Lehrer verweist laufend auf wikipedia - OK?
Der Erdkundelehrer von meinem Neffen mag keine Fragen im Unterricht. Sobald dieser Lehrer etwas gefragt wird, verweist er sofort auf Wikipedia und meint, dass der jeweilige Schüler gleich ein Referat zu seiner Frage schreiben kann, damit er sich auch die Antwort länger und besser merken kann! Dieses Referat sollte auch schnell vor der gesamten Klasse vorgetragen werden!
Findet Ihr es in Ordnung, dass ein Lehrer die Schüler immer auf Wikipedia verweist und auch über gestellte Fragen gleich Referate verfassen lässt? Soll diese Aufgabenstellung die Schüler weiterbilden oder eher verhindern, dass sie Fragen im Unterricht stellen?
Wenn der Lehrer meiner Tochter, ok es sind noch ein paar Jahre bis sie in die Schule kommt, auf Wikipedia verweisen würde, würde ich mich auf jeden Fall beschweren. Schließlich ist es sein Beruf die Schüler zu Unterrichten und nicht nur irgendwelche Vorträge vorzulesen. Vor allem da die vorliegende Info in Wikipedia ja auch nicht immer richtig ist, wenn dann müsste man die Kinder eher darauf schulen wie man das Internet als Informationsquelle wirklich nutzt. Jedoch ist dies sicher keine Aufgabe für einen Erdkundelehrer.
Dieses Vorgehen des Lehrers finde ich absolut nicht in Ordnung. Irgendwie sieht es für mich so aus, als ob der Lehrer in dem Moment die Antwort nicht weiß, das aber nicht zugeben möchte. So sagt er dann dem Schüler, dass dieser ein Referat über die Frage halten soll. Dann bekommt der Lehrer die Antwort natürlich auch mit und wenn ein anderer Schüler später nochmal die gleiche Frage stellen sollte, kann der Lehrer diese beantworten. Ich denke eher nicht, dass der Lehrer so dafür sorgen möchte, dass die Schüler sich weiterbilden, sondern er eher verhindern möchte, dass in seinem Unterricht Fragen gestellt werden, die er nicht beantworten kann.
Ich finde es auch gar nicht in Ordnung, dass der Lehrer bei Fragen der Schüler auf Wikipedia verweist. Immerhin ist ein Lehrer doch dazu da, dass er eben auch für Fragen der Schüler ein offenes Ohr hat und diese eben beantwortet. Ansonsten könnte die Schule ja irgendjemanden vor die Klasse stellen, der den Unterrichtsstoff einfach nur herunter betet und fertig. Wozu steht denn vorne ein Lehrer? Eben um alles erklären zu können, wenn die Schüler Fragen haben.
Daher würde ich es auch verstehen, wenn sich einige Eltern bei der Schule beschweren. Ich finde es nicht richtig, dass die Schüler nur auf Wikipedia schauen sollen und dann gleich einen Aufsatz darüber schreiben müssen. In meinen Augen kommt das einer Bestrafung gleich und für Fragen, die man stellt, sollte man doch nicht bestraft werden.
Auch ein Lehrer ist kein wandelndes Lexikon. Bei aller Ausbildung und Allgemeinbildung. Die Erde ist so groß, dass man einfach nicht alles wissen kann. Von daher finde ich es schon OK, wenn er nicht alle Fragen sofort beantworten kann. Ob man das jedes Mal thematisieren muss, weiß ich nicht. Schüler, die Geografieunterricht bekommen sind mindestens in der 5. Klasse. Die sollten das denke ich auch kommentarlos schon verstehen.
Referate werden heute im Unterricht verstärkt eingesetzt. Das liegt daran, dass man nach der Lerntheorie des Konstruktivismus davon ausgeht, dass ein Lerner genau das Wissen am besten verinnerlicht, das er sich selbstständig erarbeitet hat. Ein Referat ist da schon ein Mittel, dass der Referent ein Thema seiner Wahl gut vertiefen und verstehen kann. Ob es für die restliche Klasse immer das gelbe vom Ei ist, ständig Referate anzuhören, das sei mal dahin gestellt.
Tja, Wikipedia ist so ein zweischneidiges Schwert. Ich kenne sogar Studenten, die Dozenten in die Verzweiflung treiben, und an der Uni ein ganzes Referat hauptsächlich auf Wikipedia aufbauen. Es scheint also in einigen Schulen Gang und Gäbe zu sein, sich voll auf die Schwarmintelligenz zu verlassen. So schlecht ist Wikipedia mittlerweile oft auch nicht mehr. Einige exzellente Artikel mögen für die Nutzung in der Schule durchaus ausreichen, wenn man noch andere Quellen zu Rate zieht und Wikipedia immer kritisch hinterfragt. Auch das muss gelernt werden. In meinem Praktikum habe ich auch gesehen, dass viele Schüler bei Referaten in der Grundschule automatisch auf Wikipedia zugreifen. Bei vielen Dingen geht das auch ganz gut, nur man muss eben die Grenzen erkennen.
Zudem ist es vielleicht aus Notwehr des Lehrers. In einer Deutschstunde habe ich die Schüler einer 5. Klasse im Berliner Speckgürtel angewiesen, zu Hause ein Buch zu benutzen, in dem die aktuelle und korrekte Rechtschreibung steht. Sprich in den meisten Fällen einen Duden. Die meisten Eltern besitzen in der Region Eigenheime, so richtige Armut herrscht da in wenigen Familien. Man sollte also meinen, dass die 10 Euro etwa für ein absolutes Standardwerk schon drin sind. Da meldet sich doch wirklich fast ein Drittel der Schüler, dass sie keinen Duden im Haushalt habe. Ich dachte erst, sie wollen mich auf den Arm nehmen, aber es war leider ernst gemeint. Wenn schon nicht mal ein Duden in vielen Familien vorhanden ist, kann man dann ernsthaft erwarten, dass man dort einen aktuellen Atlas oder ein Nachschlagewerk über Geografie findet? Ich denke mal nicht. Ich komme mal zurück zur Notwehr: Vermutlich hat der Lehrer eh schon resigniert, weil kaum einer der Schüler dieser Klasse ein vernünftiges Nachschlagewerk für Geographie zu Hause hat und auf Wikipedia kann wirklich jeder Honk immer zugreifen, da gibt es dann keine Ausreden mehr. Es ist zwar traurig, aber aus meiner Sicht durchaus nachvollziehbar.
Ein Lehrer kann auch nicht alles wissen, das ist schonmal klar. Außerdem kann man auch nicht immer ahnen, wie kreativ die Schüler gerade in der Hinsicht sind, irgendwelche Fragen auszudenken und anschließend zu stellen.
Aber gerade auf Wikipedia zu verweisen finde ich absolut daneben. Man weiß doch mittlerweile, dass bei den Wikipedia-Artikeln auch viele Laien mitschreiben und dass die dort geschilderten Sachverhalte nicht immer der Wahrheit entsprechen. Ich musste mal in der Oberstufe in Geschichte ein Referat über die Kuba-Krise halten. Dazu hatte ich auch mehrere Quellen, aber komischerweise hat der Lehrer nur die Aspekte als historisch falsch bezeichnet, die ich bei Wikipedia gefunden hatte und dabei wusste der Lehrer zu dem Zeitpunkt gar nicht, dass gerade diese Information aus Wikipedia ist. Daher bezweifle ich, dass er irgendwie voreingenommen gegenüber WIkipedia war.
Auch in der Uni verhält es sich nicht anders. Mehrere Dozenten haben uns ausdrücklich darauf hingewiesen, keine Quellen von Wikipedia zu verwenden, höchstens mal ein Bild, wenn ein gutes dort zu finden sein sollte.
Wenn ein Lehrer permanent auf Wikipedia verweist, kann man das Schulsystem doch gleich abschaffen und aus jedem Schüler einen Autodidakten machen! Ich hatte auch mal einen Lehrer, bei dem im Unterricht eine Frage aufkam, bei deren Antwort er sich nicht ganz sicher war. Anstatt diese Aufgabe dann auf seine Schüler abzuwälzen, hat er sich selbst höchstpersönlich ausführlich zu Hause darüber erkundigt und uns dann in der nächsten Unterrichtsstunde darüber informiert.
In meinem Studium war Wikipedia bei den Dozenten total verpönt und wir durften unsere Referate und Arbeiten nicht darauf stützen. Nachgesehen habe ich dort natürlich trotzdem, aber habe dann noch wissenschaftlichere Grundlagen gesucht, wenn dort etwas Interessantes stand. Das finde ich auch legitim. Im Studium sollte eben wissenschaftlich gearbeitet werden und dafür ist Wikipedia ungeeignet.
In der Schule finde ich es aber vollkommen in Ordnung, Wikipedia anzuwenden. Der Umgang mit den vielen Informationen im Internet muss erst noch erlernt werden. Und so schlecht ist Wikipedia nicht, dass es für die Schule ungeeignet wäre, wo noch kein hoher wissenschaftlicher Standard vorausgesetzt wird.
Dass der Lehrer die Schüler Referate halten lässt, finde ich auch okay. Für den vortragenden Schüler ist es eine gute Übung, Informationen zusammenzutragen und auch vor einer größeren Gruppe vorzutragen. Für die zuhörenden Schüler empfinde ich Referate aber für ungeeignet. Es bleiben nun mal von einem Laien vorgetragenen Informationen und die Referate sind auch öfter mal mehr schlecht als recht. Also den Unterricht ausschließlich über Referate zu machen, empfinde ich als Unverschämtheit und das hat mich in der Uni auch immer sehr gestört.
Also Referate ja, aber in Maßen. Dass die Schüler auf Fragen immer die Antwort bekommen, ein Referat darüber zu halten, ist sicherlich sehr demotivierend. Ich würde mich dann sehr hüten, überhaupt eine Frage zu stellen. Das ist also sehr kontraproduktiv. Der Lehrer sollte festlegen, wie viele Referate jeder Schüler im Laufe des Jahres halten muss. Wenn ein Schüler eine Frage stellt, die sich für ein Referat eignet, kann man ihn ja darauf hinweisen, dass er gerade ein gutes Thema gefunden hat, für ein Referat, das er so oder so halten müsste.
Aber grundsätzlich ist der Lehrer dazu da, Fragen zu beantworten und das soll er gefälligst auch tun. Natürlich kann er auch nicht alles wissen. Dann darf er gerne zuhause nachschauen und die Frage in der nächsten Stunde beantworten. Aber die Schüler mit jeder Frage komplett alleine zu lassen, ist sicherlich falsch.
Ein Lehrer kann an sich ja auch nicht alles wissen, aber wenn das seine Standartantwort ist, dann ist er meiner Meinung nach Fehl am Platz. Bei Wikipedia stehen nämlich eine Menge Halbwahrheiten und kein guter Pädagoge würde diese Seite zum Nachschlagen empfehlen. Bei uns auf der Schule herrscht beispielsweise Wikipediaverbot, das heißt wir müssen unser Wissen auf anderen Seiten finden, bekommen aber auch für jedes Thema gute Bücher empfohlen und ausgeliehen.
Wäre ich da ein Elternteil würde ich mich auf jeden Fall beschweren. Es kann nicht sein, dass die Kinder dann haben Fragen zu stellen nur weil sie dann einen Vortrag halten müssten. Das Interesse von Kindern muss doch gefördert werden und nicht im Keim erstickt werden. Ich finde es eine Frechheit, wenn man sich nicht mal bemüht es selber nach zu schauen. Selbst ein Lehrer kann ja nachlesen und sagen, dass er es dann beim nächsten Mal erklärt. Sie Zeit muss man sich nehmen.
Bienenkönigin hat geschrieben:Aber grundsätzlich ist der Lehrer dazu da, Fragen zu beantworten und das soll er gefälligst auch tun. Natürlich kann er auch nicht alles wissen. Dann darf er gerne zuhause nachschauen und die Frage in der nächsten Stunde beantworten. Aber die Schüler mit jeder Frage komplett alleine zu lassen, ist sicherlich falsch.
Naja, das ist sicherlich noch in vielen Köpfen so drin und entspricht auch dem klassischen Bild, das man so von einem Lehrer im Kopf hat. In der Lehrerausbildung an der Uni wird einem aber mittlerweile erklärt, dass das nicht mehr zeitgemäß ist. Ein Lehrer, der vorne steht und den Kindern alle Fragen beantwortet, doziert und stundenlange Monologe hält, der wird heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht. Lehrer sollen heute eher Coach sein und die Schüler bei dem Prozess unterstützen und leiten, selbst zu lernen. Von daher halten die Erwartungen mancher Eltern oft nicht mit dem Schritt, was die Bildungsforschung und die Bildungspolitik von einem Lehrer erwarten.
Es ist eine legitime Möglichkeit, dass der Lehrer zu Hause eine offene Frage recherchiert und in der nächsten Stunde klärt. Aber es ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass er diesen Auftrag an den Schüler delegiert. Deshalb lässt man die Schüler ja nicht unbedingt alleine. Das könnte man erst sagen, wenn man wüsste, wie schlussendlich mit Referaten umgegangen wird. Einzig die Frage, ob Wikipedia die beste mögliche und empfehlenswerteste Quelle ist, steht hier im Raum.
Im Übrigen wird es sich hier vermutlich um Schüler in der Pubertät handeln. Vermute ich einfach mal so. Und da sind eben leider nicht alle Schüler lieb und bereit zu kooperieren. Man kann Unterricht eben auf viele Arten stören. Nicht nur durch richtig auffällige Methoden sondern auch recht subtil, indem man ständig Interesse heuchelt und versucht den Lehrer mit Zwischenfragen (die gar nicht auf echtem Interesse begründet sind) vom eigentlichen Thema abzulenken und zum Schwafeln zu bewegen. Das konnten wir zu unserer Schulzeit auch schon und manche Lehrer waren da so anfällig dafür, dass man ganze Stundenabläufe sabotieren konnte. Weil das Off-Topic Gesülze dann nicht klausurrelevant war, konnte man in der Zeit wo eine vermeintlich Frage beantwortet wurde gemütlich Käsekästchen spielen.
Wenn es sich bei der geschilderten Klasse um so eine Klasse handelt, die das immer wieder versucht, dann darf man durchaus die Schüler so auflaufen lassen. Wer sich echt für ein Thema interessiert, das nicht unterrichtsrelevant ist, der wird sich schon neben dem Unterricht autodidaktisch weiter bilden. Es ist nämlich keine Aufgabe von Unterricht, auf jedes denkbare Detail vertiefend einzugehen. Das ist einfach nicht machbar. Und das war schon immer so.
Ich würde definitiv zu einem solchen Lehrer den Kontakt suchen. Auch in der Schule (egal welcher Art) sollte ein gewisser Anspruch an Wissenschaftlichkeit gewahrt werden. So viel zu Wikipedia. Viel wichtiger aber ist die Tatsache, wie hier mit einem essentiellen Element des Lehrens und Lernens umgegangen wird: durch ein solches Verhalten bei Fragen wird das Fragen an sich verteufelt. Natürlich zieht das Argument, dass eine eigene Beantwortung, erst recht in Form eines Referats, einen höheren Lerneffekt hat. Nichtsdestotrotz vergrößert er damit die Scheu davor, Fragen zu stellen, also auch zu hinterfragen und letztlich kritisch zu denken. In meinen Augen ein fataler Fehler.
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