Duzen von Chef am Arbeitplatz?
Ich kann mich da nur Karen1 vollkommen anschließen. Mir ist ein "sie" viel lieber als ein aufgesetztes gekünsteltes "du", was pseudokumpelhaft rüberkommen soll. Wenn ich mit einem Professor von mir rede, dann möchte ich den zum Beispiel einfach nicht duzen, auch in einer mündlichen Prüfung hätte ich ein arges Problem damit, wenn sich alle Beteiligten duzen würden und ebenso sehe ich das im Arbeitsalltag.
Zu einigen Leuten möchte man eben lieber Distanz wahren und ein "du" sollte meiner Meinung nach immer noch etwas Besonderes sein, was nicht jeder einfach so benutzen sollte. Schließlich wird nicht ohne Grund meistens das "du" erst angeboten, wenn man sich länger kennt und sich für nett befindet. Und deshalb finde ich das penetrante duzen irgendwo lächerlich und aufgesetzt.
Außerdem kann ich mir zum Beispiel nicht wirklich vorstellen, dass sich ein Mensch, der jahrelang studiert hat und sich einen Ruf in einer Firma durch jahrelange ausgezeichnete Arbeit gemacht hat wohl dabei fühlt, wenn ein dahergelaufener Praktikant oder Diplomand kommt und ihn mit "du" anspricht.
Und meine Tante hat mir übrigens letztens erzählt, dass früher auf dem Clubschiff AIDA alle Gäste von der Crew plump geduzt wurden, weil das ja viel jünger und dynamischer rüberkommt. Nun hat aber das Team wohl eingesehen, dass man mit einem "sie" wesentlich seriöser rüberkommt und deshalb wurde das plumpe "du" wieder abgeschafft. Wie ich finde einer sehr gute Entscheidung.
Ich würde sagen, dass es immer ganz drauf an kommt wie lange man sich bereits kennt / zusammen arbeitet & natürlich auch wie man sich versteht.
Hab' jahrelang in einer Firma gearbeitet, inder ich den Werksmeister von anfang an geduzt habe, da mein Vater schon 20 Jahre in der Firma gearbeitet hat, die beiden sich auch ausserhalb der Arbeit mal getroffen haben & ich ihn dadurch natürlich auch kannte; von daher habe ich da auch nicht eine Minute drüber nachgedacht "Sie" zu sagen. Anders sah es bei den Abteilungsleitern, Werksleitern etc. auf - muss dazu sagen, dass es bei uns damals ( im nachhinein gesehen ) leider viel zu viele Leute gab, die verantwortung hatten, so lief auch immer das ein oder andere schief.
Zu allen anderen "höheren Tieren" habe ich selbstverständlich "Sie" gesagt ; mir wurde das "du" auch nie angeboten - selbst wenn der ein oder andere dabei gewesen wäre, der mir das "Du" angeboten hätte, wäre ich von meinem "Sie" nicht abgewichten, da sie mir nicht sonderlich sympathisch waren & es für mich schon irgendwie dazu gehört.
Derzeit arbeit ich in einem kleinen Laden für Baby-Kinder & Damenmode. Die Chefin selbst arbeitet ebenfalls & ausser mir gibt es noch eine weitere Aushilfe. Da ich auch gleich gegenüber vom Laden wohne, haben wir uns eigentlich von Anfang an geduzt ; was natürlich von ihr ausging - ich hätte das nicht so einfach gemacht. Selbstverständlich duze ich auch meine andere Kollegin - war auch nie anders & ich finde es gut so.
Also ich finde auch wiederum, dass man sich als gleichwertig gestellte Kollegen, die jahrelang ziemlich eng zusammenarbeiten schon irgendwann duzen sollte weil das einfach das Arbeitsklima ziemlich verbessert. Zum Beispiel habe ich mal eine Famulatur in einer Gemeinschaftspraxis für Orthopädie gemacht und da haben sich alle Sprechsttndenhilfen (das waren so 5-6 Frauen) gesiezt, obwohl sie schon seit Jahren enge Kolleginnen waren.
Das fand ich dann auch irgendwie ziemlich befremdlich und von der einen Sprechstundenhilfe habe ich auch herausbekommen, dass das Arbeitsklima da nicht besonders gut war und sie sich gar nicht wohl gefühlt hat. Andererseits hätte ich es auch wieder komisch gefunden, wenn die Sprechstundenhilfe die Ärzte geduzt hätten weil ich finde, dass da auf jeden Fall ein Unterschied besteht und da eine gewisse Distanz nötig ist, damit die Helferinnen den Ärzten nicht irgendwann auf der Nase herumtanzen.
Ich finde das ist immer eine Frage ob man Autorität unbedingt am Arbeitsplatz braucht oder man seinen Mitarbeitern soweit vertraut, dass dort keine künstliche Autorität nötig ist.
In der Klinik und Arztpraxis ok, da mag Autorität nötig sein. Generell ist Autorität immer dann nötig wenn gewisse Leistungsunterschiede bestehen. In manchen anderen Unternehmen gerade in sehr jungen Unternehmen finde ich Autorität sehr fehl am Platz. Zum Beispiel in einem Unternehmen wo mein Chef so alt wie ich oder jünger ist, ist es eigentlich gang ung gebe, dass dieser nicht auf ein Sie besteht. Eher im Gegenteil, dieser besteht eher auf ein "Du".
Auch unter Studenten hat man sich generell geduzt, weil man sich als Student verbunden gefühlt hat. Oder habt ihr euch als Studenten gesiezt?
Genau dieses Gefühl vermittelt auch mein jetziges Unternehmen. Alle sind ungefähr auf dem gleichen (Bildungs)niveau (von den Gehaltsstufen und der Hierarchie abgesehen) und auch alle relativ jung. Auch ist da die Arbeit sehr stark an Selbstverantwortung gebunden, also keine Autorität vom Chef unbedingt nötig, da jeder sich seine Arbeit selbst sucht und erledigt. Tut der das nicht, spürt der sicherlich auch irgendwann die Autorität die notwendig ist.
In dem Unternehmen davor war das anders, da hatte der Chef das sagen und das was der gesagt hat mußte auch so gemacht werden. Da herrschte dann verständlicherweise starke Autorität, die mich persönlich sehr eingeschränkt hat manchmal, weil ich doch anderer Meinung war.
Also ein "DU"-Umfeld ist für mich viel besser um mich selbst zu entfalten, natürlich unter der Bedingung, dass man ein gewisses Niveau mitbringt. Wo viele unterschiedliche Niveaus aufeinanderprallen ist sicherlich ein "SIE"-Umfeld besser (Stichwort: Klinken, Praxen, Produktion, 0185-Job).
Nachdem ich hier fast alles gelesen habe, fällt miir auf, das es zum Glück schon ein paar Firmen gibt, in denen es etwas lockerer zu geht und geduzt wird. Ich habe auch mal in einer Firma gearbeitet, in dem sich alle geduzt haben, auch der Chef. Das war echt locker und sehr angenehm zum Arbeiten. Jetzt bin ich in einer großen Firma, mit viele Teams und Abteilungen. Im Team duzen wir uns zum Teil, aber nicht alle mit dem Teamleiter. Im andern Team ist es ähnlich. Gleichzeitig duzen sich einige mit der Abteilungleiterin, andere nicht. Das ergibt dann so einen Anschein von Grüppchenbildung. Aber so ist es halt.
Ich bin schon für das Duzen auch mit dem Chef, da ich denke, das ergibt eine lockere Athmosphäre. Es hat nichts mit fehlenden Respekt zu tun, wenn ich den Chef nicht sieze.
Bei uns im Betrieb duzen sich fast nur die Auszubildenden. Ich glaube, die Geschäftsführerin duzt sich mit niemandem und auch die "normalen" Mitarbeiter duzen sich mit den meisten anderen Mitarbeitern nicht. Einerseits gefällt mir das nicht so gut, weil man, wenn man sich duzt automatisch ein engeres Verhältnis entwickelt bzw. entwickeln kann, aber andererseits finde ich es auch in Ordnung, dass wir uns fast alle siezen, denn vielleicht hat das auf der Arbeit auch so seine Vorteile.
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