Als Partner mit Launen sterbenskranker Menschen klarkommen

vom 08.04.2014, 12:27 Uhr

In meinem Bekanntenkreis ist ein sehr trauriger Fall. Eine Frau ist seit einigen Monaten sehr schwer krank. Sie hat einen Gehirntumor und wurde bereits operiert. Chemotherapie und Bestrahlungen wechseln sich ab. Die Frau ist seit 5 Jahren mit ihrem Partner zusammen. Und nun kommt etwas, was ich einfach nicht begreifen kann.

Der Mann hat sich von der Frau getrennt, weil er mit den Launen seiner sterbenskranken Frau nicht mehr klar kommt. Die Ärzte geben der Frau gerade mal noch ein paar Monate. Das Jahresende wird sie auf keinen Fall mehr erleben. Ich war sehr geschockt als ich das gehört habe und mir tut die Frau einfach unheimlich leid. Sicher kann man jetzt sagen, dass sie selber Schuld ist, wenn sie ihre Launen an dem Partner aus lässt. Aber ich denke, dass sich kein anderer anders verhalten würde, wenn man weiß, dass man bald sterben wird. Hinzu kommen ja auch noch die Nebenwirkungen der vielen Medikamente.

Denkt ihr, dass man sich als Partner einfach zusammenreißen muss um dem kranken Partner zur Seite zu stehen oder würdet ihr euch auch von eurem Partner trennen, wenn ihr merkt, dass er durch die Krankheit einfach launisch wird und vielleicht auch ungerecht? Würdet ihr bis zum Tod diesem Menschen beistehen oder sollte man wirklich so egoistisch sein und sich lieber trennen? Ich könnte mich niemals von einem Menschen trennen, den ich doch geliebt habe, wenn ich weiß, dass er meine volle Unterstützung braucht um einigermaßen mit diesem Los klar zu kommen.

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» Ampelmännchen » Beiträge: 1310 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich kann schon verstehen, dass man es irgendwann nicht mehr aushalten kann und sich trennt. Von außen her ist man dann natürlich der schlechte Mensch für die Gesellschaft, wenn man das tut, aber ich habe auch schon so einen Menschen erlebt und die Not des Partners mitbekommen und weiß daher, dass es nicht leicht ist. Gerade, wenn man niemanden zum reden hat oder allein einem nur sagen, dass man bei ihr bleiben muss, weil sie ja krank ist, bringt einem das selber nicht weiter und man bekommt immer mehr seelische Probleme.

Ich habe immer Menschen, zu denen ich gehen kann und denen ich offen meine Meinung sagen kann und dir mir auch einfach beistehen. Deswegen könnte ich mich in so einer Situation auch aussprechen und würde meinen Partner dann auch ertragen können, aber viele haben keinen um Reden, erleben dann den Partner in mieser Stimmung, müssen mit dem Gedanken leben bald alleine da zu stehen und müssen dann wahrscheinlich noch alles machen und arbeiten gehen. Da ist man einfach auch fertig.

Natürlich würde man dem totkrankem Menschen dann jemanden wünschen, der ihm beisteht, aber man kann auch nicht von jedem alles verlangen. Ich würde meinem Partner beistehen, aber deswegen würde ich nun auch nicht schlecht über so eine Person urteilen. Ich habe geschrieben, dass ich die Situation kenne, von einer weitläufigen Bekannten, die dann in meinen Armen zusammengebrochen ist, weil sie nur noch vollgemeckert wurde und alles machen musste, sich an der Stelle sonst getrennt hätte, aber es nicht konnte, weil sie ihn liebt. Sie hat sich nicht getrennt und das war auch gut so.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge


Sowas finde ich auch ungeheuerlich. Nicht umsonst heißt es doch, in guten wie in schlechten Zeiten oder etwa nicht? Generell finde ich es nicht nachvollziehbar, wenn man in einer Beziehung nicht bereit ist, auch die schlechten Seiten des Partners zu dulden. Es gibt ja genug Paare, bei denen wird der eine Teil wütend und dann kommen vom anderen direkt Proteste und man möchte sich nicht annörgeln lassen und so weiter und so fort und dann sind direkt beide wütend und das ganze Ende in einem Streit. Für mich gehört es dazu, dass man in einer Partnerschaft dem Partner auch bei schlechter Laune beisteht, sich alles anhört, quasi als Blitzableiter dient und versucht ihn auch wieder aufzumuntern.

Natürlich weiß man jetzt nicht, was dort genau passiert ist, es kann ja auch sein, dass die Frau dem Mann wirklich sehr beleidigende und verletzende Worte an den Kopf geworfen hat. Im Moment sieht man die Frau nur als Oper und den Mann als Missetäter, aber man weiß eben nicht, wie es hinter den Kulissen zugeht. Als die Mutter einer Bekannten von mir krank geworden ist, hat diese ihrer Tochter an den Kopf geworfen, sie wäre der größte Fehler ihres Lebens gewesen. Wer weiß, was die Frau aus deinem Beispiel ihrem Mann gesagt hat. So genau kann man das nicht wissen und deswegen sollte man dem Mann auch nicht direkt unterstellen, dass er einfach kein Gewissen habe.

Die Vorstellung, dass man kurz vor seinem Tod von seinem Partner verlassen wird, finde ich aber auch sehr traurig und ich hoffe, dass ich das nie erleben muss. Ich denke, dass ich mich auch zusammenreißen würde und selbst wenn mein Partner mir was schlimmes sagen würde, würde ich wohl versuchen ruhig zu bleiben und es über mich ergehen lassen. Ich würde weiterhin tun, als ob es mir nichts ausmachen würde. Ich denke, dass das einfach in einer solchen Situation dazu gehört, man darf sich dann nicht von seinen Gefühlen übermannen lassen und muss für den anderen da sein. Wer weiß, wann man vielleicht selbst in der Situation ist und was die anderen dann von einem ertragen müssen.

Andererseits gibt es eben auch viele Menschen, die das ganze emotional dann irgendwann gar nicht mehr aushalten und man hört ja oft davon, dass diese Menschen es dann als eine Erleichterung empfinden, wenn die Person dann ''endlich'' gestorben ist und das ganze Leid ein Ende hat. Ist man dann selbst in einer schlechten emotionalen Verfassung, dann ist man der leidenden Person natürlich auch keine Hilfe mehr. Ich finde die Situation schon sehr schwierig, aber ich denke, dass ich mich da zusammenreißen würde, dass ist das Beste, was man in einer solchen Situation tun kann und ich möchte nicht mein Leben lang ein schlechtes Gewissen haben, weil ich für die Person nicht da war, als sie mich am meisten gebraucht hat.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich in so einer Situation handeln würde und ich glaube auch nicht, dass man sagen kann, ob der Mann nun richtig oder falsch gehandelt hat. Immerhin weiß man ja auch gar nicht genau, wie sich die Frau verhalten hat und man weiß gar nicht, wie belastend die Situation für den Mann war. Von daher würde ich da auf keinen Fall darüber urteilen wollen, ohne die Situation genau zu kennen und ich kann es eigentlich gut verstehen, wenn sich der Mann in so einer Situation von seiner Freundin trennt, wobei ich es andererseits natürlich auch sehr schlimm und schade finde. Von daher denke ich, dass es in so einem Fall einfach keine optimale Lösung gibt und das müsste dann jeder für sich entscheiden, wie er in so einer Situation handeln würde. Dabei würde ich jemandem da auf keinen Fall irgendwelche Vorwürfe machen, da das doch eine sehr schlimme Situation ist und man nicht die Gefühle der anderen kennen kann.

Im Prinzip finde ich schon, dass man beim Partner bleiben sollte, wenn dieser so krank ist, dass er bald sterben wird. Auch wenn die Beziehung nicht gut läuft, so sollte man sich dennoch zusammenreißen. Man weiß dann im Prinzip auch, dass es sich nicht um eine dauerhafte Lösung handelt und von daher kann man die wenigen Monate auch noch beim Partner bleiben und ihn unterstützen. Man liebt die Person schließlich noch immer und von daher sollte man sie dann auch so gut wie möglich unterstützen. Und dass jemand, der bald sterben wird, keine gute Laune hat, sollte eigentlich klar sein und ich finde, dass man da auch Rücksicht nehmen und der Person das restliche Leben noch so angenehm wie möglich gestalten sollte.

Andererseits kann so eine Situation natürlich sehr belastend sein und wenn man wirklich jeden einzelnen Tag mit der schlechten Laune des kranken Partners umgehen muss und vielleicht auch noch ständig Hohn, Spott und Kritik über sich ergehen lassen muss, dann möchte man das irgendwann auch nicht mehr mitmachen. Immerhin denkt man sich dann sicher, dass die Person doch lieber allein sein soll, bevor man selbst jeden einzelnen Tag fertig gemacht wird. Man möchte der Person dann eigentlich auch nur helfen, aber wenn man merkt, dass man absolut nicht weiter kommt und die Person absolut keine Hilfe möchte, dann kann man auch nichts weiter tun. Bleibt man dann jedoch bei ihr, dann macht man sich nur selbst kaputt. Die Situation ist ja allein bereits sehr belastend, wobei es für einen selbst auch nicht besser wird, wenn man die ganze Zeit fertig gemacht wird. Das kann einen selbst dann auch psychisch völlig kaputt machen und da ist eine Trennung dann vielleicht doch das Beste.

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» Prinzessin_90 » Beiträge: 35273 » Talkpoints: -0,01 » Auszeichnung für 35000 Beiträge



Ja, das ist wirklich ein ganz trauriger Fall. Ich denke, dass ich es schaffen würde, den Partner auch bei schlechter Laune nicht zu verlassen. Allerdings müsste ich wissen, woher die angeblich schlechte Laune kommt. War die Frau vor ihrer Krankheit schon so übellaunig? Wenn nein, könnte es sein, dass es keine schlechten Launen bei der Frau sind, sondern andere Ursachen.

Wenn die Frau bereits am Gehirn operiert wurde, könnte etwas verletzt worden sein, was sehr schmerzt. Oder es kann sich etwas in ihrem Gemütszustand während der Operation geändert haben. Dazu kommen dann die anderen Behandlungen noch wie Chemotherapie und Bestrahlung, die beide nicht so ohne sind. Kurzum, vielleicht hat die Frau starke Schmerzen und sagt das nicht, so dass sie entsprechende Medikamente dagegen bekommen würde. Durch die dauernden Schmerzen und die Aussicht auf einen baldigen Tod wird sie auch nicht mehr in der Lage sein, die Schmerzen ohne zu murren zu ertragen. Das könnte natürlich als schlechte Laune ausgelegt werden.

Anstatt eine solch kranke Frau zu verlassen, wäre ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt besser gewesen. Sollte es aber tatsächlich schlechte Laune sein, darf man auch den Mut aufbringen und einer Kranken das sagen. Auch im Angesicht ihres baldigen Todes kann sie nicht andere Menschen für das leiden lassen, was mit ihr passiert. Ihr muss einleuchten, dass sie nicht das Recht dazu hat, andere für ihre Krankheit verantwortlich zu machen. Nimmt sie sich aber das Recht trotzdem raus, dann muss sie die restlichen Tage ihres Lebens eben alleine verbringen. Diesbezüglich könnte ich einen sich trennenden Partner durchaus verstehen. Hier kann man nicht urteilen, weil man die Zusammenhänge nicht genau kennt.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


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