Renaturierung von bestehenden Flüssen sinnvoll?

vom 22.03.2014, 19:23 Uhr

In Wien wird der Wien-Fluss teils einer Renaturierung unterzogen. Das heißt, sein Betonbett wird abschnittsweise gegen ein naturnahes Bett ausgewechselt und auch der Baumbestand entlang des Flusses soll wieder einem früheren Bild entsprechen.

Ist die Renaturierung von bestehenden Flüssen sinnvoll oder gar bei Hochwasser eher gefährlich? Ist es besser, einem Fluss ein naturnahes Bett wiederzugeben oder soll dieser lieber in seinem regulierten Bett verbleiben?

» celles » Beiträge: 8677 » Talkpoints: 4,08 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Renaturierung wird als Maßnahme im Hochwasserschutz angewandt. Man versucht dadurch also, dass Hochwasser weniger gefährlich werden und nicht mehr. Hier stehen die Bedürfnisse der Natur eigentlich nicht denen der Menschen gegenüber.

Zur Renaturierung gehören auch immer Flächen, die der Fluss überfluten darf. Ein Fluss trägt nun mal manchmal mehr und manchmal weniger Wasser. Das ist ganz natürlich und lässt sich nicht verhindern. Einbetonierte Flussbette berücksichtigen das aber nicht. Die lassen einem Fluss nur ganz wenig Spielraum. Ein Fluss braucht aber wesentlich mehr, wenn die Schneeschmelze in den Bergen einsetzt oder wenn es wochenlang stark regnet.

Was bei Hochwasser sinnvoll ist, ist ein natürliches Flussbett. Seitenarme, in denen einiges von den Wassermassen verschwindet und abgebremst wird. Überflutungsflächen, wo keine Sandsäcke aufgestapelt werden, damit das Hochwasser nicht einfach immer weiter steigt. Das alles hat ein Fluss, der nicht vom Menschen umgelenkt und verändert wurde und an dem nicht wie wild und ohne Verstand gebaut wurde.

Es ist ein Trugschluss, dass ein Fluss in einem betonierten Bett wirklich reguliert wäre. Wasser lässt sich nicht regulieren. Die Natur lässt sich nicht regulieren. Man muss ihr den Platz lassen, den sie braucht.

Benutzeravatar

» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Gerade für den Hochwasserschutz ist eine Renaturierung sinnvoll. Denn damit bekommt der Fluss meist auch wieder Flächen wo er sich ausdehnen kann, wenn wirklich sehr viel Wasser da ist. Zudem sind die Uferanlagen mit natürlichem Bewuchs wesentlich sinnvoller, was auch den Naturschutz angeht. Erst neulich gab es dazu einen Bericht über den Inn, wo sich nach der Renaturierung von einigen Teilen auch Tiere dort wieder ansiedeln und vermehren, die schon mal verschwunden waren.

Es ist also nicht nur der Fluss als Gewässer, der von so einer Maßnahme profitiert. Pflanzen, Tiere und auch die Menschen werden langfristig ihre Vorteile dabei haben. Und ein Fluss der sich auf Wiesen und Auen ausdehnen kann, der wird kaum noch Ortschaften überfluten.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Ich finde die Renaturierung sehr sinnvoll. Noch besser wäre es natürlich gewesen, wenn der Mensch sich gar nicht erst in die Natur eingemischt hätte und der Fluss von Anfang an gar nicht erst aus seiner natürlichen Umgebung gerissen worden wäre. Aber der Mensch ist nunmal ein Wesen, das von dem inneren Drang gelenkt wird, die Natur und alles um ihn herum zu beherrschen. Was das für Folgen haben kann, haben wir ja alle gesehen und ist und somit bekannt. Ich bin aber froh, dass der Mensch wenigstens aus seinen Fehlern lernt und sich wenigstens bemüht, alles weitestgehend "rückgängig" zu machen in dem Sinne.

Benutzeravatar

» Olly173 » Beiträge: 14700 » Talkpoints: -2,56 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Wenn ein Fluss renaturiert wird, dann ist das eine aufwändig Sache. Es gibt studierte Leute, die sich mit der Ökologie von Süßwasser auskennen und da aufwändig solche Projekte vor und nach der Durchführung begleiten. Das wird nicht einfach ein Trupp Bauarbeiter mit Bagger hin geschickt und blind drauf los gebuddelt. Mittlerweile hat die Süßwasserforschung so einiges an Erkenntnissen gesammelt, dass eben einige früher durchgeführten Baumaßnahmen eher kontraproduktiv waren.

Mal abgesehen vom Hochwasserschutz gibt es noch ganz viele andere Gründe, ein Gewässer aus dem Betonbett zu befreien. Einige Fische laichen nur in Kiesbetten oder an Pflanzen. Wenn sie nur Beton vorfinden, dann kann das dazu führen, dass sie sich zu wenig vermehren und langfristig die Population zurück geht. Aber nicht nur Fische, sondern auch zahlreiche andere Wasserlebewesen. Vom Kleintier bis hin zum Bakterium sind mit Betonwannen nicht gut bedient. Ein natürlicher Flussverlauf und ein natürlicher Bodengrund können sehr viel zur Artenvielfalt beitragen.

Auch das biologische Gleichgewicht in einen Gewässer mit Betonwanne ist stark in Gefahr. Filterprozesse und eine ordentliche Besiedelung mit nützlichen Bakterienbelägen, die das Wasser klären kann auch Beton nicht so statt finden. Das hängt alleine davon schon ab, dass Kies eine wesentlich größere Oberfläche als Beton hat. Schadstoffe und Nährstoffe werden heute in jeden Fluss eingetragen. Sei es durch den Regen über die gedüngten Felder oder sei es, dass Flüsse das vor geklärte Wasser aus den Kläranlagen aufnehmen. Wenn die Flüsse nicht in der Lage sind, ihr Gleichgewicht selbst zu halten, dann bringt das massive Probleme, die heute zumindest hier keiner mehr haben will.

Von daher würde ich mit Blick auf das Gesamtpaket schon sagen, dass sich eine Renaturierung in jedem Fall lohnt, wenn sie angemessen durchgeführt wird.

Benutzeravatar

» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


Ähnliche Themen

Weitere interessante Themen

^