Warum wurde Totenwache gehalten - gibt es sie heute noch?

vom 30.08.2014, 21:13 Uhr

In unserer weitläufigen Verwandtschaft ist jemand gestorben und so kamen wir in unserer Verwandtschaft auf das Thema "Totenwache". Diese wurde wohl früher gehalten, bevor die Leiche durch einen Bestatter abgeholt wurde oder bevor sie beerdigt wurde.

Warum wurde die Leiche früher bewacht? Welchen Sinn hatte es und wird das in manchen Teilen Deutschlands noch so gehalten? Oder überlässt man den Leichnam immer sich selber in einem kalten Raum beim Bestatter?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich kenne die Totenwache nicht, habe es somit auch noch nie gesehen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Leute früher einfach sicher gehen wollten, dass der Tote auch tot ist. Immerhin sind früher auch immer wieder Leute für tot erklärt wurden und dann wieder zu Leben gekommen. Ansonsten hat man dies vielleicht zum Abschied nehmen genutzt. Heute geht das denke ich nicht mehr so, da die Leiche ja vom Bestatter abgeholt wird.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Gerade im ländlichen Raum sind Bestattungsunternehmen eine relativ neue Einrichtung. Wenn früher, also bis vor einigen Jahrzehnten, jemand gestorben ist, wurde er in der Regel daheim aufgebahrt, weil man auch meistens zu Hause gestorben ist und nur selten im Krankenhaus.

Ich denke, Totenwache wurde aus verschiedenen Gründen gehalten, und die Sorge, dass jemand nur "scheintot" ist, hat wahrscheinlich nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Die Leute damals auf dem Land hatten Erfahrungen mit dem Tod und haben die untrüglichen Anzeichen wahrscheinlich oft genug gesehen, um sie beurteilen zu können.

Eher nehme ich an, dass es wirklich darum ging, von dem Verstorbenen Abschied zu nehmen und für seine Seele zu beten, damit er oder sie auch in den Himmel kommt. Religion und Jenseitsglaube war bis vor relativ kurzer Zeit etwas sehr Konkretes, das von vielen Leuten nicht groß hinterfragt wurde. Es spendet ja auch Trost, wenn man daran glauben kann, seine Lieben im Himmel wieder zu sehen. Man darf auch nicht vergessen, dass die Kindersterblichkeit bis nach dem 2. Weltkrieg vor allem auf dem Land sehr hoch war, und auch noch viele Frauen im Kindbett gestorben sind.

Dazu kommen noch praktische Gründe. Schließlich muss der Verstorbene irgendwo aufbewahrt werden, bis das Grab ausgehoben, der Sarg herangeschafft und die Beerdigung organisiert wurde. Das kann schon mal zwei, drei Tage dauern. Und in dieser Zeit wurde eben Totenwache gehalten. Man kann einen Verstorbenen ja schlecht im Wohnzimmer aufbahren und dann seinen regulären Tätigkeiten nachgehen.

Heute ist es zumindest im ländlichen Bayern Tradition, dass Verstorbene in einer eigenen Kapelle, meistens auf dem Friedhof, im geschlossenen Sarg bis zur Beerdigung aufgebahrt werden, wenn eine Erdbestattung vorgesehen ist. Wie es mit Krematorien aussieht, weiß ich nicht, meine verstorbenen Verwandten waren in dieser Hinsicht eher konservativ.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



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