Fördern Klassenfahrten immer Freundschaften?
In meiner Schulzeit habe ich genau drei Klassenfahrten mitgemacht. In der Grundschule gab es eine in der zweiten und eine in der fünften Klasse. Am Gymnasium nahm ich an der in der achten Klasse teil. Es gab noch eine in der zehnten Klasse und letztendlich eine Abitur-Feier, die aber schon als reine Sauf-Veranstaltung in einer typischen Mainstream-Party-Siedlung in Spanien angekündigt worden war. Darauf hatte ich allerdings absolut gar keine Lust, und habe mich daher von diesen Fahrten ferngehalten.
Den Lehrern passte es allerdings im Normalfall so gar nicht, wenn Schüler an Klassenfahrten nicht teilnehmen wollten. Gerade, wenn man in eine neue Klasse oder in einen neuen Kurs kam, hieß es immer, dass eine Klassenfahrt doch super dafür sei, soziale Kontakte zu knüpfen, seine neuen Mitschüler kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. In der Theorie mag das ja auch ganz logisch aussehen. Aber auch immer in der Praxis?
An der Grundschule funktionierte es bei meinen Fahrten ja noch halbwegs gut. Wobei ich es auf Dauer schon anstrengend fand, keine richtige Privatsphäre zu haben. Es gab ja nur Mehrbettzimmer und Gruppenduschen, und man war eigentlich den gesamten Tag entweder bei irgendwelchen Gruppenaktivitäten oder hockte zumindest mit anderen drei bis fünf Leuten im Zimmer. Einige Tage halte ich das aus, aber danach wird es für mich nur noch stressig und ich fühle mich dabei auch nicht wohl. Ich bin einfach ein Mensch, der auch Zeit alleine braucht, und zwar mehr als bloß fünf Minuten am Tag. Und ich glaube nicht, dass ich der einzige Mensch bin, der das so empfindet.
Nein, im Gegenteil, die Klassenfahrt in meiner achten Klasse war dann schon ein ziemliches Desaster. Wobei ich nicht sage, dass das bei jeder Klasse so sein muss. Aber bei der Menschenkonstellation in meiner damaligen Klasse war das schon pures Gift. Insgesamt waren wir genau 37 Schüler in der Klasse, wobei eine Schülerin krankheitsbedingt nicht mitfuhr. Untergebracht waren wir dann vor Ort in 6-Bett-Zimmern. Da es von den Zimmern her passen musste, konnte kaum berücksichtigt werden, ob die jeweiligen Schüler, die da zusammen wohnen sollten, gut miteinander zurecht kommen, oder nicht. Abgesehen davon waren wir damals um die 14 Jahre alt. Ein Alter, in dem man eigentlich schon ein Bedürfnis für Privatsphäre hat, und in dem manche, so denke ich, inbesondere viel Zeit für sich selber benötigen.
Und so kam es dann, wie es kommen musste: Die ersten paar Tage lernte man sich ja durchaus kennen und verstand sich vielleicht auch gut. Aber an Tag 8 kippte die Stimmung. An Tag 14, als die Fahrt endlich zu ende war, waren einige Schüler schon ziemliche Nervenbündel und kein einziger Mensch aus der gesamten Klasse war nicht froh darüber, dass es endlich vorbei war! Die letzten Tage waren nur noch Gezanke. Alle lagen sich gegenseitig in den Haaren, es wurde sich angeschrien, gestänkert, einige Schüler machten sich auch tagsüber so oft wie möglich aus dem Staub, schlichen aus dem Schullandheim und setzten sich dann irgendwo alleine in der Stadt hin. Insgesamt war die Stimmung unglaublich ungemütlich.
So viel also zum Thema "Klassenfahrten sorgen dafür, dass sich Freundschaften bilden". Pustekuchen! Nach der Fahrt dauerte es Tage, bis man sich einander wieder annäherte. Und Freundschaften sind dann durchaus auch irgendwann entstanden, aber eben erst im Unterricht und über Wochen hinweg.
Sicher mag das alles nicht verallgemeinerbar zu sein. Und ich schließe nicht aus, dass es auch Klassenfahrten gibt, wo alles super läuft. Ich empfinde es nur als seltsam, dass man glaubt, es müsse automatisch toll und nett ablaufen, wenn man pubertierende Individuen mit relativ fremden Gleichaltrigen über komplette zwei Wochen in 6-Bett-Zimmer steckt, wo sie andauernd aufeinander hocken, bildlich gesprochen. Meines Erachtens wäre es vielleicht besser, wenn eine Reise überhaupt so lange gehen muss, schon darauf zu achten, dass den Schülern zumindest etwas Individualität und Privatsphäre ermöglicht ist.
Wie sind Eure Erfahrungen zu diesem Thema? Gab es bei Euren Klassenfahrten, oder bei denen Eurer Kinder oder Enkel, vielleicht irgendwelche Maßnahmen, um so einen Stimmungskollaps nach einigen Tagen zu verhindern? Wenn ja, was wurde getan? Oder gab es Maßnahmen, um das Entstehen von Freundschaften irgendwie zu erleichtern?
Mir geht es da so wie dir, wenn ich dauernd in Gesellschaft bin, dann laugt mich das richtig aus und dann habe ich auch keine Freude mehr daran. Deswegen fand ich Klassenfahrten seit jeher auch eher grausam, besonders wenn sie länger als eine Woche gedauert haben und man dann vielleicht noch das Pech hatte, dass man mit Menschen auf ein Zimmer kam, die man vielleicht nicht so gerne mochte oder die sich auf dem Zimmer gestritten haben.
Bei uns an der Schule war das Thema Freundschaft aber eigentlich auch nie der Mittelpunkt solcher Klassenfahrten. Generell ging es da schon eher darum, dass man eben etwas bestimmtes unternimmt und das bestenfalls dann eben auch mit Bildung zu tun hat. Die besten Klassenfahrten waren Fahrten nach Rom und Paris, denn dort gab es nur sehr wenige Gruppenaktivitäten. Man musste beispielsweise am Colloseum rechtzeitig erscheinen, damit der Lehrer die Karten holen konnte, aber sobald man im Colloseum war, durfte man wieder machen und rausgehen, wann man wollte. In Paris hatten wir sogar gar keine Gruppenaktivitäten, man durfte sich für eine oder zwei Aktivitäten melden, die man mit Lehrer machen konnte und alles andere machte man auf eigene Faust.
Ich denke, dass man durch diese Freiheit dann eben doch noch ein bisschen mehr Freiraum hat und dann auch machen kann, was man mag, mit den Leuten, die man mag. Wenn man Pech hat, endet es aber doch auch wieder nur darin, dass X da hin möchte und Z wo anders hin oder das man sich an jeder Straßenecke um die Straßenkarte streitet und nicht weiter weiß. Zu dem Zeitpunkt kannten sich aber die meisten in meiner Stufe schon sehr gut und wir wussten, mit wem wir Zeit verbringen wollten und mit wem nicht. Tatsache ist aber, dass es doch ein Unterschied ist, ob man 8 Stunden Schule mit jemandem verbringt oder sich wirklich 24 Stunden auf der Pelle hockt. Teilweise haben sich dann da auch Leute zerstritten, die wirklich länger befreundet waren.
Solche Freundschaften haben sich in den Wochen nach der Klassenfahrt meistens wieder zusammen gefügt, wenn auch nicht immer. Wir hatten auch eine Klassenfahrt in ein Sportcamp, da haben sich sehr viele gestritten, denn da war es tatsächlich so, dass man sich nur auf der Pelle saß. Man hatte auch keine Jugendherberge, wo man sich ein bisschen aus dem Weg gehen konnte, sondern eben nur eine Art Bunker, in jedem Bunker war eine Klasse untergebracht. Das war schon ziemlich anstrengend und die Sportangebote waren grottig. Letztendlich finde ich aber nicht, dass man Klassenfahrten unternehmen sollte, damit sich Freundschaften bilden. Das ist eher zum scheitern verurteilt, besonders wenn dann niemand die neue Person auf dem Zimmer haben möchte.
Ich habe mich schon früher schwer damit getan, Freundschaften zu schließen und auch Klassenfahrten haben daran nichts ändern können. Sicher lernt man die Mitschüler auf einer solchen Fahrt mal von einer anderen Seite kennen und so kann es natürlich sein, dass Freundschaften entstehen. Bei mir war es aber auch so, dass ich die Freundschaften eher langsam während der Schulzeit aufgebaut habe und nicht in einer Woche während der Klassenfahrt. Bei den Klassenfahrten war es bei mir am Anfang auch öfter so, dass ich mit anderen Mädchen auf einem Zimmer war, mit denen ich sonst so gar nichts zu tun hatte. Daran könnte auch die Klassenfahrt nichts ändern.
Später bei der Abschlussfahrt und auch bei der Fahrt von der Berufsschule war es leichter, weil schon Freundschaften entstanden sind und ich mit den Freundinnen ein Zimmer teilen konnte. Aber auch dabei war es nicht so, dass durch die Klassenfahrt Freundschaften entstanden sind. Sie wurden höchstens vertieft, weil man mal längere Zeit miteinander verbracht hat und sich besser kennenlernen konnte. Da ich auch gerne mal alleine bin, war es auch bei mir so, dass die Klassenfahrt irgendwann anstrengend wurde. Aber einen richtigen Streit gab es bei uns zum Glück nicht.
Ich denke, dass Klassenfahrten durchaus Freundschaften fördern und auch entstehen lassen können. Gerade dann, wenn man wirklich mehrere Tage mit der Klasse auf Reisen ist und man dann auch mit mehreren Personen gemeinsam in einem Zimmer schläft, dann ist man ja auch dazu gezwungen, sich miteinander zu unterhalten und Kontakt miteinander zu haben. Man muss sich eben absprechen, wann man schlafen gehen und wann man aufstehen möchte und auch sonst muss man Kontakt miteinander halten, weil in der Regel nur eine Person den Schlüssel für das Zimmer hat. Von daher bleibt man dann gleich meistens als Gruppe die ganze Zeit zusammen, so dass man dann wirklich auch enorm viel Kontakt zu den anderen Personen hat. So baut sich dann doch ein vertrauteres Verhältnis auf, als es einfach so in der Schule möglich wäre.
Oftmals ist man ja auch etwas schüchtern und traut sich vielleicht nicht, in der Schule die Klassenkameraden darauf anzusprechen, ob sie nicht auch einmal nach der Schule etwas mit einem machen wollen. Immerhin unterhält man sich in der Schule ja meistens nur über die Schule selbst, wenn man die Leute nicht richtig kennt und von daher ist der Schritt dann immer schwer, ein vertrauteres Verhältnis aufzubauen. Dies geht jedoch mithilfe einer Klassenfahrt besonders gut. Immerhin schläft man gemeinsam in einem Zimmer und man sieht, wie die Klassenkameraden im Schlafanzug aussehen und von daher ist es klar, dass dadurch automatisch ein engeres Verhältnis entsteht, ob man will oder nicht. Dazu kommt, dass man eben auch sehr viel Zeit gemeinsam mit den Personen verbringt und dadurch kann dann auch ganz leicht eine Freundschaft entstehen oder auch vertieft werden.
Natürlich kann es aber auch so sein, dass man einfach nur noch genervt von den Klassenkameraden ist, da man vielleicht auch seinen Freiraum braucht, den man jedoch nicht bekommt. Gerade auf Klassenfahrten ist es ja auch enorm schwer, sich zurück ziehen zu können und meistens ist der Tag dann auch immer so straff geplant, dass man keine Chance hat, auch einmal alleine ein Buch zu lesen. Zudem hat man auch nicht unbedingt den Raum, um sich zurück ziehen zu können. Von daher kann das durchaus schnell stressig sein und ich kann es mir gut vorstellen, dass das einige gar nicht mögen.
Bei mir war es jedoch so, dass ich nur positive Erfahrungen mit Klassenfahrten gemacht habe. So wurden Freundschaften auf jeden Fall verstärkt und ich hatte auch die Möglichkeit bekommen, andere Klassenkameraden, mit denen ich zuvor nicht besonders viel zu tun hatte, näher kennen zu lernen. Zudem war ich auch nie länger als eine Woche mit der Klasse unterwegs, was eigentlich ideal war. So war der Zeitraum auch nicht so groß und es bestand dann auch nicht die Gefahr, dass ich mich danach gesehnt habe, mich zurück zu ziehen.
Mir erschließt sich nicht, was eine Klassenfahrt mit einer Freundschaft zu tun haben sollte. Ich war in meiner Schulzeit zu mehreren Klassenfahrten gezwungen worden, weil diese obligatorisch dazu gehört haben und man keine andere Wahl hatte. Ich musste dann auch mit diversen Mädels ein Zimmer teilen in der Jugendherberge, aber daraus hat sich nie eine wirkliche Freundschaft entwickeln können. Zum einen, weil teilweise mehrere Klassen gemeinsam gefahren sind und man teilweise mit den Mädels der Parallelklasse in einem Zimmer gelandet ist, zum anderen, weil ich auch so nicht wirklich in meine Klasse gepasst habe von der Einstellung und vom Charakter her.
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