Krankheitsdiagnose für werdende Mutter - Mutter oder Kind?

vom 12.08.2014, 13:27 Uhr

Vor einigen Jahren bekam eine Bekannte von mir am Anfang der Schwangerschaft die Diagnose Krebs. Sie musste sich innerhalb weniger Tage entscheiden, ob sie das Kind austragen will und damit ihr eigenes Leben gefährdet oder ob sie das Kind abtreiben lässt und noch rechtzeitig eine Therapie beginnen kann. Die Heilungschancen für sie wären dann auch wirklich sehr gut. Wenn sie aber noch mehr als ein halbes Jahr warten würde, wäre es denkbar, dass auch das Kind nicht gesund auf die Welt kam.

Sie hat sich damals dennoch für das Kind entschieden und hat gehofft, dass sie es dennoch schafft. Das Kind kam auch ohne Schäden auf die Welt. Allerdings ist die Mutter bei der Geburt verstorben, weil sie schon zu schwach war. Das Kind ist bei den Großeltern aufgewachsen, weil der Vater sich nicht um das Kind kümmerte.

Ich habe mich damals gefragt, wie ich wohl reagieren würde, wenn ich am Anfang der Schwangerschaft so eine Diagnose bekommen würde. Ich habe damals gesagt, dass ich wohl das Kind hätte weg machen lassen. Das klingt für viele wahrscheinlich auch sehr egoistisch und ist es wahrscheinlich auch. Aber ich denke, dass ich Angst gehabt hätte nicht zu wissen, wie mein Kind aufwächst, wenn ich nicht mehr bin und ob für das Kind ein Leben ohne Mutter wirklich gut ist. Ein schönes Leben hatte das Kind, von dem ich hier schreibe wirklich nicht. Es war immer mal wieder in einer Pflegefamilie und ist auch heute nicht gerade auf einem guten Weg.

Wie würdet ihr reagieren, wenn ihr am Beginn einer Schwangerschaft eine solche Diagnose bekommen würdet? Würdet ihr euch für das Kind und gegen euer eigenes Leben entscheiden oder würdet ihr sagen, dass ihr leben wollt und dann eventuell ein Kind adoptiert oder mit viel Glück noch eins bekommen könnt? Wie würde euer Partner dazu stehen? Würde er wollen, dass ihr das Kind austragt und damit euer Leben gefährden? Oder würde er wollen, dass ihr alles für eure eigene Gesundheit macht? Ist es egoistisch, wenn man an seine eigene Gesundheit denkt?

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» Diamante » Beiträge: 41749 » Talkpoints: -4,74 » Auszeichnung für 41000 Beiträge



Was ist daran jetzt egoistisch, wenn mir mein eigenes Leben wichtiger ist als ein Fötus? Für mich ist es völlig normal, dass ich mein eigenes, real existierendes, Leben über ein mögliches, potentielles Leben stelle. Die Meinung des potentielles Vaters wäre für mich da irrelevant, es ist schließlich nicht seine Gesundheit, aber das wäre in deinem Fall ja wohl auch kein Hindernis gewesen, wenn er das Kind gar nicht haben wollte.

Wenn ich wirklich ein Kind haben wollte könnte ich das nach erfolgreicher Behandlung doch immer noch haben und es gibt ja auch die Möglichkeit Eizellen vor einer Krebsbehandlung zu entnehmen und später befruchtet einsetzen zu lassen, wenn die Behandlung zu einer Unfruchtbarkeit führen würde. Da muss man nun wirklich nicht die Märtyrer-Übermutter spielen.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Nein, das ist nicht egoistisch sondern richtig. Denn man denkt nicht nur an die eigene Gesundheit, sondern auch an die Zukunft des Kindes. Wenn die Mutter stirbt, wie in deinem Fall, kann das Kind nicht mit der Liebe einer Mutter aufwachsen und wird von einem zum anderen gereicht, wenn der Vater sich nicht um sein Kind kümmert. Das finde ich wesentlich schlimmer, als wenn ich das Kind abtreiben würde. Wer sagt denn, dass es nicht auch bleibende gesundheitliche Probleme haben würde.

Die Entscheidung, die deine Bekannte damals getroffen hatte, ist für mich nicht nachvollziehbar, weil es nicht nur ihr Leben betraf, sondern eben auch die Gesundheit und das Leben des Kindes. Mir würde es im Moment der Entscheidung nur um diese Dinge gehen. Die Meinung meines Partners wäre mir egal, so sie anders ausfallen würde. Denn hier würde es um meine Gesundheit gehen, um die Gesundheit meines Kindes und um sein zukünftiges Leben.

Vielleicht erinnert ihr euch noch an diesen Thread. Die Ärzte wollten damals die lebenserhaltenden Maßnahmen nicht abstellen, bis das Baby geboren war. Die Eltern und der Ehemann haben über ein Urteil erwirkt, dass diese Maßnahmen am am 26. Januar 2014 abgestellt wurden.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Es ist natürlich keine leichte Entscheidung, aber man hat ja auch nichts davon, wenn das Kind zwar lebt aber keine Mutter mehr hat. Außerdem muss die Mutter es ja auch erst mal so weit schaffen. Ich würde mich schon eher für mich entscheiden, so hart es klingt aber ein Kind kann man ja immer noch machen und wenn die Schwangerschaft noch nicht so weit ist, ist es zwar extrem schade, aber da wäre das eigene Leben wichtiger.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Wenn ich wirklich ein Kind haben wollte, könnte ich das nach erfolgreicher Behandlung doch immer noch haben ...
...so hart es klingt aber ein Kind kann man ja immer noch machen...

Diese Gedanken finde ich im höchsten Maße egoistisch und verstörend. Man muss bei dieser Entscheidung doch zwischen zwei Leben abwägen. Dass der Mutter oder dass des Kindes. Dass man das Kind später mal durch ein anderes ersetzen kann, würde für mich überhaupt keine Rolle spielen. Es geht doch nicht nur darum, irgendwann ein Kind zu bekommen. Es geht nicht um den Wunsch. Das Kind existiert schon und man muss sich für oder gegen dessen Tod entscheiden.

Nehmen wir mal an, die Situation wäre eine andere. Ein Ehepaar hat einen Autounfall und der Mann kann entweder sich selbst oder seine Frau retten. Da sagt doch auch keiner, er solle auf jeden Fall sich selber retten, weil er kann sich ja danach eine andere Frau nehmen.

Aber dennoch komme ich zum gleichen Schluss wie ihr. Wenn die Diagnose am Anfang der Schwangerschaft gestellt wird, geht es wieder darum, ab wann Leben anfängt. Im ersten Schwangerschaftsdrittel würde ich mich also auch für eine Abtreibung entscheiden. Ein paar Wochen später wird es aber schon schwieriger. Ich kann nicht sagen, wie ich mich dann verhalten würde.

Vor allem, weil meine Rahmenbedingungen anders wären. Ich weiß ja nicht, warum sich der Vater nicht um sein Kind gekümmert hat, aber ich denke, mit einem solchen Menschen hätte ich von vornherein kein Kind bekommen. Und warum ist das Kind dann von den Großeltern in Pflegefamilien gekommen? Das alles ist für mich unverständlich. Und wenn ich wüsste, dass für mein Kind nicht gesorgt wäre, würde das natürlich in die Entscheidung einfließen.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich finde es völlig normal, dass man zuerst an sich und erst dann an andere Menschen denkt. Gerade wenn es um die eigene Gesundheit oder im Extremfall sogar um das eigene Leben geht, werden die meisten dazu tendieren, zunächst sich selbst zu retten oder sich helfen zu lassen und erst danach zu schauen, was mit anderen Personen geschieht, die vielleicht am Rande beteiligt sind. Ich denke, dass das auch bei ansonsten ziemlich altruistischen Menschen in der Regel so sein wird.

Ich habe nun kein Kind und will auch keins haben. Für mich stellt sich die Frage nach einer Schwangerschaft und einem eventuellen Abbruch nun grundsätzlich nicht, aber ich denke, dass mir mein eigenes Dasein im Zweifelsfall doch wichtiger wäre als das eines Kindes. Bei einem ungeborenen Kind handelt es sich in meinen Augen auch noch nicht um eine vollwertige Person, die es um jeden Preis zu schützen gilt. Gerade wenn eine Schwangerschaft nicht besonders weit fortgeschritten ist, kann ich auch nicht nachvollziehen, warum man sich für die Fortsetzung dieser Schwangerschaft einsetzt, gerade unter diesen Umständen.

Eine Frau, die schwer erkrankt ist, kann unter Umständen nach überstandener Erkrankung erneut schwanger werden. Das ist zwar dann ein anderes Kind, das in ihr heranwächst, aber ich denke nicht, dass in diesem frühen Stadium eine so enge Bindung speziell an diesen einen Embryo stattfindet. Ich halte es für ratsam, sich zunächst gegen das Kind zu entscheiden und die Krankheit zu bekämpfen. Falls es der Frau danach noch möglich ist, ein Kind zu bekommen, kann sie dann darüber nachdenken, ob sie das möchte. Während der Erkrankung und Behandlung sollte sie alle Energie darauf verwenden, selbst gesund zu werden.

Übrigens finde ich, dass der männliche Partner in dieser Sache kein Mitspracherecht hat. Es ist allein Sache der schwangeren Frau, sich ihren Wünschen entsprechend zu entscheiden. Erst wenn das Kind auf der Welt ist, spielt die Meinung des Vaters eine Rolle, davor absolut nicht.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich sehe es auch nicht als egoistisch an, wenn man sich in so einem Fall gegen das Kind entscheidet. Man hat zwei Möglichkeiten, mit denen man nicht wirklich glücklich werden kann. Entweder lässt man das noch nicht komplett entwickelte Kind wegmachen und beginnt eine Therapie um wieder zu genesen. Oder aber man trägt das Kind aus, stirbt und lässt es dann zurück. Super Alternative das Kind beim eigenen Tod ohne den eigenen Schutz zu wissen. Es ist ja auch für ein Kind super ohne seine Mutter aufzuwachsen oder später mal zu erfahren was damals passiert ist.

Und ich denke auch nicht, dass es egoistisch ist, wenn man als junge Frau noch nicht sterben möchte. Ich bin doch nicht nur dafür da die nächste Generation mit aufzubauen sondern habe auch ein eigenes Leben. Ich verstehe nicht warum einige meinen, dass das Leben eines nicht völlig ausgebildeten Kindes mehr Wert wäre als das eigene. Jeder möchte doch sein Leben leben und hat diesen gewissen Überlebenstrieb. Und so eine Entscheidung ein Wunschkind abtreiben zu lassen ist schon schwer genug. Da sollte man denen nicht auch noch Egoismus unterstellen.

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» Sonty » Beiträge: 1997 » Talkpoints: 20,24 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Das finde ich eine sehr schwierige Frage. Also generell teile ich nicht ganz die Meinung vieler anderer hier. Wenn ich an meinen Sohn denke, dann würde ich spontan sagen, dass ich sein Leben vor mein Leben stellen würde. So gesehen würde ich da nicht mein eigenes Leben bevorzugen. Und in diesem Punkt sehe ich das nicht ganz so wie andere hier geschrieben haben, dass man zunächst auf seine eigene Gesundheit schauen muss. Allerdings beziehe ich mich bei diesen Gedanken eben auf die derzeitige Situation, wo ich nicht am Beginn einer Schwangerschaft bin, sondern wo mein Sohn eben bereits seit einigen Jahren auf der Welt lebt.

Wie ich mich zu Beginn einer Schwangerschaft entschieden hätte, kann ich glaube ich wirklich nicht beantworten. Auf gar keinen Fall ist bei mir der Gedanke, dass ich zunächst einmal schaue, dass ich gesund werde, um mir dann einen Kinderwunsch zu erfüllen. Auch zu Beginn einer Schwangerschaft ist bereits ein lebender Fötus da. Das könnte ich nicht so einfach mir nichts dir nichts "wegmachen", nur damit ich gesund werde.

Auf der anderen Seite hätte ich wirklich große Probleme damit, mit so einer Diagnose ein Kind zu bekommen. Ein Kind bedeutet ja nicht nur endlose Liebe, sondern auch viel Verantwortung. Wenn da eben die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass ich für das Kind nicht sorgen kann, dann hätte ich ein großes Problem. Ja, ich weiß, mir kann als Mutter immer etwas passieren. Das ist klar, aber wenn ich das von Beginn an weiß, ist das ja wieder etwas anderes. Dann ist es ja nicht mehr wirklich "Schicksal" sondern vorhersehbar.

Wenn ich da dann auch noch einen Partner hätte, der eben nicht zum Kind steht, wird es noch enger. Auf die Großeltern könnte ich mich nicht verlassen, jetzt allgemein gesprochen, vielleicht noch, wenn die sehr jung wären und eben auch bereit dazu, noch ein Kind groß zu ziehen. Aber es liegt wohl in der Natur der Dinge, dass Großeltern nicht die ganze Kindheit wie Eltern da sein können. Meistens jedenfalls. Ausnahmen bestätigen natürlich gerne die Regel.

Alles in allem, wüsste ich es wirklich nicht. Ich vermute, dass ich dann wohl auch abgetrieben hätte. Aber wenn ich ehrlich bin, wäre der Grund für mich, dass ich nicht wollen würde, dass ein Kind ohne Mutter aufwächst. Wie gesagt: Mir ist klar, dass das immer sein kann, aber in diesem Fall wäre es ja quasi vorhersehbar, oder zumindest ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß.

Unlängst habe ich zufällig einen Facebook Eintrag über eine Mutter gelesen. Ich weiß nun aber nicht, ob es ein "Fake" ist oder eine wahre Geschichte. Jedenfalls ging es eben um eine ganz ähnliche Situation. Die Mutter hatte soweit ich mitbekommen habe, schon mehrere Unterleibsoperationen, Chemotherapien und was weiß ich alles. Und kurz bevor irgendwie eine operative Gebärmutteroperation bevorstand, wurde sie schwanger, obwohl das keiner für möglich gehalten hätte. Sie entschied sich dann scheinbar für das Kind und auf den Fotos sah man dann eben die glückliche junge Mama mit Baby in den Händen. Wie gesagt, wurde so geschildert, aber keine Ahnung, ob das eine erfundene Geschichte ist.

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» tournesol » Beiträge: 7760 » Talkpoints: 69,99 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Bienenkönigin hat geschrieben:Diese Gedanken finde ich im höchsten Maße egoistisch und verstörend. Man muss bei dieser Entscheidung doch zwischen zwei Leben abwägen. Dass der Mutter oder dass des Kindes.

Die Erkrankung wurde im Frühstadium der Schwangerschaft festgestellt, es geht hier also nicht um ein Kind sondern um einen Fötus. Ja, es gibt Menschen, für die jede befruchtete Einzelle schon ein "Kind" ist und wenn es sich um die eigene Einzelle handelt ist das aufgrund von sentimentalen Gefühlen wahrscheinlich auch irgendwo nachvollziehbar. Aber Tatsache ist eben, dass es noch kein Kind im eigentlichen Sinne ist.

Ich finde es deshalb wichtig, dass man beim Thema Abtreibung mit den korrekten Begriffen arbeitet und das Thema möglichst sachlich betrachtet, weil die Abtreibungsgegner das eben nicht tun. Da wird das Ganze dann immer auf so eine emotionale Ebene herunter gezogen, auf die vor allem Frauen anspringen. Leider sind das aber genau die Opfer einer christlich-konservativen Agenda, die extrem frauenfeindlich ist, weil sie den Frauen das Recht an ihrem eigenen Körper nehmen will.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge


Ich bin zwar allgemein gegen Abtreibungen, wenn man zu schusselig war zu verhüten. Aber in dem Fall muss man ja weiter denken, als an das Jetzt und Heute. Und da steht eben die Frage im Raum wie die Zukunft des Kindes aussehen soll. In dem Fall hat sich zwar der Vater nicht gekümmert, aber das ist ja nun nicht überall so. Mein Mann müsste seinen Job aufgeben, damit er sich ordentlich um ein Baby und später Kleinkind kümmern könnte. Die Chancen auf einen Job mit geregelten Arbeitszeiten sind bei ihm sehr gering. Also wäre würde ich ihnen würde eine Zukunft aufbürden?

Ich könnte es nicht verantworten, dass ich Kind und Vater in die soziale Abhängigkeit des Staates schicken müsste. Ich kann aber auch nicht erwarten, dass ständig andere Menschen, wie eine Tante oder gar Tagesmutter meine Verantwortung übernehmen, die ich als Mutter hätte. Und in meiner Situation wäre es dazu noch so, dass ich zwei minderjährigen Kindern zwar ein Geschwisterchen hinterlasse, aber sie deswegen ohne Mutter erwachsen werden müssten.

Von daher wäre für mich die Entscheidung klar, dass ich mich für mein Leben und das der vorhandenen Familie entscheide, als dass ich eben diesen Menschen eine Verantwortung in die Hände lege, der sie nur bedingt gewachsen sind. Man entscheidet dabei eben nicht nur für sich selbst und sein eigenes Leben sondern auch für andere Menschen, die nicht mal ein Recht darauf haben meine Entscheidung zu beeinflussen.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge


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