Wann geht Satire zu weit? Wie weit darf man gehen?

vom 02.06.2014, 19:43 Uhr

Ich habe vor ein paar satirische Texte zu verfassen für eine Internetseite, die mir das bezahlt. Nun weiß ich ehrlich gesagt nicht, wie weit ich da gehen darf und wann Schluss sein sollte. Ich neige schon eher dazu einen ganz schwarzen Humor an den Tag zu legen, weswegen mir eine Grenze zu ziehen schwer fällt. Wo hört für euch Satire auf? Was sollte man nicht machen? Wie weit darf man gehen ohne Ärger zu bekommen?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Satire geht nie zu weit. Denn dann wäre es keine Satire mehr, sondern würde z.B. als Verunglimpfung oder Beschimpfung eingestuft werden. Daher darf im Grunde Satire alles - schon weil diese durch die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) und durch die Kunstfreiheit (siehe dazu Artikel 5 Absatz 1 und 3 im Grundgesetz) geschützt ist.

Einschränkungen sind eigentlich dann immer im Persönlichkeitsrecht zu finden. Wenn es nämlich keine Überzeichnung mehr ist und objektiv nur noch um die persönliche Schmähung geht, wird niemand mehr die Idee der Satire erkennen können. Und schon ist die Sache nicht mehr als Satire zu sehen, sondern als profane Beleidigung.

» derpunkt » Beiträge: 9898 » Talkpoints: 88,55 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Schwierig wird es sicher, wenn man einzelne Personen des öffentlichen Lebens oder einzelne Städte oder Orte satirisch behandelt. Da kann sich immer jemand auf den Schlips getreten fühlen. Ich denke da gerade nur an den lange kritisierten Song von Bushido. Letztlich muss man bei Satire gegen einzelne Personen immer damit rechnen, dass die Zielperson sich ungerecht behandelt fühlt und vor Gericht zieht. Bushido hat letztlich im Sinne der Freiheit der Kunst Recht bekommen. Aber vor einem anderen Gericht mit einem anderen Richter hätte das Urteil eben theoretisch auch anders ausfallen können.

Bevor man etwas schreibt, sollte man sich auch überlegen, wie das unter Umständen ein Richter beurteilen könnte. Und man sollte auch berücksichtigen, dass man selbst eben nicht Bushido ist und dass man nicht dessen Ruf hat. Von einem Künstler wie ihm beurteilt man auch einen recht harten Text anders, als von einem eher unbekannten Schreiber.

Leichter ist es, wenn der satirisch verarbeitete Mensch eben einen konkreten Anlass für die Satire gegeben hat, der eben eine gute Plattform bietet. Ein lustiger bis peinlicher Versprecher, oder ein strittiges Buch wie von Sarazin, ein ungewöhnlicher Kleidungsstil oder sonstige Äußerlichkeiten. Da wird Satire sicher eher akzeptiert. Problematisch wird es denke ich, wenn man die Persönlichkeit einzelner Personen ohne deren Einverständnis der Lächerlichkeit preis gibt. Es ist eben nicht jedermanns Sache, wenn man als Einzelperson persönlich vorgeführt wird.

Einfacher ist es sicher zu sagen, dass Politiker generell im Allgemeinen albern angezogen sind und sich komisch benehmen. Da fällt das dann eben schon unter Stammtischmeinung und bekanntes Klischee. Auch solche Sätze wie: "Politiker sind alle irgendwie geisteskrank." Das geht sicher eher als Satire und Meinungsäußerung problemlos durch. Sobald ich aber schreiben würde, unser Minister Xy ist irgendwie geisteskrank, weil er oder sie sich so oder so benimmt, dann wird das schon schwierig. Was ist noch Satire? Was ist üble Nachrede oder Verunglimpfung?

Bevor ich solche Texte schreiben würde, würde ich mich gründlich informieren. Vielleicht sogar eine anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen oder zumindest Fachliteratur lesen. Aber die Frage ist, ob sich das für einen Texterjob lohnt. Sicherlich dann, wenn eine langfristige Zusammenarbeit mit einem Verlag geplant ist. Für einen kleinen Auftrag aus einer Texterbörse würde ich da eher denken, dass die paar Kröten, die man da verdienen kann, es nicht wert sind.

Und letztlich: Satire sieht unheimlich leicht aus, wenn man sie in einer Sendung oder einem Kabarett präsentiert bekommt. Aber ich stelle es mir unendlich schwierig vor, solche Texte oder solche Lacher auch zuverlässig herzustellen. Ich wäre da eher skeptisch, ob man das in Eigenregie lernen kann. Wenn man sich als Satire-Talent sieht, würde ich eher versuchen, zuerst ein Praktikum in einem Team eines bekannten Satirikers oder Komikers zu machen und da etwas in das Metier herein schnuppern. Da hat man dann auch den Vorteil, dass einen jemand warnt, wenn man etwas verfasst hat, was Grenzen überschreitet, die man besser nicht hinter sich lässt.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



Es ist ja einige Zeit ins Land gegangen und die Frage des Threads wurde ja mittlerweile im Zuge der Sache Jan Böhmermann sogar öffentlich diskutiert. Jetzt weißt du sicher, wie weit Satire gehen kann. Jan Böhmermann hat die Grenzen klar abgesteckt, ich glaube nicht, dass Jemand weitergehen wird als er.

Und er hat aufgezeigt, wie wenig andere Menschen von Satire verstehen, besonders, wenn sie selbst davon betroffen sind. Ich bin der Meinung, dass Satire alles darf, selbst so etwas wie ein Schmähgedicht darf es sein, wenn der damit Bedachte es auch wirklich verdient hat.

» Freidenker28 » Beiträge: 749 » Talkpoints: 1,02 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Wer was wirklich verdient hat, ist leider auch kein objektiver Maßstab. Wenn man einen Prominenten satirisch auf die Schippe nimmt, wird immer ein Teil der Zuhörer das vollkommen angemessen finden und der Teil der Bevölkerung, der sich mehr oder weniger zu seinen Fans zählt das für übertrieben halten.

Und im Grunde ist es sicher auch eine Frage, wen man mit seiner Satire bedenkt. Wenn das jemand ist, der eher eine entspannte Haltung zum Leben und zu den Medien pflegt, dann wird man sicher weiter gehen können, als wenn man jemanden satirisch verarbeitet, der recht schnell zu restriktiv diktatorischem Verhalten neigt. Letzterer Typ Mensch hat zwar auch nicht immer und automatisch Erfolg vor Gericht. Aber es braucht trotzdem gute Nerven, so einen Prozess durchzustehen. Und da sollte man überlegen, was man bereit ist zu ertragen.

Letztlich ist es sicher gut investiertes Geld, sich erst mal juristisch beraten zu lassen, bevor man zu Werk geht. Wenn man ungefähr Ahnung hat, wo juristische Fachleute die Grenzen ziehen, dann kann man sich wenigstens an etwas orientieren.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Kommt doch auch immer darauf an, um was es sich handelt. Thematisiert man damit eine einzelne Person, nur eine Handlungsweise oder auch etwas sachliches ohne einen persönlichen Bezug. Man muss schon darauf achten, dass man am Ende nicht in der Beleidigung steckt und auch es nicht nur als diese ausgelegt werden kann. Aber es kommt auch immer darauf an, wie diese Person selbst an sich tickt und nicht alles direkt vor Gericht zerrt wie man im Fall Böhmermann gesehen hat mit dem türkischen Präsidenten der aber alles und jeden vor Gericht zerrt, wegen dem kleinsten Furz.

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» Sorae » Beiträge: 19435 » Talkpoints: 1,29 » Auszeichnung für 19000 Beiträge


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