Hessens Busfahrer streiken zum Abitur 2014

Meine Großnichte lebt mit ihren Eltern in Hessen. Das Mädchen besucht die letzte Klasse eines Gymnasiums und in dieser Woche wird das schriftliche Abitur geschrieben. Meine Großnichte ist natürlich sehr aufgeregt und lernt fleißig.

Da meine Großnichte mit ihrer Familie in einer kleinen Ortschaft wohnen, fährt sie jeden Tag mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die nächste Kreisstadt, in der auch das Gymnasium ist, welches sie besucht. Sie ist die einzige Schülerin ihres Jahrgangs, die in dieser kleiner Ortschaft lebt. Ihr Vater arbeitet vor Ort und die Mutter hat keinen Führerschein und die Familie hat kein Auto.

Seit gestern geht nun durch das Radio die Meldung raus, dass wahrscheinlich genau an den Tagen der schriftlichen Reifeprüfung der öffentliche Personennahverkehr bestreikt werden wird. Auch die Schule hat diese Mitteilung an die Schüler und Schülerinnen weiter gegeben und darauf verwiesen, dass ein Nicht-Erscheinen zum schriftlichen Abitur mit einer 6 und nicht bestanden gewertet werden wird. Ähnlich wird wohl auch mit Verspätungen umgegangen. Und es ist noch nicht klar, wann und ob und in welchem Zeitrahmen gestreikt wird. Auf den Listen der Städte die betroffen sein könnten, die im Internet kursieren, steht aber der Verkehrsverbund mit drauf, den meine Großnichte nutzt, um den Schulweg täglich zu meistern.

Es ist natürlich ein schlauer Schachzug von Verdi, die Streiks nun so zu legen, dass den Menschen, die gar nicht anders können, den Weg zu erschweren. Denn zumindest werden viele betroffene Eltern sich sicherlich dazu äußern. Und wäre schon der Hit, wenn das hessische Abitur in Gefahr ist, weil nun die Bus- und Bahnfahrer streiken.

Meine Großnichte weiß auch noch nicht, wie sie an den Tagen des Abiturs in die Schule kommen soll, falls gestreikt wird. Leider wird das wohl auch erst am Streiktag bekannt gegeben. Meine Großnichte hat auch niemanden vor Ort, der sie mal eben zur Schule fahren kann und auch wieder abholen kann.

Was haltet ihr von der Aktion von Verdi? Werden somit die Arbeitgeber so unter Druck gesetzt, dass sie endlich höheren Löhnen zustimmen werden? Seit ihr eventuell auch von den angekündigten Streiks betroffen? Oder kennt ihr vielleicht auch Abiturienten, deren Zukunft durch den Streik in Gefahr ist? Wie würdet ihr als Abiturient an einem solchen Tag nun handeln?

Für so eine Art von Streik habe ich nur begrenzt Verständnis, weil der Streik die Bürger in Geiselhaft nimmt und diese wesentlich stärker betroffen sind, als die Unternehmen, die bestreikt werden. Ähnlich wie wenn Lokführer oder Fluglotsen streiken. Ich könnte mir auch andere Formen von Streik und Protest gegen Missstände bzw. für Lohnerhöhungen vorstellen, die weniger die Bürger und mehr die Unternehmen treffen würde.

Für deine Großnichte ist das nun besonders schlecht, da sie sich nicht auf den öffentlichen Personennahverkehr zu ihrer Prüfungszeit verlassen kann. Aber sich darüber aufregen und den Kopf in den Sand stecken, bringt natürlich auch nichts. Das Abitur ist zu wichtig und sollte vorgehen.

Eine Möglichkeit ist eventuell eine Mitfahrgelegenheit im Auto von Mitschülern oder Nachbarn und Bekannten, die in Richtung Schule fahren. Ich als passionierter Radfahrer, könnte mir in so einer Situation auch vorstellen, mit dem Rad zu fahren, selbst wenn es eine lange Strecke sein sollte. Da müsste man dann halt mal etwas früher als sonst aufstehen. Sollten alle Stricke reißen und ich einfach keine Möglichkeit finde oder sehe, würde ich mir ein Taxi bestellen. Das ist dann zwar recht teuer, aber wie ich schon gesagt habe, ist die Abiturprüfung einfach viel zu wichtig. Dafür kann man auch schon mal Opfer bringen.

Verständnis habe für eine solche Maßnahme nicht das geringste. Ich finde es einfach unverschämt von der Gewerkschaft auf Kosten der Jugendlichen ein Erpressung zu starten. Dass sie nach der langen Lernzeit das Abitur nicht wegen Streiks verschieben können, dessen sind sie sich bewusst.

Das ist kein schlauer, sondern ein sehr unverschämter Schachzug von Verdi. Ich finde, dass diese Gewerkschaft langsam mal zurückrudern sollte. Durch kluge Verhandlungen ist ebenso viel zu erreichen. Aber dazu braucht man natürlich auch kluge Köpfe.