Große Klappe, nichts dahinter - und trotzdem erfolgreicher?

Ich habe schon seit langem das Gefühl, dass Menschen mit großem Selbstbewusstsein einfach insgesamt erfolgreicher sind. Dabei spielt es leider meistens auch keine große Rolle ob ihre Worte und Taten wirklich gut sind. Selbst wenn sie nur Unsinn reden und ihre Aufgaben nur mittelmäßig erledigen, werden sie als positiv wahrgenommen. Wahrscheinlich einfach weil sie eben präsent sind.

Schon in der Schule war es immer so, dass meine Mitschüler die sich viel meldeten und im Unterricht gut mitmachten viel bessere Noten bekamen. Selbst wenn von 10 Antworten nur 2 richtig waren. Ich hingegen meldete mich vielleicht nur 2x zum Antworten, hatte dann aber auch jedes mal die richtige Lösung. Ausserdem war ich aufmerksam und störte nicht, während andere oft ermahnt werden mussten. Schriftlich war ich dann oft besser als manch andere und trotzdem musste ich immer die schlechtere Zeugnisnote akzeptieren. Wieso wird nicht nach der Leistung gegangen sondern irgendwie nur danach bewertet wie sehr jemand auffällt? Ist das nicht total unfair?

Auch jetzt im Beruf merke ich, dass meine Leistung weniger gewürdigt wird als die von Menschen die immer stark auffallen. Selbst wenn ich es viel besser mache, wird mir weniger zugetraut. Eine Kollegin die sich überall einmischt, immer auffällt und sehr von sich selbst überzeugt ist bekommt dann die schwierigen Aufgaben, obwohl sie diese wesentlich schlechter erfüllt. Das scheint aber niemanden zu interessieren. Allein das starke Auftreten scheint dafür zu sorgen, dass jeder überzeugt ist.

Ich bin keineswegs eifersüchtig. Eher bin ich gekränkt, dass ich eben einen eher stillen und vorsichtigen (aber sympathischen) Charakter habe und dafür so oft gestraft werde. Heute bin ich in der Lage für meine Rechte und Wünsche zu kämpfen, doch in der Schule war ich das nicht. Und so geht es sicher vielen ruhigen Schülern.

Wer kennt diese Situation? Wieso ist das so? Muss man wirklich ein "Arschloch" sein um im Leben erfolgreich zu sein?

Nach meiner eigenen langjährigen Beobachtung kann ich dir auf diese Frage eine eindeutige Antwort geben: Ja, mit einer großen Klappe und einer Ellbogenmentalität kommt man immer weiter. Falls man mal fällt, fällt man immer auf die Füße und kann wie bisher weiter machen. Wer sich nicht verkaufen kann, wer den Mund nicht großspurig auf macht, hat vielleicht echte Freunde, aber bestimmt keinen Erfolg im Beruf.

Warum es so ist, kann ich nicht genau sagen. Mir fällt dann immer der Spruch aus der Showbranche ein, wonach selbst negative Berichterstattung über jemanden besser ist als gar keine, denn ohne Berichterstattung sei man praktisch tot, keiner nimmt einen mehr wahr. In etwas abgespeckter Version trifft es irgendwie auch auf das Arbeitsleben zu. Wer auffällt, wird wahrgenommen. Dabei ist es egal, wie er auffällt. Außenwirksame Selbstdarstellung wird irgendwie immer positiv wahrgenommen, selbst wenn sie an sich negativ ist.

Ja, ich kann SonjaB auf jeden Fall zustimmen. Aber es gibt auch noch einen anderen Grund: „Seien wir Realisten und wagen das Unmögliche!“ Jemand der mit so einer Einstellung durchs Leben geht, wird zwangsläufig in Situationen gehen, in denen er hoffnungslos versagt. Aber auch daraus wird er lernen und für sehr wertvolle Erfahrungen sammeln. Oder er wird in eine Situation gelangen, die er gerade so meistern kann, die aber ein schüchterner Mensch gar nicht erst angefangen hätte. Somit hat er dem zurückhaltenden Menschen zwei Vorteile, die schon das fehlende Quäntchen zum Erfolg ausmachen können.

Mir ist es auch schon häufiger aufgefallen, dass jemand, der quasi laut verkündet, wie toll er doch ist, im Leben manchmal weiterkommt, als wenn ein Mensch sehr ruhig und zurückhaltend ist. So ist es mir vor allem in der Schule auch so ergangen, dass ich schlechtere mündliche Noten hatte als diejenigen, die sich gemeldet haben, nur um etwas zu sagen. Ich habe mich auch nur gemeldet, wenn ich mir sicher war. Mittlerweile im Beruf ergeht es mir aber besser und ich habe schon das Gefühl, dass mein Chef genau merkt, wer nur große Töne spuckt und wer wirklich fleißig arbeitet.

In der Schule kommen solche selbstbewussten und vorlauten Menschen gelegentlich schon weiter, allerdings ist es auch so, dass manche Lehrer dieses Spielchen erkennen und diese Leute dann auch eben fair benoten, beziehungsweise ihnen die Note geben, die ihnen auch tatsächlich zusteht. Manchmal merkt man auch direkt, welche Person nur die großen Töne spuckt. Natürlich kassieren solche Menschen in der Schule oder auch im Berufsleben die besseren Noten ab, da sie einfach präsent und auffällig sind.

Selbst wenn so ein selbstbewusster Schüler einige falsche Antworten liefert, er beteiligt sich wenigstens am Unterricht. Als ruhige Person dauert es vielleicht etwas, bis man wahrgenommen wird, aber wenn man als ruhige Person wahrgenommen wird, dann schätzt man auch deren Leistungen wert. Ich glaube, wenn man mit einem starken Selbstbewusstsein und mit großen Tönen an eine Sache rangeht, dann ist man bis zu einem gewissen Grad auch damit beschäftigt, dass man andere nicht enttäuscht. Gearbeitet wird dann vielleicht auch nur, wenn man sich beobachtet fühlt, allerdings kann so etwas auch schnell heraus kommen, deswegen sollte man nun nicht enttäuscht sein, dass man nicht mit so einer Haltung durch die (Berufs)welt geht.