Was tun wenn wohlerzogener Hund plötzlich ungehorsam ist?
Als ich vor zwei Jahre bei meinem Partner einzog, hatte dieser bereits seit 5 Jahren einen Hund. Diesen habe er aus einem Heim für verwahrloste und ausgesetzte Hunde bekommen. Er erzählte mir, dass sein Hund zu Beginn sehr unterwürfig und sehr gut trainiert war. Hat mein Freund ihn ausgeführt und von der Leine gelassen, wartete er auf ein ok los laufen zu können. Des weiteren habe er äußerst selten gebellt.
Über die Jahre ist er zutraulicher geworden, was an sich ja eine gute Sache ist. Nur seit ein paar Monaten benimmt er sich wirklich mehr als daneben. Dies fing im letzten Jahr an. Mein Partner und ich sind regelmäßig mit ihm spazieren gegangen, sogar noch als ich schon hochschwanger war. Mit der Zeit fing er an nicht mehr umher zu rennen, wenn wir ihn von der Leine ließen, sondern Gräser und Erde zu fressen. Es ist ja normal das Hunde Gras fressen, aber er gräbt regelrechte Löcher und hört auch nicht mehr, wenn man ihn dann ruft.
Sogar wenn wir ihn, bei schönen Wetter, in den Garten lassen, gräbt er lieber und frisst Erde. Gelegentlich wird ihm davon sogar schlecht. Auch leckt er ständig unser Sofa und den Boden. Aufforderungen, dies zu unterlassen ignoriert er geschickt.
Es ist uns mittlerweile leider nicht mehr möglich, ihn im Park von der Leine zu lassen, da er sofort weg rennt, wenn er in der Distanz einen Ball hört und wir nicht wollen das er dabei angefahren wird. Wir können ihn also nur noch einmal täglich sich austoben lassen, wenn wir in ein naheliegendes Feld gehen. Nur stoppt er dort ständig um den Boden zu fressen. Uns tut das wirklich leid, da doch gerade seine Rasse, ein Border Collie, sehr aktive Hunde sind. Ich wäre über jegliche Art Tipps und Ratschläge, ja sogar Vermutungen sehr dankbar.
Das klingt schon ziemlich komisch. Vielleicht wäre eine Hundeschule etwas für euch um den Grundgehorsam wieder in den Griff zu bekommen. Dann solltet ihr ihn auslasten und auch zu Hause beschäftigen. Es kann durchaus sein dass sich Hunde verändern, vielleicht will er auch mal etwas Neues beim Essen versuchen. So ein Hund braucht aber auch Aufmerksamkeit, weswegen ihr euch eben trotz Kind auch mit ihm beschäftigen und mit ihm üben müsst. Das heißt, dass es wichtig ist das Gelernte auch umzusetzen, wenn ihr in die Hundeschule mit ihm geht.
Habt ihr schon einmal daran gedacht, seine Ernährung zu überprüfen? Ständiges fressen von Erde kann bedeuten, dass er Magenprobleme hat - nicht umsonst kann man Hunden mit Sodbrennen Heilerde unters Futter mischen als Hausmittel. Auch das Ablecken von Sofa und Boden kann für ein Problem mit dem Futter oder aber für Unter- bzw. Überforderung sprechen.
Intensives Buddeln kann auch Frust- bzw. Übersprungsverhalten sein. Meine Border Collie Hündin fängt oft an zu buddeln, wenn sie nicht lospreschen darf / an der Leine nicht zum anderen Hund darf / völlig aufgeregt ist.
Da er anscheinend völlig abschaltet, würde ich ihn fürs erste gar nicht mehr von der Leine lassen. Mit Geschirr und Schleppleine gesichert kann er euch nicht stiften gehen, hat aber doch einen größeren Radius.
Was macht ihr denn sonst noch mit dem Hund? Nur spazieren gehen ist für Border Collies und andere Arbeitsrassen oft zu wenig Anregung und sie fangen an, sich ihre Beschäftigung selber zu suchen. Wär Tricks einüben vielleicht etwas für euch? Das kann man auch drinnen machen, wo er sich nicht auf den nächsten Maulwurfshügel stürzen kann.
Erst einmal vielen Dank für die guten Ratschläge. Allerdings können wir uns momentan keine Hundeschule leisten. Wir haben gerade ein Baby bekommen, mit welchen wir die ersten 2 Monate im Krankenhaus verbrachten, das hat Unmengen an Geld verschlungen. Und Babys sind ja generell recht teuer. Hinzu kommt, dass der Hund schon mindestens 12 Jahre alt ist. Genau weiß das aber niemand. Ich kenne mich zugegebenermaßen mit Hunden nicht aus aber er scheint mir ein wenig zu alt für neue Tricks.
TheFrozenQueen hat geschrieben:[...]Was macht ihr denn sonst noch mit dem Hund? Nur spazieren gehen ist für Border Collies und andere Arbeitsrassen oft zu wenig Anregung und sie fangen an, sich ihre Beschäftigung selber zu suchen. Wär Tricks einüben vielleicht etwas für euch? Das kann man auch drinnen machen, wo er sich nicht auf den nächsten Maulwurfshügel stürzen kann.
Wir gehen morgens meistens für einen Spaziergang mit ihm in den Park. Angeleint, weil er ja leider anfing wegzurennen. Früher haben wir seinen Ball für mindestens ne halbe Stunde geworfen. Dann verbringt er im Sommer, wenn es nicht regnet, viel Zeit im Garten. Auch hier werfen wir seinen Ball, bis er genug hat und sich irgendwo hinlegt. Außerdem gehen wir in ein nahegelegenes Feld, auf welchen er sich austoben und seine Bälle verlieren kann. Diese Bälle sind echt schnell weg. Und abends gehen wir dann auch noch mal kurz in den Park.
Im Haus hat er eigentlich auch immer etwas zutun. Er bekommt gelegentlich Knochen für seine Zähne, wobei wir hier aufpassen müssen, weil er ja schon so alt ist. Er hat massig Spielzeuge, die er anschleppt und dann geworfen haben will. Was wir auch machen, wenn wir nicht anderweitig beschäftigt sind. Ich würde also nicht sagen, dass er gelangweilt ist. Man kann sich ja nicht 24/7 mit ihm beschäftigen.
Wenn euer Hund sich erst im letzten Jahr so verändert hat, könnte es vielleicht sein, dass er eifersüchtig auf euer Baby ist und sich vernachlässigt vorkommt, obwohl das bestimmt nicht so ist? Wenn das der Fall wäre und er bockig ist, buddelt er aus Frust Löcher und will euch damit zeigen, dass er nicht auf euch angewiesen ist. Wie benimmt er sich in Gegenwart eures Babys?
Wenngleich du schreibst, dass es momentan finanziell etwas knapp aussieht, würde ich den Hund auf jeden Fall zeitnah einmal vom Tierarzt auf den Kopf stellen lassen, um etwaige Mängel auszuschließen. Gerade im Alter sollte man da immer ein Auge drauf haben.
Lässt er sich denn im Haus abrufen? Also, hört er noch gut? Wir hatten mal im Tierheim einen Hund, der zwar aus der Nähe super hörte, aus der Ferne aber Null reagierte. Nachdem wir uns wochenlang über sein Verhalten geärgert hatten, stellte sich dann heraus, dass der Opi einfach etwas schwerhörig war.
Was mir gleich auffiel: du schriebst, dass er das seit einem Jahr macht und du gerade erst ein Kind bekommen hast. Ergo dürfte sich sein Verhalten während der Schwangerschaft entwickelt haben, oder? Kann es sein, dass er einfach kürzer kam und kommt als vorher und entsprechend einfach aus Frust stiften geht und euch links liegen lässt?
Ansonsten finde ich ehrlich gesagt, dass Bällchen werfen für einen Bordercollie schon sehr wenig ist. Auch, wenn man das über eine Stunde am Tag macht. Gerade Border Collies sind in der Regel wahnsinnig intelligent und müssen auch im Köpfchen gefordert werden. Ich würde jetzt mit ihm auch nicht mehr zu großartigem Hundesport raten, aber ein paar Tricks lernen könnte ihm durchaus Spaß machen. Versucht es doch mal mit einem Clicker. So ein Teil kostet zwischen 2 und 10 Euro. Dann nehmt ihr ein paar Leckerlies und versucht es einfach mal.
Dabei geht es in meinen Augen nicht darum, ihn zum Zirkushund abzurichten, sondern sich gemeinsam zu beschäftigen und auf einer Ebene zu kommunizieren, die auch dem Verhältnis zwischen Hund und Halter gut tut. Wegen des Alters mach dir mal keine Gedanken. Ich hab meiner 10jährigen Katze und einer 13jährigen Malinoishündin noch Tricks beibringen können und beide fanden/finden clickern super. Hat auch den Nebeneffekt, dass man das Abrufen nochmal super üben und verbessern kann.
Ansonsten wäre für ihn vielleicht auch noch Nasenarbeit ganz spannend. Verstecke Leckerchen irgendwo und lass ihn suchen - gerne auch mit Verstecken, die nicht einfach rumliegen, sondern wo er ruhig Kopf und Pfoten nutzen muss, um daran zu kommen. Einfach zur Auslastung.
Nur ein paar Runden drehen, ab und zu mal einen Ball werfen und ihn ansonsten mit Futter zu beschäftigen reicht einem Arbeitshund definitiv nicht aus. Ihr müsst euch da unbedingt Beschäftigungsmöglichkeiten einfallen lassen, damit das Ganze nicht noch schlimmer wird. Ihr dürft nicht vergessen wofür diese Rasse gezüchtet wurde. Ihr könnt ihn nicht in die Rolle einer Couchpotatoe pressen. Das funktioniert nicht. Ihr könnt froh sein, dass er nur dieses Verhalten zeigt. Viele unausgelastete Hunde fangen irgendwann aus Frust an Sachen zu zerstören, andere anzumachen etc. Eben alles wo sie ihre überschüssige Energie und ordentlich Dampf ablassen können.
Nasenarbeit finde ich auch immer gut. Probiert einfach mal ob das etwas für ihn ist. Dafür braucht ihr auch nicht viel Geld. Einfach das normale Futter verwenden. Ob drinnen oder draußen. Ich würde auch mal schauen welche Kopfspiele für ihn geeignet sind. So Dinge wie knifflige Sachen lösen um an das Futter zu kommen oder auch neue Kommandos lernen. Vor allem auch draußen. Ihr dürft euch nicht wundern, dass der Hund sich eine andere Beschäftigung sucht, wenn ihr nur stumpf neben ihm herlauft. Baut immer wieder Kleinigkeiten ein. Hier mal Futter suchen lassen, dann wieder Kommandos lernen, auch mal den Ball werfen. Ein intelligenter Hund braucht abwechslungsreiche Beschäftigung. Macht euch durch Aktivitäten und ordentlich Action wieder interessant und er wird den Blödsinn lassen.
Das mit den Kommandos wird auch andere Probleme lösen. Du schreibst, dass der Hund am Anfang super gehört hat. Guter Gehorsam bedeutet Arbeit und ist etwas, was man immer beibehalten muss. Als neuer Halter freut man sich natürlich über so einen Hund, arbeitet man aber nicht daran weiter, passiert genau das was ihr jetzt habt. Der Hund hört irgendwann nicht mehr. Ihr dürft nicht den Fehler machen und glauben, dass der Hund das Verhalten, das er mal gelernt hat auch bis zum Lebensende beibehält. Mal als Beispiel. Wenn man wochenlang den perfekten Abruf trainiert, das dann super sitzt und man deshalb wieder schludriger wird, geht es ganz schnell wieder bergab. Hunde sind nicht dumm. Sobald die merken, dass sich das sofortige Kommen nicht lohnt oder man ihnen Ungehorsam eh durchgehen lässt, ziehen die das eiskalt durch.
Man kann doch einen Hund nicht nur körperlich auslasten, sondern auch geistig. Wenn du ihn nicht auspowern kann, dadurch das er abgeleint wird und rennt, dann mach doch Kopfarbeit mit ihm. Da gibt es doch auch viele verschiedene Möglichkeiten, um den Hund zu beschäftigen und auszulasten. Ich könnte mir vorstellen, dass er eben nicht ausgelastet ist, wenn keine gesundheitlichen Probleme dahinterstecken. Das würde ich mal erstes von einem Tierarzt abklären lassen.
Ansonsten haben sich ja eure Lebensumstände verändert, dadurch das ihr nun Nachwuchs habt. Da wird sicherlich auch der Hund etwas kürzer kommen als sonst. Es kann ja sein, dass er das so eben zum Ausdruck bringt. Ich würde mal testen, worauf er steht und was er gerne macht. Apportiert er gerne oder hat ein Lieblingsspielzeug? Dann kann man das sicherlich einbinden. Ansonsten kannst du dir sicherlich Hilfe von einem Hundetrainer holen.
Hat er vielleicht Angst seine Aufmerksamkeit zu verlieren oder wieder weg zu kommen wenn das Baby da ist. Vielleicht ist ihm das vorher schon einmal passiert?
Wenn nicht sage ich immer der Hund ist keine Maschine. Vielleicht fühlt er sich jetzt einfach sicherer und hat einen höheren Radius als früher wo er sich nichts traute. Wichtig ist, ob die Beziehung zum Hund passt. Schaut er regelmäßig wo ihr seid, dann bestätigt ihn. Es kann auch sein, dass man halt die Konsequenz schleifen lässt, wenn der Hund eh folgt. Ich merke immer wenn sie eine Woche bei meinen Eltern ist, dass Madam gerne mehr bellt und auch das Hier nur funktioniert wenn ich es ernst meine. Legt sich aber bald wieder. Wie gesagt der Hund ist keine Maschine. Er soll niemanden gefährden, auch nicht sich selbst und alles andere ist verhandelbar.
Auch Hunde können eine Form der Anpassungsstörung haben. Seit ihr umgezogen oder hat das Tier eine sonstige Veränderung gehabt?
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