Chef gibt frei, um Stunden gut zu haben

vom 04.06.2014, 18:41 Uhr

Ich habe letztens eine Bekannte getroffen und mich gewundert, dass sie Zeit hatte. Sie sagte, dass sie kurzfristig frei bekommen hätte, weil ihr Chef das so gesagt hat. So war an dem Tag wohl nicht so viel zu tun und dann hat der Chef meiner Bekannten gesagt, sie könne nach Hause gehen und den halben Tag hätte der Chef dann gut, wenn zum Beispiel mal einer ihrer Kollegen ausfällt und sie dann an einem ihrer freien Tage arbeiten kommen kann.

Sie fand es natürlich nicht verkehrt, unvorhergesehen frei zu haben, als wir uns getroffen haben, aber andererseits fand sie es doch nicht so gut, dass sie nun mit Stunden im Minus ist und dann einspringen muss, wenn der Chef dies verlangt. Das kann ich schon gut verstehen, ich würde es auch nicht so schön finden, meine freien Tage nicht mehr richtig planen zu können, weil es ja sein kann, dass der Chef wünscht, dass man dann einspringt.

Darum habe ich ihr gesagt, dass ich einer solchen Regelung eher nicht zugestimmt hätte, wenn es sich hätte vermeiden lassen. Sie meinte aber, dass der Chef schon ziemlich bestimmt aufgetreten wäre, als er sagte, dass sie gehen könne und so hat sie sich nicht getraut, zu widersprechen. Aber trotzdem denke ich nicht, dass der Chef einfach an ihren freien Tagen bestimmen kann, wann sie für einen Kollegen, der krank oder im Urlaub ist, einspringen muss, oder? Weiß vielleicht jemand, wie eine solche Regelung rechtlich aussieht? Ich kenne meine Bekannte und weiß sicher, dass sie einspringen wird, wenn der Chef dies wünscht. Dabei ist es dann auch egal, ob sie einen Termin hat oder so.

Wart ihr schon mal in einer solchen Situation, dass euer Chef gesagt hat, dass ihr einen halben Tag oder einen Tag frei haben könnt, damit der Chef sozusagen Stunden bei euch gut hat, die ihr dann irgendwann mal abarbeiten könnt? Wie habt ihr in der Situation reagiert oder wie würdet ihr reagieren, wenn euer Chef mal so etwas sagen würde? Würdet ihr dem zustimmen oder würdet ihr sagen, dass ihr so etwas lieber nicht möchtet? Darf man sich dem denn widersetzen oder riskiert man dann Ärger mit dem Chef? Abgesehen davon, dass der Chef natürlich sowieso nicht begeistert sein wird, das ist ja klar.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge



Natürlich kann der Chef aus betrieblichen Gründen in einem gewissen Rahmen entscheiden, wann seine Mitarbeiter zu arbeiten haben. Ich denke also, dass der Chef in diesem Fall richtig gehandelt hat. Solange die Ankündigung rechtzeitig kommt und die gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen eingehalten werden, ist es aus meiner Sicht auch in Ordnung, wenn der Chef die Minusstunden an einem eigentlich freien Tag zurück fordert. Wenn das Verhältnis zum Chef einigermaßen gut ist, kann man ja auch mal ablehnen, wenn man wirklich einen dringenden privaten Grund hat.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Die Regelung entspricht ein wenig von dem, was gemeinhin unter "Gleitzeit" verstanden wird. Allerdings mit keinen Freiheitsgraden und nicht selbstbestimmt - was die Sache schwierig erscheinen lässt. Denn wenn der Chef von jetzt auf gleich mit der Idee kommt, dass man den restlichen Tag "frei" haben kann, ist das im ersten Moment eine schöne Sache. Aber besser wäre es, man hätte dies selbst bestimmen und planen können. Denn so spontan kann die freie Zeit u.U. gar nicht im eigenen Sinne genutzt werden.

Die Kehrseite ist auch, dass man jetzt eine Bringschuld hat und zukünftig immer das Problem sieht, seine Zeit nicht frei einteilen zu können. Schließlich ist nicht planbar oder absehbar, wann man die "freie Zeit" wieder einarbeiten muss. Das kann an einem verregneten Tag passieren, an dem man ohnehin nichts vor gehabt hätte - oder aber zu einem Zeitpunkt, zu dem man lieber weniger gearbeitet hätte, weil viele Freizeitaktivitäten mit Freunden geplant waren.

Wobei man nicht immer die Extrempunkte sehen muss. Wenn das Arbeitsklima stimmt und das Verhältnis zum Chef passt, dann besteht ja die Möglichkeit, sich hier einvernehmlich zu einigen. Ansonsten würde ich tatsächlich auf eine "generelle" Lösung drängen, die eben auch dem Angestellten einen gewissen Gestaltungsspielraum einräumt. Natürlich stehen immer die betrieblichen Belange im Vordergrund und niemand kann "Überstunden" machen, wenn objektiv keine Arbeit ansteht. Allerdings wird ein Angestellter nicht dafür bezahlt, wirklich jedes Risiko bzgl. der Auslastung abzufedern!

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Dass die Bekannte arbeiten muss, wenn Kollegen ausfallen, wird doch auch ohne diese so genannten Minusstunden so sein. Also ist es doch jetzt nur so, dass der Chef eben frei gibt, wenn es wenig zu tun gibt. Man bummelt also auch nur Arbeitszeit ab, auch wenn sie hier noch nicht geleistet wurde, sondern noch zu leisten ist. Von daher sehe ich keinen Unterschied zu einem späteren Arbeitszeit abfeiern, wenn man mehr Stunden geleistet hat.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Die Regelung entspricht ein wenig von dem, was gemeinhin unter "Gleitzeit" verstanden wird. Allerdings mit keinen Freiheitsgraden und nicht selbstbestimmt - was die Sache schwierig erscheinen lässt. Denn wenn der Chef von jetzt auf gleich mit der Idee kommt, dass man den restlichen Tag "frei" haben kann, ist das im ersten Moment eine schöne Sache. Aber besser wäre es, man hätte dies selbst bestimmen und planen können. Denn so spontan kann die freie Zeit u.U. gar nicht im eigenen Sinne genutzt werden.

In vielen Betrieben gibt es eine klare Trennung zwischen der (größtenteils selbstbestimmten) Gleitzeit und einem "Überstundenkonto", welches an betriebliche Belange orientiert wird. In Industriebetrieben ist das nötig, um bei einer schwankenden Auftragslage reagieren zu können. Diese Konten können auch ins Minus ausgeschöpft werden.

Ein Bekannter von mir hat eine solche Regelung und musste während der Wirtschaftskrise so viel Zeit abbauen, dass dass Konto mit über 50 Stunden im Minus stand. Er musste also zu besseren Zeiten wieder ein viertel Jahr fünf Stunden pro Woche mehr arbeiten, um wieder ein ausgeglichenes Konto zu haben. In besseren Zeiten hatte das Konto aber auch schon über 100 Stunden Plus, weil über Monate massig Überstunden aufgebaut werden musste. Es war üblich, dass Überstunden, Nachtschichten und Samstagsarbeit angeordnet wurde.

» Weasel_ » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


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