Übertrieben überfordert beim ersten Kind?

Eine Bekannte hat vor zwei Monaten ein Baby bekommen. Sie stand immer mitten im Leben, überall dabei und sie war die wichtigste Person die es gibt. Und es gab keine wichtigere Person. Sie konnte alles, hat alles schon mal gemacht und keiner kann ihr was vormachen. Das hat sich jetzt geändert. Ich habe schon von anderen Bekannten gehört das sie überhaupt nicht zusammen kommt und von dem her war ich jetzt noch gar nicht auf Besuch bei ihr. Ich habe ihr nur mal eine email geschrieben und dort hat sich das bewahrheitet.

Sie ist mit dem Kind komplett überfordert. Sie hat gemeint sie tut den ganzen Tag nichts außer wickeln und stillen. Außerdem kann sie nicht mehr schlafen weil das Kind keine Ruhe gibt. Und das das Kind endlich durchschlafen soll damit sie wieder zur Ruhe kommt. Ich muss bei diesen Beschreibungen nur lächeln. Meine Tochter ist jetzt 17 Monate alt und hat noch nie durchgeschlafen. Ich habe folgedessen auch schon lange nicht mehr wirklich gut geschlafen. Und bei meiner ersten Tochter war es nicht anders. Ich weiß nicht wie sie sich das mit einem Baby vorgestellt hat?

Sicher kann es sein das ein Kind von Anfang an durchschläft aber es ist eher die Ausnahme. Und wickeln und stillen müssen wir unsere Kinder alle, oder zumindest ein Flascherl machen, was in der Nacht noch aufwendiger ist als zu stillen. Ich denke halt bisher war sie immer der Chef und hat allen etwas aufgetragen und jetzt ist da ein zwei Monate alter Chef der alles bestimmen will. Ich glaube das ist für sie eher das Problem.

Ich weiß ja nicht ob es vielleicht Depressionen nach der Geburt sind, aber wenn nicht finde ich es schon ein wenig extrem dass man so überfordert ist mit einem Kind. Wenn jemand die ganze Zeit Chef spielen möchte dann kann man sich kein Kind anschaffen denn dann ist definitiv das Kind der Chef. Zumindest solange es noch so klein ist.

Wie denkt ihr darüber. Findet ihr ich übertreibe und soll einer jungen Mutter die Überforderung zugestehen? Aber ich denke halt ich mache das jetzt schon beim zweiten Kind mit und schon so lange und sie hat gerade erst das Kind bekommen und jammert schon. Ich weiß gar nicht wie viele Nächte ich auf war weil meine Kleine keinen Schlaf gebraucht hat. Sie hat ja den Vorteil das der Kleine am Tag schläft und sie sich dann auch hinlegen kann, das war bei mir nicht der Fall. Die ist auch am Tag putzmunter, braucht keinen Schlaf.

Ach ja, da muss ich schmunzeln und kann dir das auch gut erklären. Menschen, die alles können und alles wissen und sich ständig in den Mittelpunkt stellen, die können eigentlich gar nichts besonders gut und wissen nicht alles und haben ein nicht allzu großes Selbstbewusstsein. Das klappt alles recht gut, bis ein Kind da ist. Und nun steht das Kind im Mittelpunkt, man muss sich darauf konzentrieren und hat nicht mehr die Zeit und Kraft, sich selber in den Mittelpunkt zu stellen und die Show abzuziehen. Klar, dass solche Menschen dann überfordert sind.

Bevor ich selber Kinder hatte, haben mich manche Mütter schon genervt, die einen Orden an die Brust geheftet und den roten Teppich aufgerollt haben wollten. Ich bekam dann als erstens gleich mal Zwillinge und war nur selten überfordert (nur wenn sie beide zahnten oder krank waren), meine beiden schliefen bis zu einem bzw. 1.5 Jahren nicht durch und damit meine ich nicht "nur" von 22 - 5 Uhr, sondern wirklich "einer war immer wach". Bei meinem Jüngsten wähnte ich mich dann im Paradies und mir wurde da erst klar, wie anstrengend es mit Zwillingen war. Ich hatte aber auch niemals ein Problem, mich für meine Babys zurück zu nehmen und meine Ansprüche in Bezug auf das Ausgehen oder einen perfekten Haushalt zu haben zurück zu schrauben.

Man darf aber auch nicht vergessen, dass Kinder unterschiedlich sind: wer ein Schreibaby hat, der tut mir wirklich leid, das ist heftig. Menschen sind einfach auch unterschiedlich belastbar, von daher möchte ich auch niemanden verurteilen, der sich mit einem Kind überfordert ist. Ob deine Bekannte es ist oder nicht, kann ich noch weniger beurteilen wie du. Allerdings denke ich aber auch, dass du das Recht hast, dir ständiges Gejammer zu verbeten oder dir deinen Teil zu denken.

Ich finde es schon gut, dass sie darüber redet und es auch selber zugeben kann. Das muss man ja auch erst mal eingestehen. Natürlich ist es berechenbar, dass ein Kind nachts nicht sofort durchschläft und auch oft weint, weil es sich nicht ausdrücken kann, aber ich denke, dass vor allem der nicht vorhandene Schlaf dafür sorgt, dass man es anders bewertet. Man kann sich nicht mehr richtig regenerieren und läuft auf Autopilot, was man ja sonst nicht von sich kennt. Die Erkenntnis, dass es erst mal nicht anders wird, verbessert das Ganze sicherlich auch nicht.

Vielleicht leidet sie aber auch an Depressionen, die nach der Geburt doch häufiger vorkommen als man denkt. Schmunzeln muss man darüber nicht, jeder macht seine eigenen Erfahrungen und es ist schon eine harte Umstellung von alles in der Hand haben zu Baby bestimmt alles. Zudem ist es auch körperlich hart, was einen nach der Geburt erwartet.Ich habe da als Nichtmutter größten Respekt und kann mir schon vorstellen, dass es beim ersten Kind leicht ist.

Ramones, mit "schmunzeln muss man darüber nicht" meinst du sicher meinen ersten Satz. Ich möchte das richtig stellen, da hast du mich falsch verstanden: ich schmunzle nicht über die einzelne eventuell überforderte Person im Speziellenoder Überforderung im Allgemeinen , sondern darüber, wie sich die Dinge in jeder Generation wiederholen und darüber, dass gerade die Personen, die vorher alles am besten konnten sich dann auf einmal in einer ganz anderen Situation zurück auf dem Teppich wieder finden. Und da sei mir ein leichtes Schmunzeln gegönnt.

Ich habe ja auch ganz klar gesagt, dass man den Menschen nicht hinter den Kopf gucken kann: vielleicht ist sie tatsächlich überfordert, vielleicht zieht sie wie zuvor auch nur eine Show ab. Beurteilen möchte ich das auf keinen Fall und verurteilen schon gar nicht.

Vielleicht ist ihr Kind aber auch wirklich übertrieben anstrengend. Das kannst du doch gar nicht beurteilen. Ich als Mutter würde mir nie ein Urteil über andere Mütter in dieser Hinsicht erlauben, weil ich weiß, dass Kinder sehr verschieden sein können.

Manche Babies schlafen die ersten 3 oder 4 Monate ihres Lebens hauptsächlich. Andere sind total genügsam und zufrieden. Viele Babies weinen nur, wenn ihnen wirklich etwas weh tut oder sie sehr sehr müde sind. Und dann gibt es aber auch Neugeborene, die wahnsinnig anstrengend sein können. Ich kenne selbst Mütter, die das nicht verstehen können, weil sie total unkomplizierte Kinder haben und die denken dann, dass die andere Mutter sich hineinsteigert. Die Wahrheit ist aber, dass niemand über den Alltag einer anderen Mutter urteilen kann. Keiner kennt das Leben mit diesem einen speziellen Kind. Der ist womöglich einfach deutlich anstrengender als viele andere Mütter sich das ausmalen können. Daher ist Jammern erlaubt und sogar erwünscht, weil es einem einfach in einer so schweren Situation hilft.

Natürlich kann und darf eine frischgebackene Mutter auch überfordert sein und es ist auch in Ordnung wenn sie das sagt. Auch kann ich nicht urteilen ob ihr Kind sehr anstrengend ist oder nicht, aber so wie sie es beschreibt ist es ein ganz normales Baby das mal schreit und mal schläft. Und sie kann in der Nacht schlafen und wird nur mal zum Stillen herausgerissen. Von dem her würde ich sagen es ist ein eher unkompliziertes Kind.

Aber um das geht’s mir ja gar nicht. Ich habe selber zwei Mädels und die wollten vom Schlafen gar nichts wissen, eine gemeinsame Freundin hatte ein Schreibaby und ich würde jetzt sagen das unsere Kids ein wenig anstrengender waren, vor allem das Schreibaby. Damals kam sie noch mit weißen Sprüchen daher und meinte bei ihr wäre das alles kein Problem. Sie weiß ja alles und kann ja alles. Und genau das ist ja das witzige, das genau sie, die alles kann und alles weiß, jetzt so überfordert ist. Sie darf es sein und sie darf auch Hilfe bekommen, aber es ist halt lustig zu sehen das doch nicht jeder der glaubt er kann alles, es dann auch wirklich kann und auch mal an die Grenzen stößt. Und sie bekommt natürlich Hilfe von mir wo es geht, also ich lasse sie nicht im Regen stehen.