Vorteile und Nachteile der Vertrauensarbeitszeit
In einigen Unternehmen erfolgt wohl überhaupt keine genauere Arbeitszeiterfassung und es gilt eine Vertrauensarbeitszeit. Kennt ihr derartige Arbeitszeitmodelle und wie würdet ihr deren Vorteile und Nachteile beschreiben? Kann denn bei Vertrauensarbeitszeiten jede(r) kommen und gehen wie man möchte und gibt es bei solchen Arbeitszeitmodellen dennoch Möglichkeiten zu Überstunden?
Ich arbeite mit den sogenannten Vertrauensarbeitszeiten. Natürlich fehlen einem die Überstunden etwas, da man diese vergüten lassen oder gegen Urlaub "eintauschen" konnte. Bei den Vertrauensarbeitszeiten ist es aber nicht so, dass jeder kommen kann wie er will. Natürlich gilt eine allgemeine Anwesenheitspflicht, allerdings wird es nicht wirklich geahndet, wenn man mal eine halbe Stunde oder Stunde später kommt - solange es nicht zur Regel wird, ist alles in Ordnung.
Nachteile sind ganz klar die Vergütung der Überstunden. Es gibt einfach keine Überstunden und wenn man seine Arbeit nicht in der Regelzeit erledigt bekommt, bleibt man einfach länger und arbeitet nach.
Positiv sehe ich allerdings, dass es nicht schlimm es, wenn man mal etwas später kommt oder etwas früher geht. Außerdem gibt es bei uns sogenannte "Private Dates". Bei diesen muss man einfach nur eine Nachricht im Betriebskalender hinterlegen und schon kann man mehrere Stunden gehen - vorausgesetzt es steht etwas wichtiges Privates an!
Generell finde ich die Vertrauensarbeitszeiten besser, da ich das Stempeln sehr lästig finde. Man vergisst es einmal und darf direkt hinterher rennen, damit alles wieder stimmt. Die Vertrauenszeiten sind da etwas angenehmer.
Ich glaube die Vorteile und die Nachteile von Vertrauensarbeitszeit definiert jeder anders für sich, auch liegt es immer an der Ausgestaltung der Vertrauensarbeitszeit.
Vertrauensarbeitszeit heißt im Endeffekt ja nur, dass die Arbeitszeiten nicht erfasst werden. Ob man also 6, 8 oder 10 Stunden am Tag arbeitet ist dabei egal, der Arbeitgeber möchte nur, dass die Arbeiten ordentlich und pünktlich erledigt werden und vertraut eben darauf, dass der Mitarbeiter die im Vertrag vereinbarte Arbeitszeit auch erbringt.
Ob die Vertrauensarbeitszeit dann mit Gleitzeit, Kernarbeitszeit etc. verknüpft ist, muss dann ja nochmal gesondert betrachtet werden. Also nur weil man Vertrauensarbeitszeit hat, heißt das noch lange nicht, das man kommen und gehen kann wann man will, denn meistens sind doch noch irgendwo weitere Vereinbarungen getroffen, auch wenn sie vielleicht nirgendwo niedergeschrieben sind, so können diese sich an der Öffnung der Gebäude, an den allgemeinen Geschäftstätigkeiten oder Aufgaben orientieren (es bringt niemanden was, wenn man viel Kontakt zu externen hat und dann nachts um 12 versucht dort jemanden zu erreichen).
Im Großen und Ganzen kann man aber sagen, dass Vertrauensarbeitszeit in erster Linie heißt, dass die Arbeitszeiten nicht kontrolliert werden.
Für mich persönlich ist Vertrauensarbeitszeit ein großer Nachteil. Egal wo ich bisher gearbeitet habe ich bin nie ohne Überstunden weggekommen, egal welches Tempo ich an den Tag gelegt habe, ich hatte immer zu viel Arbeit auf dem Tisch. Mich persönlich stört es nicht, wenn ich Überstunden mache, aber mich stört es, wenn der Vorgesetzte das überhaupt nicht merkt und wenn man dann mal pünktlich geht, weil man z.B. noch einen Termin hat das man dann noch einen blöden Spruch zu hören bekommt oder einen schiefen Blick. Sicher war nicht jeder meiner Vorgesetzten so, aber vorgekommen ist das allemal. Außerdem bin ich auch jemand, der bei Vertrauensarbeitszeit schnell das Gefühl hat, wenn ich öfter pünktlich gehe, das der Eindruck entsteht ich würde nur meine Zeit absitzen und den Stift fallen lassen, sobald es geht.
Der zweite Punkt ist sicherlich auch, dass man die Überstunden nicht ausgezahlt bekommt oder mal einen Tag abfeiern kann. Wobei die Auszahlung von Überstunden mir nicht so wichtig ist, wenn dann hab ich lieber einen Freizeitausgleich. Freizeit ist für mich persönlich wertvoller als Geld, ich möchte ja auch mal ausspannen und mich erholen.
Bei meiner jetzigen Stelle ist der Unterschied zwischen Vertrauensarbeitszeit und Zeiterfassung sehr deutlich geworden, wir hatten erst Vertrauensarbeitszeit mittlerweile haben wir eine Zeiterfassung. Während der Vertrauensarbeitszeit habe ich deutlich mehr Zeit in der Firma verbracht und wollte ich einmal pünktlich gehen hatte ich das Gefühl meine Chefin schaut komisch. Allerdings ist sie auch immer erst später in der Firma gewesen wie ich und hat somit nicht mitbekommen, dass ich ja vielleicht schon eine Stunde gearbeitet habe.
Seitdem wir die Zeiterfassung haben profitiert unsere gesamte Abteilung davon, denn nun merkt unsere Chefin, nicht nur an den erledigten Aufgaben wie viel wir leisten, sondern sie sieht am Ende des Monats unsere Überstunden schwarz auf weiß und sie hat sogar selber einmal eingestanden, das ihr das im Vorfeld nicht so bewusst war. Mittlerweile versucht sie sogar Arbeiten ein wenig anders zu planen. Für mich heißt das z.B. das die Kollegen die mir Input liefern müssen als Deadline immer den Tag vor meiner Deadline genannt bekommen, denn es ist oft genug vorgekommen, dass ich am Abgabe Tag deutlich länger in der Firma war, weil ich auf den Input gewartet hab. Zum einen ist das für mich deutlich entspannter und zum anderen habe ich nicht das Gefühl rumzusitzen und zu warten. In meinen Stunden hat sich das mittlerweile auch schon deutlich bemerkbar gemacht.
Für mich ist also Arbeitszeiterfassung nicht in erster Linie ein Instrument meiner Kontrolle durch meinen Vorgesetzten, sondern auch ein Instrument um dem Vorgesetzten und mir selber zu zeigen, was ich leiste. Es fördert dementsprechend das Bewusstsein über die geleisteten Stunden, dass ich nicht in der Firma sitze und Däumchen drehe, das sieht man eh an meinen Ergebnissen. Auch gibt es kein Rennen, wer hat die meisten Stunden, denn das ist bei uns gar nicht gewünscht und die Vorgesetzten achten da jetzt deutlich mehr drauf.
Außerdem gibt es mir so auch mal die Möglichkeit früher zu gehen oder ein wenig später zu kommen, ohne gleich ein schlechtes Gewissen zu haben, denn die Stunden habe ich ja bereits geleistet oder auch mal einen kompletten Tag als Freizeitausgleich zu nehmen.
Ninjawaft hat geschrieben:allerdings wird es nicht wirklich geahndet, wenn man mal eine halbe Stunde oder Stunde später kommt
Das hätte aber nichts mit der Vertrauensarbeitszeit zu tun, sondern könnte durch ein Gleitzeitmodell abgefangen werden. Da kann dann definiert werden, dass es egal ist, wann mit der Arbeit begonnen und wann diese beendet wird, wenn die (erfasste) Wochenarbeitszeit erreicht wird. Das gibt dann immer noch die Möglichkeit, echte Überstunden zu machen (sofern diese angefordert werden) bzw. die Möglichkeit, Überstunden durch Freizeit auszugleichen.
Vertrauensarbeitszeit ist nur in der Theorie für beide Seiten (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) von Vorteil! Studien zeigen, dass hier die Gefahr der "Selbstausbeutung" massiv ansteigt. Wenn dann die Vertrauensarbeitszeit mit einem Heimarbeitsplatz verknüpft wird, fehlt dem Angestellten absolut ein Vergleich und man wird in aller Regel massiv mehr arbeiten, als notwendig. Das führt über die Zeit dann auch zu höheren Ansprüchen seitens des Arbeitgebers, so dass man sich in einem Teufelskreis befindet und hier nur schwer rauskommt, ohne als "Low-Performer" zu gelten.
Das Argument "für Vertrauensarbeitszeit" ist immer jenes, dass "schnelle und gute" Angestellte die Aufgaben ja auch schneller meistern können und dann für das gleiche Geld weniger Zeit für die Firma aufwenden. Allerdings kenne ich keinen Fall, in welchem sich so ein Vorgehen durchsetzen würde. "High-Performer" werden wollen, dass auffällt, wie viel sie leisten und eben schlicht mehr arbeiten (mehr an Leistung bringen), als es für den üblichen Tag eingeplant wird. Ein guter Vorgesetzter wird das für sich zu nutzen wissen und diesem Mitarbeite (über kurz oder lang) einfach mehr Arbeit aufgeben bzw. mehr erwarten, so dass auch hier der Vorteil der Vertrauensarbeitszeit verloren geht.
Mir gefallen die üblichen Erfassungen nicht, weil man die Arbeit heute eben nicht allein an Hand der Zeit messen kann. Aber es bleibt einfach nach wie vor das einzige zuverlässige und objektive Messkriterium. Solange es nichts anderes gibt, was wirklich nicht zum Nachteil des Angestellten ist, muss man damit leben.
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