Noten bei Berufseinstieg überbewertet?

vom 21.08.2014, 09:41 Uhr

Laut Focus werden die Noten beim Berufseinstieg immer mehr vernachlässigt und spielen zunehmend eine eher untergeordnete Rolle. Eine Ausbildungsumfrage soll zeigen, dass Betriebe immer häufiger Azubis mit etwas schwächeren Noten einstellen, weil diese durch vorangegangene Praktikas oder das Vorstellungsgespräch eher überzeugen konnten. Auch das Abschneiden bei vorangegangenen Einstellungstest spielt hierbei eine Rolle.

Die ehemalige Chefin meiner Mutter hat einmal gesagt, dass sie eher durchschnittliche Noten bei einer Neueinstellung bevorzugt, weil diese in der Regel länger dem Betrieb erhalten bleiben. Schüler oder Abiturienten mit einem Einser-Schnitt würden Betriebe häufig nur als eine Art Sprungbrett sehen und würden schnellstmöglich wieder das Weite suchen. Gerüchteweise soll auch die soziale Kompetenz von eher durchschnittlichen Schülern besser sein als bei den "Strebern".

Wenn die Unternehmen zunehmend weniger Wert auf die Noten legen, warum wird gerade in Schulen das Gegenteil vermittelt? Sind Noten bei einem Berufseinstieg direkt nach dem Schulabschluss wirklich überbewertet?

Benutzeravatar

» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Das ist keine neue Erkenntnis, sondern ist schon seit einigen Jahren so. Zudem wird bei der Bewerbung auch zuerst auf die Kopfnoten und die Fehltage geschaut. Danach kommt die schriftliche Beurteilung und dann erst die Fachnoten. Und je nach Beruf ist es halt auch sinnvoll, wenn man einen guten Praktiker, aber schlechten Theoretiker einstellt.

Mein Mann ist ja in der Landwirtschaft tätig und ich stelle mir das schon recht kurios vor, wenn ein Auszubildender den Traktor in der Theorie auseinander bauen und wieder zusammen setzen kann, aber mit Werkzeug in der Hand das nicht mehr klar kommt. Und gerade in Berufen, wo man praktisch veranlagt sein muss, schaut man eher, wie sich der Bewerber dann bei einem Praktikum anstellt.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


Es ist heute schon wirklich ein großes Problem, dass immer mehr Leute ein Studium anstreben. Viele machen ja direkt Abi aber auch bei den Realschülern geht der Trend immer mehr dazu, spätestens nach der Ausbildung zumindest die Fachhochschulreife anzuschließen. Ein Ausbildungsbetrieb hat sehr viel in einen Azubi investiert und dann ist es natürlich sehr ärgerlich, wenn derjenige geht, wenn man ihn doch gerne übernehmen würde.

Von daher ist es schon verständlich, dass man immer öfters Leute mit schlechteren Noten berücksichtigt. Für viele Ausbildungsberufe spielen Schulnoten ja kaum eine Rolle. Ein Handwerker wird selten englisch lernen und auch in Mathematik kommt er kaum über die Grundrechenarten hinaus. Und in der Industrie werden die meisten höher qualifizierten Stellen ja durch Akademiker besetzt.

Möglicherweise besteht ein statistischer Zusammenhang zwischen Schulnote und sozialer Kompetenzen, falls man eine solche Statistik überhaupt ermitteln könnte. Trotzdem würde ich da nicht unbedingt einen zwingenden kausalen Zusammenhang sehen. Und für die Auswahl eines Auszubildenden würde eine solche Statistik sowieso keine Rolle spielen, da die "Stichprobe", die ein Ausbildungsbetrieb macht, viel zu klein ist.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »

Zuletzt geändert von Mod am 21.08.2014, 15:23, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen


Oftmals spielen Noten keine Rolle bei einer Bewerbung für einen Ausbildungsplatz. Dass man lernen kann, ist ja auch gut und schön, aber man muss ja auch Leistung erbringen und dies kann man durch Praktika oder eben auch durch das Bewerbungsgespräch. Noten sind aber dennoch wichtig, speziell auch für die Kinder, weil sie dann eine Richtung erkennen, in die sie gehen wollen aber auch für ein Studium sind Noten extrem wichtig.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich habe es auch schon öfter gehört, dass bei einer Einstellung nicht mehr groß nach den Noten geschaut wird, sondern hauptsächlich die praktischen Leistungen zählen. Bei Berufsanfängern wäre das dann wohl ein Praktikum und bei Bewerbern mit Berufserfahrung das Bewerbungsgespräch und die dort vermittelte Kompetenz zusammen mit einem Arbeitszeugnis. Ich habe einen Bekannten, der auch Chef eines Betriebes ist. Der hat mir mal gesagt, dass er sich ein unvoreingenommenes Urteil des Bewerbers machen möchte und darum gar nicht in die Zeugnisse schaut, bevor das Vorstellungsgespräch ansteht.

Ich denke, dass es klar ist, dass trotzdem in der Schule auf die guten Zensuren der Schüler geachtet wird. Dafür ist die Schule doch da. Es ist ja auch nicht verkehrt, in der Schule sein bestes zu geben, um zu zeigen, was man kann. Es ist ja auch nicht bei allen Berufen und Betrieben so, dass nicht auf die Zensuren geachtet wird. Das kommt doch ganz auf den gewünschten Beruf und auch den Personalchef an.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Man hat mir damals auf dem Gymnasium auch immer beigebracht, dass ich gute Noten haben muss und dass spätere Arbeitgeber danach fragen, warum man in diesem oder jenem Fach eine schlechte Note hat. Ich konnte aber in keinem meiner bisherigen Bewerbungsgespräche feststellen, dass dies wirklich der Fall war. Im Gegenteil, ich hatte auch eher das Gefühl, dass nur mein Lebenslauf studiert wurde und in diesem steht auch sowohl vom Abitur als auch vom Hochschulstudium die Abschlussnote hinter dem Abschluss in Klammern. Detaillierte Noten haben noch nie jemanden interessiert oder zumindest wurde das Interesse daran noch nie geäußert. Und bei mir gibt es definitiv das ein oder andere Fach im Studium, das wesentlich schlechter war als mein Durchschnitt.

In dem Unternehmen, für das ich derzeit arbeite, spielen Noten fast gar keine Rolle. Da ist es wirklich der Mensch bzw. die Person hinter dem Lebenslauf und der damit verbundenen Bewerbung der zählt. Nicht umsonst werden Themen wie Sozialkompetenz immer wichtiger. Was nützt mir beispielsweise eine Führungskraft, die fachlich top ist, aber mit den Menschen, die ihr unterstellt sind, nicht umgehen kann. Neben der Sozialkompetenz ist natürlich auch die Berufserfahrung oder eben bei Berufseinsteigern die ersten Praktika und Auslandsaufenthalte wichtig, das darf man selbstverständlich auch nicht vergessen. Im Allgemeinen haben Noten aber nicht (mehr?) die große Bedeutung, wie man es uns früher in der Schule weismachen wollte.

Benutzeravatar

» Schleiereule » Beiträge: 827 » Talkpoints: 3,58 » Auszeichnung für 500 Beiträge


Das kommt auf den Beruf an. Wenn jemand der z.B. Friseur werden will in Physik eine 5 hat, finde ich das nicht schlimm. Es gibt Fächer die einfach unbeliebt sind und auch nicht unbedingt gelernt werden könne. Ich meine damit Fächer wie Physik oder auch Chemie. Wenn der Beruf den man erlernen möchte nicht direkt damit etwas zu tun hat, kann man diese Noten auch mal ignorieren. Viel wichtiger sind mittlerweile ganz selbstverständliche Dinge wie: Pünktlichkeit, Höflichkeit oder auch Ordnung und Sauberkeit. Viele Unternehmen beklagen auch die mangelnde Leistungsbereitschaft, was ich persönlich gar nicht nachvollziehen kann.

Ich würde als Unternehmen erst einmal die Zeugnisse der Vorjahre verlangen, dort stehen nämlich auch noch die Verhaltensnoten drin. Bei Gesamtschulen gibt es mittlerweile ja auch verbale Beurteilungen. Grundsätzlich würde ich den Bewerber erst einmal ein Praktikum machen lassen. In dieser Zeit kann man schon grob erkennen, ob die Person überhaupt willig ist und ob sie für den Beruf überhaupt geeignet ist. Das kann auch für den Bewerber gut sein, wenn er oder sie merkt, dass der Beruf passt oder eben nicht.

Leider ist es mittlerweile so, dass Eltern Noten und Zeugnisse einklagen können. Das ist mittlerweile ja fast schon zum Sport geworden. In machen Fällen mag das gut sein, dass der Lehrer keine Willkür mehr walten lassen kann, aber einige Eltern missbrauchen auch ihre Rechte. Von daher sind Zeugnisse nicht immer aussagekräftig.

» Youdid » Beiträge: 421 » Talkpoints: 4,87 » Auszeichnung für 100 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^