Wir wollen doch belogen werden

vom 22.05.2008, 11:32 Uhr

Wir erwarten eine kurze Antwort, dass es der Person gut geht und stellen dann die Gegenfrage.

Wenn ich ehrlich bin frage ich nicht nach dem Wohlbefinden, wenn ich nicht daran interessiert bin. Entweder mich interessiert es wirklich, ich will es wissen und möchte dieser Person oder mir ist das Wohlbefinden schnuppe und vertrödle damit absolut keine Zeit. Wieso sollte ich denn immer nach dem Wohlfinden der anderen Personen fragen, wenn ich nicht daran interessiert bin? Es gibt auch etliche andere Möglichkeiten, wie man ein Smalltalk anfangen kann, also ohne dem "Na wie gehts dir". In engen Freundschaften interessiert mich das Wohlbefinden dieser, sodass ich auch nicht verblüfft bin, wenn ich ehrliche Antworten bekomme. Natürlich sagt man mal hier, mal dort, weil man nicht die ganze Problematik erläutern will, dass es so vor sich hin läuft.

Genauso bei Kleidungsstücken: Da ich nicht mit jeder Person einkaufen gehe, muss ich auch nicht diese "Das sieht gut aus!"-Lüge in Anspruch nehmen. Schlussendlich geht man ja auch mit Freunden shoppen, um die Klamotten mit den Augen anderer mal zu betrachten und die ehrliche Meinung reinzuholen.

Aber wie Subbotnik es erläutert hat, wird es so nicht ablaufen, ansonsten könnte man sich die Antidepressiva auf Vorrat bestellen. Zuviel Wahrheit verträgt der Mensch, allerdings sollte das nicht heißen, dass man aus diesem Grund bei jeder Möglichkeit zu Lügen greifen muss oder soll. Manchmal geht es aber einfach nicht anders, man will die zwar die Wahrheit sagen, doch weiß genau, dass die Person danach beleidigt ist, sich persönlich angegriffen fühlt und in Depressionen verfällt. Es fängt meiner Meinung nach schon damit an, dass die meisten Menschen nichteinmal Kritik vertragen, die ein bisschen Wahrheit beinhaltet. Dann kommen Aussagen, dass es die persönliche Meinung ist, nichts mehr, diese ja für die Allgemeinheit nicht gelten müssen. Im Grunde genommen will man sich nur mit irgendwelchen Methoden etwas einreden, wie toll man ist, wie gut man ist, wie schön man ist,...sobald mal aber wieder in der Realität Fuß gefasst hast, ist man fix und fertig, am Boden zerstört.

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» Näugelchen » Beiträge: 1328 » Talkpoints: -13,09 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich frage auch nur Leute, bei denen es mich wirklich interessiert, wie es ihnen geht. Andere begrüße ich einfach und fertig. Und wenn mich jemand danach fragt und ich keine Lust oder zeit habe, es zu erklären, dann sage ich auch oft: Schlechten Menschen geht es immer gut. Damit ist die Sache abgehakt, auch wenn es mir echt mies geht und ich nur nicht daran interessiert bin, mein halbes Leben offen zu legen. Diese kleinen Notlügen helfen schon das eine oder andere Mal, Menschen auch einfach leichter abzuwimmeln.

Allerdings bin auch ich, was die Kleiderfrage angeht, ehrlich und möchte auch ehrliche Antworten haben. Schließlich ist es auch unangenehm, wenn man die beste Freundin nach ihrer Meinung fragt, andere wiederum sagen kurz drauf das Gegenteil und dann fragt man sich schon, warum die Freundin einen nicht schon darauf hingewiesen hat. Und oft fühlt man auch selbst, dass einem dieses oder jenes Kleidungsstück nicht so gut steht und fragt einfach nur nach Bestätigung der eigenen Meinung. Ich jedenfalls bin was das Thema angeht ehrlich zu den Leuten und erwarte das ebenfalls.

Was Subbotnik angesprochen hat, stimmt leider auch so. Nicht jede Wahrheit sollte ausgesprochen werden. Man macht sich damit nämlich nicht wirklich beliebter, wenn man immer die Wahrheit sagt. Das merke ich auch immer wieder, wenn ich mit meinen Antworten anecke, weil sie eben der Wahrheit entsprechen. Deswegen versuche ich immer wieder, die Wahrheit auch mal für mich zu behalten. Da denke ich immer an das Sprichwort: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Das muß ich mir immer mal wieder zu Herzen nehmen :oops:

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» P-P » Beiträge: 3246 » Talkpoints: 1,58 » Auszeichnung für 3000 Beiträge


ich finde, man sollte an diese Frage schon etwas differenzierter rangehen.

Klar kenne ich es auch, dass ich von Leuten bei der Begrüßung gefragt werde, wie es mir geht und genau weiß, was sie als Antwort erwarten: nämlich "klar, alles bestens". Das bekommen sie dann auch als Antwort und damit ist die Sache abgehakt. Aber diese Leute sind in der Regel entfernte Bekannte, Nachbarn etc.

Bei Freunden und Leuten die mir wichtig sind, also zu denen ich ein engeres Verhältnis habe, läuft es definitiv nicht so ab. Wenn ich von Freunden diese Frage gestellt bekomme weiß ich in der Regel, dass sie wirklich dran interessiert sind, wie es mir geht und dementsprechend bekommen sie auch eine ehrliche Antwort. Und wenn es mir wirklich nicht gut geht, dann wird auch drüber geredet und nicht auf "Friede Freude Eierkuchen" getan. Sorry, aber auf solche Freunde, die die Frage nur aus Höflichkeit stellen, kann ich verzichten. Und selbst belogen werden möchte ich auch nicht. Aus diesem Grunde stelle ich die Frage auch nur Leuten, wo mich die Antwort interessiert, nicht wegen Smalltalk.

Was die Kleiderfrage angeht ist es ähnlich. Mein Partner sagt mir auch, wenn ihm ein Kleidungsstück an mir nicht gefällt. Ich finde das auch o.k. und kann damit leben. Nur, wenn es MIR gefällt ziehe ich es eben trotzdem an, damit muß ER leben. :wink: Dass Freundinnen in der Beziehung nicht immer ehrlich sind, o.k. Es fällt eben nicht immer leicht, die Wahrheit zu sagen, wenn man weiß, dass es den anderen verletzt. Aber in der Beziehung habe ich eine sehr gute Freundin, die brutal ehrlich ist und wo die Antworten auch manchmal etwas schmerzen. :wink: , aber genau die frage ich, wenn ich in Kleiderfragen mal einen Rat brauche. Eben weil ich weiß, dass sie mir ehrlich antwortet. Und diese Ehrlichkeit weiß ich auch zu schätzen.

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» wölfchen » Beiträge: 2280 » Talkpoints: 13,46 » Auszeichnung für 2000 Beiträge



Hallo!
Wenn ich jemanden Frage. wie es ihm geht, dann erwarte ich auch, dass er mir ehrlich antwortet. Denn wenn ich gefragt werde und mir geht es nicht gut, dann sage ich das auch.

Auch wenn ich mir ein Kleid kaufe, und denke es steht mir, und ich frage meinen Mann, dann erwarte ich auch, dass er ehrlich zu mir ist und das ist er auch. Wenn er sagt, dass es mir nicht steht, dann reagiere ich nciht beleidigt. Denn ich will nicht belogen werden und ich belüge auch nicht.

Da ich niemanden belüge, wenn er mich was fragt, bin ich auch schon sehr oft ins Fettnäpfchen getreten, wie man so schön sagt. Aber das ist mir relativ egal. Denn wenn ich gefragt werde, dann meine ich, muss der Fragende auch mit einer Antwort rechnen, die ihm nicht so passt, wie er sich das vorstellt.

Also ich will weder belogen werden, noch belüge ich die Leute, wenn sie mich fragen. Und erst recht keine gute Freundin. Denn grade gute Freunde müssen mit Kritik umgehen können. Wenn sie deswegen beleidigt sind, sind es keine Freunde.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Also, wenn ich nach dem Wohlbefinden meines Gegenübers frage, mache ich dies in der Regel nur, wenn mich das auch wirklich interessiert. Dann erwarte ich allerdings auch eine ehrliche Antwort und keine Lüge - wenn es mich nicht interessieren würde, hätte ich schließlich auch nicht gefragt. Auch bin ich immer so ehrlich und lüge nicht, um der Frage nach dem "Warum" aus dem Weg zu gehen.

Dies erwarte ich auch in allen anderen Lebenslagen, wenn ich jemanden nach seiner Meinung frage. Ich erwarte, dass man mir eine ehrliche Antwort gibt und wenn jemand lügt, merkt man dies ja in der Regel recht schnell an der jeweiligen Körpersprache beziehungsweise an der Wortwahl selbst - das trifft mich wesentlich heftiger, als wenn mir einer von Anfang an die Wahrheit ins Gesicht knallt. Dann weiß ich wenigstens, woran ich bin und muss nicht lange herumrätseln, ob Person X mich jetzt mag oder ob mir meine neue Brille wirklich steht.

Das ist bei mir mit Sicherheit auch keine Form der Selbsttäuschung, da ich sowieso merke, wenn mir jemand ins Gesicht lügt. Wer das nicht merkt, der scheint mir einfach ein wenig unaufmerksam zu sein und sollte die rosarote Brille mal vom Kopf nehmen. Auch wenn ich oft genug mitbekomme, dass ich von vielen Menschen nicht sonderlich gemocht werde, so ist mir das schlicht und ergreifend egal, da ich nun einmal bin wie ich bin und wer damit nicht klar kommt, hat ein Problem mit der Toleranz.

Das hilft mir dann auch, ohne Antidepressiva auszukommen, aber vielen Dank für den Tipp, Subbotnik! :wink:

» Piro_08 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Jaja - ich glaube einige hier haben den Sinn nicht ganz verstanden, was bereits angesprochen wurde. Jeder wird tagtäglich mit Notlügen konfrontiert - und jeder hört gerne Notlügen und äußert welche, weil nur so das gesellschaftliche Zusammenleben funktioniert. Dazu gibt es sogar soziologische Studien die das Bestätigen.

Und da kann man hundertmal sagen: Ich sage jedem die Wahrheit und will nur die Wahrheit hören - in diesem Punkt belügt man sich schon selbst und bricht mit der selbstauferlegten Verpflichtung. Das mag ja ein nettes Ideal sein, aber geht völlig an den Fakten vorbei.

Und es wurde ja schon angesprochen: Würde man anderen ständig die Wahrheit sagen hätte man weder Freunde noch einen Draht zur Familie und würde depressiv in der Ecke liegen - denn das resultiert aus der völligen Wahrheit, man würde ständig verletzt werden und andere verletzen.

Gerade in Beziehungen wird das überdeutlich: Man muss ja nur Paradefragen bringen wie "Ist jemand schöner als ich?" - Die Antwort lautet immer ja wenn man ehrlich antwortet, außer man entspricht zu 100 % dem gängigen Schönheitsideal, was niemand kann. Oder: "Ist jemand klüger als ich?" - auch hier wäre ein Nein gelogen. Usw. Das waren jetzt zwar sehr eindeutige Fragen, aber es geht natürlich noch verzwickter - und gerade wenn es den eigenen Charakter betrifft lügt man andere an und will auch nicht die totale Wahrheit hören. Denn niemand hört gerne von seinem Partner / Freund / Kindern / Eltern auf so persönliche Fragen wie "Wie findest Du mich..." ehrliche Antworten wie: "Du bist eigentlich schon ganz in Ordnung, aber...(hier kann jeder mindestens 10 Eigenschaften einsetzen, von denen 2 verletzend sein werden und das Verhältnis negativ beeinträchtigen)".

» KrashKidd » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


@KrashKidd
Ausnahmen bestätigen die Regel. :wink:

Man muss ja nicht unbedingt Notlügen verwenden, sondern sich geschickt aus der Lage manövrieren/"wieseln". Zum Beispiel der Frage ausweichen, das Thema wechseln oder einfach darauf beharren das man über das bestimmte Thema momentan nicht reden möchte. Schon dürften Notlügen kein Problem mehr darstellen, aber in der Regel dürfte es meist anders laufen(als es vielleicht passender wäre).

Wenn mich jemand nach meinen Wohlbefinden frag( z.B. "alles klar bei dir?"), antworte ich meist mit "läuft" oder "muss ja"(manchmal auch mit "schlechten Menschen gehts immer gut"). Das kann als positiv oder negativ angesehen werden und wer wirklich Interesse an eine ausführlichere Antwort hat, kann nachharken.

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» otsego » Beiträge: 1009 » Talkpoints: -2,08 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Nur, weil einige User es nicht wahrhaben wollen, dass es Menschen gibt, die immer und überall die Wahrheit sagen, heißt es nicht, dass es solche Menschen nicht gibt. Wenn mich jemand fragt, wie ich ihn finde, muss er damit rechnen, dass ihm mal jemand die Wahrheit sagt - man sollte wahrlich nicht mit einer rosaroten Brille durch die Welt rennen und wenn dir dann jemand die wahre Meinung geigt, dann hast du wenigstens die Möglichkeit, dich zu ändern. Durch solche Lügen enstehen ja erst Menschen, die sich selbst für Mr. beziehungsweise Mrs. Universum halten - das soll positiv für die Gesellschaft sein? Ich finde solche Menschen in der Regel widerlich und abstoßend und würde mich schnell verflüchtigen.

Zudem muss ich nicht zwingend lügen, wenn mich jemand fragt, wie ich ihn finde. Ich kann einfach ein oder zwei positive Eigenschaften von ihm herauspicken und ihm die in hübsche Worte verpacken - mit etwas Wortgewandtheit wendet man sich dann auch aus der Frage heraus, was einem denn nicht gefallen könnte. So muss man nicht lügen, sondern lediglich "vergessen", schlechte Eigenschaften aufzuzählen.

Es ist mir auch völlig egal, ob das an den von dir genannten Fakten vorbeigeht, KrashKidd, denn ich weiß wohl, wer ich bin und habe es sicherlich nicht nötig, in einem Internetforum über meine eigene Person zu lügen. Allerdings hast du Recht, dass solche Menschen eher wenige soziale Kontakte haben, denn ich möchte mich nicht mit Menschen umgeben, die von mir ständig Lügen hören wollen. Dann habe ich lieber wenige Menschen, die dafür die Wahrheit dankend annehmen und mir diese auch öfter ins Gesicht knallen.

» Piro_08 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


@Pyro_08 & otsego

"Geschickt herummanövrieren" oder "den Rest der Wahrheit" vergessen bezeichnet man allgemein als Notlüge - man lässt eben ein Stück der Wahrheit weg, welches anderen unangenehm sein könnte.

Wäre man wirklich ehrlich würde man das auch äußern - macht man aber nicht in dem Bewußtsein anderen damit vor den Kopf zu stoßen.

Man kann jetzt noch hundert andere Worte dafür finden, die Wahrheit nicht zu sagen oder "anders zu formulieren" ist eine Lüge / Notlüge.

» KrashKidd » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Also, soweit ich weiß, lüge ich nur, wenn ich die Unwahrheit sage. Wenn jemand mich fragt, wie ich ihn finde und behaupte, dass er ein hilfsbereiter Mensch ist, obwohl eigentlich das Gegenteil der Wahrheit entspräche, dann ist das definitiv eine Lüge. "Vergesse" ich allerdings nur, etwas zu sagen, ist das doch keine Lüge - ich sage es nur nicht. Wie man mir jetzt eine Lüge andichten will, ist mir ein Rätsel oder habe ich einfach ein anderes Verständnis von Wahrheit?

» Piro_08 » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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