Zur Beschwichtigung einem Hund die Lefzen streicheln?
Ich habe neulich in einem Forum von einem Fall gelesen, in dem ein Kind versehentlich über den Hund seiner Eltern gestolpert war. Der Hund reagierte daraufhin alles andere als erfreut und soll das Kind seitdem immer angeknurrt haben. Nachdem der Hund das Kind wohl letztendlich über Tage dauerhaft auf Distanz gehalten hatte, und immer knurrend reagierte, sobald das Kind den Radius von etwa einem Meter um den Hund herum übertreten hatte, fragte die Mutter um Rat, was man nun dagegen unternehmen könne.
Ein Ratschlag, der dann noch von mehreren Personen bestätigt worden ist, war, dass man dem Hund zur Beschwichtigung die Lefzen streicheln solle. Ehrlich gesagt stelle ich mir das relativ schwierig vor, wenn ein Hund einen gerade anknurrt. Und ich kann als Laie auch nicht einschätzen, inwiefern das wirklich eine sichere Angelegenheit ist. Nicht, dass der Hund sich dann erst recht bedroht fühlt und zuschnappt?
Behauptet wurde im Forum außerdem, dass das Streicheln der Lefzen eines Hundes als Beschwichtigungssignal immer wirken würde. Man könne das also angeblich auch gut machen, wenn man von einem fremden Hund aus irgendwelchen Gründen angeknurrt würde. Ehrlich gesagt, ich würde mich das nicht trauen.
Aber wie ist das nun wirklich? Hilft das Streicheln der Lefzen in so einem Fall wirklich? Oder sollte man nicht lieber die Hände möglichst vom Hund fernhalten, wenn er einen anknurrt? Wie verhält man sich da am Besten? Und wenn das Streicheln der Lefzen wirklich positiv wirken sollte, gibt es da etwas, was man besonders beachten sollte?
Das ist wirklich ein etwas seltsamer Ratschlag. Hunde, die ihr hündisches Gegenüber beschwichtigen wollen, lecken diesem tatsächlich über die Lefzen, was allerdings oft genug nicht besonders gut ankommt (es ist halt eine recht aufdringliche Geste). Den Ursprung hat derartiges Verhalten darin, dass Welpen ihre Mütter durchs Lefzen lecken zum Erbrechen der Nahrung 'auffordern'.
Da wir aber keine Hunde sind, können wir derartige Gesten nicht hundgerecht umsetzen. Einem knurrenden Hund - der ja damit nur sagt "Bleib weg, ich mag das nicht" - mit der Hand an die Schnauze zu gehen, ist also im allerbesten Fall unhöflich. Vom Besitzer sollte der Hund so etwas natürlich trotzdem dulden, es kann ja immer mal eine Verletzung vorliegen, die es nötig macht, dass man an das Maul kommt.
Bei anderen Leuten werden die meisten Hunde wohl versuchen, der so zudringlichen Person aus dem Weg zu gehen. Geht man hinterher weil man meint, man würde dem Hund ja nur zeigen, dass man ihm nichts tun will, wird der unter Umständen aggressiver reagieren, um sein Unwohlsein zum Ausdruck zu bringen: Zähne zeigen, schnappen oder halt auch beißen. Dann ist das Geschrei wieder groß, wie böse manche Hunde doch sind, obwohl der Kommunikations- und Handlungsfehler eindeutig beim Menschen lag.
In dem beschriebenen Fall würde ich eher dazu raten, das Kind als absolut tolle Futter- und Spaßquelle zu inszenieren. Belohnungen gibt erst einmal nur noch das Kind - die kann es ja auf den Boden legen und dann einen Schritt zurück gehen, dass der Hund daran kommt, ohne sich bedrängt zu fühlen. Lieblingsspielzeug gibt das Kind, knurrt der Hund, kommt das Spielzeug kommentarlos weg. Kommentarlos, weil man dem Hund nicht seine einzige Möglichkeit der Kommunikation verbieten sollte - lernt der erst einmal, dass Knurren verboten ist, wird er irgendwann direkt zu deutlicheren Drohgebärden übergehen. Irgendwann merkt der Hund, ist das Kind in der Nähe, gibt es leckere Sachen und Spielzeug. Dann hört das Knurren auch wieder auf.
Und fremde Hunde fasst man erst einmal nicht am Kopf an - wir schütteln fremden Menschen ja auch erst mal nur die Hände und Umarmen sie nicht gleich oder greifen ihnen ins Gesicht. Gibt der Halter sein Okay, ist ein Streicheln von Rücken oder Seiten am besten. Das auch von der Seite aus, möglichst OHNE sich über den Hund zu beugen (was dieser als Drohgebärde verstehen könnte). Fremde Hunde, die einen anknurren, aber durch Leine und aufmerksamen Halter gesichert sind, werden am besten ignoriert. Falls man auf annähernd hündische Kommunikation zurückgreifen möchte, kann man sich seitlich zum Hund stellen, zur anderen Seite vom Hund weg schauen und Gähnen, das sind alles Beschwichtigungsgesten, bei denen man den Zähnen nicht nahe kommen muss.
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