Alkohol in der Schwangerschaft fördert angeblich Entwicklung

vom 17.03.2014, 20:43 Uhr

Es ist in der naturwissenschaftlichen Forschung nichts Seltenes, das bisher als gesichert geltende Thesen plötzlich nach Jahren revidiert worden sind. Ein banales Beispiel wäre, dass Spinat kein sonderlich eisenhaltiges Gemüse ist, obwohl über Jahrzehnte genau das Gegenteil behauptet wurde. Wobei das nun meines Erachtens kein schwerwiegendes Fehlurteil gewesen ist. Ob man nun mehr oder weniger Eisen zu sich nimmt, wenn man Spinat isst, kann zumindest im Normalfall zu keinen schweren gesundheitlichen Schäden führen.

Nun habe ich aber einen Artikel gelesen, bei dem das schon anders ist. Es geht um eine Thematik, bei der es durchaus zu körperlichen Schäden, sogar zu extrem schwerwiegenden, kommen kann. Es geht nämlich um Alkoholkonsum in der Schwangerschaft. Bisher wurde strikt davor abgeraten, da Alkoholkonsum den Fötus im Mutterleib schwer schädigen kann. Es kann beim Kind zu Behinderungen kommen, oder aber, der Fötus stirbt schon im Mutterleib ab. Verwunderlich ist es nicht, da Alkohol ein Nervengift ist.

Verwunderlicher ist eher, dass es nun wohl heißt, dass geringe Mengen Alkohol in der Schwangerschaft keineswegs schädlich sein sollen. Nein, im Gegenteil, angeblich sei sogar die soziale Entwicklung des Kindes beschleunigt, falls die Mutter während der Schwangerschaft geringe Mengen Alkohol zu sich genommen hat. Ehrlich gesagt erscheint mir das wenig plausibel. Wer aber mehr darüber lesen möchte, kann das hier im Online-Angebot der Frankfurter Rundschau tun.

Noch erstaunlicher, gelinde gesagt, finde ich, was einige Personen aus dieser Meldung machen. Beispielsweise sehr interessant finde ich diesen und diesen Beitrag auf feministischen Websites. Bisschen böswillig interpretiert kann man ja fast herauslesen: "Ich mache, was ich will. Mein Wohlbefinden ist wichtiger, als das, was mit dem Embryo passiert."

Aber vielleicht interpretiere ich das auch falsch. Wie seht Ihr das? Wie empfindet Ihr die Meinungen zu dieser Studie, laut der Alkoholkonsum in der Schwangerschaft angeblich sogar förderlich sein soll? Und was denkt Ihr über die Studie selbst? Würde diese Euer Verhalten in der Schwangerschaft verändern?

Ich selber habe zwar nicht vor, Kinder zu bekommen, aber wenn ich eines bekäme, dann wäre definitiv klar, dass ich während der Schwangerschaft keinerlei unnötige Risiken eingehe. Daher würde ich auch keinen Alkohol in der Zeit trinken, mal abgesehen davon, dass mir ein Verzicht auf Alkohol sowieso nicht schwer fällt, und ich auch derzeit sowieso schon kaum Alkohol trinke. Aber meine Hauptmotivation wäre einfach, dem Kind nicht schaden zu wollen. Meiner Meinung nach muss man eben Verantwortung übernehmen, wenn man ein Kind bekommt. Egoistisch können einige Leute ja ruhig sein, aber wenn man die Verantwortung über ein Lebewesen übernimmt, und das tut man, wenn man ein Kind bekommt, dann sollte das auch Grenzen haben.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Ich halte von solchen Artikeln uns Pseudo-Studien gar nichts. Bei dem durchschnittlichen Intellekt unsere heutigen Jugend folgern die daraus garantiert, dass sie ihrem Baby Gutes tun, wenn sie sich jeden Tag ins Koma saufen. Und ich denke, das einzige, was der Alkoholkonsum fördert, ist die Nichtentwicklung des Gehirns und der Organe. Dies ist ja nun durch jahrelange Studien belegt und insofern unstreitig.

Und ich würde gerne wissen, welche soziale Entwicklung bei einem ungeborenen Kind gefördert werden soll. Das einzige, was ich mir vorstellen könnte, ist, dass es sich später mit anderen Alkoholikern gut verstehen wird. Ich kenne ein Kind, dessen Mutter in der Schwangerschaft ihren Alkoholkonsum nicht eingestellt hat, denn sie war Alkoholikerin. Dieses Kind hatte schwere Störungen und war stark an der Grenze zur geistigen Behinderung.

Ich habe keine Kinder und will auch keine haben. Aber wenn ich welche bekommen würde, dann wäre es für mich selbstverständlich, dass ich mein Verhalten so einrichte, dass ich das Kind nicht gefährde. Ich bin zwar auch eine Vertreterin des "Mein Bauch gehört mir"-Arguments, aber es ist eine Sache, ob ich selbst darüber entscheide, ob und wie ich mein Kind bekomme, und eine völlig andere, ob ich meinem Kind gesundheitlichen Schaden für sein gesamtes Leben zufüge. Und diese Einschränkungen muss ich doch nur neun Monate auf mich nehmen und eventuell die Zeit des Stillens. Es heißt ja nicht, dass ich den Rest meines Lebens darauf verzichten muss.

» SonjaB » Beiträge: 2698 » Talkpoints: 0,98 » Auszeichnung für 2000 Beiträge


Bei einer Studie muss man sich immer überlegen, wer sie in Auftrag gegeben hat und wie man sie auswertet. Wenn man bestimmte Daten eben zu seinen Gunsten auslegt und Sachen ein bisschen dreht, dann kann man eine Studie eben in einem ganz anderen Licht dastehen lassen.

Ich denke, dass man nicht trinken sollte, wenn man schwanger ist. Ein kleiner Tropfen ist da meiner Meinung nach schon zu viel, weil es dem Kind schaden könnte. Es muss nicht schaden, aber auch wenn nur eine geringe Wahrscheinlichkeit bestehen würde, würde ich doch nicht riskieren wollen, dass mein Kind Schaden davonträgt. Ich denke, dass man auch mal 9 Monate auf Alkohol verzichten kann und es dann eben auch nicht machen sollte, wenn man stillt. Das Kind sollte einem das schon Wert sein.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich empfinde das als Unding. Also schwanger Alkohol zu trinken. Und da wäre es mir auch egal, was irgendeine Studie davon hält. Dieses Wesen ist so auf uns angewiesen. Auf unseren Schutz. Da führe ich ihm doch keine schädlichen Substanzen zu, auf die ich auch getrost verzichten könnte. Man will es doch beschützen, und nicht schädigen.

» Maddie » Beiträge: 196 » Talkpoints: 63,84 » Auszeichnung für 100 Beiträge



SonjaB hat geschrieben:Ich bin zwar auch eine Vertreterin des "Mein Bauch gehört mir"-Arguments, aber es ist eine Sache, ob ich selbst darüber entscheide, ob und wie ich mein Kind bekomme, und eine völlig andere, ob ich meinem Kind gesundheitlichen Schaden für sein gesamtes Leben zufüge.

Ich denke, "Mein Bauch gehört mir!" ist hier ein gutes Stichwort. Tatsächlich glaube ich, dass dieser Gedanke, nicht für das ungeborene Kind auf den Alkoholkonsum verzichten zu wollen, eine übertriebene Auffassung von Selbstbestimmung ist. Während ich es nachvollziehbar finde, selber darüber zu bestimmen, ob und wie man ein Kind bekommen möchte, ist das eben doch eine ganz andere Sache, wenn schon ein Embryo vorhanden ist, und man im Grunde schon Verantwortung übernommen hat. Insofern stimme ich Dir definitiv zu!

Und ja, ob man will, oder nicht, in dem Zustand, wenn schon länger eine Schwangerschaft besteht, hat man die Verantwortung gegenüber dem entstandenen Menschen meines Erachtens einfach. Und ein erwachsener Mensch sollte wissen, was das bedeutet, und sollte sich auch dementsprechend benehmen können. Das hat garantiert nichts mit Unterdrückung oder Patriarchat zu tun, sondern es geht lediglich darum, sich gegenüber dem entstandenen Kind, selbst, wenn es noch nicht auf der Welt ist, sozial und fürsorglich zu benehmen. Aus sozialen Gründen. Aus Liebe zu einem Mitmenschen, oder aus Sorge um ihn.

Ich denke, das sollte man sich bewusst machen. Es mag Frauen geben, die gleich Bevormundungsversuche wittern. Natürlich durch Männer, durch "das Patriarchat", das die Frauen nur als Gebärmaschinen sieht und seinen eigenen Nachwuchs sichern will. Ja. Obwohl ich recht vielen feministischen Theorien positiv gegenüberstehe, irgendwo hat es auch Grenzen. Irgendwann ist es Paranoia. Und was mir vor allen Dingen bei den ganzen Diskursen fehlt, ist die Menschlichkeit.

Man diskutiert hier über Selbstbestimmung, darüber, dass man keine Vorschriften bekommen möchte, selbst, wenn man schwanger ist, und schon gar nicht von Männern. Man will sich nicht zurücknehmen, man will nicht verzichten, man will selber bestimmen. Aber verschwendet dann überhaupt noch einer einen Gedanken daran, was das alles eigentlich für das Kind bedeutet, das möglicherweise eben doch mit einer schweren alkoholbedingten Behinderung auf die Welt kommt? Dass man das so ausblendet, obwohl es ein ernsthafter Aspekt der gesamten Diskussion sein müsste, empfinde ich als etwas befremdlich.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Ich kenne die genaue Studie nicht, aber da Statistiken so oft falsch interpretiert werden, wage ich folgende These: Frauen, die wenig Alkohol (wer trinkt schon 0,01 Liter Wein?) trinken, tun dies wahrscheinlich durch Nippen an anderen Weingläsern in Gesellschaft. Solche Leute sind sozial, weil sie mindestens zweimal die Woche in geselliger Runde beisammen sind. Dieses soziale Verhalten wird vererbt. Solche Kinder sind natürlich genetisch sozialer als solche, die ganz krampfhaft auf etwas verzichten (was in diesem Fall aber richtig wäre). Vielleicht wären die Kinder der leichten Alkoholtrinker sogar noch sozialer, wenn die Mutter auf den Alkohol verzichtet hätte? Dies müsste man testen.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »


Prinzipiell wussten schon die Mediziner in der Antike, dass die Dosis erst aus einer Substanz ein Gift macht. Es gibt einige Substanzen, die in der richtigen Dosierung nützen und in zu hoher Dosis schaden.

Zwei mal 10 ml Wein pro Woche, wurde als sichere Dosis angenommen. Genau genommen ist das eigentlich nicht Alkohol trinken, sondern Alkohol nippen. 10 ml, das ist ein halbes Schnapsglas, also wirklich eine winzige Menge. Jetzt könnte man ausrechnen, wie viel Alkohol darin enthalten ist und wie weit durch den Konsum dieser Menge der Blutalkohol einer Schwangeren steigt. Dem gegenüber könnte man ausrechnen, wie viel Alkohol in einem Liter Fruchtsaft enthalten ist, denn auch Säfte sind nicht gänzlich alkoholfrei, was kaum bekannt ist. Saft wird von den meisten Schwangeren ohne Bedenken in größeren Mengen konsumiert. Ich vermute jetzt mal, dass da kaum ein Unterschied besteht.

Ich denke also, dass da kein wirklicher Widerspruch vorliegt, sondern einfach wohl gezeigt wird, dass der Körper einer gesunden Mutter solche Mengen möglicherweise unschädlich macht, bevor es beim Kind ankommt. Zumindest wäre das meine Vermutung.

Die Studie ist meiner Meinung nach nicht sauber angelegt. Die Frauen sollen im Nachhinein aus dem Gedächtnis aufschreiben, wie viel sie getrunken haben. Selbst wenn sie nicht absichtlich für die Studie ihre Trinkgewohnheiten in der Schwangerschaft beschönigen, kann man befürchten, dass vielleicht das eine oder andere nicht richtig erinnert wurde. Zudem kann man bei fünf Jahre alten Kindern keine 1:1 Schlüsse ziehen, was genau für die Entwicklung des Sozialverhaltens ursächlich war. Zumindest in dem Zeitungsartikel wurde nichts über Lebensstil oder Erziehungsstil geschrieben und ob das einen Unterschied in der Versuchsaufstellung gemacht hat. Fünf Jahre gute soziale Förderung durch kontaktfreudige Eltern können sehr viel ausmachen und viel ausbügeln, was in der Schwangerschaft falsch gemacht wurde.

Zudem kann man relativ junge Säuglinge nur schwer auf Intelligenz oder Sozialverhalten testen. Und das wäre meiner Meinung nach der einzige Zeitpunkt, wo man wenigstens theoretisch relativ gesicherte Daten erheben könnte, die andere Faktoren ausschließen.

Ich würde es auch in weiteren Schwangerschaften so halten, dass ich Alkohol so weit wie möglich meide. Man muss sich nicht in Gewissensbissen wälzen, wenn in der Torte vom Bäcker ein Schuss Rum enthalten war, oder wenn man zur eigenen Hochzeit in der Schwangerschaft mit einem Finger breit Sekt im Glas anstößt. Aber es gibt keinen eigentlichen Grund, warum man Alkohol zur Förderung konsumieren sollte. Wenn man den Kindern einen guten sozialen Start ermöglichen will, dass ist der Besuch einer Krabbelgruppe mit dem jungen Kind und der regelmäßige Ausflug auf den Spielplatz sicher weit wirksamer. Das ist auch weiterhin das Mittel meiner Wahl.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



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