Wodurch entsteht 'Hörigkeit' zum Partner?

Ich habe nun schon oft davon gehört, dass es Menschen gibt, die ihrem Partner hörig sind und alles machen, damit dieser glücklich ist und nicht widersprechen, sich möglicher Weise auch schlagen lassen. Das Wort Hörigkeit wird dann in diesem Zusammenhang öfter erwähnt.

Wodurch entsteht eigentlich eine 'Hörigkeit' zum Partner? Warum sind Menschen einem anderen Menschen hörig und kann man aus diesem Dilemma auch irgendwie wieder raus kommen? Kennt ihr Menschen, die einem anderen Menschen hörig sind oder seid ihr es vielleicht selber oder merkt der Betroffene das selber gar nicht?

Hörigkeit entsteht meiner Ansicht nach durch eine Form von Abhängigkeit, egal ob das jetzt in materieller also finanzieller oder in emotionaler Hinsicht der Fall ist. Es gibt ja auch Menschen, die ihren Partner eher behandeln wie Untergebene und ihnen eintrichtern, dass diese wertlos sind alleine. So brechen sie ihre Partner emotional und verhindern, dass diese den Willen zum Widerstand entwickeln.

Ein Verwandter von mir ist meiner Ansicht nach emotional abhängig von seiner Ehefrau. Allerdings würde ich ihm das nie direkt ins Gesicht sagen, weil mich sein Leben einfach nichts angeht, er um einiges älter ist als ich und schon wissen wird was er tut. Dieser Verwandte hatte mit 18 Jahren einen Unfall, bei dem er am Knie verletzt wurde. Er musste Jahrelang im Krankenhaus behandelt und operiert werden, weil wohl die Ärzte im Ausland mit der Situation überfordert waren und das Bein fehlerhaft geheilt war und eben in Deutschland alles korrigiert werden musste. Der Verwandte hat seitdem total die Komplexe, weil er diesen Unfall mit 18 hatte und seitdem nicht richtig laufen kann, weil das eine Bein durch die OPs kürzer ist als das andere. Er war auch auf einer speziellen Behindertenschule, um dort seine Ausbildung zu machen.

Seine Ehefrau tut ihm nicht sonderlich gut. Sie ist sehr herrschsüchtig und kontrollierend. Selbst wenn ich beispielsweise anrufe, um ihm zum Geburtstag zu gratulieren wimmelt sie mich gerne ab und richtet ihm dann gar nicht aus, dass ich angerufen habe. Ich habe auch schon gehört, dass sie ihm heimlich eintrichtern soll, dass er wertlos sei und dass sie die einzige wäre, die sich freiwillig mit so etwas wie ihm abgeben würde und er könne froh sein, dass er durch ihr "Erbarmen" überhaupt eine Partnerin gefunden hätte etc.

Ich weiß nicht, ob das genau stimmt, da er mir das nicht direkt erzählt hat und man nie wissen kann, was sich die Leute dazudichten oder eben weglassen. Aber so oft wie ich die beiden zusammen beobachtet habe, kann ich mir das sehr gut vorstellen. Sie ist sehr dominant und auf allen Familienfesten sieht man förmlich, wie er sich ihr unterordnet als hätte er keinen eigenen Willen. Es kann aber natürlich auch sein, dass er diese Komplexe auch so hat und diese Frau diese Komplexe gar nicht fördert, sondern er sich automatisch ihrem Willen unterwirft.

Das kann ich von außen nicht beurteilen. Ich als Frau würde das aber merken, wenn sich jemand immer nur anpasst und dem würde ich vorbeugen indem ich eben versuche das Selbstwertgefühl des Partners aufzubauen. Jeder Mensch ist da eben anders, vielleicht merkt sie es auch nicht oder will es gar nicht merken. Selbst wenn er Selbstwertgefühl entwickeln würde, würde er sich trotzdem nicht von ihr scheiden lassen, weil er sonst seine drei Kinder, die er über alles liebt, niemals wieder sehen würde. Das erzeugt zusätzliche Abhängigkeit.

Ich habe mal ein anderes mir sehr gut bekanntes Paar bei einer Unterhaltung beobachtet, bei der Mann zu ihr gesagt hat, dass sie das Beste sei was ihm je passiert wäre und dass er ohne sie absolut hilflos wäre und gar nicht klarkommen würde. Das kann natürlich liebevoll gemeint sein, wie man eben romatische Worte so sagt. Aber was sagte die Frau als Reaktion? "Ja, du bist Nichts ohne mich." So etwas finde ich echt traurig und ich finde, wenn man seinen Partner wirklich und aufrichtig liebt, dann haben solche Gedanken und Worte keinen Platz.

In meiner letzten Beziehung war ich in einem Abhängigkeitsverhältnis zu meinem Ex-Partner. Das ging dann soweit, dass ich mich immer angepasst habe und Angst vor Sanktionen hatte, wenn ich mal anderer Meinung war oder anders gehandelt habe als es von mir gewünscht war. Das hat mich emotional sehr belastet und ich habe angefangen das ganze zu analysieren. Ich bin kein Experte, aber sein Verhalten erinnerte mich sehr stark an eine narzistische Persönlichkeitsstörung mit ausbeuterischen und beziehungsunfähigen Tendenzen. Er war absolut unfähig und unwillig zu Kompromissen, sodass ich automatisch den Widerstand aufgab, als ich merkte, dass das nichts bringt. Irgendwann hatte ich aber doch die Kraft auszubrechen, nachdem ich das Muster erkannt hatte.

Bis dahin hatte ich das selbst nicht gemerkt, dass ich abhängig war und daher glaube ich nicht, dass die Betroffenen das von Anfang an merken. So etwas entwickelt sich allmählich und meistens merkt man es erst, wenn man schon mittendrin ist und nur schwer wieder herauskommt. Ich muss auch ehrlich sagen, dass ich einer außenstehenden Person gar nicht geglaubt hätte, wenn sie mir gesagt hätte, dass ich meinem Partner hörig bin. Man hat in der Situation erstens Minderwertigkeitskomplexe und zweitens eine rosa Brille auf, da prallt jede Kritik am Partner ab. Man muss das selbst merken, es bringt nichts, wenn man mit der Nase darauf gestoßen wird.

Ich hatte danach die Befürchtung, dass ich psychisch so labil und gestört bin, dass ich dann besonders anfällig für derartige ausbeuterische Abhänigkeitsverhältnisse bin. Daher habe ich gezielt nach einem Mann gesucht, der auch Kompromissfähig ist und bei dem nicht immer alles nach seiner Nase gehen muss. Mein aktuelle Partner beispielsweise gibt mir ein vergleichsweise sehr großzügiges Mitsprache- und Mitbestimmungsrecht ein, er ist sehr kompromissbereit und er achtet auch darauf, dass ich selbst und meine Bedürfnisse nicht zu kurz kommen. Er achtet sehr stark auf ein Gleichgewicht. Das kannte ich bis dahin überhaupt nicht.