Gespräch über die Probleme einer fast fremden Familie

vom 21.04.2014, 00:47 Uhr

Ich habe ja online jemanden kennengelernt, den ich auch schon daheim besucht habe. Neulich war ich auch mit zur Geburtstagsfeier eines Familienmitglieds eingeladen, was ich etwas komisch fand, denn so gut kenne ich denjenigen noch nicht, dass ich mit Einladungen im Familienkreis gerechnet hätte.

Nun saßen dann alle im Wohnzimmer und fingen dann an, über die Probleme der nicht anwesenden Familienmitglieder zu reden und ich saß mittendrin. Erst ging es um den Neffen, der bald seine Schule abschließt und sich nach Meinung der anwesenden Familienmitglieder nicht genug um einen Ausbildungsplatz bemühe. Dann ging es um die Tante, die mit ihrem Job unzufrieden sei, aber von der Familie als zu nörgelig empfunden wurde. Auch ihr geschiedener Mann wurde durch den Kakao gezogen, denn der war ja schon von Anfang an komisch und man konnte gar nicht verstehen, warum die Tante den überhaupt geheiratet hat.

So ging es eine Weile mit verschiedenen Themen. Ich habe dazu nichts gesagt. Ich wusste auch nicht wirklich, was ich dazu hätte sagen sollen. Ich hatte zwar durchaus eine Meinung zu den Themen, aber ich wollte nicht damit anecken und habe daher lieber geschwiegen.

Was macht man denn in so einem Fall? Ich hatte nicht den Eindruck, dass die Familie lästert, sondern das die eben irgendwie dazu neigen, sich über alles Mögliche Gedanken zu machen und dieses Gedanken auch auszusprechen. So jemand bin ich nicht, ich mache eher Dinge mit mir selber aus und spreche nicht alles aus, was ich gut oder schlecht finde. Aber wie verhält man sich, wenn man inmitten so einer Diskussionsrunde sitzt? Hättet Ihr auch geschwiegen oder Euch eingebracht?

» Zitronengras » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Ich denke, es kommt auf die eigene Position an. Wenn ich die Familie zum ersten Mal getroffen habe so wie du in dem beschriebenen Beispiel, dann hätte ich glaube ich auch eher nur zugehört und nicht wirklich irgendetwas gesagt. Wenn man sich dann doch einmischt, eckt man sehr schnell an und hinterher kommen solche Sprüche wie: "Die weiß gar nicht, wovon sie redet und mischt sich total dreist in Sachen ein, die sie nichts angehen". Wenn man irgendwo neu ist, dann weiß man auch oft die Hintergründe gar nicht.

Um mich mal auf das Beispiel von dem Ehepaar zu beziehen, welches du erwähnt hast. Du schreibst, dass der Mann der einen Tante ein wenig seltsam sei (laut einigen Familienmitgliedern) und keiner wirklich verstehen könne, warum die Tante ihn überhaupt geheiratet hat. Nehmen wir mal an, das Paar ist schon 10 Jahre verheiratet, in diesem Zeitraum kann so einiges passiert sein, was man einer Fremden an einem Abend in zwei Sätzen gar nicht alles erklären könnte. In so einem Fall finde ich das unangebracht, wenn man sich dann einmischt, weil man weder die Leute noch die Situation so wirklich einschätzen kann. Außerdem nehme ich an, dass die besagten Personen gar nicht anwesend waren. Normalerweise spricht man nicht so schlecht über einen Partner, wenn die betreffende Person auch anwesend ist.

Ich glaube ich hätte an deiner Stelle nur etwas gesagt, wenn ich direkt gefragt worden wäre, gerade als Fremde. Ich bin mittlerweile schon 1,5 Jahre in die Familie meines Freundes integriert und weiß um die engste Familie somit Bescheid. Trotzdem mische ich mich nicht immer in Gespräche ein, weil ich in dieser kurzen Zeit eben nicht alle Hintergründe erfahren konnte.

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» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Ich hätte wahrscheinlich auch geschwiegen und still vor mich hin gelitten. Persönlich empfinde ich es immer als hoch unangenehm, wenn eine Gesprächsrunde keine anderen Themen als die angeblichen Defekte, Fehlentscheidungen und Charakterschwächen von Abwesenden kennt. Auch wenn es vielleicht gar nicht als "Lästern" gemeint ist, so läuft es für mich doch auf das Gleiche hinaus, und daran habe ich absolut keinen Spaß, gerade wenn ich die Objekte der allgemeinen Kritik gar nicht kenne.

Außerdem finde ich derart banale Gesprächsthemen oft arg langweilig und engstirnig. Man muss ja nicht immer die große Weltpolitik auspacken, aber gibt es denn nichts Spannenderes als Tante Ernas verpfuschte Krampfadern-OP, die schlechten Noten des kleinen Kevin und das Alkoholproblem von Großcousine Adelheid? Außerdem ist es nicht besonders höflich, nur Themen anzuschneiden, bei denen mindestens ein Gast stumm dabei sitzt und sich ausgeschlossen vorkommt. Zur Not müssen eben das Wetter oder die Urlaubspläne herhalten.

Deshalb hätte ich mich wohl nur auf Anfrage eingebracht und auf jedes weitere gesellige Beisammensein im Familienkreis dankend verzichtet.

» Gerbera » Beiträge: 11320 » Talkpoints: 49,94 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Solche Gespräche sind im Familienkreis leider keine Seltenheit. Ich kenne das von der Familie meines Ex-Mannes, wo man sich nicht nur über nicht anwesende Familienmitglieder ausgelassen hat, sondern über alle möglichen bekannten Leute. Auch wenn ich nicht der Typ bin, der immer seinen Mund hält, habe ich mich da meist ausgeklinkt. Allein die Tatsache, dass ich Raucher bin, hat mir den Vorteil verschafft, dass ich den Raum verlassen konnte. Da die meisten Familienfeiern eh in den Sommermonaten waren, konnte man immer das schöne Wetter vorschieben, warum man draußen blieb.

Es ist zwar nicht so, dass ich keine Meinung so solchen Themen habe, aber ich habe noch nie die Lust verspürt entsprechende Probleme in größeren Kreisen zu diskutieren. Später, besonders, wenn mein ehemaliger Schwiegervater wieder am nörgeln war, hatte ich dann einige Antworten parat, die solche Diskussionen im Keim erstickt haben. Das habe ich allerdings nur bei Feiern im eigenen Haus gemacht. Wobei ich gerne Familienfeiern gemieden habe, wenn es mir nur irgendwie möglich war.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



In der beschriebenen Situation hätte ich wohl auch geschwiegen. Sicher hat man irgendwann eine eigene Meinung zu der Situation, wenn man genug aufgeschnappt und über das Gespräch der anderen mitbekommen hat. Aber als fast fremde Person würde ich dann lieber auch nichts dazu sagen wollen, weil man sonst vielleicht denkt, dass ich mich in Dinge einmische, die mich nichts angehen. Ich schweige aber allgemein auch oft, wenn sich Gespräche um Personen drehen, die nicht anwesend sind und sich demzufolge auch nicht verteidigen können.

Ich finde es auch irgendwie merkwürdig, wenn ein solches Thema hinlänglich diskutiert wird, obwohl du doch anwesend bist und die Personen gar nicht kennst. Damit will ich nicht sagen, dass es dich nichts angeht, sondern dass in einer solchen Runde dann vielleicht besser über etwas gesprochen wird, bei dem alle sich einbringen und mitreden können.

» Barbara Ann » Beiträge: 28945 » Talkpoints: 58,57 » Auszeichnung für 28000 Beiträge


Es ist in einer Familie sicherlich normal, dass man auch über Nichtanwesende Familienmitglieder spricht, wenn man zu einer Familienfeier ist. Nun konntest du in deiner Lage natürlich nicht mitreden und hättest du etwas gesagt hätte das auch leicht nach hinten losgehen können, weswegen schweigen sicherlich die richtige Entscheidung gewesen ist. Ich mag solche Gespräche auch nicht, im Prinzip ist es nämlich schon lästern, auch wenn es vielleicht nicht gemein gewollt ist. An solchen Gesprächen beteilige ich mich nicht und wenn dann neige ich dazu Nichtanwesende zu verteidigen.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Ich denke, dass du richtig gehandelt hast, indem du dich nicht an dem Gespräch beteiligt hast. Immerhin kennst du die Personen, über die gesprochen wurde, ja überhaupt nicht und sich da einzumischen, wäre doch albern. Du weißt ja gar nicht, wie die Personen in der Realität sind und ob das überhaupt der Wahrheit entspricht und da fände ich es nicht in Ordnung, ebenfalls über sie herzuziehen. Immerhin kannst du ja auch ganz schnell durch Unwissenheit etwas Falsches sagen, wobei du dann Minuspunkte bei der Familie sammelst. Und auch dann, wenn du dich angeregt beim Lästern beteiligen würdest, wäre es merkwürdig, wenn du den Personen dann tatsächlich einmal begegnen würdest. Die Familie würde dann sicherlich eine bestimmte Reaktion von dir erwarten und dann würde ja auch ein gewisser Druck auf dir liegen, weshalb man sich da lieber zurück halten sollte.

Ich finde, dass man sich beim Lästern generell zurück halten sollte und generell eher vorsichtig sein sollte, auch wenn die anderen Personen ebenfalls über jemanden her ziehen. Man kann jedoch nie genau wissen, was sie tatsächlich denken und man geht das Risiko ein, sich unbeliebt zu machen, wenn man etwas Falsches sagt. Womöglich sagen die Leute, mit denen man lästert, der entsprechenden Person auch, was man über sie geredet hat und ich denke, dass dann wirklich eine äußerst unangenehme Situation entstehen könnte. Von daher würde ich mich auch nur dann am Lästern beteiligen, wenn ich die Personen, mit denen ich sprechen würde, auch wirklich gut kennen würde und wüsste, dass ich ihnen vertrauen kann und dass sie nicht gleich alles weiter erzählen. Und das wäre bei einer fast unbekannten Familie einfach nicht der Fall.

In so einer Situation würde ich wohl so schnell wie möglich wieder gehen wollen, da mir das Ganze so unangenehm wäre. Immerhin ist man doch generell nervös, wenn man so viele fremde Menschen auf einmal um sich herum hat und wenn dann auch noch ein Gespräch angefangen wird, an dem man sich nicht beteiligen kann, dann ist das auch nicht vorteilhaft. Allerdings bleibt einem da ja nichts anderes übrig, als zu schweigen und zu warten, bis die Zeit vergeht. Das fände ich sehr unangenehm und ich würde mir auch komisch dabei vorkommen, nur zu schweigen und nichts zu sagen. Allerdings könnte die Familie ja auch nicht von mir erwarten, dass ich mich beim Lästern beteiligen würde, wenn ich die entsprechenden Personen gar nicht erst kennen würde und von daher müsste sie das auch akzeptieren.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



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