Länder, in denen nur Druckschrift gelehrt wird

vom 17.03.2014, 05:28 Uhr

Ich kann mich gut daran erinnern, dass mein Englischlehrer vor etlichen Jahren mal im Unterricht behauptete, in den USA lernten die Schüler keine Schreibschrift. Lediglich Druckbuchstaben stünden dort auf dem Lehrplan. Etwas Anderes würden viele Menschen dort gar nicht mehr kennen.

Zuerst zweifelte ich den Wahrheitsgehalt dieser Behauptung ein wenig an. Dann stellte ich aber zuerst fest, dass viele handschriftliche Notizen von US-Amerikanern tatsächlich nur in Druckschrift verfasst sind. Als ich meine ersten Brieffreundschaften nach Nordamerika hatte, bekam ich die Briefe auch immer nur in Druckschrift. Und während irgendeines nicht so sinnvollen Internet-Chats mit einem US-Amerikaner, den ich mal als Teenager in einer Freistunde am Schul-Computer führte, musste ich feststellen, dass mein Chatpartner auf die Mitteilung, dass es überhaupt eine Schreibschrift und nicht nur Druckschrift gibt, wirklich irritiert reagierte. Und ich reagierte noch viel irritierter, weil ich mir bis dahin gar nicht vorstellen konnte, dass es Leute gibt, die Schreibschrift gar nicht kennen und sich kaum vorstellen können, dass es so etwas überhaupt gibt.

Also scheint es offenbar wirklich zu stimmen: US-Amerikaner erlernen keine Schreibschrift und können sie daher zum Großteil gar nicht mehr. Wobei ich natürlich nicht über alle US-Amerikaner urteilen kann, schließlich ist das Land groß und die Lehrpläne an den einzelnen Schulen dürften landesweit sehr variieren. Also dass man an einigen Schulen sehrwohl Schreibschrift lernt, würde ich nicht ausschließen. Nur an vielen scheint es eben nicht der Fall zu sein, wie mein Englischlehrer ja auch behauptet hatte.

Mich würde mal interessieren, ob es so ein Vorgehen eigentlich auch in anderen Ländern gibt. Wenn ja, wo? Und wo liegt der Sinn darin, den Schülern nur noch Druckbuchstaben beizubringen?

An meiner Grundschule, hier in Deutschland, wurden Druckbuchstaben zum Schreiben übrigens nur bis in die dritte Klasse verwendet. Dann begannen wir, Schreibschrift zu lernen. Am Gymnasium war das dann bei Aufsätzen auch die einzig gültige Schrift gewesen, worüber wir aber fairerweise auch vorher informiert worden waren.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Was die Didaktik angeht, wird und wurde da auf sehr vielen Wegen erfolgreich unterrichtet. In der DDR wurde damals wohl sogar gänzlich auch das Erlernen der Druckschrift verzichtet und gleich mit der Schreibschrift angefangen. Das spart Zeit und die Druckschrift erlernte man nebenbei durch das Lesen. Den Weg finde ich gar nicht so schlecht.

Auch in Hamburg wurde seit 2011 den Schulen frei gestellt, ob sie überhaupt noch Schreibschrift lehren wollen. Moderne Didaktiker gehen davon aus, dass es heute weit sinnvoller ist, den Kindern von Klein an das effektive und flüssige Schreiben auf Tastaturen verschiedener Art zu lehren, statt an so einem altmodischen Konstrukt wie einer Schreibschrift fest zu halten. Der Grund ist, dass eine Schreibschrift dann erleichtert, wenn man viel und schnell von Hand schreiben muss. Aber mal ehrlich: Wo muss man das heute noch? Selbst an der Uni fertigen mittlerweile viele ihre Mitschriften einfach mit dem Computer an und nicht mehr von Hand. Das geht einfach noch schneller und sauberer, als man je von Hand schreiben könnte.

Aus meiner Schulzeit kann ich mich noch erinnern, dass unsere italienischen Austauschschüler auch nie in Schreibschrift geschrieben haben. Die hatten immer so eine relativ nette Druckschrift, um die ich sie ein wenig beneidet habe. Ob das in ganz Italien so gelehrt wird, oder ob das eine spezielle Sache an dieser Schule oder in dieser Stadt war, weiß ich nicht. Die Suchmaschine hat mir dazu auch keine besonders gut verwertbaren Ergebnisse geliefert.

Fest steht, dass sich da in den nächsten Jahren sicherlich viel ändern wird, denn die Zeit bleibt nicht stehen. Zudem gibt es in Deutschland sogar drei verschiedene Schreibschriften, die je nach Bundesland gelehrt werden. Welche das sein dürfen schreiben die jeweiligen Bundesländer vor. Meines Erachtens haben die Schriften alle ihre Nachteile und im Normschriftbogen sehen sie alle nett aus. Wie das dann letztlich in Schülerhandschrift aussieht ist das nächste Problem und da zeigt sich eben, dass theoretisch gute Ideen in der Praxis nicht immer gut umgesetzt werden. Da herrscht seit Jahren auch schon Uneinigkeit, welche der Schriften nun die beste und modernste sei. Statt eine neue Schrift zu entwickeln wäre ein kompletter Abschied vielleicht das konsequenteste.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge


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