Warum wollen manche Menschen keine Hilfe annehmen?

Ich war letztens in einem überfüllten Bus, als ein Mann auf Krücken hereinkam. Ich habe ihm meinen Platz angeboten, aber er wollte lieber stehen. Ich habe das nicht ganz verstanden und verstehe es noch immer nicht. Wenn man auf Krücken in einen Bus hereinkommt, ist es doch sicherlich besser, wenn man sich hinsetzt.

Wisst ihr, warum er so reagiert haben könnte?

Warum hast du ihn nicht selbst gefragt, wo er schon da war? Wahrscheinlich kommt er besser klar, wenn er stehen bleibt, weil er entweder nicht schnell genug aufstehen kann oder genau dabei Beschwerden hat. Manche Schmerzen äußern sich halt gerade nach einer Ruhepause besonders, da bleibt man besser gleich stehen.

Manche Menschen wollen sich eben keine Unzulänglichkeiten eingestehen und nicht als behindert oder blöd dastehen. Es ist oftmals der Selbststolz, der es verhindert, dass man sich vielleicht einfach mal hinsetzt, wenn man einen Platz angeboten bekommt. Ich würde das nicht zu Ernst nehmen. Das sollte dich nun aber auch nicht davon abhalten, das beim nächsten Mal wieder zu machen.

Wie lange ist der Mann denn in dem Bus geblieben? Wenn er nur eine oder zwei Stationen gefahren ist, dann wollte er vielleicht lieber stehen, weil es ihm unangenehm war, dich für die kurze Strecke aufzuscheuchen. Aber ich kann mir auch gut vorstellen, dass es dem Mann Schmerzen bereitet, nach dem Sitzen wieder aufzustehen und dass es etwas dauert, bis er nach einer Ruhephase wieder normal gehen kann. Das ist dann natürlich gerade in einem Bus nicht so angenehm, wenn man an einer Haltestelle schnell aussteigen muss.

Ich kann mir schon vorstellen, dass der Mann lieber stehen wollte, da es sonst zu umständlich mit seinen Krücken geworden wäre, denn es braucht ja auch seine Zeit, bis man aufgestanden ist und seine sieben Sachen zusammen gepackt hat. Außerdem ist es gar nicht so einfach aufzustehen, wenn man eine Verletzung am Bein hat und eben auf Krücken laufen muss. Ich glaube, dass man so eine Situation im ersten Moment als falsch interpretieren kann.

Trotzdem kann es auch gut möglich sein, dass sich ein Mensch mit einer Behinderung, auch wenn diese vielleicht nicht dauerhaft ist, keine Extrawürste haben möchte und nicht mit Samthandschuhen angefasst werden will. Als mein Großvater wackelig auf den Beinen war, wollte er sich das auch selbst nicht direkt eingestehen und ist zum Beispiel auch noch auf eine kleine Leiter gestiegen, obwohl er kaum noch laufen konnte.

Manchen Menschen fällt es ziemlich schwer Hilfe von anderen anzunehmen, da sie ihre eigenen Probleme gar nicht sehen wollen oder auch einen gewissen Selbststolz haben. Es gibt auch Menschen, welche nicht von einer anderen Person abhängig sein möchten, sondern sie versuchen selbstständig zu bleiben, auch wenn das vielleicht schwer möglich ist. Ich glaube, dass man in so einem Fall auch nicht seine eigene Hilfe aufdrängen sollte, auch wenn man manchmal das Bedürfnis danach hat, weil man eigentlich auch nur etwas Gutes tun möchte.

Ich habe auch schon Krankheiten gehabt, wo ich lieber stehen geblieben bin, weil ein hinsetzen unangenehm war. Man hat mir zwar nicht gleich angesehen, dass ich krank bin, aber ich habe da auch solche Angebote verzichtet. Aktuell habe ich mit dem Rücken Probleme. Und ich gebe ehrlich zu, dass ich da eine Busfahrt stehend auch besser überstehen würde, als wenn ich mich hinsetzen täte.

Wenn also ein Mensch mit Krücken im Bus lieber stehen will, dann hat das nicht unbedingt etwas mit Stolz oder Uneinsichtigkeit zu tun. Sondern eben einfach damit, dass es für den Mann und seine Pläne einfach besser ist.

Ich denke, dass es oft auch der Fall sein kann, dass bestimmte Menschen einfach schlecht damit umgehen können, Schwäche zu zeigen. Das jetzt mal unabhängig von dem konkreten Beispiel von oben. Auch mir passiert das gelegentlich in der U-Bahn, dass ich einem älteren Herren oder einer älteren Dame den Sitzplatz anbiete und darauf eine pampige Antwort erhalte nach dem Motto "Ich bin doch erst 80". Es ist schwer, es den Leuten recht zu machen.