Junge weigert sich im Sportunterricht zu tanzen
Wir sind eine recht große Familie mit vielen Kindern. Viele Kinder sind in den letzten Jahren eingeschult worden. So auch der Sohn meiner Großcousine, der seit dem letzten Sommer nun ein stolzer Erstklässler ist. Dem Jungen fällt es noch ein wenig schwer sich zu konzentrieren und so bekommt meine Großcousine öfters mal Nachrichten in das Hausaufgabenheft ihres Kindes geschrieben.
Bei der letzten großen Familienfeier erzählte sie, dass die Kinder im Sportunterricht wohl tanzen sollten und ihr Sohn sich geweigert hätte und die Lehrerin das im Hausaufgabenheft ihres Sohnes als Information notiert hätte. Meine Großcousine meint aber, tanzen ist nun mal nicht unbedingt das Ding eines Jungen und sie findet es in Ordnung, wenn er da nicht mit machen will.
Im Familienkreis entbrannte dann eine größere Diskussion. Die einen meinten, Unterricht sei Unterricht und den kann der Junge nicht einfach verweigern. Schließlich würde das dazu führen, wenn er keine Lust auf Mathematik hat, dann macht er keine Mathematik.
Andere Familienmitglieder meinten, tanzen in der ersten Klasse sei ja kein wirkliches tanzen, sondern einfach sich zu Musik bewegen und das könnte man auch einem männlichen Kind zu muten. Sie meinten, da könnte man keinen Unterschied zwischen Jungen und Mädchen machen.
Ein Onkel war darüber generell sehr erbost. Er meint, wenn Jungen nicht tanzen wollen, dann sollte man sie auch nicht zwingen, denn das könnte ein schweres Trauma auslösen. Dieser Onkel ist der Meinung, den Kindern müssten ausreichend Alternativen angeboten werden. So sollten Jungen eben typische Dinge für Jungen machen, wie Leichtathletik und Fußball.
Ich selbst denke ja, in einer ersten Klasse sollten Kinder erst mal alles ausprobieren. Gleich ein Alternativprogramm anzubieten halte ich für die Konstellation übertrieben. Außerdem denke ich, das was in der ersten Klasse als tanzen angeboten wird, ist mit dem was Erwachsene unter tanzen verstehen, nicht zu vergleichen.
Denkt ihr, es muss für Jungen in der ersten Klasse schon eine Alternative zum Tanzen angeboten werden? Würdet ihr euer Kind zwingen zu tanzen? Wie würdet ihr in der beschriebenen Situation handeln?
Ich würde zunächst mal mit dem Jungen reden. Warum hat er sich denn geweigert? Meiner Meinung nach gibt es durchaus gute Gründe, Teile des Unterrichts abzulehnen. Beim Religionsunterricht funktioniert das ganz gut und daher gibt es Ethikunterricht. Ich habe mich im Hauswirtschaftsunterricht geweigert, ein ganzes Huhn zuzubereiten und ihm im Hintern rumzupulen. Als Vegetarier mit ethischen Grundsätzen hatte ich da ganz gute Karten.
Ich denke also, dass es von der Begründung abhängt. Um Mathematik oder überhaupt ein ganzes Schulfach zu verweigern, gibt es einfach keinen guten Grund. Das Argument fällt also schon mal weg. Und ich denke, auch für das Tanzen hat der Junge keinen guten Grund. Es wird ihm einfach peinlich sein. Vielleicht hilft es schon, darüber zu reden. Oder vielleicht sollte die Mutter zuhause mit ihm ein wenig tanzen, damit er sicherer wird.
Sollte er das Argument anbringen, dass Tanzen nur etwas für Mädchen ist, könnte man sich einen Tanzfilm anschauen. Oder das Hochzeitsvideo, auf dem sein Vater mit seiner Mutter tanzt. Man könnte ihm mal zeigen, dass Balletttänzer richtig viel Muskeln haben.
Es hat ja Gründe, warum die Kinder im Sportunterricht tanzen sollen. Die Lehrer müssen ihren Unterricht nach dem Lehrplan des jeweiligen Bundeslandes ausrichten. Und in jedem Land steht "Tanzen" als Thema im Lehrplan und ist somit verpflichtend. Das hat auch seine guten Gründe. Die Kinder lernen ein Gefühl für den eigenen Körper zu entwickeln, das gerade im Sportunterricht auch für viele andere Disziplinen wichtig ist. Außerdem entwickeln sie so ein Rhythmusgefühl, was für den Musikunterricht wichtig wird.
Dass Tanzen etwas unmännliches ist und deshalb abgelehnt wird, halte ich für Quatsch. Das kann man auch versuchen einem Erstklässler schon begreifbar zu machen. Es gibt viele männliche Tänzer in Sport, Film und Fernsehen. Und die werden dafür nicht ausgelacht, sondern bewundert, dass sie so gut tanzen können.
Verweigern darf sich deshalb der Junge nicht im Unterricht. Und macht er es doch, finde ich es absolut korrekt, dass die Lehrerin das den Eltern mitteilt. Der Sportunterricht besteht ja nicht nur aus Tanzen. In anderen Stunden wird dann ja auch mal wieder Fußball gespielt, geturnt oder irgendetwas anderes gemacht.
Dass die spielerischen Tänze in der ersten Klasse relativ wenig mit kunstvollen Tänzen zu tun haben, das dürfte jedem klar sein. Aber wenn alle anderen Jungen in der Klasse da mit tanzen und er als einziger das Tanzen verweigert, dann finde ich das schon komisch.
Aber es scheint mir eher so, dass irgend eine männliche Bezugsperson ihm früher schon mal eingeredet hat, dass Tanzen unmännlich ist. Manche Männer fühlen sich eben zu solchen Heldentaten berufen, den Jungs zu zeigen, was echte Männer angeblich machen und was nicht. Dass vieles davon eben einfach hoffnungslos altmodisch ist und man damit den Jungs von heute Grenzen setzt, die unnötig die Persönlichkeitsentfaltung einschränken, das sehen viele nicht.
Jeder Psychologe lacht sicher, wenn man fragt, ob ein Junge traumatisiert wird, weil er in der ersten Klasse im Schulunterricht tanzen muss. In der Pubertät mag das ja möglich sein. Aber traumatisierend ist das sicher nicht. Sicher ist das für Kinder am Anfang nicht leicht, sich im ersten Jahr in das anders geregelte Leben an der Schule einzufinden. Aber das ist nun mal bei allen Kindern so. Und böse gesagt, das ist sicher nicht der letzte Konflikt, den er mit einem Lehrer austragen wird und auch nicht der letzte Eintrag, den er im Hausaufgabenheft nach Hause bringen wird.
Im allgemeinen tut man seinem Kind den größten Gefallen, wenn man Kindern von Anfang an beibringt, sich möglichst an die Schulregeln zu halten. Die meisten Lehrer schätzen Kinder, die sich kooperativ verhalten. Wenn ihr eine Großfamilie seid, wisst ihr ja sicher, dass es bei einer großen Gruppe Kinder in einem Raum nicht immer möglich ist, dass alle Kinder alle ihre Ideen gleichzeitig ausleben. Damit fällt besonders im Unterricht alles flach, wenn jeder nur seinen Egotrip durch zieht. Zumindest dann, wenn der Unterricht so geplant wurde, dass eine Gruppe gerade gleichzeitig einer Aktivität nach geht.
Ballett wurde oben ja schon erwähnt. Möglicherweise mögen die Muskeln eines professionellen Balletttänzers auch einem Jungen imponieren. Aber Ballett ist nun wirklich nicht gerade der männlichste Tanzstil. Wenn es dem Jungen darum geht, dass er meint, dass ihm als Junge ein Zacken aus der Krone bricht, wenn er tanzt, dann würde ich ihm eher andere Stile zeigen. Einfach Youtube oder ähnliche Portale aufmachen. Dort gibt es reichlich Videos von Leuten die Breakdance tanzen. Oder Capoeira. Meinetwegen auch amerikanischer Line-Dance, wo alle coole Western-Klamotten tragen. Wenn man einem Kind zeigt, was Tanz alles sein kann und dass es sehr viel mit Akrobatik zu tun haben kann, dann ändert das eher seine Meinung, was Tanz ist. Dann ist er vielleicht sogar selbst begeistert und das ganze geht ohne Krämpfe vorüber und das Kind tanzt nächstes Mal dann mit.
Nun ja, im Kindergarten müssen die Kinder ja auch nicht bei allem mitmachen, wenn sie nicht wollen. Die Umstellung auf die Schule und die Tatsache, dass dort etwas andere Regeln herrschen, klappt eben nicht bei allen Kindern von jetzt auf gleich. Ich würde meinem Kind zwar erklären, dass es in der Schule etwas anders zugeht und man sich dort normalerweise nicht aussuchen kann, worauf man Lust hat. Wenn es dann aber immer noch das Tanzen verweigert, dann ist das eben so. Mit Druck und Zwang erreicht man bei einem 6-7-jährigen Kind ohnehin nicht viel.
Mit der Zeit lernen die Kinder schon, dass die Schule kein Wunschkonzert ist. Spätestens dann, wenn Arbeitsverweigerung auch schlechte Noten nach sich zieht. Einem normal erzogenen Kind ist das nicht egal. Wenn ein Kind in der ersten Klasse noch ein wenig aus dem Rahmen fällt, würde ich mir da aber erstmal keine größeren Gedanken darüber machen.
Ich finde es nun nicht wirklich schlimm, wenn der Junge beim Tanzen nicht mitmachen möchte und, wenn die Großcousine weiß, dass ihrem Sohn das Tanzen nicht so liegt, dann muss er es auch nicht unbedingt machen. Wobei ich denke, dass der Sport mit zum Allgemeinen Schulunterricht gehört und ich da dann mehr die Meinung vetrete, dass der Junge das Tanzen mitmachen muss, egal, ob er möchte oder nicht. Er kann nun in einer anderen Unterrichtsstunde auch nicht behaupten, dass er Mathematik nicht mag und, deshalb nicht mitrechnen möchte. Das geht so natürlich nicht.
Es ist ja nun mal so, dass das Tanzen im Sportunterricht in der ersten Klasse nicht so ein Tanzstil sein wird, wie bei den Erwachsenen. Ich denke auch, dass die Jungen und Mädchen aus der ersten Klasse im Tanzunterricht sich zur Musik etwas bewegen mussten, aber das wird es dann auch schon gewesen sein. Immer hin wird es irgendwann auch so kommen, dass die ganze Klasse Fußball spielt oder eine andere typische Jungssportart macht und dann sollen die Mädchen sich auch weigern dürfen? Finde ich großen Quatsch. Ich finde es auch nicht gut, wenn man das Angebot erweitert und den Jungen typische Jungensportarten anbietet und den Mädchen typische Mädchensportarten anbietet.
Immer hin bin ich der Meinung, dass die Kinder ruhig alles Ausprobieren sollen und auch gerne Sportarten toll finden dürfen, die mal so gar nicht typisch für das Geschlecht sind. Das finde ich in Ordnung. Und vor allem finde ich die Verweigerung nicht gut. Die Kinder sollen alles gerne ausprobieren und, wenn sie das Ausprobieren verweigern, scheint es auch nicht gut zu sein. Zu dem denke ich nicht, dass der Junge ein Trauma bekommen wird, wenn er etwas mittanzt im Sportunterricht.
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