Das Zimmer eines toten Menschen als Gedenkstätte halten
Die damals 12 jährige Tochter einer Bekannten ist vor 3 Jahren bei einem Fahrradunfall ums Leben gekommen. Seit dem wird das Zimmer des Mädchens wie eine Kultstätte oder Gedenkstätte gehütet. Keiner darf in das Zimmer. Das Zimmer ist verschlossen und meine Bekannte geht dort hinein um zu trauern. Sie hat alles so gelassen, wie das Mädchen das Zimmer verlassen hat.
Wie findet ihr es, wenn man das Zimmer eines toten Menschen als Kultstätte oder Gedenkstätte lässt und nichts verändert? So ist es auch beim Arbeitszimmer von meinem Onkel damals gewesen. Meine Tante hat das Zimmer über Jahre so gelassen, wie er es hinterlassen hat, bis sie das Haus verkaufen musste. Denkt ihr, dass so etwas nicht eher bei der Trauer hemmt als hilft? Würdet ihr das Zimmer nach dem Tod eines Menschen verändern oder als Gedenkstätte so lassen?
Um trauern zu können, muss man kein Zimmer als Gedenkstätte haben. An die verstorbene Tochter wird die Mutter viel zu oft auch ohne Gedenkstätte erinnert. Das alleine ist schon mit großer Traurigkeit verbunden. Eine Extra-Gedenkstätte lässt nicht zur Ruhe kommen und verwandelt das Leben in ein Trauerhaus. Als Gedenkstätte hat die Mutter das Grab ihrer Tochter auf dem Friedhof.
Dass man das Zimmer der verstorbenen Tochter nicht sofort für andere Zwecke nutzt, ist verständlich. Aber nach einer gewissen Zeit sollte man doch wenigstens die Sachen der Tochter einem anderen Zweck zuführen und das Zimmer so sehen, als das es gedacht war, als Teil der Wohnung. Wenn deine Bekannte das Zimmer verschließt, schließt sie damit den Rest der Familie aus, die vielleicht bezüglich des Zimmers eine andere Meinung haben. Das geht nicht.
@Cid: Sie wohnt alleine in der Wohnung. Sie war alleinerziehend als der schreckliche Unfall passierte und das auch noch als das Kind beim Vater war. Deswegen ist es vielleicht noch schlimmer als wenn sie mit der Familie zusammen wohnen würde. Sie meint, dass das Kind es so gewollt hätte und deswegen ist das Zimmer auch so geblieben, wie das Kind es verlassen hat. Selbst die angefangene Wasserflasche und das Glas stehen noch auf dem Nachttisch.
Aber auch bei meiner Tante war es so, dass sie alleine in dem Haus wohnte. Auch die Kinder, wenn sie zu Besuch waren haben dann immer auf die Mutter eingeredet das Zimmer doch auszuräumen und neu zu gestalten. Aber das wäre, wie sie gesagt hat, ein Verrat gewesen und so hat sie es so gelassen.
Die Bezeichnung "Gedenkstätte" oder "Kult" wirst du in dem Zusammenhang eingeführt haben und die Betroffenen werden wohl kaum von "Gedenkstätte" sprechen. Ansonsten sehe ich verschiedene Möglichkeiten, mit der eigenen Trauer umzugehen und eben auch unterschiedliche Wege, wie mit solchen Verlusten umzugehen ist. Gerade wenn ein Kind stirbt, stirbt sicher auch ein bestimmter Teil des eigenen Selbstverständnisses. Schließlich war man ja dafür da, dass das Kind erwachsen werden kann. Da wird es vielen schwer fallen, rational zu handeln.
Ich bin nicht der Meinung, dass Trauer so "gehemmt" wird. Man könnte ja auch anders herum behaupten, dass eine Veränderung gemacht wird, um zu vergessen oder zu verdrängen. Und genau das ist ja letztlich genau das Gegenteil von dem, was man sich selbst im Zuge der Trauer wünscht: man möchte die verstorbene Person nie vergessen und jeden Tag "in den Alltag einbinden". Da kann so ein Zimmer durchaus hilfreich sein. Zumal ja auch dort sauber gemacht werden muss und man so wirklich real mit dem was war konfrontiert wird - und so die Erinnerung aufrecht erhalten bleibt!
Jeder Mensch reagiert in diesem Fall wahrscheinlich anders und jeder hat auch andere Bedürfnisse was die Trauerarbeit angeht. Mich persönlich würde so ein Zimmer eher bei der Trauerarbeit "hemmen" und blockieren. Ich würde mich ständig daran erinnert fühlen, dass das Kind umgekommen ist, als es bei dem Vater war und würde möglicherweise Selbstvorwürfe bekommen, weil ich das Kind zu seinem Vater gelassen habe. Ich glaube ehrlich gesagt auch nicht, dass das Kind es so gewollt hätte das Zimmer unangetastet zu lassen.
Freunde meiner Eltern haben mal vor Jahren ihren 17jährigen Sohn verloren. Der Junge war mit Freunden unterwegs im Auto als Beifahrer. Es gab einen Unfall und dieser Junge starb. Trotzdem haben die Eltern ihr Leben weitergelebt. Es gibt zwar das ein oder andere Bild von ihrem Sohn, das noch sichtbar aufgestellt wurde, aber er hat kein eigenes Zimmer mehr. Das Leben geht schließlich weiter und es heißt ja nicht automatisch, dass man sein geliebtes Kind vergisst, nur weil man das Zimmer umgestaltet und anders nutzt. Man grenzt ja das Kind dadurch nicht aus und tut auch nicht so, als hätte es nie existiert.
Ich kann verstehen, dass es schwer fällt, so einen schweren Verlust als Mutter hin zu nehmen. Allerdings muss ich sagen, dass es auch irgendwann einen Zeitpunkt ist, wo das Nachtrauern ungesund wird und auf die Psyche schlägt. Wenn man jahrelang immer wieder dieses Zimmer als Trauerstätte her nimmt, kann man meiner Meinung nach niemals den Verlust verarbeiten, sondern versinkt in Selbstmitleid und kann wahrscheinlich nie wieder glücklich werden. Ich würde der betroffenen Frau raten, sich psychologische Hilfe zu holen und somit einmal etwas mit dem Tod abzuschließen. Erinnerungen hat man ja trotzdem im Herzen.
Aber ich möchte da kein Urteil fällen, weil ich glaube, es kann niemand nachvollziehen, wie es ist, wenn das Kind von einem stirbt und wie man selber reagieren würde. Ich wünsche so etwas auch niemandem.
Ich denke nicht, dass man ein Zimmer so lassen sollte. Das Leben muss weiter gehen, auch wenn es hart klingt, aber das Kind kann das Zimmer nicht mehr nutzen und es wird dadurch auch nicht wiederkommen. Wenn man sich Erinnerungen behalten will, sollte man das machen, aber keine ganze Zimmereinrichtung.
Die Trauer findet so permanent statt, man findet nicht mehr in das eigene Leben, ich denke deswegen nicht, dass so ein Schrein in Form eines Zimmers eine gute Idee ist. An der Stelle deiner Bekannten würde ich mir professionelle Hilfe suchen, da es so ja auch für sie nicht weiter gehen kann.
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