In welchen Fächern ist der größte Lehrermangel zu beklagen?

vom 22.02.2014, 22:47 Uhr

Im Moment hört man ja sehr viel, dass viel Unterricht ausfallen muss, weil Lehrermangel herrscht und damit die Lehrer die Stunden voll bekommen und auch den Unterrichtsstoff im Jahr durch bekommen, muss auf Klassenfahrten verzichtet werden. Wo und in welchen Fächern herrscht eigentlich der größte Lehrermangel? Habt ihr das in euren Schulen schon zu spüren bekommen? Denkt ihr, dass es noch schlimmer wird? Warum will denn keiner mehr auf Lehramt studieren oder sind es wirklich nur einzelne Fächer, die keine Lehrer finden?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Ich denke, dass ein Lehrermangel generell herrscht, zumindest war das an unserer Schule so. Es gibt Fächer, die sind beliebt, dass ist zum Beispiel Deutsch und auch Englisch. Auch Theologie ist nicht so unbeliebt. Bei uns gab es Lehrermangel in den kompletten Naturwissenschaften, Biologie, Chemie und Physik, ich hatte gar kein Chemie an meiner Schule und nur sehr selten und kurzzeitig Physik und Biologie. In Musik, Englisch und Mathematik hatten wir auch Lehrermangel, genauso wie in Politik und Sport. Bestimmt ist das von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich und kommt auch auf die Region an, in der man lebt, aber bei uns herrschte eigentlich in fast allen Bereichen Mangel.

Ich denke, dass es nicht einfach ist, sich für ein Lehramtstudium zu entscheiden. Als Chemikerin weiß ich, dass bei uns die Lehramtstudenten nur einen minimalen Bruchteil von dem machen, was wir machen, wirklich Ahnung von Chemie haben die wirklich nicht. Aber das müssen sie auch gar nicht. Und da liegt möglicherweise das Problem, denn mit dem bisschen Fachwissen, was man sich da anlernt, kann man eigentlich nirgendwo anders arbeiten, als eben als Lehrer.

Für was anderes ist das Wissen zu gering und wenn man sich für ein bestimmtes Fach interessiert, dann ist man mit einem Lehramtstudium auch nicht befriedigt, weil man sich zu wenig mit der eigentlichen Thematik befasst und das Fach nur ''ankratzt''. In anderen Fächern soll das wohl auch anders sein, aber in den Naturwissenschaften trifft das schon zu. Zumindest verwundert mich ein Lehrermangel daher nicht.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge


Wir haben in Deutschland keinen generellen Lehrermangel, weil es zu wenige Lehrer gibt. Es liegt an den Schulämtern, die zu wenige Lehrer einstellen. Im letzten Schuljahr gab es an der Oberschule bei uns im Stadtteil mehrere Ausfälle durch Krankheiten. Das konnten die vorhandenen Lehrer nicht mehr kompensieren, aber man bekam eben auch keine neuen Lehrer von Schulamt genehmigt.

Wobei man dabei auch sehen muss, dass diese Lehrer nur für kurze Zeit zu viel an der Schule gewesen wären, wenn die kranken Lehrer wieder unterrichten können. Denn es gibt viele Lehrer die in den nächsten Jahren in Rente gehen. Man sorgt im Moment nicht dafür, dass da keine Lücken entstehen, in dem man junge Lehrer einstellt. Zumal die älteren Lehrer auch bereit wären Regelungen zur Alterszeit anzunehmen, damit ein nahtloser Übergang vorhanden ist.

Wenn ich allein nach Bayern schaue, weiß ich, dass es dort viele Lehrer gibt, die auf Wartelisten stehen. Wenige davon wandern nach Sachsen ab, um so schnell wie möglich als Lehrer arbeiten zu können. Aber die meisten jungen Lehrer harren eben in Bayern den Dingen, weil sie dort gleich als Beamte ihre berufliche Laufbahn beginnen können. Auch mit dem Nachteil dann irgendwo zu landen, wo sie bis jetzt noch nicht mal wissen, dass es dort auch Schulen gibt.

Oder Lehrer aus Thüringen, die täglich nach Hessen fahren, weil sie dort eben auch gleich den Beamtenstatus und mehr Geld bekommen. Auch diese Lehrer fehlen am Ende in Thüringen, aber man nimmt lange Wege in Kauf, um ein paar andere Annehmlichkeiten nutzen zu können.

» Punktedieb » Beiträge: 17970 » Talkpoints: 16,03 » Auszeichnung für 17000 Beiträge



Punktedieb hat geschrieben:Wir haben in Deutschland keinen generellen Lehrermangel, weil es zu wenige Lehrer gibt.


Kann man pauschal an dieser Stelle leider nicht so sagen. Es herrscht in gewissen Fächern tatsächlich in mehreren Gebieten ein sogenannter Lehrermangel und das ist auch nicht die Schuld des Schulministeriums, weil diese zu wenig anstellen, sondern wirklich daran, weil gewisse Fächer einfach nicht so oft studiert werden wie andere. Dies kann ich sagen, da ich Moment selbst auf Lehramt studiere und mir dabei ein Fach ausgesucht habe, welches eher selten ist. Dabei handelt es sich um das sehr bekannte und notwendige Fach Mathematik.

Man mag es kaum glaube, aber es ist tatsächlich so, dass wir in Deutschland an vielen Schulen viel zu wenig Mathematiklehrer haben und wenn man sich die Prognosen für die nächsten Jahre anguckt, wird es noch weniger geben, da die älteren Leute bald in Pension gehen werden und somit sind auch diese weg. Woran es liegt, daran kann man nur spekulieren. Aus Eigenerfahrung kann ich aber sagen, dass das Mathematikstudium ein wirklich sehr anspruchsvolles ist und die Universitäten dort sehr viel verlangen. Man muss sich da richtig reinbeißen, um dies auch zu schaffen und das sehen viele Studenten nicht ein. Mathematik ist eins der Fächer auf der Universität, wo die Klausuren stets eine höhere Durchfallquote als Bestehungsquote haben. Bestehen tun meistens die Menschen, die wirklich Genies sind und es auch wirklich auf Anhieb verstehen. Alle "normalen" Mathematiker kämpfen immer für die 4,0, sodass man es wenigstens gerade eben noch schafft. Letztendlich sind die meisten B.A-Studenten (B.A. = Bachelor of Arts) keine hellen Birnen im Mathematikstudium gewesen, sind aber froh, wenn diese durch sind.

Im 1. Semester versuchen es tatsächlich viele Studenten mit Mathematik, doch am Ende des 2. Semester sind es meistens nur noch 20%, was sehr traurig ist. Die Fakultät für Mathematik stellt einfach zu hohe Maßstäbe, die mal wirklich besser geregelt werden müssen. Leicht soll es natürlich nicht sein, aber immerhin machbar! Deshalb suchen sich die meisten Studenten dann lieber ein Fach, was man eigentlich mit bisschen Aufwand locker schaffen kann. Dazu zählen die Fächer Germanistik (Deutsch), Anglistik (Englisch), Sport, Erdkunde, Geschichte und viele weitere. Mein Zweitfach ist ebenfalls Geographie und man hat mir keine Berufschancen gegeben, wenn mein Kernfach nicht ein dringend gebrauchtes Fach (Mathematik, z. B.) wäre. So kommen wir generell dazu, dass es immer weniger Mathematiklehrer gibt, aber viel zu viele Englisch- und Deutschlehrer.

Es liegt aber auch noch an die Schulform, die studiert wird. Es ist bekannt, dass die Primärstufe (Grundschule) viel zu viele Lehrer hat. Es übersteigt die Kapazitäten an Schulen, sodass die meisten Grundschullehrer am Ende auf die Hauptschule gehen. Denn komischer Weise werden auf der Hauptschule und Realschule dringend Lehrer gesucht. Voll hingegen, sieht es wieder auf dem Gymnasium und auf der Gesamtschule aus. Aber dies hat auch einen einfachen Grund. Die meisten Studenten, die studieren, wollen natürlich auch den möglichst höchsten Lohn am Ende bekommen. Es ist nun einmal so, dass man auf dem Gymnasium mehr verdient als auf der Realschule und dabei schreibt man (z. B. in Mathematik) lediglich nur ein Fach mehr. Dazu kommt, dass man sich das Unterrichten an einer Hauptschule immer gruselig vorstellt!

Ich habe mir vor Studienbeginn aber einige Prognosen vom Schulministerium angeschaut (explizit in NRW) und es ist klar zu sehen, dass es eine Übersättigung geben wird in vielen Fächern. Dazu zählen halt die Fächer Deutsch, Englisch, Geographie, Geschichte, Sport und vieles mehr. Es wird aber deutlich zu wenig Lehrer für die Fächer Chemie, Mathematik und Physik geben. Alle drei Fächer haben nämlich eins gemeinsam, nämlich, dass diese alle ein "Mathematikstudium" benötigen und dies macht es so besonders schwer, weshalb es viele Studenten lieber lassen. Dieses Problem mit dem Lehrermangel in den Fächern führt dazu, dass am Ende Lehrer wie ich (wenn ich es denn auch schaffe) letztendlich nur Mathematik unterrichten, weil dort ein Mangel besteht. Mein bezauberndes Fach, die Geographie, werde ich dann nie unterrichten, weil mein Wochenplan mit Mathematik vollgestopft wird, leider. Aber zu sagen, dass es kein Lehrermangel gibt, ist falsch.

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» Dennus » Beiträge: 1263 » Talkpoints: 0,61 » Auszeichnung für 1000 Beiträge



Ich habe selbst Lehramt studiert. Damals hieß es, dass es einen akuten Lehrermangel geben wird und man beste Chancen hätte, nach dem Studium sofort eine Stelle zu bekommen. Ich hatte mich damals für die Fächer Deutsch und Geschichte entschieden. Ursprünglich wollte ich auch Lehramt Gymnasium studieren, aber dann habe ich erst einmal gemerkt, wie viele sich ebenfalls dafür entschieden hatten.

Mit mir begannen sage und schreibe 150 weitere Studenten, auf Lehramt zu studieren. Über 120 davon studierten Lehramt an Gymnasien. Daher kann man sich ja ungefähr vorstellen, wie groß dann die Chancen sind, später einen Job zu finden. Habe mich dann für Lehramt an Realschulen entschieden, obwohl ich nicht so wahnsinnig glücklich damit war. Allerdings hatte ich auch die sogenannte "Todeskombination" gewählt, wie es damals so schön hieß. Deutsch und Geschichte war mit Abstand die beliebteste Kombination bei uns und war einfach total überlaufen.

Ich selbst bin nicht im Lehrerberuf tätig und habe was anderes gemacht, was auch in Richtung Erziehung geht, aber ich habe natürlich noch viele Freundinnen und Freunde aus meiner Studienzeit und über 90 Prozent sind arbeitslos oder halten sich mit Aushilfsjobs über Wasser. Diejenigen, die Mathematik oder Chemie gewählt hatten, bekamen sofort eine Anstellung. Auch evangelische Theologie war nicht sehr beliebt, so dass auch diese Anwärter sofort eine Stelle bekommen haben.

Die Naturwissenschaften sind einfach nicht so beliebt, während Sprachen total überlaufen sind. Da hätte man wahrscheinlich 100 Lehrer jährlich einstellen können, aber die werden nun einfach nicht gebraucht. Man kann also so pauschal gar nicht sagen, dass es einen Lehrermangel in Deutschland gibt oder auch nicht. Es gibt genügend Lehramtsstudenten, die sich aber meist für ihre Lieblingsfächer entscheiden, und dazu gehören die Naturwissenschaften eben meist nicht.

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» MeL.G » Beiträge: 4918 » Talkpoints: 16,81 » Auszeichnung für 4000 Beiträge


Wo und in welchen Fächern herrscht eigentlich der größte Lehrermangel?

Vor einigen Jahren wurden zumindest so massiv Mathematik- und Physiklehrer für Berufs- und Fachoberschulen gesucht, dass sie sogar fachfremde Leute (Ingenieure und Informatiker) aus der Industrie rekrutiert haben. Teilweise müssen die Leute auch noch einmal einen "Schnellkurs" Pädagogik und Lehrmethoden an einer Universität lernen. Etwa ein Jahr dauerte der Kurs, der allerdings in Teilzeit lief. Nebenbei haben die Leute auch schon an einer Schule gearbeitet, quasi als Referendariat. Die Vorgehensweise war allerdings von Bundesland zu Bundesland verschieden.

Außerdem wurden auch pensionierte Mathematiklehrer zurückgeholt oder erst gar nicht gehen gelassen. Die haben dann meist in reduzierten Umfang weiter gearbeitet. Ich kenne einen Mathematiklehrer, der an meiner ehemaligen Schule mit über 70 noch eine Klasse mit 5 Wochenstunden unterrichtet.

Für was anderes ist das Wissen zu gering und wenn man sich für ein bestimmtes Fach interessiert, dann ist man mit einem Lehramtstudium auch nicht befriedigt, weil man sich zu wenig mit der eigentlichen Thematik befasst und das Fach nur ''ankratzt''.


Erstens einmal glaube ich dir nicht, dass Lehramtsstudenten so wenig von ihrem Fach lernen. Das mag nur von deinem Standpunkt (der übrigens etwas arrogant herüberkommt) aus so aussehen. Im Endeffekt hast du als Student auch noch nicht einmal die Tiefe deines Faches auch nur annähernd angekratzt, von daher wirkt deine vernichtende Kritik gegenüber Lehramtsstudenten im besten Fahl etwas deplatziert.

Natürlich ist es so, dass Lehrer keine so tiefe fachliche Kenntnisse brauchen. Ich wäre rein fachlich auch in der Lage, Physik und Mathematik im Gymnasium zu unterrichten, obwohl ich etwas völlig anderes studiert hat. Aber im Lehramt geht es um viel mehr, und meistens liegen die Interessen von Lehramtsstudenten auch nicht an einem Fach. Viele Lehrer haben zwei oder drei völlig unterschiedliche Fächer, außerdem lernen sie ja auch pädagogische Aspekte. Dass sie dabei fachliche Aspekte etwas zurückstellen, ist den meisten völlig bewusst.

Außerdem ist es ja nicht so, dass man nur durch das Studium lernen will. Wer sich tiefer in die Materie einarbeiten will und wenn dessen Wissen nicht befriedigt wird, der kann sich immer noch ein Buch schnappen und es selbst lernen. Die fachlichen Grundlagen sind ja immerhin da und ein Studium ist ja auch dafür da, dass man das lernen lernt.

Übrigens: Lehren ist die wohl höchste Form des Lernens. Wenn man anderen etwas beibringen muss, entdeckt man viel schneller Lücken in seinem Wissen. Auch wenn es fachlich nicht so in die Tiefe geht, muss man die ganze Breite seines Faches im Schlaf beherrschen. Größere Lücken kann man sich nicht leisten. Als normaler Arbeitnehmer kann man sich es leisten, öfters Dinge nachzuschlagen oder seine Kollegen zu fragen oder einfach auszuprobieren. Als Lehrer geht das nicht. Sicher kann man mal eine Frage zurückstellen und nachschlagen, aber wirklich oft darf man sich das nicht leisten.

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Zuletzt geändert von Talkmaster am 23.02.2014, 09:19, insgesamt 1-mal geändert. Zeige Beitragsversionen

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