Heiraten obwohl man nicht verliebt wirkt?
Als wir die Bilder für unsere Hochzeitseinladungen gemacht haben war die Fotografin sehr begeistert. Wir würden noch wie frisch verliebt aussehen und das nach fast 6 Jahren. Sie erzählte, dass sie schon Hochzeiten fotografiert hat, da haben sich die Paare eher wie Freunde verhalten oder nicht mal wie Freunde, also gar nicht mehr verliebt. Da kamen keine netten Blicke und da gute Bilder zu machen ist denkbar schwierig. Ich frage mich aber, warum man dann heiratet, wenn man offensichtlich nicht glücklich ist.
Man muss ja nicht wildknutschend durch die Gegend ziehen, aber Blicke sagen doch einiges aus und wenn man da selbst bei der Hochzeit nicht mehr verliebt wirkt, sollte man das doch vielleicht nicht machen oder? Wie seht ihr das?
Es soll Paare geben, die ihre Liebe und auch ihre Beziehung für etwas Intimes und Privates halten und das finde ich durchaus auch gerechtfertigt. Schön, wenn Eure Fotografin Euch so gelobt hat und es toll findet, wie Ihr Euch anschaut, aber das gehört nun auch einmal zu ihrem Job, so viel Positives durch ein Bild wirken zu lassen, wie nur möglich.
Ob wer wen warum heiratet, sei erst einmal dahingestellt, zumal Ihr die anderen Paare ja offensichtlich nicht kennt. Selbst, wenn sie nicht so verliebt wirken, ist dies nicht gleichbedeutend mit Beziehungsende oder dergleichen. Reines Verliebt sein kann man auch nicht immer auf eine Stufe mit einer Liebesbeziehung beziehungsweise eben mit Liebe setzen.
Und Gründe für Heirat ohne Liebe gebe es genug, aber bloß weil etwas so wirkt, muss es letztendlich nicht so sein.
Ich denke auch, dass es oft damit zu tun hat, dass man das erste Mal vor der Kamera steht. Sich auf Knopfdruck verliebt zu zeigen, zu posieren und anzuhimmeln, ist nicht Jedermanns Sache. Selbst wenn man im Innersten so fühlt, ist man eben nicht alleine. Im Gegenteil. Die Kamera ist auf einen gerichtet und die Erwartungen sind hoch.
Aber abgesehen davon, gibt es sicherlich auch Paare, die lange nach der großen Verliebtheit heiraten. In der Anfangsphase einer Beziehung, wo die Verliebtheit bei den meisten am größten ist, sollte man meiner Meinung nach so eine schwerwiegende Entscheidung gar nicht treffen. Und wenn die Beziehung schon gefestigt und die Entscheidung wohlüberlegt ist, ist die erste Verliebtheit eben verflogen.
Ich glaube nicht, dass all diese Beziehungen zum Scheitern verurteilt sind oder nicht auf Liebe und ehrlichen Gefühlen füreinander beruhen. Im Grunde kann man sich doch glücklich schätzen, wenn man in seinem Partner einen guten Freund gefunden hat.
Aber wenn sie gleichgültig miteinander umgehen, ist das schon traurig. Dann drängt sich schon der Gedanke auf, ob sie vielleicht annehmen, dass sie eh nichts Besseres mehr finden. Viele Beziehungen bleiben länger bestehen als die Liebe, aus Angst vor dem Alleinsein. Warum man dann aber eine große Hochzeit plant mit Fotografen und all dem Drumherum? Für viele ist es auch ein gesellschaftliches Muss. Heiraten sowieso und auch dass man dann nicht einfach nur aufs Standesamt geht. Vor allem die Familie erwartet das oft.
Also ich kann deine Skepsis gut verstehen. Und die Statistik besagt ja auch, dass nicht jede Ehe superglücklich ist und wir alle wissen, dass auch Ehen schon nach kürzester Zeit zerbrechen können und einige gar nicht erst geschlossen werden sollten. Da ist der Blick vor der Kamera des Hochzeitsfotografen nur ein Indiz unter vielen. Aber er kann auch gar nichts bedeuten.
Ich bin kein Mensch, der Zuneigung gerne öffentlich demonstriert. Das erste Bild, auf dem mein Freund und ich zu sehen sind wirkt in dem Sinne auch ein wenig "komisch", obwohl wir frisch zusammen waren. Wir sitzen auf diesem Bild beide auf meinem Bett und er hat den Arm um mich gelegt. Als ich das Bild damals meiner Mutter zeigte, damit sie einen Eindruck von ihm bekommt bevor er zum ersten Mal offiziell vorgestellt wird, hat sie nur als Kommentar gemeint, dass es auf dem Bild so aussähe als würde mein Freund viel mehr für mich empfinden als ich für ihn.
Ich wirkte für sie auf diesem Bild zu kalt. Man muss aber dazu sagen, dass meine Schwester das Foto geschossen hat und ich vor Verwandten generell ein Problem damit habe, Zuneigung zu zeigen. Ich bin dafür in einem viel zu verklemmten und konservativen Haushalt groß geworden, ich habe Zärtlichkeit nicht mal zwischen meinen Eltern erlebt und das mein ganzes Leben lang. Meine Eltern sind der Auffassung, dass man Zuneigung nur unter vier Augen zeigen sollte und nicht demonstrativ öffentlich zur Schau stellt.
Daher wirke ich auf Fotos eben etwas verklemmt und vor Fremden sowieso. Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass viele der Ansicht sind, dass ich meinen Partner nicht genug lieben würde, das stimmt aber nicht. Ich habe eben nur gut gelernt, meine Gefühle nicht nach außen zu tragen und bin in dieser Hinsicht extrem introvertiert.
Dir sollte aber auch schon klar sein, dass eure Fotografin von euch bezahlt wird, da sollte es klar sein, dass sie euch nichts negatives über euch sagt, um euch als Kunden nicht zu verschrecken. Wenn die euch direkt ins Gesicht sagen würde, dass ihr gar nicht verliebt ausseht, könntet ihr im Extremfall verschwinden ohne sie für ihre Arbeit zu bezahlen.
Bei mir verhält es sich so: Wenn ich eine Kamera sehe, werde ich sofort hässlich, ungelenk und stocksteif, was zu entsprechenden Bildresultaten führt. Ich hasse es, fotografiert zu werden und mache immer nur Freunden oder Verwandten zuliebe mit, weil es ja auch doof ist, bei jeder Kamera und jedem gezückten Fotohandy sofort in Embryonalhaltung zu Boden zu gehen.
Vor allem bei einem sehr besonderen Ereignis wie Hochzeitsfotos kann ich jetzt schon garantieren, dass es einen exzellenten Fotografen und mindestens ein Glas Prosecco brauchen wird, bis ich nicht mehr dreinblicke wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange.
Als privater, diskreter, wenig gefühlsbetonter Mensch bin ich einfach nicht in der Lage, quasi auf Kommando meine Verliebtheit aus jeder Körperöffnung scheinen zu lassen. Mein Freund und ich wirken in der Öffentlichkeit auch nicht mehr wie frisch verliebt, weil wir uns schon ewig kennen und auch mal die Hände voneinander lassen können, aber wie es hinter verschlossenen Türen aussieht, geht ja keinen was an.
Aus dieser Erfahrung heraus würde ich nichts darauf geben, wenn Paare dem Fotografen nicht mehr "verliebt" genug dreinschauen. Manche heiraten ja wirklich vor allem der Form halber nach einer jahrelangen, glücklichen Beziehung, die die erste Verliebtheit mit Schmetterlingen und dem ganzen unnützen Kram schon längst hinter sich gelassen hat. Andere tragen ihre Gefühle eben nicht offen auf dem Revers und manchen wird es wohl so gehen wie mir, dass ihnen bei Fotos das Grinsen vergeht. Deswegen würde ich keine Beziehung als verbraucht, kalt und lieblos abtun, nur weil die Hochzeitsfotos nichts geworden sind.
Das Geschäft einer Fotografin ist, die Menschen bestmöglich aufs Papier zu bannen. Ein verliebtes Paar mit Trauermiene bringt nichts. Also wird sie versuchen, mit Gesten und Worten alle nach Möglichkeit freundlich erscheinen zu lassen. Es ist ihr Job.
Wenn sie euch nun erzählt, dass bei manchen Paaren es so aussieht, als ob sie nicht verliebt wären, kann man da nichts drum geben. Denn jede Person hat eine andere Art, mit Gefühlen umzugehen. Außerdem muss es nicht unbedingt sein, das jeder die einzelnen Gefühle einem vom Gesicht ablesen kann. Ähnlich wurde hier auch schon geschrieben. Selbst wenn man es einem Paar nicht ansieht, dass sie sich lieben, kann es in ihrem Inneren vollkommen anders aussehen.
Ich denke es kommt darauf an wie die Menschen so sind. Es gibt Menschen die können einfach nicht so ihre Gefühle zeigen. Auf andere könnte es dann so wirken, als wären sie nicht verliebt. Vielleicht wollten sie ihre Bilder aber auch einfach so neutral wie möglich halten und haben aus diesem Grund, ihre Gefühle zueinander versteckt. Vielleicht waren die beiden aber auch einfach Kamerascheu und waren deshalb etwas verschlossen.
Oder die Fotografin wollte das die beiden Dinge machen, die sie nicht wollten. Es gibt leider immer wieder Fotografen, die es meiner Meinung nach etwas übertreiben. Wenn der Fotograf ständig vor einem rumturnt und überall seine Kamera reinhält, ist das für niemanden schön und die Bilder können schnell "gestellt" aussehen. Am Ende ist es ihr Job gute Bilder zu machen, ob das Paar glücklich ist, geht sie eigentlich nichts an.
Wir sind bald 11 Jahre zusammen und ich bin ein eher schüchterner Mensch. Ich würde nie in der Öffentlichkeit wild herum knutschen oder ähnliches. Daher denke ich, dass es auch für viele Paare schwierig ist, vor der Kamera möglichst natürlich herüber zu kommen. Ich wäre da auch wohl steif und wüsste nicht recht, wie ich mich verhalten sollte. Daher finde ich es schwierig daran fest zu machen, wie verliebt ein Paar noch ist oder auch eben nicht. Bei einem Fotografen ist man ja nicht alle Tage und ich würde das dann schon als Ausnahmesituation bezeichnen.
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