diesem Fall handelt es sich um die Verkettung einiger Umstände, die immer wieder vorkommen könnten. Zunächst einmal hatte der Mann weder Kontakt zu den anderen Bewohnern der Anlage noch zu Verwandten.

Weiterhin gab es keine verdächtigen Gerüche oder Ungeziefer, da der Mann mumifiziert wurde. Dabei fehlt Wasser, das geruchsauslösende Fäulnis-Bakterien zum Wachstum brauchen. Durch eventuell nicht ganz dichte Fenster können auch die bei der Mumifizierung entstehenden Gerüche abziehen. Fliegen, die Maden verursachen könnten sind durch die geschlossenen Fenster aber nicht in die Wohnung eingedrungen.

Da die Rente gezahlt wird bis eine offizielle Totenbescheinigung bei der zuständigen Stelle vorliegt, wurde die Rente des Mannes weiter auf dessen Konto überwiesen. Von diesem Konto wurde die Miete abgebucht. Da das Konto immer gedeckt war, gab es nie Probleme. Da die Ableser von Energie- und Wasserversorger den Mann nie antrafen, wurden die entsprechenden Zählerstände geschätzt und die fälligen Beträge dann wie die Miete abgebucht.

Da die Haustüren der Wohnanlage immer abgeschlossen sind, konnten keine Werbebroschüren und ähnliches den Briefkasten "sprengen". Da der Mann wenig Post bekam und weder Zeitungen noch Zeitschriften abonniert hatte, dauerte es eben, bis der Briefkasten gefüllt war.

In dieser Wohnanlage soll künftig so etwas nicht mehr vorkommen können - schon Monate vor dem Fund des verstorbenen Bewohners war beschlossen worden, das Betreuungsangebot auszuweiten. Im April hatten dazu Befragungen der Mieter stattgefunden, in denen auch erfasst wurde, wer wenig Kontakt zur "Außenwelt" hat.

Ich habe diesen Thread mit Absicht in die Kategorie "Alltägliches" gelegt. Denn dieser Fall erregte nun etwas Aufsehen, dass aber schnell von anderen alltäglichen Ereignissen überdeckt wurde. Wie oft passiert es aber sonst noch, dass alte Menschen einen einsamen Tod sterben? Statt nach solchen Fällen irgendwelche Schuldigen ausmachen zu wollen, wäre es mit Sicherheit sinnvoller, sich selbst vorzunehmen, dass man etwas genauer hinschaut, wenn man von vereinsamten Personen weiß!

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Solche Nachrichten machen mich immer sehr traurig. Vor ihrem Tod müssen diese Menschen ja schon lange sehr einsam gewesen sein, denn sie werden ja von niemanden vermisst. Das stelle ich mir sehr hart und traurig vor. Oft sind ältere Menschen ja nicht mehr so beweglich. Die Vorstellung außer mit der Kassiererin oder dem Doktor zu niemanden mehr Kontakt zuhaben macht mir wirklich angst.

Da bin ich schon recht froh, das in unserem Haus (24 Mietparteien) die Nachbarschaft sehr gut ist. Wenn jemand länger nicht zu sehen ist, wird schon geklingelt oder nachgefragt. Was mich allerdings wundert, ist die Tatsache, dass niemand etwas gerochen hat. Ich dachte Leichen verwesen und stinken. Auch der Bank, muss doch aufgefallen sein, das keine Abhebungen vorgenommen wurden. Leider leben viele Menschen neben einander her. Seit dem es die Großfamilien mehr gibt, sind die älteren Menschen überflüssiger geworden. Wie schade.

Es sollten schöne Wohnobjekte (kein Heim) für ältere Menschen eingerichtet werden, mit kleinen Wohnungen, in denen sie sich wohlfühlen. Einen netten kleinen Cafe und schönen Garten. Ein Sozialarbeiter oder Altenpfleger sollte seine Hilfe anbieten. Hier würde vielleicht niemand unbemerkt und vielleicht qualvoll sterben.

» whitebird » Beiträge: 51 » Talkpoints: 0,18 »


Der Mann hatte wohl gar keine Freunde oder Familie das er so unentdeckt so lange dort liegen konnte. Und er musste doch schon total verwest sein. Bist du sicher das er schon 2 Jahre tot war, und nicht erst 2 Monate? Es hätte doch früher auffallen müssen, erstens der totale Verwesungsgeruch und zum anderen nicht bezahlte Rechnungen zum Beispiel. Und die Nachbarn, die hätten doch auch was mitbekommen müssen. Also ich verstehe nicht, das den Tot niemand bemerkt hat.

» herrmausi » Beiträge: 916 » Talkpoints: -0,19 » Auszeichnung für 500 Beiträge



herrmausi hat geschrieben:Bist du sicher das er schon 2 Jahre tot war, und nicht erst 2 Monate?

Ganz ehrlich, bist Du sicher, dass Du meinen Eingangsbeitrag vollständig gelesen hast? Ja ich bin mir sicher, da das etwa 50 km von mir entfernt passiert ist und viele Diskussionen heraufbeschworen hat.

Aber mal zu Deinen Fragen:

herrmausi hat geschrieben:Und er musste doch schon total verwest sein. ... Es hätte doch früher auffallen müssen, erstens der totale Verwesungsgeruch

JotJot hat geschrieben:Weiterhin gab es keine verdächtigen Gerüche oder Ungeziefer, da der Mann mumifiziert wurde. Dabei fehlt Wasser, das geruchsauslösende Fäulnis-Bakterien zum Wachstum brauchen. Durch eventuell nicht ganz dichte Fenster können auch die bei der Mumifizierung entstehenden Gerüche abziehen.

herrmausi hat geschrieben:und zum anderen nicht bezahlte Rechnungen zum Beispiel.

JotJot hat geschrieben:
Da die Rente gezahlt wird bis eine offizielle Todesbescheinigung bei der zuständigen Stelle vorliegt, wurde die Rente des Mannes weiter auf dessen Konto überwiesen. Von diesem Konto wurde die Miete abgebucht. Da das Konto immer gedeckt war, gab es nie Probleme. Da die Ableser von Energie- und Wasserversorger den Mann nie antrafen, wurden die entsprechenden Zählerstände geschätzt und die fälligen Beträge dann wie die Miete abgebucht.

Das wird auch so mit Telefon, GEZ und anderen unvermeidlichen Dingen gewesen sein, wer mag, kann doch heute alles bequem abbuchen lassen und das wird gerade von älteren Menschen gern genutzt!

herrmausi hat geschrieben:Und die Nachbarn, die hätten doch auch was mitbekommen müssen. Also ich verstehe nicht, das den Tot niemand bemerkt hat.

JotJot hat geschrieben:Zunächst einmal hatte der Mann weder Kontakt zu den anderen Bewohnern der Anlage noch zu Verwandten.

Wenn jemand ewig keinen Kontakt möchte, dann werden sich diese Menschen auch zurückziehen.

» JotJot » Beiträge: 14058 » Talkpoints: 8,38 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich finde sowas immer erschreckend.Ich habe selbst eine Tante, die in einem Betreuten Wohnen lebt. Ich finde es immer wieder schade, wenn sie erzählt, dass nur ihre "Freundinnen" sie regelmäßig besuchen. Die Schwestern kümmern sich wohl nur um die Personen, die wirklich Pflege brauchen, Allerdings finde ich, dass es in diesem Alter schnell mal passieren kann, dass eine Person Hilfe braucht, diese aber selbst nicht rufen kann.

Es würde wohl beim Essen auffallen, das täglich geliefert wird, dass etwas nicht stimmt. Oder wenn die Person längere Zeit nicht rausgeht. Allerdings lebt meine Tante sehr zurückgezogen, hat kaum Kontakt zu den anderen Bewohnern. Ich denke fast täglich daran, was da alles passieren könnte. Zum Glück ist das Heim nicht weit von hier, mindestens einmal in der Woche fährt jemand aus der Familie sie besuchen.

Solche Fälle sind für mich aber durchaus nachvollziehbar, besonders wenn es keine nahen Verwandten gibt.

» dani78 » Beiträge: 85 » Talkpoints: 0,15 »


Ist das schrecklich. Nach 2 Jahren wird dieser Mann erst gefunden. Sein Briefkasten muss doch schon mehr als übergelaufen gewesen sein. ich frage mich auch wer in den 2 Jahren die Miete bezahlt hat? Es muss doch auch schrecklich gestunken haben .

» JanaJosh » Beiträge: 70 » Talkpoints: -0,09 »


Vielleicht hättest du vorher auch die 2 längeren Posts komplett lesen sollen. ;)

Für ich zeigt das mal wieder, wie egozentrisch ein Großteil unserer Gesellschaft ist. Klar wenn der Mann zurückgezogen lebt und sonst eigentlich mit niemandem Kontakt hatte muss das doch irgendwann irgendwem auffallen.

Hat mich spontan an den Mann in der New Yorker U-Bahn erinnert der 5 Stunden tot her umgefahren ist, und keiner der anderen Fahrgäste, die neben ihm saßen und ein und ausgestiegen sind etwas gemerkt hat, wobei das natürlich noch etwas extremer ist.

» Biertier » Beiträge: 56 » Talkpoints: -0,01 »



Sowas ist echt furchtbar, der arme Mann! Ich habe auch irgendwie immer Angst, dass die Frau, die unter mir wohnt, eines Tages in ihrer Wohnung stirbt und es keiner mitbekommt. Da bei ihr immer totales Chaos herrscht und die ganze Wohnung zugemüllt zu sein scheint (ich war noch nie drin, aber ich kann ihren Balkon von meinem aus sehen, und der ist schon echt übel) würde das glaube ich auch erst spät jemandem auffallen. Ich gucke schon immer ob sich auf ihrem Balkon was verändert um zu sehen ob sie noch da ist.

Die Oma meiner Freundin hat auch zwei Tage lang mit gebrochenem Oberschenkel in ihrer Wohnung gelegen. Sie wurde auch nur gefunden, weil der schwerhörigen Nachbarin aufgefallen war dass ein Päckchen schon zwei Tage vor der Tür stand. Man muss also nicht alleine auf dieser Welt sein, um unbemerkt tot oder verletzt in seiner Wohnung zu liegen!

» Ashley » Beiträge: 510 » Talkpoints: -0,48 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Solche Meldungen kommen leider immer öfter vor. Ob der Tod wirklich krankheitsbedingt war, kann man nach so einem Zeitraum auch nicht mehr wirklich sagen. So etwas lässt sich oft schon nach wenigen Stunden nicht mehr wirklich sagen. Leider fehlt heute einfach der entsprechende Zusammenhalt in der Gesellschaft.

» Juri1877 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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