Wie zweifelhaft ist es überhaupt Haustiere zu halten?
Ich hatte neulich ein Gespräch mit meiner Schwester und meinem Bruder. Meine Schwester hält Meerschweinchen, Hamster, Kaninchen und auch Vögel. Sie kümmert sich gut um die Tiere, aber dennoch findet mein Bruder, dass die Haustierhaltung sehr zweifelhaft ist. Ich rede nicht von der Tierhaltung auf Bauernhöfen die zur Ernährung gezüchtet werden, sondern von reinen Haustieren.
Tiere wurden vor vielen vielen Jahren als Lebensmittel und zum Schutz domestiert und gehalten. Nach und nach kamen dann Züchtungen, die eben immer kleiner, niedlicher und kuscheliger wurden. Diese Tiere werden in einen Käfig gesperrt, Kinder begrapschen diese und im schlimmsten Fall kümmert man sich nur um sie um diese zu füttern und sonst nichts. Hauptsache man hat sie.
Wenn man beispielsweise sieht, wie Kaninchen sich in der freien Natur bewegen, dann ist es zum Heulen, wenn man sie in einem Zimmer laufen sieht. Wenn man überlegt, wie viele Kilometer Wellensittiche in freier Natur fliegen um Futter zu suchen, ist es jämmerlich zu sehen, wie viel Möglichkeiten die meisten Heimvögel haben um die Flügel mal mehrmals hintereinander auszuschlagen.
Auch bei Katzen, die in der Wohnung gehalten werden ist es doch so, dass sie sich nicht entfalten können. Sie toben durch die meist kleine Wohnung oder liegen faul herum und um Futter müssen sie sich nicht kümmern. Das bekommen sie mundgerecht serviert. Da leben Hunde in einer Etagenwohnung und kommen dreimal täglich zum Gassi gehen raus und meist sind die Besitzer noch berufstätig und außer Haus.
Mal ehrlich, ist es nicht sehr egoistisch, wenn man Tiere hält? Die Gedankengänge meines Bruders kann ich schon verstehen. Er meint, dass man normalerweise sehen sollte, dass Haustiere aussterben und dass man keine mehr nachzüchtet oder vermehrt. Aber das ist wohl unrealistisch. Wenn keiner mehr Tiere halten wolle, dann würden die Vermehrer und Züchter aber aufhören. Haltet ihr aus egoistischen Gründen eure Haustiere? Denkt ihr, dass euer Tier wirklich artgerecht lebt? Denkt ihr, dass man Haustieren überhaupt ein artgerechtes Leben bieten kann?
Artgerecht ist wirklich so eine Sache. Im Endeffekt ist nur die freie Natur artgerecht. Es ist schon irgendwie egoistisch, Haustiere zu halten. Ich musste mich dazu jedenfalls nicht überwinden. Aber dass alle Menschen aufhören, Haustiere zu halten und sie aussterben, ist wirklich extrem unrealistisch. Und man kann es schon so machen, dass es nicht allzuweit entfernt ist von artgerecht.
Die Haltungsweisen, die du beschreibst, finde ich aber auch alle schrecklich. Kaninchen und Meerschweinchen, oft allein in kleinen Käfigen, ständig tatschende Kinder. Wohnungskatzen finde ich unglaublich bedauernswert. Katzen sind für mich die Freiheit in Tierform. Sie kommen ja von allen Haustieren noch am ehesten ohne den Menschen klar. Ich finde es schrecklich, wenn sie die Natur nur vom Fenstersims auch beobachten können. Hunde hingegen sind sehr domestiziert, aber ich habe auch schon einige gekannt, die abends nur mal schnell an den nächsten Baum scheißen durften, weil die Besitzer voll berufstätig waren.
Meine fünf Katzen hingegen leben draußen. Sie wissen, dass sie bei mir jederzeit Futter bekommen können, aber ansonsten sind sie sozusagen Wildkatzen. Meine Kaninchen leben in einem Außengehege mit Innenstall und bis auf die Tierarztbesuche lasse ich sie in Ruhe. Sie sind auch beide aus dem Tierheim, so dass ich gerade ihre Haltung als am wenigsten egoistisch bezeichnen würde.
So kann man das ein bisschen ausgleichen. Den Wunsch nach Haustieren kann ich voll nachvollziehen und ich lebe ihn ja selber aus. Aber ich würde mir beispielsweise niemals einen Rassehund von einem Züchter kaufen. Schon gar keinen Mops oder eine ähnliche Qualzucht, weil ich das niemals unterstützen würde. Die sollten wirklich aussterben, zu ihren eigenen Gunsten. Aber wenn man Tieren aus dem Tierheim ein schönes Leben bietet, dann ist das doch nett. Aussterben werden Haustiere nicht, aber so tut man noch was Gutes.
Wenn man bedenkt, dass "traditionelle" Haustiere, wie Hunde, Katzen oder Pferde, schon seit Jahrtausenden domestiziert sind und eigens dafür gezüchtet und angepasst wurden, mit dem Menschen zu leben und zu arbeiten, bin ich schon der Meinung, dass es möglich ist, Haustiere artgerecht zu halten. Nur geschieht es leider viel zu selten. Die meisten exotischeren Tierarten wie Reptilien oder Spinnen beispielsweise würde ich auch gar nicht als Haustiere im engeren Sinne ansehen, sondern eher als Gefangene, die von ihrem Zusammenleben mit Menschen keinerlei Vorteil haben.
Ich bin ebenfalls dagegen, beispielsweise Jagdhunde in einer Stadtwohnung oder einzelne Kaninchen als Kinderspielzeug zu halten, und was es da an Auswüchsen sonst noch gibt. Auch Qualzüchtungen, weil sie ja so "niedlich" sind, halte ich sowieso für pervers. Aber wenn die Bedingungen stimmen, spricht meiner Meinung nach nichts dagegen, wenn sich Leute Tiere zu ihrem Vergnügen halten, solange die Bedürfnisse des Tiers im Vordergrund stehen. Beispielsweise hat kaum ein Kaninchen das Bedürfnis, herum geschleppt zu werden. und kein Hund will 12 Stunden am Tag allein sein. Darauf müsste der Halter eben Rücksicht nehmen. Dann finde ich die Haltung von Haustieren auch nicht "egoistischer" als die von Kindern.
Ich kann die Argumentation deines Bruders durchaus nachvollziehen, hatte selbst auch schon ähnliche Gedanken. An menschenbezogenen Tieren wie Hunden und Katzen, die genug Auslauf haben und sichtlich Freude daran haben, wenn Menschen sich mit ihnen beschäftigen, habe ich noch weniger auszusetzen als an puren Käfigtieren.
Wobei diese Hunde-und Katzenliebe des Menschen auch zu zahlreichen Straßenhunden und Streunern geführt hat und auch zu überfüllten Tierheimen. Auch werden Hunde und Katzen immer wieder einfach an Autobahnraststätten ausgesetzt. Von den vielen perversen verschiedenen Qualzuchten, die der Mensch geschaffen hat, möchte ich gar nicht erst anfangen.
Obwohl ich selbst als Kind Kaninchen und Meerschweinchen gehalten habe, würde ich meinen Kindern dies nicht erlauben. Ich möchte diese Form des Einsperrens nicht mehr unterstützen. Ich bekomme regelmäßig eine richtige Wut, wenn ich mitbekomme, dass Kinder einen einzelnen Hasen, Hamster oder ein Meerschweinchen halten, dann auch noch auf engstem Raum.
Selbst wenn die Kinder nicht nach ein paar Wochen das Interesse an dem Tier verlieren und sich weiterhin mit ihm beschäftigen, ist das kein Ersatz für einen Artgenossen. Leider wird sich der Mensch in dieser Hinsicht wohl nie ändern und weiterhin Tiere aller Art züchten.
Daher finde ich dass man wenn man schon ein Tier aufnimmt, dieses so artgerecht wie möglich halten und auf jeden Fall aus dem Tierheim holen sollte. So wird die Zucht nicht unterstützt und das Tier bekommt die Chance auf ein besseres Leben.
Haustiere sind, wie der Name schon sagt, keine Wildtiere. "Artgerecht" bedeutet demnach für einen Hund etwas anderes als für einen Wolf, und für eine Hauskatze anders als für eine Wildkatze. Und auch zwischen verschiedenen Hundearten gibt es große Unterschiede, so kann man eine artgerechte Chihuahua-Haltung nicht einfach genau so auf einen Husky der Arbeitslinie übertragen, denn für den wäre dieselbe Haltung nicht artgerecht.
Solange man aber auf die Bedürfnisse der Tiere eingeht, ist es durchaus möglich, Haustiere auch artgerecht zu halten. Egoistisch ist es vielleicht schon, doch komplett ohne Egoismus gäbe es hier niemanden. Unsere Familienkatzen beispielsweise sind Freigänger, und oh wunder oh wunder, sie sind tatsächlich gerne bei uns. Der Kater ist menschenbezogener als die Katze, aber beide verbringen gerne Zeit mit uns Zweibeinern. Auch Pferde haben keinerlei Problem damit, wenn sie untern Sattel müssen oder sonst mit ihnen gearbeitet wird, solange sie hinterher auf die Koppel dürfen, und nicht 23 Stunden am Tag einsam in einer Box versauern.
Eine nicht-artgerechte Haltung, wie ein einzelnes Meerschweinchen oder ein Arbeitshund, der nur einmal abends für 5 Minuten raus darf, ist tatsächlich mehr als nur zweifelhaft. Wer sich aber vorher auch mit den Bedürfnissen seines Tieres auseinandersetzt, darauf achtet, wo er es sich holt, und sich gut darum kümmert, der hat mit ziemlicher Sicherheit auch glückliche Haustiere. Und wieso sollte man sie aussterben lassen, wenn es doch gut möglich ist, ihnen ein glückliches Leben zu ermöglichen?
Kalu-chan hat geschrieben:Eine nicht-artgerechte Haltung, wie ein einzelnes Meerschweinchen oder ein Arbeitshund, der nur einmal abends für 5 Minuten raus darf, ist tatsächlich mehr als nur zweifelhaft. Wer sich aber vorher auch mit den Bedürfnissen seines Tieres auseinandersetzt, darauf achtet, wo er es sich holt, und sich gut darum kümmert, der hat mit ziemlicher Sicherheit auch glückliche Haustiere. Und wieso sollte man sie aussterben lassen, wenn es doch gut möglich ist, ihnen ein glückliches Leben zu ermöglichen?
Wie kommst du auf den Arbeitshund der nur 5 Minuten raus darf? Das ganze spielt dann keine Rolle ob es ein Arbeitshund ist oder ein normaler Hund, 5 Minuten sind so und so zu wenig und das kann man sich auch nicht schön reden. Ein richtiger Arbeitshund genießt es im übrigen über Stunden auch gefordert und eingesetzt zu werden und braucht entsprechend keine Zeit für sich in der Ecke zum sitzen und sich von Mensch betatschen zu lassen.
Haustierhaltung ist egoistisch und daran gibt es auch nichts zu rütteln. Egal wie schön man es sich redet mit seinen Freigängern, dennoch erwartet man das diese auch wieder zurück kommen, man mit ihren schmusen kann und alles mögliche anstellen. Wirkliche Freiheit ist das für das Tier ebenfalls nicht, denn es ist dennoch auf den Menschen angewiesen mit seinem Futternapf und Wassernapf, da auch einige Tiere das selbst jagen komplett verlernt haben über die Generationen und Zuchten durch den Menschen.
Kommt drauf an. Natürlich leben die Tiere in freier Wildbahn ganz anders, aber ich bezweifle, dass viele Rassen in der Natur heute noch klar kämen. Nehmen wir nur einmal den Mops. Der würde kläglich scheitern beim Versuch zu überleben. Da bin ich mir leider ziemlich sicher. Anders würde das bei Rassen aussehen, die mehr noch an den Urtyp angelehnt sind. Ein Schäferhund hätte durchaus Überlebenspotential (oder hat er auch, wenn man sich mal die ganzen Streuner in Spanien anschaut, die zum großen Teil ähnlich dem Schäferhund sind).
Auch diese puscheligen Zwergkaninchen hätte keine Überlebenschance mehr, würde man ihnen die Freiheit schenken. Das ist mit einem Feldhase oder Kaninchen gar nicht mehr zu vergleichen. Denen würde man keinen Gefallen tun, wenn man sie raus setzt. Anders herum kommt wohl auch keiner auf die Idee, sich einen ausgewachsenen Feldhasen zu halten. Weder drinnen, noch draußen in einem Stall. Davon mal abgesehen würden die in Gefangenschaft gar nicht überleben.
Ja, wir waren egoistisch und haben uns die Tiere passend angeglichen an unsere Lebensumstände! Aber ich bin der Meinung, dass es bei vielen Rassen jetzt einfach besser ist, dass sie beim Menschen sind (wie eben Mops, Zwerghäschen, Main Coon und Co.). Auswildern kann man diese Tiere nicht mehr, das würde Jahrhunderte dauern. Man könnte aufhören, solche unselbstständigen Tiere zu züchten, ja.
Wenn man sich dafür entscheidet ein Tier zu haben, dann sollte man sich genau überlegen, ob das Tier zu einem passt. Und dann sollte man ihm das bestmögliche Zuhause bieten. Der Mops hat draußen nichts verloren, ich bin mir aber sicher, dass ein Schäferhund genau das braucht.
Täubchen, das ist jetzt aber auch eine etwas merkwürdige Weltsicht, oder? Warum hat zum Beispiel eine Maine Coon draußen nichts verloren? Das ist eine Bauernrasse, die die harten Winter in Maine draußen selbstständig überlebt. Das Fell folgt nicht und ist dank der öligen Textur wasserfest. Die Rasse ist in der Lage Eis aufzubrechen, um Trinkwasser zu haben.
Und wieso sollte ein Schäferhund nach draußen gehören ein Mops aber nicht? Beides sind Rassen, die besonders Menschen bezogen gezüchtet sind. Beide haben Ansprüche wie jeder Hund. Haushunde sind keine Wildtiere. Du kannst nicht erst das Verhalten und die körperlichen Formen zu einem bestimmten Zweck verändern und dann sagen, sieh zu, wie du zurecht kommst.
Haushunde teilen ihre Energie nicht vernünftig ein, das wäre schließlich für die Nutzung nachteilig. Haushunde sind aggressiver als Wölfe und riskieren Verletzungen, weil das so gewollt ist. Das Jagdverhalten ist modifiziert und nicht mehr richtig brauchbar. Was sollen diese Tiere in freier Wildbahn, wenn sie nur mit Abfällen überleben können? Bis zum Dingo wäre es ein weiter und für die meisten Exemplare ein ziemlich qualvoller Weg. Das trifft auch auf den Schäferhund zu.
Sorae hat geschrieben:Wie kommst du auf den Arbeitshund der nur 5 Minuten raus darf?
Das war ja extra ein Beispiel für besonders schlechte Tierhaltung. Ich wage mal zu behaupten, dass beispielsweise ein Husky aus der Arbeitslinie auch einen Arbeitsdrang hat, und es ihm dementsprechend besonders schlecht geht, wenn er diesem nicht nachkommen kann und nur einmal für 5 Minuten nach draußen darf. Natürlich ist es auch für eine kleine faule Sofakartoffel nicht artgerecht, aber wahrscheinlich weniger schlimm, als für den Arbeitshund.
Eine unserer Katzen kann übrigens recht gut Jagen, wie sie uns bereits mehrfach bewiesen hat. Wenn sie wollte, könnte sie also wahrscheinlich schon "auswandern" und ohne uns leben. Oder auch einfach umziehen, sollte ihr der Sinn danach stehen, was eine unserer Katzen auch getan hat. Der gefiel es nebenan besser, und nun ist sie eben die Katze meiner Großeltern. Natürlich erwarte und hoffe ich, dass die Katzen auch wiederkommen, und ihnen gefällt es bei uns Zweibeinern gut genug, dass sie das auch tun. Egoistisch mag es sein, aber solange es den Tieren gut geht, ist das ja kein Grund, sie Aussterben zu lassen.
Naja Tierhaltung war immer egoistisch und wird es auch immer sein. Der Wolf wurde auch nur domestiziert damit er das Vieh und die Menschen beschützt.
Ich finde Egoismus allerdings nicht so schlecht wie du ihn nun siehst. Der Mensch könnte wohl nicht lange überleben oder würde ein sehr tristes Leben führen, wenn er nie aus Egoismus handeln sollte. Auch heute müsste man sich fragen, wie die Menschheit sich verändern würde, wenn man keine Haustiere mehr halten würde. Für viele Kinder aus Einzelfamilien ist das heute ein wichtiger Sozialpartner, sie lernen bestenfalls Verantwortung, etc. Was würde passieren, wenn dies wegfiele?
Darüber hinaus bin ich der Auffassung, dass domestizierte Tiere durchaus ein sehr schönes Leben führen können, wenn man sie gut hält. Und natürlich halte auch ich aus rein egoistischen Gründen Haustieren und denke, dass meine Tiere artgerecht leben.
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