Nach dem Gehalt von Stellen in anderen Regionen fragen

vom 19.06.2014, 21:18 Uhr

Manchmal stöbere ich durch Stellenanzeigen und stoße dann auf ähnliche Positionen, wie ich sie habe, in anderen Regionen. Natürlich habe ich keine Lust, umzuziehen und diese Stellen kommen daher nicht für mich
infrage. Aber ich finde es interessant, zu wissen, was man da verdient. Das ist so eine Art Testen des Marktwertes.

Denn es gibt ja auch Regionen, die wirtschaftlich deutlich stärker sind und es ist doch beruhigend zu wissen, dass man dort aber auch nicht mehr für den gleichen Job bekommen würde. Daher stöbere ich manchmal in den Stellenanzeigen und ich habe sogar auch schon einmal wo angerufen und gefragt, was man da verdient, weil es in der Stellenausschreibung nicht angegeben war.

Macht Ihr das auch? Testet Ihr auch manchmal Euren beruflichen Marktwert? Und wie würdet Ihr reagieren, wenn der Vergleich für Euch negativ ausfällt?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Das ein solcher "Test" funktionieren kann, glaube ich nicht. Schon allein deshalb, weil das Gehalt immer individuell ausgehandelt werden muss und jeder Arbeitgeber hier bloß einen Korridor ausnutzen kann, welchen das Unternehmen sich zum jeweiligen Einstellungszeitraum leisten kann. Es ist in meinen Augen absurd auf Grund einer Stellenausschreibung bei der Firma X anzurufen, und zu erfragen, was für die Stelle an Gehalt geboten wird - ohne genau zu wissen, was die fragende Person kann (Hintergrund, Erfahrung usw.) kann der Arbeitgeber gar keine "richtige" Aussage treffen.

Handelt es sich hingegen um eine Stelle im öffentlichen Dienst, dann steht ja da, was für eine Einstufung jeweils möglich ist. Sei es wie früher z.B. nach dem BAT oder dem TVÖD. Aber auch hier muss man dann selbst noch mal genauer nachrechnen, weil ja die Einstufung auch das Alter und die Berufserfahrung mit einschließt. Also, selbst wenn man auf so eine Stelle hin anruft, kann der potentielle Arbeitgeber keine "richtige" Auskunft geben.

Nimmt man dann auch noch Stellen hinzu, welche ganz Außertariflich bezahlt werden und bei denen auch ein hoher erfolgsabhängiger Anteil mit einfließt, würde sich sogar jeder Arbeitgeber disqualifizieren, wenn dann über Gelder gesprochen wird, ohne die Rahmenbedingungen zu klären.

Solche Auskünfte machen tatsächlich nur dann Sinn, wenn es sich um Aushilfstätigkeiten handelt, bei der eben wirklich nur Aushilfen gesucht werden, bei denen keine Verhandlungsspielräume gegeben sind.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


es mag sein, dass du es so erlebt hast, dass das Gehalt aushandelbar ist. Aber meine bisherigen Erfahrungen - und ich habe keine Aushilfsstellen - sind die, dass es da keinen oder nur minimalen Spielraum gibt. Da bekommen entweder alle Mitarbeiter wirklich das Gleiche, wenn sie auf einer Ebene stehen oder es gibt nur minimale Spielräume.

Du hast das Beispiel der Tarifverträge genannt. Da ist dann die Entgeltgruppe angegeben. Nach dem Alter ergibt sich aber kein Unterschied, sondern nach der Betriebszugehörigkeit. Und bei einer Bewerbung wäre man ja Neuling, sodass man in der Entgeltgruppe jeweils bei der ersten Stufe anfängt. Also wenn da etwa TvöD 13 steht, dann bekommt man den Satz, den man als Neuling erhält - unabhängig vom Alter und das steigt mit der Betriebszugehörigkeit.

Selbst wenn irgendwo ein gewisser Verhandlungsspielraum besteht, ist der ja meistens nicht groß, sondern liegt im maximal Rahmen von +/- 200 EUR, wenn überhaupt. Da hat der Arbeitgeber eine Vorstellung, was er bezahlen will und diese Vorstellung kann er auch nennen und wenn man nun besonders toll qualifiziert ist, bekommt man dann vielleicht 50 EUR mehr, aber das ändert ja nicht viel.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Zitronengras hat geschrieben:Da bekommen entweder alle Mitarbeiter wirklich das Gleiche, wenn sie auf einer Ebene stehen oder es gibt nur minimale Spielräume.

Das klingt für mich wirklich recht wirklichkeitsfremd und ja - so was kenne ich noch nicht mal aus dem öffentlichen Dienst. Aber vielleicht kenne ich auch bloß die falschen Branchen. Aber jetzt mal zu der Aussage, alle bekämen das gleiche wenn sie auf der gleichen Ebene stehen: wenn ich jetzt mal aus dem EDV-Bereich angestellte Entwickler nehme. Hier mag es sein, dass alle auf der gleichen Ebene stehen und dem gleichen Entwicklungsleiter berichten. Aber ein "Neuling" der weder das Produkt kennt noch sonst eine Berufserfahrung aufweisen kann, wird definitiv anders entlohnt, als sein Kollege (für die gleiche Arbeit), der seit 10 Jahren am Produkt mitarbeitet. Und da reden wir von 20'000-40'000 Euro im Jahr an Differenz. Oder man nimmt die Chemiebranche: auch hier haben wir zwei Tarifmitarbeiter - der eine aber kommt von der Uni, der andere kommt von einem Konkurrenzunternehmen und hat dort schon 20 Jahre an Berufserfahrungen gesammelt. Beide Bewerber werden für die gleiche Aufgabe angestellt (ja, das gibt es!). Man muss jetzt nicht glauben, dass sich die 20 Jahre Berufserfahrung nicht dadurch widerspiegelt, dass hier ein Aufschlag von 30-50% des Gehalts angeboten worden wären.

Zitronengras hat geschrieben:Nach dem Alter ergibt sich aber kein Unterschied, sondern nach der Betriebszugehörigkeit.

Ich bin sicher kein Spezialist was die Eingruppierungen angeht. Aber ich bin davon überzeugt, dass sich die Wandlung vom BAT nach TVöD nur hat vollbringen können, weil statt des Lebensalters wenigstens eine "erfahrungsorientierte Vergütung" greift. Das bedeutet, dass wenn jemand sich an einer Einrichtung bewirbt, die Zeiten angerechnet werden, die an der vorherigen Einrichtung in dieser Tätigkeit gearbeitet wurde. So muss niemand wieder bei "Stufe 1" anfangen und (zum Teil massive) Lohneinbußen hinnehmen, nur weil man sich innerhalb derselben Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber bewirbt. Selbst wenn das ganze nur im Ermessen des Arbeitgebers liegt: würde hier nicht entsprechend gehandelt, würde kein Arbeitgeber erfahrene Mitarbeiter anwerben können. Aber hier lasse ich mich gerne korrigieren.

Zitronengras hat geschrieben:Selbst wenn irgendwo ein gewisser Verhandlungsspielraum besteht, ist der ja meistens nicht groß, sondern liegt im maximal Rahmen von +/- 200 EUR, wenn überhaupt.

Der Verhandlungsspielraum kann enorm groß sein. Außer, der Arbeitgeber will ausschließlich jemand unerfahrenen haben - was ja auch sein kann. Wenn aber bei Audi ein Maschinenbauingenieur gesucht wird, dann werden verschiedene Kriterien der Bewerber geprüft. Passt hier ein hochqualifizierter und erfahrener Bewerber, dann bezahlt man dem auch das Doppelte von dem, was ein unerfahrener Bewerber bekommen würde.

Nebenbei stellt sich mir folgende Frage: meinst du das mit "alle das Gleiche" in Relation zur Firmenzugehörigkeit oder aber absolut? In der Regel steigt doch das eigene Gehalt mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit unterschiedlich (eben weil hier individuell verhandelt wird).

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Nebenbei stellt sich mir folgende Frage: meinst du das mit "alle das Gleiche" in Relation zur Firmenzugehörigkeit oder aber absolut? In der Regel steigt doch das eigene Gehalt mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit unterschiedlich (eben weil hier individuell verhandelt wird).

Nein, ich meinte das absolut. Bei einer meiner Stellen ist es so, dass nach der Ausbildung gegangen wird. Angestellte aus der Berufsgruppe A haben einen feststehenden Stundenlohn und Angehörige der Berufsgruppe B ebenfalls, nur dass sich die feststehenden Stundenlöhne der beiden Berufsgruppen unterscheiden. Und so kenne ich das nur, es wurde bisher immer nach dem Beruf gegangen. Da finden auch keine Verhandlungen statt, der Lohn steht fest und es erhalten auch neu Hinzugekommene das Gleiche. Mit der Zeit steigt der Lohn als Inflationsausgleich, aber dann tut der dies auch für die Neuen.

Bei einer anderen Stelle bin ich im öffentlichen Dienst angestellt und da wurde ich in eine bestimmte Gruppe eingruppiert. Das ist auch Standard, d.h. alle anderen, die ebenso eingruppiert wurden, erhalten auch das Gleiche. Ob nun jemand, der schon seit 30 Jahren arbeitet, anders eingeschätzt wird, kann ich nicht sagen, da ich so alte Kollegen nicht habe. Es wurde von meinen Kollegen niemand, nur weil er vorher schon etwas anderes gemacht hat, höher eingruppiert. Bei einer anderen Stelle des öffentlichen Dienstes hatte man mir mal gesagt, dass jemand mit viel Erfahrungen eventuell auch höher einsteigen kann, aber das nahm sich in dem Fall nicht viel.

Es gab bei meiner dritten Stelle zwar einen gewissen Spielraum, also man konnte mit viel Verhandlungsgeschick 100 EUR im Monat mehr herausschlagen, aber viel mehr war da nicht. Hier ging es auch im Wesentlichen nach der Ausbildung, d.h. es wurde geschaut, was man studiert hat und welchen Ausbildungsgrad man hat.

Wenn aber bei Audi ein Maschinenbauingenieur gesucht wird, dann werden verschiedene Kriterien der Bewerber geprüft. Passt hier ein hochqualifizierter und erfahrener Bewerber, dann bezahlt man dem auch das Doppelte von dem, was ein unerfahrener Bewerber bekommen würde.

Das mag schon sein, aber das ist ja auch ein sehr krasses Beispiel. Die Ingenieure, die ich kenne, arbeiten in ganz normalen Jobs und nicht in solchen Traumpositionen und werden sicherlich auch nicht die Chance haben, derart hohe Summen im Jahr dazu zu verhandeln. Es gibt immer irgendwelche Extrembeispiele, wo es anders ist. Aber normalerweise hat man bei einer Einstellung nicht die Möglichkeit, tausende von Euro mehr herauszuschlagen.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Zitronengras hat geschrieben:Die Ingenieure, die ich kenne, arbeiten in ganz normalen Jobs

Ich hatte auch nur "ganz normale Jobs" im Hinterkopf. Du kannst gerne die Ingenieure fragen, die du kennst. Keiner wird wohl bei einem Stellenwechsel in fünf Jahren auch nur im Ansatz das Einkommen haben, welches ein "Anfänger" angeboten bekommen würde. Unabhängig von der Ebene, in der eingestellt wird. Sogar wenn sich zwei mit dem gleichen Erfahrungshorizont nach fünf Jahren auf eine Stelle bewerben, kann der Einkommensunterschied - einfach wg. der möglichen Verhandlungsunterschiede - sehr deutlich sein. Das ist auch der Grund, warum (gerade in Deutschland) am Arbeitsplatz nicht so gerne über Gehälter gesprochen wird. Hier ist auch der Arbeitgeber um den Betriebsfrieden besorgt.

Ganz krass war es übrigens um das Jahr 2000. Denn hier sind Stellen mit "fast durchschnittlichen" Fähigkeiten zu unglaublichen Konditionen eingestellt worden. Wer dann nur 1-2 Jahre später kam, der hatte es dann wieder nur mit "normalen" Gehältern zu tun. Da waren dann Unterschiede von 50'000 DM keine Seltenheit.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Ich denke, dass man solche Dinge macht, wenn man Alternativen sucht, weil man gerade mit irgendetwas nicht zufrieden ist. Das muss ja nicht mal am Job liegen, aber vielleicht will man sich mit so einer Suche gedanklich ein neues Umfeld schaffen und so einen Ausweg aus dem bisherigen Leben suchen.

Ich mache momentan nur Aushilfsjobs und verdiene damit in meiner Region recht viel Geld, kann also gar nicht meckern, weil hier sehr gut bezahlt wird. Ansonsten würde ich mich aber auch nicht vergleichen. Wenn einem der Job nicht passt, kann man durchaus suchen, aber wenn man glücklich ist sehe ich keinen Grund sich seelisch damit unter Druck zu setzen, dass man woanders vielleicht mehr verdienen könnte. Meinen Marktwert muss ich nicht testen.

Benutzeravatar

» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^