Als Christin in Deutschland Ramadan mitmachen?

vom 27.07.2014, 16:01 Uhr

Zuerst mal zu meiner Situation: Ich bin Mitte zwanzig, lebe in Deutschland und bin eine getaufte Protestantin. An sich bin ich überhaupt nicht christlich. Nur an Weihnachten gehe ich in die Kirche. Beten gehört auch nicht in meinen Tagesablauf. Habe keine Bibel in meinem Bücherregal und mach ich mir Gedanken, ob meine Sünden mit meinen guten Taten ausgeglichen sind.

Nur eines tue ich. Ich faste zur Osterzeit. Da ich vor ein paar Jahren noch zur Saison in arabischen Ländern arbeitete, habe ich zur Ramadan-Zeit auch tagsüber mitgefastet. Habe den Ramadan also früher wie eine Muslima durchgezogen. Jedoch sah ich hier vor allem den gesundheitlichen Punkt im Vordergrund.

Mittlerweile bin ich in Deutschland wieder vollkommen ansässig. Die Ramadan-Zeit beginnt in Kürze. Derzeit bin ich hin- und hergerissen, den Ramadan auch hier zu Lande durchzuziehen. Ich vermisse es irgendwie. Habe darüber auch schon mit Freundinnen gesprochen. Diese zeigten mir jedoch "den Vogel" und meinten, dass dies völlig unangemessen für mich sei. Was denkt ihr? Ist es komisch, als deutsche Christin den Ramadan mitzumachen?

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» Naviia » Beiträge: 821 » Talkpoints: 27,64 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Erst mal muss ich sagen, dass der Ramadan in diesem Jahr nicht in kürze beginnt, sondern morgen doch schon endet. Deswegen ist es in diesem Jahr sicher zu spät, um noch damit zu beginnen. Aber allgemein muss ich sagen, dass doch jeder das machen sollte, was er möchte, solange es keinem anderen schadet. Wenn du das Gefühl hast, dass dir die Fastenzeit gut tun würde, dann solltest du es für dich machen. Dass andere Menschen in deinem Umfeld das nicht verstehen, das ist klar, aber Fasten ist ja etwas, was man nicht für andere tut, sondern nur für sich selbst.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Ich weiß selbst als überzeugte Atheistin in Deutschland, dass der Ramadan bald vorbei ist. Und ich verstehe auch ehrlich gesagt nicht, warum du dich überhaupt als Christin bezeichnest, wenn du mit dieser Religion doch ganz offensichtlich nichts am Hut hast. Christlich bist du doch nur, weil das deine Eltern für dich entschieden haben und vielleicht noch aus kulturellen Gründen, "man" geht eben an Weihnachten in die Kirchen, weil "man" das schon immer gemacht hat, ohne groß darüber nachzudenken.

Und ich muss dich leider enttäuschen - Fasten bringt gesundheitlich überhaupt nichts. In einem gesunden Körper sammeln sich keine Schlacken an, die man durch Fast und Entschlacken los werden muss. Und im Ramadan wird übrigens tatsächlich mehr gegessen als sonst. Die Aktion macht wirklich nur Sinn, wenn man sich das mit seiner Religion irgendwie schön reden kann.

Die Fastenzeit der Christen finde ich da wesentlich sinnvoller, weil die nicht den ganzen Tag hungern und dann ein Festmahl inhalieren sobald die Sonne untergegangen ist. Die verzichten einfach auf den Konsum von bestimmten Dingen, was in einer Konsumgesellschaft keine schlechte Idee ist.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich kann deine Beweggründe auch nicht ganz nachvollziehen. Wenn du gerne fastet und meinst, dass es deinem Körper gut tut, kannst du doch einfach zu jeder x-beliebigen Zeit fasten. Warum musst du da auf die christliche Fastenzeit oder den Ramadan warten? Fällt es dir leichter, wenn andere mitfasten? Hast du dann überhaupt Kontakt zu fastenden Christen oder Moslems?

Außerdem ist das wirklich ein großer Unterschied. Wenn es dir um den gesundheitlichen Aspekt geht, musst du doch eine der beiden Varianten bevorzugen. Und welchen Sinn macht es während des Ramadans auf die christliche Art und Weise zu fasten oder umgekehrt?

Also meiner Meinung nach solltest du einfach fasten, wenn dir danach ist. Auf die Weise, die du für die beste hältst. Die christliche Fastenzeit und der Ramadan sind kulturelle Erscheinungen, die auch nur mit dem kulturellen Hintergrund Sinn machen. Egal, ob man nun wirklich Christ oder Moslem ist. Man kann auch gerne als Christ mit einem muslimischen Freund mitfasten, wenn man seine Kultur kennenlernen will. Und es macht auch Sinn, wenn man in einem arabischen Land lebt, dass man dann den Einheimischen nicht den ganzen Tag etwas vorisst.

Aber diese kulturelle Erscheinung praktisch auszunutzen, um ein paar Kilo zu verlieren, finde ich unsinnig. Das ist ja, wie wenn man sich eine Burka anzieht, damit man sich nicht schminken muss.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Egal ob ich nun Christin wäre oder nicht, ich würde nicht mit machen. Ich halte generell nichts von diesem Ramadan, da ich es für gesundheitlich bedenklich halte, gerade bei dem warmen Wetter teilweise einfach tagsüber nichts zu Essen und nichts zu trinken. Das mal generell zum Ramadan.

Ich finde aber, dass man schon fasten kann, wenn man möchte. Aber braucht man dazu zwingend den muslimischen Ramadan? Kann man das nicht machen wann man möchte, besonders wenn man dieser Religion nicht angehört? Für mich ist das Fasten im Allgemeinen nicht komisch, nur im Rahmen des Ramadan fände ich es komisch, wenn jemand, der nicht muslimisch ist, da mit macht.

Wenn man in einem Land ist in dem das praktiziert wird und sich gerne anpassen möchte, habe ich nichts dagegen. Immerhin führt das ja auch dazu, dass man die dortige Kultur und Gegebenheiten besser verstehen kann. Aber hier muss und sollte man das nicht. Hier kannst du fasten wann du willst und musst das nicht im Rahmen des Ramadan tun.

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» Vampirin » Beiträge: 5979 » Talkpoints: 30,32 » Auszeichnung für 5000 Beiträge


Naviia hat geschrieben:Zuerst mal zu meiner Situation: Ich bin Mitte zwanzig, lebe in Deutschland und bin eine getaufte Protestantin.

Damit bist du in einer Situation wie Millionen anderer Frauen auch. Letztlich - so gehe ich mal davon aus - fiel die Entscheidung, dich taufen zu lassen, durch deine Eltern (oder die Großeltern). Und das es jetzt Protestantisch wurde, wird dem Zufall zu verdanken gewesen sein. Denn auch eine Entscheidung ob eben katholisch oder evangelisch ist eine Entscheidung die durch Geburt fällt. Nicht aus freien Stücken oder durch eine eigene Erkenntnis.

Naviia hat geschrieben:An sich bin ich überhaupt nicht christlich.

Auch so kenne ich es von vielen und hier verstehe ich nicht, wieso der Schritt zum Rathaus oder Bürgerbüro oder zur Verwaltung gescheut wird, wo dann auch die letzte formale Fessel gelöst werden kann. Nämlich durch den konsequent ehrlichen Kirchenaustritt. Da wäre die politische Botschaft einfach wichtiger, als das, was man sich durch den Wegfall der Kirchensteuer spart.

Naviia hat geschrieben:Nur an Weihnachten gehe ich in die Kirche.

Das finde ich dann befremdlich, wenn du selbst dann an Weihnachten in die Kirche gehst, wenn du nicht in Begleitung deiner (streng gläubigen) Eltern bist. Wenn du dir tatsächlich vorstellen kannst, auch mit Leuten in die Kirche zu gehen, welche wie du eher "ungläubig" sind, dann würde ich das Verhalten als "seltsam" bezeichnen wollen. Hast du schon mal darüber nachgedacht, warum du das machst?

Naviia hat geschrieben:Beten gehört auch nicht in meinen Tagesablauf. Habe keine Bibel in meinem Bücherregal und mach ich mir Gedanken, ob meine Sünden mit meinen guten Taten ausgeglichen sind.

Dann verstehe ich nicht, was du als "Sünde" definierst. Und was wäre eine "gute Tat"? Außerdem verstehe ich nicht, wie man der Vorstellung anhängen kann, hier einen "Ausgleich" anzustreben. So was kann es nicht geben, denn eine "Sünde" gegenüber A wird niemals aufgehoben werden können, wenn du gegenüber B eine "gute Tat" ins Feld führst. Wer sollte hier darüber richten? Du? Oder der Gott an den du nicht glaubst? Mit so einer Vorstellung verschwendest du dann tatsächlich Lebenszeit.

Naviia hat geschrieben:Nur eines tue ich. Ich faste zur Osterzeit.

Das halte ich für noch beängstigender, als der Gang zur Kirche - weil das sogar ein Verhalten mit Vorsatz ist, welches sich wiederholt. Hast du schon mal darüber nachgedacht, warum du das machst? Und warum du das ausgerechnet zu Ostern machst?

Naviia hat geschrieben:Da ich vor ein paar Jahren noch zur Saison in arabischen Ländern arbeitete, habe ich zur Ramadan-Zeit auch tagsüber mitgefastet.

Ich kenne es so, dass man in manchen Ländern gar keine Chance hat, das Fasten zu brechen (außer in seinem Hotelzimmer). Hinzu kommt, dass es durchaus restriktive Formen gibt - wenn ich in der Öffentlichkeit das Fasten gebrochen hätte, hätte man mir das durchaus als Provokation auslegen können, was mir administrativ viel Ärger hätte einbringen können. In anderen (nicht sehr strengen) Ländern hingegen wurde es toleriert, wenn die arbeitenden Menschen auch Tagsüber gegessen und getrunken haben.

Naviia hat geschrieben:Habe den Ramadan also früher wie eine Muslima durchgezogen.

Wenn du freude daran hattest oder aber keine Chance bekommen hast, dich dagegen zu wehren, sei es dir gegönnt. Ansonsten musst du dich fragen, warum du es gemacht hast.

Naviia hat geschrieben:Jedoch sah ich hier vor allem den gesundheitlichen Punkt im Vordergrund.

Gesundheitlich "für" das Fasten oder aber "gegen" das Fasten, weil es unklug ist, lange nichts zu trinken?

Naviia hat geschrieben:Die Ramadan-Zeit beginnt in Kürze.

Nachdem du Ende Juli diese Frage stellst, muss ich mitteilen, dass der Fastenmonat nicht in kürze beginnt, sondern jetzt zu Ende ist und du definitiv nicht mehr "mitfasten" kannst. Wohl aber kannst du jetzt sofort anfangen, nichts mehr zu essen. Das geht unabhängig von religiösen Vorgaben.

Naviia hat geschrieben:Derzeit bin ich hin- und hergerissen, den Ramadan auch hier zu Lande durchzuziehen. Ich vermisse es irgendwie.

Du scheinst bzgl. deiner Persönlichkeit noch nicht wirklich ausgereift zu sein. Du hältst dich jedenfalls an fremdbestimmten Vorgaben und Ritualen fest, ohne zu hinterfragen, warum - und auch ohne das du hinter den Ideen stehst.

Naviia hat geschrieben:Habe darüber auch schon mit Freundinnen gesprochen. Diese zeigten mir jedoch "den Vogel" und meinten, dass dies völlig unangemessen für mich sei. Was denkt ihr? Ist es komisch, als deutsche Christin den Ramadan mitzumachen?

Mal davon abgesehen, dass es unabhängig von allem "komisch" ist, disqualifizierst du dich als Christin. Außerdem hattest du ja schon angegeben, dass du eigentlich keine Christin bist. Wenn du jetzt auch noch den Beischlaf praktizierst, ohne verheiratet zu sein, dann bist du noch nicht mal als Muslimin zu bezeichnen.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Zunächst einmal würde ich dich auch nicht als wirkliche Christin ansehen. Der Glaube scheint dir ja nicht wichtig zu sein und in deinem Leben auch keine Rolle zu spielen. Du bist sicher einfach Christin auf dem Papier, aber im Kopf bist du vermutlich eher ohne Religion. Daher sehe ich hier schon mal keinen Konflikt zwischen zwei Religionen, der vielleicht auftreten könnte, wenn ein strenggläubiger Christ muslimische Bräuche für sich übernimmt. Ich sehe darin dennoch kein Problem, aber eine gläubige Person könnte das als Widerspruch auffassen.

Ich bin nicht gläubig, finde den Ramadan als interessante Erfahrung aber dennoch reizvoll. Während meiner Ausbildung hatte ich unter anderem auch mit zwei muslimischen Kolleginnen zu tun, von denen die eine auch während dieser Zeit tagsüber fastete. Ich fand das ganz spannend und habe das auch mal ausprobiert. Dabei standen aber keine religiösen Motive im Vordergrund, sondern der Kick, sich selbst zu beweisen, dass man dazu auch in der Lage ist. Ich würde das auch wieder tun, aber eben nicht aus irgendwelchen pseudo-gesundheitlichen oder religösen Gründen, sondern einfach als Test, ob ich in der Lage bin, das durchzuhalten. Auf das Essen kann man natürlich problemlos verzichten, aber das Trinken fehlt einem dann doch schon irgendwann.

Deine Freundinnen geht es einfach nichts an, was du machst. Daher solltest du dich von deren Meinung auch nicht beeinflussen lassen. Falls du dich nun als Teilzeit-Muslima geben und aus diesem Grunde den Ramadan zelebrieren würdest, fände ich das auch eher lächerlich. Wenn man aber einfach für sich eine Weile fastet und sich dabei am Ramadan der Muslime orientiert, ist das doch in Ordnung und sicher nicht komisch.

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» Cologneboy2009 » Beiträge: 14210 » Talkpoints: -1,06 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Also ich werde jetzt nicht mit dem Finger auf dich zeigen, weil ich finde, dass jeder das meinen, denken und glauben sollte, was er meint, was das beste für einen selber ist.

Deshalb finde ich es toll, dass du im Ramadan auch fasten möchtest und das auch durchziehen. Warum machst du es nicht einfach? Du musst dir ja da von niemandem drein reden lassen und dich auslachen oder dir den Vogel zeigen lassen. Es ist dein Leben und du fühlst dich wohl, wenn du den Ramadan mitmachst, dann mache es.

Ob es schlussendlich einen Sinn für dich oder für deinen Körper macht, spielt ja keine Rolle, aber du hast geschrieben, dass es dich reizt, also mache es doch. Es ist ein Zeichen, dass es dir gut geht, wenn du nach diesem Prinzip lebst, dann mach es. Das heißt ja jetzt auch nicht, dass du automatisch zur Muslima wirst, nur weil du das gerne tust. Wenn du aber konvertieren möchtest, dann hindert dich doch auch nichts daran, oder?

Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum! Hör auf dein Herz! Hör auf deinen Bauch! Und mache ja nicht den Fehler, immer auf die anderen zu hören. Denn die leben nicht dein Leben! Du lebst in deinem Leben, also musst du auch die Entscheidungen für deine weitere Zukunft alleine treffen. Mir kommt es wirklich vor, als hättest du Angst vor der möglichen Zurückweisung, wenn du das bei uns machst. Probiere es doch einfach einmal aus!

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