Call-Center-Agents werden immer kritisiert
Ich stehe derzeit vor einem Problem: Ich kenne einige Leute, die im Call-Center arbeiten und dies auch gerne tun. Wenn aber andere erfahren, dass zum Beispiel ein guter Bekannter im Call-Center arbeitet, kommt immer gleich die Frage: "Der nervt also Leute, um ihnen was anzudrehen?" Mittlerweile möchte ich Menschen für diese Frage grün und blau prügeln.
Irgendwie versteht niemand, dass es auch andere Angestellte gibt, als diese unseriösen Typen, die einem irgendwelchen Kram andrehen wollen. Zum Beispiel die, die ausschließlich Anrufe entgegennehmen um den Kunden bei verschiedenen Problemen zu helfen oder ihnen Informationen zu geben, nach denen die Anrufer explizit fragen.
Wieso müssen die Leute immer pauschalisieren (und ja, das ist von mir jetzt auch pauschalisiert) und beim Call-Center-Agent denken, dass es nervige Vollhorste sind, die irgendwelchen armen Menschen ihr Zeug andrehen wollen und überlegen nicht mal, dass es auch welche gibt, die ihr Internet wieder zum Laufen bringen oder ihnen dabei helfen, einen Plan zur Tilgung der Schulden, die der Kunde bei einem Unternehmen hat, zusammenzustellen?
Und was denkt ihr Call-Center-Agents? Denkt ihr auch, dass alle gleich oder kennt ihr selbst welche und findet es auch nervig, dass alle über einen Kamm geschert werden?
Und warum beschreiben die betroffenen Menschen nicht ihre Arbeit anders? Immerhin könnte man dann solche Missverständnisse umgehen. Wenn ich Callcenter höre, dann kommen mir auch diese Gedanken. Würde aber jemand sagen, dass er in der Kundenberatung die Anrufe entgegen nimmt, wäre das schon gleich etwas anderes.
Es ist nun mal so, dass sich in den letzten Jahren Callcenter nicht gerade einen guten Ruf erarbeitet haben. Eine frühere Bekannte von mir hat immer gesagt, dass sie im Callcenter der Firma X arbeitet. Damit war gleich klar, dass sie keine Telefonlisten abarbeitet, sondern nur Anrufe annimmt und die Kunden bei Bedarf eben weiter vermittelt.
Sie erklären ja, was sie in ihrem Beruf machen, aber dennoch glauben die Leute, dass Call-Center.Agents böse sind. Und die Call-Center, die einen schlechten Ruf haben, sind ein so kleiner Teil. Nur weil zwei von hundert Büchern eines Genres schlecht sind, ist ja nicht das ganze Genre plötzlich schlecht. Man muss doch differenzieren können.
Und was spricht dagegen, wenn man einfach nur sagt, dass man Kundenanrufe entgegen nimmt? Man beschreibt seine Tätigkeit nur anders, aber spart sich dann eben entsprechende Kommentare und Verurteilungen. Nur kann man hier auch entsprechende Callcenter nicht mit Büchern vergleichen. Denn wenn ich mir ein Buch kaufe, dann ist das meine Entscheidung. Ob mich ungefragt ein Callcenter anruft, kann ich eben nicht selbst entscheiden. Selbst wenn man seine Telefonnummer nirgends eintragen lässt, hat man irgendwann so einen Anruf an der Backe.
Also sollen alle, die einen Job mit schlechtem Ruf haben, nicht sagen, was sie tun? Ist das nicht irgendwie doof? Ich meine, man steht doch auch zu dem, was man macht, warum also die Berufsbezeichnung nicht nennen, nur weil die Leute ein falsches Bild haben? Schließlich versucht man ja auch, seinen Job ins richtige Licht zu rücken und das geht nur, wenn man sagt, was man ist.
Ich denke, dass das oftmals Mitarbeiter sind, die sich ganz schön etwas anhören können. Nicht nur privat, sondern auch beruflich. Immerhin finden viele Menschen das auch nicht schön, wenn sie immer wieder angerufen und genervt werden. Auch denke ich an Menschen, die im Kundenservice arbeiten, sich also Beschwerden anhören und eher nicht an Menschen, die verkaufen müssen. Dennoch haben diese Mitarbeiter einen schlechten Ruf und selber würde ich das nicht machen wollen.
Mir ist klar, dass Call Center verschiedene Aufgaben abdecken. Ein Freund von mir hat zum Beispiel während des Studiums für Microsoft technischen Support gemacht und saß dafür auch in einem Call Center. Er hat natürlich keine Leute angerufen und sie gefragt, ob sie ein Windows Betriebssystem kaufen wollen sondern hat Leuten weiter geholfen, die ihn angerufen haben, wenn sie mit ihrem System Probleme hatten.
Trotzdem denke ich bei dem Wort "Call Center" natürlich nicht an meinen Freund, die Leute, die telefonische Bestellungen für Kataloge aufnehmen oder für meine Krankenkasse arbeiten. Ich denke an die Leute, die mich mit ihren Anrufen nerven, ganz einfach, weil es normal ist, dass man sich eher an die negativen Erlebnisse erinnert. Da kann man noch so reflektiert sein, so funktioniert das menschliche Gehirn nun mal.
In deinem Beitrag klingt das so, als wäre es die Schuld der, nennen wir sie ruhig Opfer, dass die Call Center so einen schlechten Ruf haben, aber damit werden die Tatsachen doch verdreht. Wenn es keine Call Center geben würde, die Menschen mit ihren Anrufen terrorisieren und zum Teil sogar betrügen, würde doch überhaupt niemand denken, dass jeder Call Center Mitarbeiter automatisch auch zu dieser Truppe gehört.
Natürlich ist das für den Call Center Mitarbeiter ärgerlich, wenn er direkt in diese Ecke gestellt wird, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand auf einen Satz wie "ich arbeite für einen Internetanbieter und helfe Leuten mit technischen Problem und sitze dafür in einem Call Center" mit "du rufst also Leute an und drehst ihnen Glücksspiellose an!" reagiert. Außerdem gibt es wirklich viele Berufsbezeichnungen, mit denen Leute, die nicht aus der Branche kommen, wenig anfangen können oder sich etwas falsches darunter vorstellen, mir geht das zu Beispiel oft bei Berufen im Bereich Wirtschaft und Finanzen so. Da macht es auch wesentlich mehr Sinn mir erst mal kurz die Tätigkeit zu beschreiben bevor man den Beruf nennt.
Das Problem bei diesem Job ist einfach das gleiche, wie bei Versicherungsvertretern oder Gebrauchtwagenverkäufern. Es gibt Leute, die absolut seriös ihren Job machen und diesen auch für renommierte und seriöse Firmen, wo sie Bestellungen und Reklamationen bearbeiten oder den Kunden Support geben. Das finde ich auch völlig in Ordnung, wenn die im letzteren Falle auch vernünftig supporten können!
Leider gibt es aber dann auch die schwarzen Schafe, die im nicht so seriösen Bereich arbeiten und eben Leute mit Werbung, Lotto und dummen Gewinnspielen nerven beziehungsweise nerven müssen. Teils sind das einfach arme Schweine, die dafür sogar noch mies bezahlt werden oder selbst fast kriminell werden. Teils denke ich, dass diese Leute auch kriminell sind.
Doofer Vergleich, aber nehmen wir zum Beispiel den Altenpfleger. Alle Menschen sehen diese Person als "Arschabwischer" an. Dass dieser Beruf aber auch andere Seiten hat, wird oftmals vergessen. Was ist man denn neben den Arschabwischer? Man ist ein Seelenklempner, Tagesbegleiter, Streitschlichter, Sterbebegleiter, Beschäftigungstherapeut, Stück Familie, Organisationstalent, Vermittler zwischen Arzt, Angehörigen, Köche, Brillen- und Gebissfinder, Schlüsseldienst, Motivationskünstler, Wegbegleiter, Sänger, Kamerad und Vorleser. Soll ich nun auch diesen Beruf umschreiben, nur damit andere Leute dies auf den ersten Blick nicht gleich auf den "Arschabwischer" schieben.
Oftmals liegt es bei den Call-Center-Agent auch daran, dass in den Medien diese Call-Center schlecht dargestellt werden. Alte Oma wurde wieder abgezogen. Die bösen Leute aus dem Call-Center versuchen ihre Sachen zu verkaufen. Aber dies stimmt eben nicht ganz. Ich will gar nicht abstreiten, dass es diese Leute nicht gibt. Aber wenn man mal ein Problem mit sein Internet hat, ruft man eine Hotline an. Man ruft also im Call-Center an und bekommt genau von solchen Call-Center-Agenten eine Antwort zu seiner Frage, ohne dass sie gleich etwas verkauft haben.
Viele Menschen musste ich dieses Vorurteil schon nehmen. Aber es nervt halt. Wir Menschen sind aber leider aber auch. Wir schieben die Leute in Schubladen. Call-Center-Agents sind demnach Leute, die etwas verkaufen. Um dieses Vorurteil aus den Köpfen zu bekommen, müssten mehr Menschen meiner Meinung sein und besonders dieses Pauschalisieren sein lassen.
Die Leute die ich aus so genannten Callcentern kennen, stellen sich oft anders vor. Solche Jobs sind ja gerade unter Studenten wegen der flexiblen Zeiteinteilung nicht ganz unbeliebt. Die sagen dann eher, sie arbeiten im telefonischen Kundensupport. Das klingt irgendwie knackiger als Callcenter. Es kommt auch besser bei den unwissenden Zuhörern an.
Was ich von Kommilitonen gehört habe ist, dass manche Firmen keine eigenen Callcenter haben. Große Firmen beauftragen gelegentlich auch größere Callcenter als Subunternehmer. Die Mitarbeiter unterliegen dann der Schweigepflicht und dürfen laut Arbeitsvertrag nur sagen, ich arbeite für das Callcenter XY und dürfen den Auftraggeber, also die eigentliche Krankenkasse oder den Großkonzern nicht nennen. Klar, dass das dann zu Missverständnissen führt. Aber an die Wahrung von Betriebsgeheimnissen muss man sich eben halten, wenn man als Mitarbeiter dazu verpflichtet ist.
Callcenter Agent ist ein relativ junger Beruf. Kaum jemand weiß, dass diese Jobs nicht nur ein Sammelbecken für Studenten und Quereinsteiger sind, sondern dass man den Beruf auch ordentlich in einer seriösen Ausbildung lernen kann. Ich denke, das kann man solchen Kritikern auch mal sagen, dass es ebene eine seriöse Sparte gibt und wie überall auch schwarze Schafe.
Und letztlich kann man auch nicht sagen, dass jeglicher Outbound, also wenn Callcenter Kunden anrufen um Kunden etwas zu verkaufen unseriös ist. Nehmen wir mal an, Herr B ist Kunde bei einem Handyanbieter. Jetzt ruft ihn das Callcenter seines Handyanbieters an, weil sein Vertrag bald ausläuft und für Bestandskunden gerade eine Sonderaktion mit einem tollen günstigen Tarif läuft, in den Herr B wechseln könnte. Ist so etwas auch unseriös, nur weil Herr B angerufen wurde, ohne dass er das angefordert hat? Ich würde sagen, nein. Das ist seriöser Kundenservice, so lange die Mitarbeiter kompetent handeln und auch nur dann den Vertragswechsel durchführen, wenn Herr B dem zustimmt. Da sollte man die Leute durchaus aufklären.
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