Gibt es weniger Demonstrationen - haben wir nichts zu sagen?

vom 26.05.2014, 08:56 Uhr

Bei uns im Ort gibt es noch jeden Montag, eine Montagsdemonstration. Ich finde das sehr gut, weil man dann klar äußert, was einem nicht passt und ein Zeichen setzt. In meiner alten Heimat gibt es das so gut wie gar nicht mehr. Da gibt es eigentlich nur mal eine Demonstration, wenn man wieder die Rechten auf die Straße gehen und man dann ein Zeichen gegen Rechts setzt. Ich finde es sehr schade, dass die Leute heute scheinbar weniger direkt geworden sind.

In sozialen Netzwerken schreiben wir immer wieder, dass bestimmte Sachen nicht richtig sind, wir treten Gruppen bei und solidarisieren uns mit schwachen Menschen, aber wer geht denn noch auf die Straße? Ich habe dass Gefühl, dass die Demos nachlassen und ich frage mich warum? Im Internet kann jeder schreiben, aber keiner muss es lesen. Das wahre und vor allem laute Wort ist da doch wichtig oder nicht? Oder haben wir nichts mehr zu sagen und nehmen alles hin?

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich finde nicht, dass die zahl der Demonstrationen abnimmt. Ich erhalte noch von der Uni, an der ich studiert habe, regelmäßig irgendwelche Newsletter, wo Leute gegen irgendetwas demonstrieren. Auch wenn ich auf Facebook verfolge, was einige Leute machen, dann rennen diese scheinbar nur von einer Demonstration zur nächsten.

Ich muss sagen, dass mich das nervt. Wer ständig gegen alles Mögliche demonstriert, entwertet damit das Mittel der Demonstration, weil es dann nicht mehr das Setzen eines Zeichens, sondern nur noch Routine ist. Es entsteht der Eindruck, dass jede Kleinigkeit Anlass einer Demonstration sein kann und das ist nicht Sinn der Sache.

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Um beurteilen zu können, ob die Zahl der Demonstrationen abgenommen hat, fehlt mir der Vergleichszeitraum. Ich kenne eigentlich als wiederkehrende Demonstrationen nur die leider immer noch nötigen Aufmärsche gegen den braunen Abschaum. Montagsdemos kenne ich auch nur aus dem Geschichtsunterricht. Protestiert man bei euch immer noch gegen das politische System der DDR oder protestiert ihr einfach nur so ganz allgemein, weil Montag ist?

Allerdings finde ich auch, dass in Deutschland ziemlich wenig für oder gegen etwas auf die Straße gegangen wird. Vielleicht sind die Deutschen einfach zu bequem. Aber ich kann mir auch vorstellen, dass viele Leute die Erfahrung gemacht haben, dass Demonstrationen schlicht keinen Erfolg haben und von den Verantwortlichen einfach ignoriert werden. Wieso sollte man auf die Straße gehen, wenn der Bahnhof doch gebaut, das Naturschutzgebiet zubetoniert, die dritte Startbahn genehmigt oder das Jugendzentrum aus Kostengründen geschlossen wird? Zumindest in meinem Bewusstsein hat sich seit dem Fall der Mauer keine erfolgreiche Demonstration eingeprägt, weswegen ich diese Form des öffentlichen Protests auch für ineffizient halte.

Dazu kommt noch, dass es immer diese lästigen Randalierer gibt, die friedliche, gut organisierte und an sich sinnvolle Demonstrationen als Hintergrund nützen, um mal wieder ein paar Autos in Brand zu stecken oder Scheiben einzuwerfen. Ich habe ebenfalls keine Lust, als Hintergrund für irgendwelche Vandalen herhalten zu müssen, damit es wieder heißt: 10 000 Menschen waren auf der Straße, 50 wurden festgenommen und geändert hat sich gar nichts.

» Gerbera » Beiträge: 11335 » Talkpoints: 53,75 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



In Nordrhein-Westfalen kann man leider den Trend feststellen, dass die Anzahl an Demonstration über die Jahre hinweg weniger geworden ist. Dabei sind auch hier die Probleme nicht weniger geworden. Ich könnte mir vorstellen, dass dies mit der aktuellen Politik zu tun hat. "Brot und Spiele" gab es bereits bei den Römern und die aktuelle Rentenreform und die vielen weiteren Ausgaben zu Kosten des öffentlichen Haushalts, stellen genau das gleiche Prinzip da. Die Politik hat viele Menschen mit Verlockungen zum Stillschweigen animiert.

Ich erinnere mich noch an die Aufregung um Stuttgart 21. Seitdem ist mir keine größere Demonstration bekannt. Die Standarddemonstrationen am 1. Mai mal ausgeschlossen. Fraglich ist hierbei jedoch, ob hinter der Demonstration überhaupt noch ein Leitgedanke steht. Denn eine Intensität wie früher, ist auch hier nicht mehr zu vermelden.

Wenn das in den nächsten Jahren so weitergeht, dann werden wir schon bald keine Demonstrationen mehr sehen! Schuld dabei sind neben der Politik aber auch die Kommunen, die mit immer waghalsigeren Verwaltungsakten dafür sorgen, dass Demonstrationen ausgebremst werden. Genannt seien hier Verbote für die Routenplanung und die Entscheidung, dass die Demonstrationen nicht mehr in den Stadtkern gelangen dürfen, sowie das teilweise dramatische Polizeiaufkommen. Man denke mal über die Bildungsstreiks vor ein paar Jahren nach, wo mehrere hundert Polizisten eine Demonstration von 1000 Schülern und Studenten kontrollierten.

Mi sind keine Demonstrationen an meiner Uni bekannt. Universität und der AStA halten sich weitgehend aus der Bürgerpflicht raus. Per Email kommt auch nichts. Ich kann diese Empfindung also leider nicht teilen.

» DagobertGrün » Beiträge: 100 » Talkpoints: 3,53 » Auszeichnung für 100 Beiträge



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