Kindergarten schafft Sankt Martin für Ausländer ab

vom 17.10.2014, 07:32 Uhr

Gestern habe ich die zwei kleinen Kinder einer guten Freundin von mir aus dem Kindergarten abgeholt. Voller Stolz haben sie mir einen Zettel in die Hand gedrückt, weil in ihrem Kindergarten ein Fest gefeiert wird und sie nun zu Hause Laternen basteln müssen. Ohne auf den Zettel zu achten habe ich ihnen dann von Sankt Martin erzählt und ob ihnen erzählt wurde warum sie Laternen basteln und feiern. Beide konnten mir dazu nichts sagen, denn die Erzieherinnen haben den Kindern nichts über Sankt Martin erzählt.

Ich habe mir dann mal den Zettel genauer angesehen und staunte schon bei der Überschrift nicht schlecht. Dort stand in Großbuchstaben 'Laternenfest 2014'. Außerdem stand dort, dass Sankt Martin im Kindergarten abgeschafft wurde und die Kinder ausschließlich das Laternenfest feiern. Ich war völlig entsetzt und habe meiner Freundin darüber auch sofort berichtet, welche genauso schockiert war. Am nächsten Tag sind wir gemeinsam zu der Leiterin des Kindergartens gegangen und diese erzählte uns, dass das den ausländischen Kindern nicht fair gegenüber ist, weil diese ja schließlich keinen Sankt Martin feiern. Bei dem Gespräch fiel mir die Kinnlade bis zum Boden und ich kann gar nicht wiederholen was sie uns erzählt hat.

Ich bin selbst jetzt immer noch empört darüber was das soll und habe bisher nur von ähnlichen Vorfällen gehört, in denen unsere ausländischen Mitbürger berücksichtigt werden. Es wird beispielsweise in einer Schule aus der Umgebung kein Schweinefleisch mehr verkauft, weil das vor allem die türkischen Mitbürger reizen könnte. Ich finde es ja schön wie multikulturell Deutschland ist und bin auch offen für neue Sachen, aber es kann doch nicht richtig sein auf unsere Traditionen zu verzichten beziehungsweise uns den Ausländern anzupassen, oder sehe ich das falsch? Wo leben wir denn hier? Wenn ich in ein fremdes Land auswandere, dann erwarte ich doch auch nicht, dass man sich mir anpasst.

Wie steht ihr zu diesem Thema? Könnt ihr mich verstehen oder reagiere ich über? Habt ihr schon ähnliche Vorfälle in eurer Umgebung erlebt? Ist es überhaupt legitim die Kinder so dermaßen anzulügen? Immerhin wurde ihnen nicht mal von Sankt Martin erzählt.

» Horkrux » Beiträge: 564 » Talkpoints: 53,84 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich finde so ein Vorgehen falsch. Wenn man in einer anderen Kultur lebt, dann kann man durchaus auch traditionelle Bräuche kennen lernen. Und Sankt Martin finde ich jetzt nicht so turboreligiös, dass man das Fest gleich zensieren müsste. Es steht für mich eben eher für das Teilen an sich. Und in vielen anderen Kulturen gibt es da auch ähnliche Werte.

Ich fände es viel sinnvoller, wenn in der Kita interkulturelle Brücken geschlagen würde und aufgezeigt würde, dass solches Teilen mit den Armen auch in anderen Religionen und Kulturen praktiziert wird, statt eigene und erzieherisch wertvolle Traditionen peinlich berührt unter den Teppich zu kehren. Schließlich geht es ja schlussendlich darum dass da mal ein warmherziger Mensch gewesen sein soll, der einen anderen Menschen vor dem Erfrieren gerettet hat. Und das ist doch ein universeller Wert.

Ich denke auch, dass man da die Eltern von Kindern mit Migrationshintergrund durchaus auch aufklären kann, worum es in dem Fest geht. Vielleicht findet man dann auch Anknüpfungspunkte, wo man Elemente anderer Kulturen mit dazu aufgreifen kann. Zum Beispiel einen Drachentanz aus einem asiatischen Laternenfest, so dass sich alle Kinder aufgenommen fühlen.

Stellt sich mir auch die Frage, ob die Kita dann gleich auch in dem selben Atemzug Nikolaus, Ostern und Weihnachten abschaffen will? So weit geht man nämlich nicht mal in den neuen Bundesländern und diese Feste sind ja eigentlich genauso religiös geprägt. Komischerweise habe ich davon noch nichts gehört.

Abgesehen davon wird das Martinsfest sowieso nur noch im Westen gefeiert. Ich wohne ja hier in Brandenburg und da die Atheisten hier die Mehrheit haben, feiern die Kinder nur das Laternenfest und die Liedauswahl ist auch entsprechend beschnitten.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Warum gehen eigentlich alle immer davon aus, dass die Eltern von Kindern, die keine ausländischen Wurzeln haben, es automatisch in Ordnung finden müssen, wenn ihre Kinder im Kindergarten eine Indoktrination in die christliche Religion erhalten?

Mir hat es nicht geschadet, deshalb würde ich das nicht so eng sehen, wenn ich Kinder hätte. Aber ich kenne Atheisten, die ihre Kinder nicht in einen Kindergarten schicken würden, in dem religiösen Mythen ein anderer Stellenwert eingeräumt wird als anderen Märchen. Angelogen werden die Kinder nämlich in dem Moment, wo man ihnen ein Märchen als Wahrheit verkauft, was in den Religionen die Regel ist.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich halte Deutschland für ein Land mit christlicher Tradition, die eben ein Teil unseres Kulturgutes ist. Ich finde, dass man die Kultur und die Tradition seines Landes auf einer gesunden Ebene pflegen und erhalten sollte. Und das ganz besonders, wenn man sich anderen Kulturen und Einflüssen so ausgesetzt sieht wie in Deutschland. In einer Nachbargemeinde ist es bei uns tatsächlich soweit, dass eine Moschee ihre Gebetsrufe laut absetzen darf. Dann sollten doch aber auch gleichzeitig Gegebenheiten unserer Kultur weiter gepflegt und entwickelt werden.

Eigentlich ist Deutschland ja eine Demokratie, wo die Masse die Macht haben sollte. Irgendwo habe ich aber zunehmend den Eindruck als würden Minderheiten die Ton angeben - ganz vorn dabei ist anscheinend die Fraktion, die sich unter dem Siegel "politisch korrekt" das Denken völlig abgewöhnt hat. Dabei denke ich, dass man auch nebeneinander sehr gut in Ruhe existieren könnte. Es gibt sogar Religionen, die das können.

Ich bin selbst überhaupt nicht gläubig, aber es ist nun mal so, dass man die Geschichte, die Literatur oder auch die Kunst nicht vom Thema der Religion trennen kann, um ein rundes Bild vieler Entwicklungen und Ereignisse zu erhalten. Ich sehe das einfach als eine Frage der Bildung. Selbige schadet keinem, Religion hin oder her.

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» Bellikowski » Beiträge: 7700 » Talkpoints: 16,89 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich stimme Bellikowski zu. Wir leben in einem christlich geprägten Land. Neben typisch christlichen Veranstaltungen wie eben dem Martinszug oder Kreuzwegandachten gehören hier zum öffentlichen leben dazu. Ob und aus welchen Gründen man daran teilnimmt, bleibt jedem selbst überlassen, aber als Teil der Kultur sollte nicht abgeschafft oder hinter geschlossene Türen verbannt werden.

Christlich geprägte Werte und Moralvorstellungen sind auch heute noch tief in der Gesellschaft verankert. daran ändern auch die vielen Austritte nicht. Dazu gehört ein wenig Wissen über das Christentum hier einfach zur Allgemeinbildung.

Zumal ich mich ähnlich wie Bellikowski frage, warum die Kultur hier schön zurücktreten soll, damit bloß kein anderer Kulturkreis verletzt wird und während andere Kulturen erstaunliche Rechte für sich geltend machen. Wir haben hier den Fall einer Krankenschwester, die ihre Ausbildung in einem evangelischen Krankenhaus gemacht hat, Die Zusammenarbeit mit der jungen Muslimin funktionierte hervorragend. Nach der Elternzeit wollte sie wieder arbeiten, trat den Dienst aber mit Kopftuch an. Wie dürfen also bei einer öffentlichen Veranstaltung, die für die meisten in erster Linie ein Kinderfest ist, den Nikolaus nicht haben. Aber Menschen, die sich bewusst ein Krankenhaus ihrer Konfession ausgesucht haben, da sie aus dem Glauben Kraft schöpfen, sollen dort ein Kopftuch als Zeichen eines anderen Glaubens akzeptieren? Irgendetwas läuft hier gewaltig falsch.

Nur als Anmerkung: In einem städtischen Krankenhaus würde mich ein Kopftuch beim Personal nicht im geringsten stören. Und obwohl ich aus einer kreuz-katholischen Gemeinde komme, bin ich bis heute nicht getauft und lebe fröhlich als Atheistin, was für mein Alter eher ungewöhnlich ist. Ich glaube nicht, aber akzeptiere und respektiere die christlichen Wurzeln meiner Heimat.

» cooper75 » Beiträge: 13411 » Talkpoints: 515,76 » Auszeichnung für 13000 Beiträge


Bellikowski hat geschrieben:Ich bin selbst überhaupt nicht gläubig, aber es ist nun mal so, dass man die Geschichte, die Literatur oder auch die Kunst nicht vom Thema der Religion trennen kann, um ein rundes Bild vieler Entwicklungen und Ereignisse zu erhalten. Ich sehe das einfach als eine Frage der Bildung. Selbige schadet keinem, Religion hin oder her.

Da gebe ich dir absolut recht. Nur wird Religion den Kindern ja nicht so vermittelt, zumindest nicht von den Religiösen. Die Märchen der Gebrüder Grimm sehe ich zum Beispiel auch als Kulturgut an und da es in der populären Kultur so viele Bezüge und Zitate aus diesen Märchen gibt gehören sie für mich auf jeden Fall zur Allgemeinbildung.

Wenn im Kindergarten aber ein Märchen vorgelesen oder nach gespielt oder angeschaut wird, wird immer gesagt, dass das ein Märchen ist. Es wird also den Kindern gleich mit auf den Weg gegeben, dass das nicht der Realität entspricht. Bei den christlichen Geschichten wird das hingegen nicht dazu gesagt, sie werden sogar oft als Wahrheit verkauft, obwohl es keine objektiven historischen Beweise gibt.

Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die Grundlage für irrationale Überzeugungen, die man später in seinem Leben hat, zwischen vier und vierzehn Jahren gelegt wird und wenn man bedenkt, dass irrationale Überzeugungen die Grundlage jeder Religion sind, kann ich schon verstehen, wenn Eltern ihre Kinder dem nicht aussetzen wollen. Jedenfalls nicht in einem Rahmen, in dem sie nicht kontrollieren können was dem Kind erzählt und als Wahrheit verkauft wird.

Es steht ja jedem frei seinem Kind zu Hause zu erzählen, welche Mythen mit diesem Tag verbunden sind. Wobei die Laternen, die für die Kinder das wichtigste sind, mit dem Christentum ja eh nichts zu tun haben, die gehen wohl auf ein vorchristliches Erntedank Ritual zurück.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Hier wurde ja schon seitenlang darüber diskutiert Traditionen aus Deutschland verschwinden - Was soll das? und auch wenn sich viele Menschen, sogar Muslime darüber aufregen, dass es keinen St. Martin mehr geben soll, kann man nichts mehr daran ändern, dass überall nur auf die Minderheit Rücksicht genommen wird. Deutschland geht meiner Meinung nach den Bach runter. Nicht mal Kinderfeste, die einen festen Bestandteil in Kindergärten, Schulen und bei Kindern überhaupt hatten, dürfen mehr gefeiert werden. Der Weihnachtsbaum darf ja schon in einem Stadtteil von Berlin nicht mehr in die Öffentlichkeit und ich frage mich, wo das noch enden soll.

Es gibt Ausländern, die wegen der deutschen Traditionen auch nach Deutschland kommen und gerade an Tagen wie St. Martin die Familien in Deutschland besuchen, weil sie es schön finden. In jedem Land gibt es Traditionen, die auch mit der Religion zu tun haben und die werden auch nicht abgeschafft. Ich kann es einfach nicht verstehen und ich denke nicht, dass es etwas dazu beiträgt, dass die Ausländer besser integriert werden. Ich kann darüber nur den Kopf schütteln. Ich bin froh, dass meine Kinder noch St. Martin gefeiert haben und die Tradition mit machen durften.

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Das verrückte an der Tatsache, dass immer mehr traditionelle Bräuche abgeschafft werden finde ich, dass diese dann durch andere ersetzt werden. Also beispielsweise durch Halloween. Ich will hier keine Diskussion entfachen, ob es sinnvoll ist, Bräuche zu importieren. Aber ich finde, dass im direkten Vergleich des erzieherischen Wertes Halloween im Vergleich zu Sankt Martin total abfällt.

Bei Sankt Martin geht es um die Werte der Solidarität. Man teilt mit anderen, so man kann. Das ist ein zentrales Thema in der Erziehung von Kleinkindern. Bei Halloween lernen die Kinder hingegen von Tür zu Tür zu ziehen und aktiv zu betteln, obwohl sie keine Not haben. Ich finde den Brauch total fragwürdig. Aber weil bei Halloween verdrängt wird, dass der Brauch auch mal einen religiösen Hintergrund hatte, dann ist das plötzlich OK?

Ich finde es halt einfach schade, dass nur darauf geachtet wird, ob etwas religiös ist oder nicht, nicht was der Brauch bei den Kindern auslöst. Und ist das wirklich eine Lüge, wenn man sagt, dass da mal ein Mann war, der mit anderen seinen Mantel geteilt hat? Sicher, dass es nie so jemand mildtätigen auf der Welt gab? Sollte man dann das Märchen Sterntaler auch gleich aus den Kinderzimmern verbannen, weil die auch mit den Armen teilt? Das wäre doch dann konsequent.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Dieses Thema ist ja schon im letzten Jahr hochgekocht, als ein Politiker oder auch eine Partei, so genau weiß ich es nicht mehr, das Fest abschaffen und umbenennen wollte. Dem Beispiel ist der Kindergarten wohl jetzt einfach gefolgt und so wurde das Fest in diesem Kindergarten abgeschafft. Als die Diskussion im letzten Jahr aktuell war, wurden in meiner Gegend auch Muslime gefragt, deren Kinder im Kindergarten sind und diese haben eigentlich alle angegeben, dass sie das Fest schön finden und dass ihre Kinder auch mitfeiern dürfen, weil sie die Geschichte mit dem Teilen des Mantels als gutes Beispiel betrachten.

Sicher ist St. Martin ein christliches Fest und ich könnte es verstehen, wenn es auch andersgläubige Menschen gibt, die dieses Fest aus diesem Grund ablehnen. Aber trotzdem finde ich, dass es zu weit geht, das Fest in ein Laternenfest umzubenennen und den geschichtlichen Hintergrund ganz außer Acht zu lassen.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Warum ist man in Deutschland eigentlich so eingestellt, dass so nach und nach immer mehr Traditionen verschwinden sollen? St. Martin ist ein uralter Brauch und der Hintergrund, der dem zu Grunde liegt, ist sogar erzieherisch gut. Warum also geht der Kindergarten her und nimmt an, dass das Andersgläubige stören könnte? Muslime finden es gut und nicht anstößig. Selbst wenn das der Fall wäre, könnten sie ihre Kinder an dem Tag aus dem Kindergarten raus halten, aber das tun sie nicht.

Warum gehen die Eltern, deren Kinder in dem Kindergarten sind, nicht auf die Barrikaden? Sind wir ein Volk von Duckmäusern, Ja-Sagern oder blökenden Schafen geworden, die sich nur nach ihrem Leithammel richten? Mein Pflegekind hat das alles noch mit großer Freude erleben dürfen und auch den Zug durch die Gemeinde mit selbstgebastelten Laternen und dem Erlebnis St. Martin auf seinem Pferd zu sehen. Wäre damals schon so gehandelt worden, wäre ich ganz bestimmt nicht still gewesen und hätte mich auch mit anderen Eltern darüber unterhalten.

Wäre ich in ein anderes Land ausgewandert, müsste ich mich anpassen und mich mit den fremden Tradionen anfreunden oder sie ablehnen. Aber kein Muslim lehnt St. Martin ab. Auch für ihre Kinder ist es eine willkommene Freude, die Vorbereitungen und das Fest selbst erleben zu können.

Ich frage mich, was demnächst als fragwürdig gilt? Ist es Nikolaus oder noch besser das Weihnachtsfest? Wenn die Feiertage abgeschafft würden – da sie ja sowieso fast ausschließlich nur Kauf-, Fress- und Geschenktage sind – und der ursprüngliche Grund kaum noch jemandem bekannt ist oder interessiert, würden die Arbeitnehmer keine freien Tage mehr haben und die Wirtschaft würde jubeln über die zusätzlichen Arbeitskräfte.

Warum sollen gerade wir Deutschen unsere Kultur verleugnen? Wenn das der Wunsch der Politiker ist, sollten alle überlegen, wen sie zukünftig wählen gehen. Schade, dass irgendwelche Menschen stets für Unruhe, Ärger und Unbehagen sorgen. Das Miteinander verschiedener Kulturkreise lässt sich auch anders regeln. Ich habe einfach keine Lust mehr, solch einen Quatsch zu hören und zu ,lesen. Was uns in Deutschland fehlt, ist eine Volksabstimmung.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


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