Fremdsprachen Unterricht: Ab welchem Jahr echte Literatur?

vom 21.09.2014, 20:28 Uhr

Ich habe regulär ab der 5. Klasse meine erste Fremdsprache an der Schule gelernt, ab der 7. Klasse war dann die zweite dran. Freiwillig habe ich ab der 9. Klasse noch eine dritte und ab der 11. Klasse am Gymnasium noch eine vierte Fremdsprache gelernt. Ich hatte einfach Lust darauf und das Sprachenlernen fällt mir nicht so sonderlich schwer. Der Normalfall war es aber natürlich auch auf der Schule nicht, gleich vier Fremdsprachen zu lernen.

Was mich interessieren würde, wäre, ab welchem Lehrjahr man eigentlich normalerweise dazu übergeht, ganz normale Bücher in der jeweiligen Fremdsprache im Unterricht zu lesen, anstatt nur die Texte in den Lehrbüchern oder bestimmte Lektüren, die extra für Sprachschüler geschrieben worden sind? Soweit ich mich erinnere, haben wir in der 8. Klasse das erste Mal einen, wenn auch eher einfach formulierten, englischsprachigen Roman gelesen. Das wäre also das vierte Lehrjahr gewesen.

In Französisch hingegen kamen wir nie dazu, da gab es immer nur spezielle Schülerlektüren. Dabei hatte ich insgesamt sieben Jahre Französischunterricht.

In Italienisch waren es immer nur einfachere Texte, Songtexte, oder vielleicht auch mal eine Kurzgeschichte, aber dann eben mit vielen Anmerkungen zum Vokabular. Allerdings hatte ich auch nur drei Jahre Italienischunterricht, was ja nun nicht so sonderlich viel ist. Ich denke, in so einem Fall kann man es eher verstehen, dass keine richtigen literarischen Werke behandelt werden, weil man ja gerade erst die Regeln der Grammatik und rudimentäres Vokabular gelernt hat. In sieben Jahren Französisch-Unterricht hingegen kein "richtiges" Buch zu lesen, finde ich schon ein wenig schade.

Im Latein-Unterricht ging es übrigens weitaus schneller. Schon relativ früh ging es mit originalen Texten los. Wir hatten kaum ein Jahr Unterricht gehabt, schon lasen wir Caesars "Gallische Kriege". Nach zwei Jahren waren unter anderem Ovids "Metamorphosen" dran.

Wie war das bei Euch, wann gab es bei Eurem Fremdsprachen-Schulunterricht die ersten Originaltexte? In welcher Sprache war das so? Oder gibt es dazu auch feste Richtlinien in den Rahmenplänen der Schulen? Wie unterscheidet sich das von Bundesland zu Bundesland?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Es gibt durchaus Rahmenrichtlinien, diese beziehen sich auf ganz Europa, diese beschäftigen sich jedoch eher damit, welche Kompetenzen im Fremdsprachenunterricht erworben werden sollen. Detaillierter beschreiben es dann schon die jeweiligen Landesrichtlinien für die einzelnen Bundesländer. Dabei werden die verschiedenen Alters- bzw. Klassenstufen aufgeschlüsselt und es werden ebenfalls verschiedene Aussagen darüber getroffen, was die Schüler in welcher Klassenstufe wie beherrschen sollen, sprich welche Kompetenzen sie erwerben und mit welchen Mitteln der Erwerb abläuft.

Für die Lehrer dienen diese Richtlinien also als Leitfaden und sind auch für das von dir angesprochene Thema wichtig, denn auch für die literarische Kompetenz sehen diese Richtlinien für jede Klassenstufe (Oder meist zusammengefasst) verschiedene Methoden und Unterrichtsmittel vor. Wie du schon festgestellt hast, stützt sich Der Fremdsprachenunterricht zunächst auf Lehrbuchtexte, die logischerweise didaktisiert sind und somit keine authentischen Texte sind. Es ist dennoch Literatur, oft von Muttersprachlern verfasst. Aber du sprichst ja von "echter" Literatur, womit du vermutlich authentische Texte meinst, die wirklich in der Muttersprache existieren und mit denen du in deiner Schullaufbahn erst recht spät konfrontiert worden bist. Laut den Richtlinien (zumindest laut jenen, in die ich Einblick hatte) kann man schon in der Orientierungsstufe, sprich Klassen 5 und 6 mit authentischen, wenn auch einfachen Texten beginnen. Das können Witze sein, Weisheiten, Anekdoten... Kurze Texte, die dennoch attraktiv sind aufgrund ihrer Authentizität.

Der Schwierigkeitsgrad erhöht sich in den Klassen der Sekundarstufe 1, also 7-9, manchmal 10. Klasse. Da kann man schon Kurzgeschichten, Gedichte und ähnliches ins Unterrichtsgeschehen einbringen. Wenn es die Fähigkeiten der Lerner zulassen, natürlich auch schon Bücher oder Comics. Mit "richtigen" Büchern anzufangen, empfiehlt sich dennoch eher in der Sekundarstufe 2. Bei umfangreicher Literatur stellt sich dennoch für jede Klassenstufe die Frage: wie viel Aufwand wird es die Schüler kosten, das Werk zu verstehen? Empfiehlt es sich eine didaktisierte Form anzubieten, sprich mit Vokabelhilfen am unteren Seitenrand oder wird man die Vokabeln anderweitig erarbeiten?

Du siehst, darüber haben sich schon viele Menschen Gedanken gemacht. :D Nach all der Theorie möchte ich dir gern noch meine persönlichen Erfahrungen damit mitteilen. Im Spanischunterricht von Klasse 8-10 haben wir uns soweit ich mich erinnere gar nicht mit authentischer Literatur beschäftigt, eher mit authentischen Liedern, zum Beispiel zu Weihnachten. In französisch fand ich den Umgang mit Literatur besser gelöst, wir haben einige Gedichte gelesen und in Klasse 10 erstmals ein größeres Projekt in Angriff genommen: wir haben einen Comic gelesen. In Klasse 11 und 12 folgten dann mehrere kleine Bücher, die wir teilweise selbst auswählen durften. So las zwar nicht jeder Schüler das gleiche Buch, aber ich fand das nicht schlimm, da man durch an die Lektüre geknüpfte Vorträge dennoch einen Einblick in die anderen Geschichten gewann.

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