Sich selber herunterreden - kennt ihr das von euch?

vom 27.05.2014, 18:01 Uhr

Ich habe eine Bekannte, die in sich nie irgendetwas Gutes erkennen kann. Sie ist psychisch total angeschlagen und redet sich ständig selber herunter. Sie sagt beispielsweise, dass sie es eh nicht hinbekommt oder sie einfach zu blöd für verschiedene Sachen ist. Dann macht sie diese Sachen lieber nicht, weil sie ja scheitern könnte. Nun rede ich ihr immer zu und das gibt ihr auch ein bisschen Halt, aber man merkt, dass es noch ein langer Weg ist. Kennt ihr solche Phasen auch von euch?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Das kenne ich selbst von mir, zumindest Phasenweise. Früher war das viel schlimmer, aber seit ich keinen Kontakt zu meinen Eltern habe, hat sich das stark verbessert, auch durch den positiven Einfluss meines Partners. Ich habe von meinen Eltern beispielsweise nie irgendwie Lob oder so was bekommen und sie sind sehr streng und anspruchsvoll. Deswegen hatte ich sehr oft das Gefühl, nicht gut genug zu sein, egal was ich mache. Sogar, wenn ich mit einer 1- nach Hause kam, bekam ich eine riesige Standpauke, warum ich nicht die volle Punktzahl geholt habe und ob ich nicht gelernt hätte. Denn wenn ich gelernt hätte, hätte ich ja alles gewusst etc.

Es fällt mir sehr schwer, positiv über mich selbst zu denken und ich falle auch gerne in alte Denk- und Verhaltensmuster zurück. Ich merke das mittlerweile schon bewusst und versuche das dann noch zu ändern, aber es ist echt schwer, besonders wenn man dieses Denken den größten Teil des bisherigen Lebens hatte.

Weißt du denn, wo die Ursache bei deiner Bekannten liegt? Denn wenn die Ursache für ihre Minderwertigkeitskomplexe noch vorhanden ist, kannst du so viel gegenreden wie du willst, sie wird ständig rückfällig werden und du wirst dir vorkommen als redest du gegen eine Wand.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich kenne es insoweit, dass ich zwar immer versuche, mir einzureden, dass ich dies oder das kann, mir aber selbst nicht glaube. Wenn ich dann ein Kompliment bekomme oder irgendwie so etwas, dann rede ich mich sofort herunter, weil ich nicht wirklich glauben kann, dass andere das als besonders ansehen oder das Gesagte auch wirklich ernst meinen.

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» Fluffeltuch » Beiträge: 797 » Talkpoints: 3,85 » Auszeichnung für 500 Beiträge



Ich denke, dass jeder Mensch ab und zu einmal in einer Situation ist, in der er sich selbst herunter redet. Immerhin muss man ja nur einmal einen schlechten Tag haben, um zu denken, dass man etwas nicht schafft. Und manchmal weiß man eben auch, dass eine Sache sicherlich sehr schwer zu bewältigen sein wird, weshalb man dann lieber gleich sagt, dass man sicherlich scheitern wird. Auf diese Weise macht man sich ja auch selbst keine Hoffnungen und man steht im Endeffekt auch nicht unbedingt als Verlierer da, wenn man von Anfang an gesagt hat, dass man etwas nicht schaffen wird. Immerhin hat man dann ja fest damit gerechnet und es ist keine Überraschung mehr, wenn man doch an etwas scheitert. So ist die Enttäuschung dann auch nicht so groß und von daher ist es sicherlich nicht schlecht, mit niedrigen Erwartungen an bestimmte Sachen heran zu gehen. Auf diese Weise bewahrt man sich selbst vor Enttäuschungen.

Wenn ich einen schlechten Tag habe und es mir nicht so gut geht, dann gebe ich normalerweise auch immer viel schneller auf, als sonst. Ich sage dann auch eher, dass ich etwas ohnehin nicht schaffen werde und dann lasse ich es. Dabei ist das jedoch nicht so schlimm, da ja auch nicht jeder Mensch jeden Tag ein enorm großes Selbstbewusstsein haben kann und es ist ja auch normal, dass man ab und zu an sich zweifelt. Viel weniger normal wäre es, wenn man so dermaßen von sich überzeugt wäre, dass man automatisch annehmen würde, dass man ohnehin alles schaffen kann, ohne sich dafür anstrengen zu müssen. Immerhin wäre die Enttäuschung dann nur umso größer.

Zweifelt man jedoch ständig an sich selbst und denkt sich, dass man nicht in der Lage dazu ist, überhaupt etwas zu schaffen, dann hat man natürlich ein enorm niedriges Selbstbewusstsein und das ist auch nicht so gut. Auch wenn jeder Mensch hin und wieder an sich zweifelt, sollte das natürlich nicht dauerhaft so sein und man sollte sich dann auch eingestehen, dass man etwas kann. Ansonsten wird man sicherlich nicht glücklich, wenn man so wenig von sich selbst hält und ich denke, dass es in so einem Fall enorm wichtig ist, das Selbstbewusstsein zu trainieren oder sogar professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn man das alleine nicht mehr bewältigen kann und die ständigen Zweifel das Leben auch stark einschränken.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Solche Phasen haben meiner Meinung nach die meisten Menschen von Zeit zu Zeit. Viele von uns haben einen gewissen Hang, bei den anderen nur die Talente, Triumphe und Glanzleistungen zu sehen und bei sich selbst nur die Niederlagen. Und dann entsteht natürlich schnell der Eindruck, man sei ein Versager und zu nichts nütze.

Wenn man aber genauer hinschaut und die Situation objektiv zu beurteilen versucht, merkt man oft, dass der strahlende Siegertyp auch schon oft auf der Schnauze gelandet ist oder in den meisten Gebieten auch nicht besser ist als der Durchschnitt. Ich finde sogar, dass es oft am besten ist, wenn man sich gar nicht groß mit anderen vergleicht, sondern einfach sein eigenes Ding macht, wie gut oder schlecht es einem auch gelingen mag.

Das funktioniert natürlich nur, wenn man nicht gerade mit psychischen Problemen zu kämpfen hat, die ja oft dazu führen, dass man die Realität nur noch verzerrt und negativ wahrnimmt. In solchen Fällen wäre es vielleicht angebracht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, damit man die Dinge wieder klarer sieht.

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Ich kenne solche Phasen von mir auch. Früher, als ich noch total wenig Selbstbewusstsein hatte, war es bei mir oft so, dass ich mir nichts zugetraut habe und mein Können herunter geredet habe. Das führte dann natürlich dazu, dass ich erst recht nichts mehr schaffte. Darum finde ich es toll, dass du deiner Bekannten in der Situation Halt geben kannst und genau den wird sie auch brauchen. Solche Phasen habe ich noch manchmal, aber das ist wohl normal, wenn einem alles über den Kopf zu wachsen scheint.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Solche Gedanken habe ich in gewissen Situationen natürlich schon, weil das Leben ja nun nicht nur aus Erfolgserlebnissen besteht. Wenn ich bei irgendwas dann gleich mehrmals nicht den eigenen Erwartungen entsprochen habe kommt natürlich der Gedanke auf, dass ich dafür anscheinend zu blöd bin und das nie hin bekommen werde.

Allerdings behalte ich so etwas tatsächlich für mich, weil es mir furchtbar auf die Nerven geht, wenn sich andere so verhalten und weil ich selber mit meinem Verhalten natürlich niemandem auf die Nerven gehen will. Ich kann es nicht leiden, wenn jemand ständig schlecht von sich redet, anscheinend stur an seiner Meinung fest hält und sich nicht vom Gegenteil überzeugen lässt, und mich somit praktisch nötigt, dass ich dann etwas nettes sage und ein Kompliment mache.

Wenn ich jemandem ein Kompliment mache dann sollte das doch von mir aus kommen und nicht, weil der andere die "fishing for compliments" Falle ausgeworfen hat. Wenn mir das zu viel wird stimme ich solchen Leuten auch einfach mal zu "ja, ich glaube, du bist dazu wirklich zu blöd" - die verdutzten Reaktionen sind herrlich, weil diese Leute ja damit rechnen wie üblich etwas Ego-streichelndes zu hören.

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» Cloudy24 » Beiträge: 27476 » Talkpoints: 0,60 » Auszeichnung für 27000 Beiträge



Ich finde solche Situationen schwierig. Denn ich kenne auch das so genannte "Phishing for compliments" und dass manche Menschen sich deswegen vor Zeugen so übertrieben herunter reden, weil sie Lob, Aufmerksamkeit und Bestätigung brauchen. Solche Menschen kenne ich dann auch zu genüge. Die haben dann nur Minderwertigkeitskomplexe und keine gravierenden psychischen Probleme, wollen aber dennoch Aufmerksamkeit. Das finde ich persönlich auf die Dauer ziemlich lästig und reagiere in solchen Fällen auch gar nicht mehr.

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» Täubchen » Beiträge: 33305 » Talkpoints: -1,02 » Auszeichnung für 33000 Beiträge


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