Sich bestimmte Fragen per Mail bewusst verkneifen
Ich tausche mich gern mit anderen per Mail aus und denke auch, dass man so durchaus einen Menschen besser kennenlernen kann. Es gibt aber Fragen, die mich durchaus interessieren würden und die ich gerne stellen würde, mich aber nicht zu stellen traue. Das wären etwa Fragen nach der Religion des anderen oder dessen politischer Meinung.
Ist es richtig, solche Dinge nicht zu fragen, auch wenn sie einen interessieren, weil das kritische Themen sind, die schnell zu Streit führen können? Oder sollte man alles fragen, was einen interessiert?
Ich denke, dass es keine falschen Fragen gibt, es gibt nur falsche Zeitpunkte. Bei jemandem, der mir nahe steht und dem ich vertraue, habe ich eigentlich wirklich keinerlei Skrupel, was Fragen betrifft. Und ich würde mich über einige merkwürdige Fragen, die mir gestellt werden, vielleicht wundern, aber direkt abschrecken lassen würde ich mich davon auch nicht, wenn mir der Mensch vertraut ist.
Aber gerade solche Fragen wie die nach der Religion und nach der politischen Ausrichtung der Person finde ich jetzt nicht einmal so schwierig. Das sind sogar Fragen, die ich relativ schnell mit einer Person kläre. Sicherlich kann man darüber auch in Streit geraten, aber sieht man nicht gerade an solchen Sachen, ob man nun miteinander harmoniert, oder nicht? Was bringt mir denn ein "Freund", wenn man nur oberflächlich kommunizieren kann und bei jedem ernsteren Thema Krieg ausbricht? Oder wenn man sich über schwierigere Themen gar nicht unterhalten kann. So funktioniert doch keine Freundschaft und eine Partnerschaft noch weniger.
Von daher: Anfangs ist Smalltalk ja angebracht, die ersten Tage wäre es vielleicht auch etwas übertrieben für die meisten Leute, gleich über den Nahost-Konflikt, über Abtreibungen oder aber über Beschneidung zu reden und zu diskutieren. Aber wenn man sich besser kennt, kommt man um ernstere Themen wohl nicht drum herum. Und das finde ich auch wichtig!
Wobei es übrigens auch Leute gibt, die gleich von Anfang an über sehr schwierige Themen miteinander reden und denen das nichts ausmacht. Viele meiner Freunde habe ich über ernsthafteste Themen überhaupt erst kennengelernt. Aber da sind alle Menschen verschieden.
Wie gesagt, ich persönlich hätte auch keine Probleme, einer flüchtigen Bekanntschaft von meiner Religion und meiner politischen Einstellung zu erzählen. Das sind für mich essentielle Dinge, die mich als Menschen ja auch ausmachen. Und so will ich akzeptiert werden. Daraus mache ich also kein Geheimnis. Würde es Dir denn etwas ausmachen, mit jemandem, den Du nur wenig kennst, über Religion oder Politik zu reden?
Schriftlich heikle Fragen zu stellen, kann sehr ins Auge gehen. Damit kann man schnell andere verletzen oder sich sogar eine Beziehung ruinieren. Mündlich kann man viel besser abwägen, ob eine bestimmte Frage überhaupt legitim ist, oder ob man besser seine Neugierde zügeln sollte. Ich stelle nie schriftlich irgendwelche verfängliche Fragen und wenn nur an diverse Reiseveranstalter.
Fragen nicht stellen, weil man Streit bekommen könnte finde ich dämlich. Es kommt sicherlich darauf an, wie man seine Fragen formuliert, aber wenn jemand an die Decke geht nur weil man ihn fragt wie er politisch so drauf ist oder an was er glaubt, dann war es die Person sicherlich auch nicht wert. Du hast ja durchaus politisches Interesse und so kann man die Frage beispielsweise begründen und die Frage nach der Religion sollte man schon stellen dürfen.
Ob ich heikle Fragen schriftlich stellen würde, weiß ich nicht. Es kommt irgendwie ja auch auf die Situation und den Zeitpunkt an. In manchen Fällen wäre es aber besser, wenn man derartige Fragen persönlich bespricht. Leider ist es ja oft so, dass man schriftliches gerne mal fehlinterpretiert und beispielsweise irgendwelche Untertöne oder Vorwürfe da hineininterpretiert, die gar nicht da sind. Da wäre es definitiv besser, wenn man das persönlich im Gespräch klärt.
Ein Bekannter von mir war vor einigen Jahren auf Partnersuche und hatte dabei eine junge Frau kennengelernt. Die beiden haben sich echt gut verstanden und sind mehrmals ausgegangen. Er hat sie sogar mitgenommen zu dem Geburtstag eines Freundes, sodass sie seinen Freundeskreis kennenlernen konnte. Irgendwann kamen die beiden aber auf das Thema Politik zu sprechen und es hat sich dabei herausgestellt, dass die beiden an einem Punkt komplett gegensätzlicher Meinung waren. Irgendwann hat sie ihm dann vorgeworfen, dass er zu viel Propaganda gehört hätte und damit war die Beziehung schon im Keim erstickt.
Ich finde heikle Themen sollte man bei einem potentiellen Partner schon besprechen, aber eben nicht schriftlich sondern persönlich und mit Fingerspitzengefühl. Ich muss doch schließlich wissen wen ich mir anlache und wie diese Person tickt und denkt. Nachher ist man 5 Jahre verheiratet und es stellt sich heraus, dass der Partner ein Nazi ist, mal extrem gesprochen.
Sicherlich kommt bei der Frage nach den Einstellungen zu eher streitigen Themen wie Politik und Religion es auch darauf an, wie man etwas fragt. Wenn nun einem selbst diese Themen wichtig sind, wird man früher oder später nicht darum herumkommen, das Thema auch entsprechend anzuschneiden. Solche Themen können aber schon in der eigenen Familie oder im vertrautem Umfeld Streitereien mit sich bringen, weil man mit der politischen Gesinnung und Meinung einfach nicht einverstanden ist oder man mit dem Glauben nicht so viel anfangen kann.
Ich denke, dass es wirklich schwierig ist, sich schriftlich über so etwas das erste Mal auszutauschen. Vieles kommt geschrieben auch nicht ganz so optimal rüber, wie ich finde. Sind aber solche Themen für einen selbst vor einem weiteren oder persönlichen Kennenlernen wichtig, erachte ich es eher als notwendig, doch das Gespräch oder den Inhalt einer Mail darauf zu schieben. Jedoch ist es eher mit negativer Wirkung, direkt darauf zu schwenken, sondern es eher mal mit Andeutungen beziehungsweise eben aus aktuellen Anlass mal so etwas anzusprechen. Wie Dein Gegenüber damit umgeht, wird sich dann zeigen.
Olly173 hat geschrieben:Irgendwann kamen die beiden aber auf das Thema Politik zu sprechen und es hat sich dabei herausgestellt, dass die beiden an einem Punkt komplett gegensätzlicher Meinung waren. Irgendwann hat sie ihm dann vorgeworfen, dass er zu viel Propaganda gehört hätte und damit war die Beziehung schon im Keim erstickt.
Im Grunde ist am Ende der Beziehung aber doch nicht "Schuld" gewesen, dass über das Thema gesprochen wurde. Gescheitert ist es an der Diskrepanz zwischen den politischen Ansichten der beiden Leute selbst. Sie hat ihn ja nicht verlassen, weil er das Thema politische Meinung angesprochen hat, sondern, weil er eine Meinung vertritt, die sie nicht akzeptabel findet.
Ich denke auch: Es ist besser, wenn man so etwas früh klärt, als dass man sowas erst nach Monaten oder gar Jahren feststellt. Für mich ist beispielsweise absolut klar, dass ich keinen Menschen mit rassistischen, ausländerfeindlichen oder sonstwie neonazistischen Auffassungen in meinem Freundeskreis haben will, und als Partner schon gar nicht. Es gibt aber auch noch andere politische und auch ethische Standpunkte, bei denen ich wenig kompromissbereit bin. Sicher, bei einigen Themen ist ein Kompromiss schön und auch machbar, aber bei einigen will ich das einfach nicht.
Und ob ein Partner in diesen Punkten jemand ist, mit dem ich mein Leben teilen möchte, möchte ich schon relativ bald klären. Andererseits denke ich mir, merkt man so etwas auch relativ schnell. Es sei denn, man plappert wirklich Monate lang nur über Banalitäten, aber das wäre mir persönlich dann ehrlich gesagt auch ziemlich schnell zu langweilig.
Und ob ein Partner in diesen Punkten jemand ist, mit dem ich mein Leben teilen möchte, möchte ich schon relativ bald klären. Andererseits denke ich mir, merkt man so etwas auch relativ schnell. Es sei denn, man plappert wirklich Monate lang nur über Banalitäten, aber das wäre mir persönlich dann ehrlich gesagt auch ziemlich schnell zu langweilig.
Ich strebe schon auch einen etwas tieferen Austausch an, also dass man sich nicht nur über banales unterhält, aber ich finde auch, dass viele Dinge, wie Anschauungen oder Politik, nicht so wichtig sind - zumindest mir nicht. So lange mich jemand nicht mit seiner Ansicht bedrängt oder mich davon überzeugen möchte, ist mir die politische Meinung anderer relativ egal. Ich finde auch, dass man durchaus verschiedene Hobbys haben kann, daher hatte es mich gewundert, dass der Kreuzfahrt-Fan dann so schnell die Segel streicht.
Gerade bei Mailkontakten, die tiefgründiger werden sollen, würde ich grundlegende Punkte klären. Wenn dir die Religion wichtig ist, dann würde ich danach fragen. Wobei ich die Frage nach der Religion alleine nun nicht als besonders intim oder persönlich empfinde. Ein weiterer Austausch über die Art der Religionsausübung könnte es aber eventuell sein.
Mir persönlich wäre die grobe politische Einstellung schon wichtig. Mit jemand der radikal rechts orientiert ist, möchte ich keine tiefgründigeren Gespräche führen. Wobei es da sicherlich noch auf die eigene Einstellung ankommt oder auch auf die Nationalität oder gar Hautfarbe.
Gerade weil Mailkontakte ohne ein direktes gegenüber statt findet, sollten diverse Punkte schon geklärt sein. Ich halte es für wenig sinnig, wenn jemand der Hitler verehrt mit jemand näheren Mailkontakt hat, dessen Großeltern in Auschwitz vergast wurde. Es sei denn man findet eine gemeinsame Basis.
Zitronengras hat geschrieben:Ich strebe schon auch einen etwas tieferen Austausch an, also dass man sich nicht nur über banales unterhält, aber ich finde auch, dass viele Dinge, wie Anschauungen oder Politik, nicht so wichtig sind - zumindest mir nicht. So lange mich jemand nicht mit seiner Ansicht bedrängt oder mich davon überzeugen möchte, ist mir die politische Meinung anderer relativ egal.
Das sieht wohl jeder anders. Ich würde mit einem religiösen Fanatiker oder mit einem Neonazi jedenfalls nichts zu tun haben, geschweige denn eine Beziehung eingehen wollen. Da ist es mir auch egal, ob die Person mich "missionieren" will, oder nicht. Ich möchte jemandem mit solchen Einstellungen einfach keine Zuneigung oder überhaupt positive Beachtung schenken. Aber das mag Ansichtssache sein.
Du schreibst, für Dich sind solche Dinge unwichtig. Dann bist Du natürlich auch nicht dazu verpflichtet, diese Themen in E-Mails anzusprechen. Aber wichtig wäre es natürlich, jemanden zu finden, der das so sieht, wie Du. Ich glaube nämlich, es könnte auch unharmonisch werden, wenn Du dann jemanden vor Dir hast, der solche Sachen extrem wichtig findet.
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