Wusste es Giovanni di Lorenzo wirklich nicht?
Gestern am 26.5.2014 waren Europawahlen. Abends nach der Schließung der Wahllokale gab es eine Talkshow, in der der "Zeit"-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo als Gast eingeladen war. Dieser besitzt die deutsche und die italienische Staatsbürgerschaft, hat zwei Pässe. Damit war er der Meinung, er dürfte auch zweimal wählen. Zumindest hat er tatsächlich erst im italienischen Konsulat und dann in einem deutschen Wahllokal gewählt.
Wie dann heute in der Presse zu lesen war, ist inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen Wahlbetruges gegen di Lorenzo eingeleitet worden. Er selbst behauptet, dass er nicht gewusst habe, dass er nicht doppelt wählen dürfte. Er sei fest der Meinung gewesen, dass er das dürfe, weil er eben zwei Pässe habe.
Ich bin der Meinung, dass einem doch schon der normale Menschenverstand hätte sagen müssen, dass man nicht zweimal wählen darf! Ansonsten wären einige Menschen ja privilegiert gegenüber den anderen, denn sie hätten zwei oder gar noch mehr Stimmen, je nachdem wie viele Staatsbürgerschaften derjenige hat.
Meint Ihr, er hat wirklich nichts gewusst? Als Chefredakteur der "Zeit" ist er ja nun auch nicht gerade jemand, dem man fehlende Bildung zugute halten könnte. Und ich bin auch der Meinung, dass man dies hätte wissen müssen, wenn man seine kleinen grauen Zellen mal ein wenig angestrengt hätte. Wie seht ihr das? Wusste Giovanni di Lorenzo wirklich nicht, dass er nur einmal hätte wählen dürfen?
Also ganz ehrlich, mir war das bisher auch nicht so bewusst, aber ich habe auch keinen Grund, mich näher mit dem Thema zu beschäftigen. Jemand mit doppelter Staatsbürgerschaft sollte das aber vielleicht schon tun. Dass man nicht zweimal im selben Land wählen darf, ist natürlich klar, aber dass man nicht in zwei verschiedenen Ländern wählen darf, hätte ich auf Anhieb eben auch nicht gewusst. Wahrscheinlich hat er auch aus beiden Ländern Wahlbenachrichtigungen bekommen, da kann man dann schon mal durcheinander kommen.
Dass man da wirklich privilegiert wäre, würde ich gar nicht mal so sagen. Es ist doch irgendwie ganz natürlich, dass jemand, der zwei Staatsbürgerschaften hat, in beiden Ländern politische Interessen hat. Dass er sich für ein Land entscheiden muss, könnte man auch fast schon wieder als Diskriminierung sehen.
Ich denke schon, dass er das gewusst hat oder zumindest geahnt. Schließlich hatte sich die Online Ausgabe der "Zeit" kurz vorher mit dieser Thematik befasst, ausgerechnet mit dem Fokus auf Deutsch-Italiener, nachzulesen im Spiegel. Er müsste schon ein sehr lausiger und inkompetenter Chef-Redakteur sein, wenn er nicht mal mitbekommt, was welcher Journalist schreibt und wann was veröffentlicht wird.
Jessy_86 hat geschrieben:Dass man da wirklich privilegiert wäre, würde ich gar nicht mal so sagen. Es ist doch irgendwie ganz natürlich, dass jemand, der zwei Staatsbürgerschaften hat, in beiden Ländern politische Interessen hat. Dass er sich für ein Land entscheiden muss, könnte man auch fast schon wieder als Diskriminierung sehen.
Für die normalen Länderparlamente wäre ich mir da auch nicht so sicher. Dort weiß ich auch nicht, ob er nicht wählen dürfte in beiden Ländern. Allerdings hätte er dort auch nicht zwei Stimmen, sondern nur eine, nämlich die für das jeweilige Land. Wenn in Italien gewählt wird, wird es ja nicht auch automatisch in Deutschland. Die Besonderheit gestern war jedoch, dass das Europaparlament gewählt wurde. In beiden Ländern (und in vielen weiteren) wurde über die Zusammensetzung des gleichen Parlaments abgestimmt. Insofern hat Giovanni di Lorenzo zweimal gewählt, wer seiner Meinung nach im europäischen Parlament sitzen sollte und war damit privilegiert gegenüber den Wählern, die nur eine Staatsbürgerschaft und damit eine Stimme hatten.
Ich habe die Sendung mit Günther Jauch gestern gesehen. Giovanni di Lorenzo erzählte das ganz ruhig, wo und wann er gewählt hatte, als Günther Jauch ihn fragte. Wolfgang Schäuble guckte ganz verdutzt und wurde auch bissig. Ich glaube ihm, dass er es nicht gewusst hatte, obwohl das in seiner Position kaum zu glauben ist. Er hätte es theoretisch ja nicht erzählen müssen, dann hätte es auch keinen Aufstand gegeben. So hat er nun einigen Ärger entfacht.
Ich verstehe das auch nicht. Das eine mal hat er doch für einen Deutschen seine Stimme gegeben, das andere mal für einen Italiener, die dann ins Parlament einziehen könnten, aber letztlich doch aus zwei verschiedenen Ländern kommen. Mir wäre nicht mal aufgefallen, dass daran etwas Falsches sein soll. Ursprünglich dachte ich er hätte zwei mal für Deutschland eine Stimme abgegeben.
Ich muss gestehen, dass ich mir auch nur schwer vorstellen kann, dass Giovanni di Lorenzo nicht wusste, dass er nur einmal wählen darf, auch wenn er vielleicht zwei Benachrichtigungen erhalten hat. Allein die Tatsache, dass dieser Mann in die Sendung eingeladen wurde, impliziert schon, dass man ihn als fachkundige Person ansieht, mit der man adäquat über die Europawahl diskutieren kann. Ob Günther Jauch das nun gelingt, sei mal dahingestellt, aber zumindest geht man bei der Auswahl der Gäste doch davon aus, dass diese Personen bei dem entsprechenden Thema gut mitreden können.
Von einem Journalisten, der sich sicher auch recht intensiv mit der Europawahl auseinandergesetzt hat, erwarte ich einfach, dass er über das Verbot einer doppelten Stimmabgabe informiert ist. Es gibt sicher Leute mit zwei Pässen, denen ich bei einer zweifachen Teilnahme an der Wahl nicht unterstellen würde, dass sie es besser gewusst haben. Das betrifft dann aber eher diejenigen, die nicht so gebildet sind und denen es schwerfällt, sich die notwendigen Informationen zu beschaffen. Von einem Journalisten, für den Recherche kein Fremdwort ist, erwarte ich zum einen, dass ihm dieser Gedanke überhaupt kommt und darüber hinaus auch, dass er sich eigenständig über das Thema informiert, sofern er sich selbst unsicher ist.
Das Einzige, was man Giovanni di Lorenzo zugute halten muss, ist seine Offenheit. Die spricht durchaus dafür, dass er es wirklich nicht besser wusste. Schließlich ist er sicher intelligent genug um abschätzen zu können, dass solche Äußerungen ein juristisches Nachspiel haben können. Falls jemand also genau weiß, dass sein Handeln falsch ist und dennoch damit in einer Talkshow hausieren geht, wäre das reichlich dumm. Falls dieser Journalist wirklich keine Ahnung hatte, hat er in meinen Augen zumindest fahrlässig gehandelt, als komplett unschuldig sehe ich ihn nicht an.
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