Normal, dass man mit Kindern zu Hause so viel arbeiten muss?

Meine Kinder gehen in die erste und zweite Klasse, und zur Zeit bekomme ich des häufigeren Emails, in denen steht, was man zu Hause mit den Kindern, zusätzlich zu den Hausaufgaben noch nacharbeiten soll. Aber ganz ehrlich, meine Kinder gehen bis 16:00Uhr in die offene Ganztagsschule, und sollen dann auch noch zu Hause mit mir alles erarbeiten, wofür in der Schule keine Zeit ist?

Mir ist klar, dass das Schuljahr sehr kurz war, aber warum wird dann noch im Unterricht für Projekte wie "Klasse, wir singen" geprobt, statt den Unterricht zu machen, und für diese Projekte nicht nach dem Unterricht geprobt?

Zudem muss ich sagen, dass die Kinder ja ganz anders rechnen, als ich das tue, ich deshalb erst mal die Lehrerin fragen musste, wie ich es ihm denn so zeige, wie sie es tun.

Ich kann mich nicht daran erinnern, dass früher mit mir jemand so viel geübt und nachgearbeitet hat. Wo bleibt da noch Zeit für Freizeit?!

Ich verstehe es auch nicht. Das Bildungsniveau in Deutschland wird von Generation zu Generation immer schlechter, die Anforderungen und der zeitliche Aufwand nehmen zu. Alleine bei der Rechtschreibung wäre ein Kind, das 1970 in der Schule zu den schlechtesten gezählt hat, heute fast Klassenbester. Nur um mal ein Beispiel zu nennen. Ich denke nicht, dass es beim Kopfrechnen anders aussieht.

Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass meine Eltern mit mir als Kind großartig viel nachgearbeitet hätten. Ich kam um 13:00 Uhr von der Schule und hatte dann eine Stunde Hausaufgaben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass in früheren Generationen die Eltern derartig in die Schule miteingebunden gewesen sein sollten, wie es heute der Fall ist. Da stellt sich die Frage, ob es unserem Schulsystem nicht irgendwie grundlegend an Effektivität und Effizienz fehlt. Vielleicht auch an Geld. Wenn ein Lehrer über dreißig Schüler gleichzeitig betreuen soll kann ich mir vorstellen, dass da ziemlich viel hinten herunter fällt.

Aber um zu deiner ersten Frage zurückzukommen: Soweit ich weiß ist es normal, dass man als Elternteil viel mit den Kindern nacharbeiten muss und man so oder durch professionelle Nachhilfe kaum noch durch die Schule kommt. Dadurch werden finanziell weniger gut situierte Familien weiter benachteiligt. Ich denke die beste Investition, die man in diesem Alter machen kann ist, den Kindern die Freude am Lernen und ihre natürliche Neugierde so gut es geht zu erhalten.

Ich weiß nicht, was bei euch an der Schule anders sein soll, wie bei uns. Aber diese Probleme haben wir nicht. Vor allem in diesem Schuljahr, wo zwei Fahrten zur tschechischen Partnerschule, zwei Mal Projekttage und eine fünftägige Klassenfahrt auf dem Programm steht. Kann es einfach sein, dass die Kinder im Unterricht so viel Zeit vertrödeln, dass neben den Hausausgaben noch Übungen zu tätigen sind?

Das kenne ich aus insgesamt fünf Jahren Grundschule meiner Töchter nicht und habe es auch nicht von anderen Klassen gehört, dass man so extrem im Stoff hinter her hängt. Oder werden nur die Eltern kontaktiert, wo die Kinder Probleme haben den Stoff im normalen Unterricht und bei den Hausaufgaben zu verarbeiten?

Dafür gibt es bei uns nämlich entsprechenden Förderunterricht vom jeweiligen Fachlehrer, der dann den betroffenen Kindern sagt, dass sie teilnehmen sollten. Aber ich würde auf alle Fälle mal nachfragen, warum man so handelt und zusätzliche Übungen beauftragt. Allerdings solltest du akzeptieren, dass Projekttage zum Schulalltag in der Grundschule gehören.

Meine Tochter hat Probleme in der Schule, sie hinkt etwas hinterher, und geht auch in die Sternenklassen, die sogenannte Förderklasse, den Unterrichtsstoff muss ich natürlich mit ihr nachholen. Wir arbeiten eh etwas mehr zu Hause, da sie sehr viele Schwierigkeiten hat.

Mein Sohn ist eine Klasse über ihr, und hat aber keine Probleme, ist im guten Mittelfeld bis vorne, aber auch er muss zu Hause gewisse Übungen noch machen.

Ich denke wirklich, dass es mit der Schule zu tun hat. Mein Neffe ist auf der Gesamtschule, 5.Klasse, und selbst die Schüler mit Gynasialempfehlung haben jetzt einen Mittelmäßigen Schnitt, da sie sehr schlecht vorbereitet worden sind.

Diese Problematik gibt es in jeder Schulform. Ob das Kind nun in eine Ganztagsklasse geht oder nur den ganz normalen Unterricht am Vormittag besucht, es ist mittlerweile einfach ausgeartet, was man alles noch zu Hause arbeiten muss. Es gibt zwar immer wieder Mütter, die beteuern, ihr Kind müsse so gut wie nichts machen, weil es ja so gut in der Schule mitkommt, aber das ist schlichtweg einfach nicht wahr.

Mein Kind ist ziemlich gut in der Schule und trotzdem vergeht kein Tag, an dem wir nicht mindestens eine Stunde an der Hausübung sitzen. Mich nervt das natürlich sehr, weil ich meine Freizeit mit meinem Kind auch lieber anders gestalten würde, als mit Hausübungen. Außerdem nimmt es den Kindern die Lust am Lernen, wenn sie nach der Schule noch weiter lernen müssen.

Für mich wäre so oder so eine totale Veränderung des momentan weitverbreiteten Schulsystemes angebracht. Es sollte meiner Meinung nach ähnlich aufgebaut werden, wie in einer Montessori- Klasse. Die Noten und das Beurteilen sollte nicht im Vordergrund stehen, sondern das Kind dort in seiner Entwicklung abgeholt werden, wo es sich gerade befindet.

Talente sollten schon im Kindergarten und in der Grundschule erkannt und bestmöglichst gefördert werden, damit die Kinder den Eifer am Lernen behalten und sich selber als etwas Besonderes, ein Teil einer Gemeinschaft erfahren können, die etwas zu einer besseren Welt beitragen können. Aber bis wir dieses Ideal erreicht haben, werden wohl noch ein paar hundert Jahre vergehen.