Kühe in Indiens Straßen fressen Müll aus Hunger

Nicht überall in Indien werden die Kühe noch als heilig angesehen. In der Hauptstadt, New Delhi, lassen die Besitzer die Kühe auf der Straße leben in der Hoffnung, dass ihnen andere Menschen etwas zum Fressen geben. Nur zum Melken kümmern sie sich um sie, denn die Milch bringt auf dem Markt Geld. Ansonsten fressen die Kühe Abfälle aus der gemischten Abfalltonne, wo alles Essbare und nicht Verdauliche drin gesammelt wird.

Natürlich gibt es auch in Indien viele Menschen, die Mitleid mit den abgemagerten Kühen haben und ihnen etwas zu fressen geben. Aber ist es nicht eine Frechheit seitens der Besitzer darauf zu setzen? Die Tiere kennen den Heimweg und halten sich meistens in der Nähe der Wohnung des Besitzers auf. So gehen sie auch automatisch zum Melken dorthin, obwohl sie nicht von den Besitzern versorgt werden.

Manchmal werden die Kühe, um die sich niemand kümmert, auf den Straßen eingesammelt und kommen in ein Tierheim, wo sie richtiges Fressen bekommen. Die Bäuche der Kühe sind oft so dick, als ob sie trächtig sind. Wenn sie tot sind, stellt sich heraus, dass sie bis zu 50 Kilo Unrat in ihren Bäuchen transportierten, den sie aus den Abfalltonnen gefressen hatten wie Plastiktüten, Scheren, Rasierklingen, Nägel, Eisenteile und andere Fremdkörper. Außerdem cocosnussgroße Bälle aus menschlichem Haar.

Es ist überhaupt ein Unding, in der quirligen Hauptstadt Kühe zu halten, die keine Unterkunft haben und frei auf den Straßen herumlaufen und schlafen. Kühe gehören nicht in eine Stadt zwischen viel Verkehr. Aber dafür haben die Inder kein Gefühl und sind auch zu sehr in ihrer Tradition behaftet. Wie könnte den Tieren geholfen werden, die so viele Kilos des nicht verdaulichen Mülls mit sich herumschleppen?

Ich finde die Bilder von Kühen auf vielbefahrenen Straßen in Indien auch immer sehr verstörend. Das ist wirklich kein schöner Lebensraum. Dass sie so viel Müll fressen, wusste ich nicht. Das ist wirklich sehr traurig. Aber um ehrlich zu sein, wundert mich da gar nichts mehr.

Vor ein paar Jahren bin ich mal nach Thailand geflogen. Als Vegetarier habe ich mich darauf gefreut, viele schöne fleischlose Gerichte zu essen. Aber schon im Flugzeug der Thai Airways gab es nur die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Fleischgerichten. Und in Thailand haben sie auch ständig Fleisch gegessen. Ich habe Einheimische gefragt, wie sie das mit ihrem buddhistischen Glauben vereinbaren.

Eigentlich ist es ein Unding, einem Tier etwas zuleide zu tun, weil es ein wiedergeborener Mensch sein könnte. Ich habe sogar schon von Buddhisten gehört, die ihr Gesicht mit einem Schleier bedecken, um keine Fliegen einzuatmen und die stets den Boden vor sich kehren, um keine Käfer und anderes Kleingetier zu zertreten. Tja, weit gefehlt. Der Fleischkonsum ist dort ebenso hoch wie in allen anderen Kulturen und Religionen.

Die Einheimischen haben es mir so erklärt. Sie selber töten die Tiere nicht, sondern kaufen eben das schon geschlachtete Tier. So bleibt ihr Karma unbefleckt. Dass diejenigen, die die Tiere für den Verkauf schlachten, sich ihr Karma total versauen, ist dann sozusagen deren Pech. Etwas so Egoistisches habe ich selten gehört. Seit dieser Erfahrung halte ich auch nicht mehr viel vom Buddhismus, beziehungsweise davon, wie er heute gelebt wird. Die Menschen dort drehen sich ihre Religion genauso zurecht wie alle anderen Religionsangehörigen. Ich finde das widerlich.

Dass die Kühe zwar einerseits als heilig angesehen werden, aber andererseits Opfer der Modernisierung und Verrohung der Gesellschaft sind, ist ebenso widerlich. Was man dagegen tun kann, weiß ich leider auch nicht. Einerseits könnten religiöse Führer und Vorbilder mit gutem Beispiel voran gehen und das Problem angehen. Aber ich denke, man kann einfach nur abwarten, dass sich die Gesellschaft "weiterentwickelt" und der heilige Status der Kühe endgültig an Bedeutung verliert. Dann sind es einfach Nutztiere, die in Ställen gehalten werden und gefüttert werden müssen, weil es auf der Straße niemand mehr machen wird.