Strengere Eltern für die eigene Entwicklung vorteilhafter?

Ich hatte sehr strenge Eltern. Obwohl wir auch mehrere Kinder waren, wurden wir wirklich sehr streng erzogen. Ich bin in der Erziehung eher nicht so streng und mein Mann ist der strengere von uns beiden. Er meinte, dass es für die Entwicklung der Kinder schon besser ist, wenn eine gewisse Strenge vorhanden ist. Er wurde nicht streng erzogen und er hat auch lange gebraucht um sich von zu hause zu lösen um dann seine eigene Familie zu gründen.

Denkt ihr, dass strengere Eltern für die eigene Entwicklung besser und vorteilhafter ist und dass man sich dann vielleicht auch schneller und einfacher von zu hause löst um den eigenen Weg zu gehen und das für die Entwicklung förderlich ist? Oder ist eine laschere Erziehung für die Entwicklung besser?

Ich finde, es kommt auch immer auf den Charakter des Kindes an, ob eine strengere oder eine laschere Erziehung angebracht wäre. Manche Kinder entwickeln sich unter solchen Umständen am besten und andere wiederum unter anderen Umständen.

Ich sehe das immer wieder an meinen beiden Schwagern. Der eine erzieht seine Kinder total streng und diszipliniert. Der andere hat eine laissez-faire-Mentalität und lässt die Kinder wirklich alles machen was sie wollen. Die Kinder von letzterem kennen keine Disziplin, keine Verantwortung und keinen Respekt und das mit mittlerweile 13 und 15 Jahren, was ich wirklich traurig finde. Teilweise wird die Mutter angemotzt, wenn die nicht sofort neues Geld zugeschoben bekommen. Gerade der Umgang gegenüber der Mutter geht in meinen Augen gar nicht, sie wird sogar angemotzt vor Gästen oder Fremden. Die Kinder haben miserable Noten auf der Hauptschule und keinerlei Interesse das zu ändern.

Wozu auch? Die bekommen ja trotzdem alles was sie wollen ohne etwas dafür tun zu müssen. Das ältere hat auch schon zum 14. Geburtstag ein Smartphone geschenkt bekommen und nörgelt jetzt, dass es einen 900€ Laptop haben will, den es für die Schule sowieso nicht nutzen würde, weil es nur Facebook und irgendwelche Spiele im Kopf hat. Also ich finde, gerade den beiden hätte eine strengere Erziehung von Anfang an sehr gut getan und es ist mir ein Rätsel, wie die Eltern so eine laissez-faire-Mentalität haben können. Die Kinder sind nicht einmal pünktlich.

Wenn der Vater sagt, dass die um 18 Uhr zu Hause sein sollen, dann kommen die mitten in der Nacht nach Hause und er sagt überhaupt nichts dazu. Es gibt keine Konsequenzen, egal was sie tun. Ich bin der Meinung, dass die Kinder damit irgendwann voll auf die Nase fallen werden. Kein Chef sieht es gerne, wenn man nicht pünktlich zu Vorstellungsgesprächen, Terminen oder zur Arbeit kommt.

Der andere Schwager ist das komplette Gegenteil von laissez-faire. Dort kennen die Kinder ganz klar ihre Grenzen und sie kennen auch die Konsequenzen, wenn diese überschritten werden. Die ältere Tochter, 12, kann mittlerweile sogar im Haushalt anpacken und sogar kleinere Sachen kochen, während ihre 15 Jährige Cousine aus dem Laissez-faire-Haushalt überhaupt nichts im Haushalt kann. Sie ist sogar auf dem Gymnasium und schreibt gute Noten, weil die Eltern auch immer aufpassen, dass sie die Vokabeln alle lernt und die Hausaufgaben regelmäßig fertig hat.

Ich hatte auch eine eher strenge Erziehung und obwohl ich es manchmal blöd fand, dass ich im Haushalt helfen oder kochen musste, obwohl ich viel lieber Freizeit gehabt hätte, hat es mir nicht geschadet. Im Gegenteil, als ich mit 20 auszog, musste ich nicht mehr viel neues lernen, weil ich ja schon alles von zu Hause gelernt hatte. Mir tun dann immer die Menschen Leid, die zu Hause nie einen Finger rühren mussten und dann solche einfachen Sachen wie abwaschen nicht auf die Reihe kriegen.

Ein Bekannter von mir beispielsweise musste nie zu Hause abwaschen, weil die Eltern das alte Rollenbild praktiziert haben und die Mutter alles gemacht hat, was mit Haushalt zu tun hatte. Dieser Bekannte weiß mit 29 immer noch nicht, wie man richtig und sauber Kochtöpfe und Pfannen spült, dabei wohnt er schon seit Jahren alleine. Ich bin definitiv der Auffassung, dass eine strengere Erziehung, die Kinder eher selbstständig werden lässt. Natürlich nur unter der Voraussetzung, dass weder die Mutter noch der Vater eine bevormundende Art haben und das Kind nicht selbstständig werden lassen wollen.

Strenge ist, ganz klar, eine Frage der Definition. Schließlich muss man, sicherlich, ein geeignetes Mittelmaß finden. Wenn Kinder zu streng erzogen werden, finde ich das nicht förderlich. Problematisch wird es, wenn sie gar nichts dürfen, ohne vorher zu Fragen, oder Bescheid zu sagen. Sie neigen später dazu, bei Entscheidungen, sehr unselbstständig zu sein, da sie es gewohnt sind, bevormundet zu werden und nicht selbst auf ihr Urteil vertrauen können. Natürlich sollte in jeder Erziehung eine gewisse Strenge vorhanden sein. Die Kinder sollen ja nicht alles dürfen. Das wäre zu antiautoritär. Aber sie sollen ihr eigene Erfahrungen und Entdeckungen erleben, ohne das jedes mal geschimpft wird. So werden sie später auch selbstständig entscheiden können und trauen sich auch mehr zu.

In meiner Kindheit war es so, dass meine Mutter mich viel selbst herausfinden ließ, ohne groß zu meckern, wenn es dann schief ging. Mein Vater hingegen war sehr streng und hatte für alles Regeln. Manchmal kam es mir so vor, als wolle er ein perfektes Kind, dass aufs Wort hört. Dies klappt aber bei keinem Kind. Ich musste ihn wegen jeder Kleinigkeit fragen und auch die Freizeit war streng begrenzt. Ich denke die besondere Härte traf mich, da ich keine Geschwister hatte, er somit sein Augenmerk immer auf mich richten konnte. Geschadet hat es auf Dauer sicherlich nicht, da meine Mutter sehr liebevoll und verständnisvoll war. Ich würde meine Kinder aber weniger streng erziehen und sie nicht ständig reglementieren. Sie sollen selbstbewusst durch ihr Leben gehen und an ihren Erfahrungen wachsen.

Meine Geschwister und ich wurden sehr streng erzogen und ich denke, dass das unser Persönlichkeitsbildung ziemlich gut getan hat. Allerdings hat meine Mutter uns auch sehr zur Selbstständigkeit erzogen, vielleicht lag es auch daran. Auch verstehe und verstand ich mich schon immer richtig gut mit meinen Schwestern, sodass das bestimmt auch dazu beigetragen hat. Wir haben auch oft gegen unsere Erziehung rebelliert und meine Mutter meinte, sie hätte bei uns viel weniger erreicht, als sie wollte.

Ich denke, was wirklich wichtig für die Entwicklung der Kinder wichtig ist, ist das sie klare Grenzen gesetzt bekommen und wissen, dass sie geliebt und willkommen sind, egal was sie angestellt haben. Und auch, dass sie von ihren Eltern immer Hilfe erwarten können, auch wenn die Eltern ihnen nicht alles in den Ar*** schieben sollten.

Wenn das gegeben ist, kann ein Kind seine Persönlichkeit bilden, denke ich. Dann kann es offen alles sagen, was es beschäftigt und sich auch mal verschließen, je nachdem, was es gerade braucht. Bei uns war es zumindest so und wir haben alle, wie Bekannte von uns gesagt haben, eine einzigartige und starke Persönlichkeit.