Ähneln neue Grabsteindarstellungen echt Facebook-Profilen?

vom 02.03.2014, 23:32 Uhr

Gewisse deutsche Soziologen sind der Meinung, dass eine große Anzahl von neuen Grabdarstellungen sowohl in Deutschland als auch in Österreich immer mehr Facebook-Profilen ähnlich werden. Dies liege daran, dass man auf den modernen Grabdarstellungen immer öfters bestimmte Vorlieben wie Rauchen, Tierliebe oder Musikgeschmäcke der Verstorbenen hervorhebt.

Ähneln neue Grabsteindarstellungen echt Facebook-Profilen? Habt Ihr auch schon einmal diesen Gedanken gehegt oder findet Ihr diesen komplett abstrus? Denkt Ihr, dass diese Eigenschaftshervorhebungen ein guter Trend sind oder würdet Ihr diesem Trend nicht folgen wollen?

» celles » Beiträge: 8677 » Talkpoints: 4,08 » Auszeichnung für 8000 Beiträge



Den Bezug zu Facebook deute ich hier als Schlagzeile. Das soll die Leute dazu bringen, den Artikel anzuklicken. Denn dass Grabsteine wie Facebookprofile aussähen, ist natürlich Quatsch. Darunter hätte ich jetzt etwas vollkommen anderes verstanden. Dass beispielsweise eine Timeline mit den wichtigsten Lebensereignissen auf dem Grabstein eingemeißelt wäre.

Worüber tatsächlich geschrieben wurde, ist die Individualisierung von Grabstätten. Diese Individualisierung ist auch auf Facebookprofilen zu beobachten, weil jeder sein eigenes Foto, sein Hintergrundbild und ähnliches aussuchen kann. Dennoch gibt es diesen Trend zur Individualisierung in vielen Bereichen und auch schon viel länger als es Facebook gibt. Die Namensaufkleber auf Autos zum Beispiel sind ebenfalls eine Individualisierung, lustige Fußmatten vor der Haustür und Blumen auf dem Bürotisch. Auch Fotos auf Grabsteinen gibt es seit Jahrzehnten.

Und diese Individualisierung kann ich einfach nicht schlimm finden. Was spricht dagegen, einen Grabstein individuell zu gestalten, statt schnöde die Geburts- und Sterbedaten einzumeißeln? Gut, hier wurden seltsame Beispiele genannt, die ich sicher nicht auf meinem Grabstein haben wollen würde oder auf den eines Freundes schreiben ließe. "Alles Scheiße" beispielsweise. Aber das ist eben das Individuelle. Zu diesem Verstorbenen hat es wahrscheinlich gepasst und er hätte nichts dagegen.

Und gegen die Noten des Lieblingsliedes oder eine Statue des geliebten Haustieres auf dem Grab kann man doch echt nichts sagen. Wenn es den Menschen ausgemacht hat, ist es doch in Ordnung. Immerhin ist der Ort für die Hinterbliebenen zum Trauern. Diese Dinge wecken die Erinnerung an den geliebten Menschen sicher mehr als die Inschrift "Geliebter Ehemann, liebevoller Vater", die auch auf tausenden anderen Grabsteinen steht und zu einer relativ hohen Prozentzahl schlichtweg eine Lüge ist.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Genau wie im Leben spielen Normen auch auf dem Friedhof eine unwichtigere Rolle. In unserer heutigen Gesellschaft kann man sich freier entfalten als früher, wo alles mehr geregelt war und gewisse Traditionen eingehalten werden mussten. Das galt dann auch für die Gräber. Ich finde die Entwicklung gut, dass man im Leben und im Tod nicht mehr schief angesehen wird, wenn man sich nicht einer unsinnigen Norm anpasst und seine individuelle Persönlichkeit herausstellt. Wahrscheinlich gibt es aber trotzdem noch gewisse Regeln auf den Friedhöfen, was die Gestaltung der Gräber anbelangt. Mit Facebook sehe ich da auch nur eine nicht kausale Korrelation und keine Beeinflussung.

» anlupa » Beiträge: » Talkpoints: Gesperrt »



Heute kann man seinen Grabstein eben so gestalten lassen, wie es einem gefällt, was früher nicht möglich war. Deswegen einen Grabstein mit Facebook zu vergleichen finde ich aber Schwachsinn. Immerhin gibt man bei Facebook wirklich alles an und es ist schon etwas anderes als ein Grabstein, den man beispielsweise nach seinem Hobby gestaltet. Dass man auch einen lockeren Spruch bringen kann, finde ich gut. Wir sind nun nicht mehr so spießig und man kann auch mal auf einem Friedhof lächeln.

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» Ramones » Beiträge: 47746 » Talkpoints: 6,02 » Auszeichnung für 47000 Beiträge



Ich würde sagen, diese sehr individuell gestalteten Grabsteine und die Social-Media-Kultur sind beide Ausdruck des selben Phänomens und nicht Wirkungen voneinander: Sie stehen einfach für den immer stärker werdenden Individualismus der postmodernen Gesellschaft. Der Konservatismus wird immer unglaubwürdiger und lächerlicher. Die Menschen werden sich immer mehr bewusst, dass sie einzelnen Wesen sind und keine Massentiere.

» Larissa1972 » Beiträge: 18 » Talkpoints: 2,67 »


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