Hexengarten Penzlin: Drogenpflanzen auf engstem Raum
Letzten Sommer bin ich viel durch den Norden Deutschlands gefahren und bin dabei auch nach Penzlin an der Mecklenburgischen Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern gelangt. Dort gibt es ein sehr interessantes "Hexenmuseum", wo es einerseits um Kräuterwissen und andererseits um die Hexenverfolgungen in der Frühen Neuzeit geht. Dieses Museum befindet sich in der alten Burg von Penzlin. Wer sich für die Thematik interessiert, ist dort jedenfalls sehr gut aufgehoben! Ich kann den Besuch wirklich nur sehr empfehlen, und die Eintrittskosten für dieses kleine Museum halten sich auch in Grenzen.
Jedenfalls gehört zu diesem Hexenmuseum auch ein Hexengarten. Man sagt sich ja, dass Hexen aus bestimmten Giftpflanzen ihre Flugsalben und andere Tinkturen hergestellt hätten. Oftmals haben Drogenpflanzen, insbesondere halluzinogene, den Ruf, typische Hexenpflanzen zu sein.
Und so sieht es dort beim Hexengarten auch aus. Dort befinden sich in einigen kleinen Kübeln und Kästen verschiedene Pflanzen, die eine Wirkung auf den menschlichen Körper haben. Einerseits sind da völlig harmlose, essbare dabei, andererseits aber auch viele schwer giftige Nachtschattengewächse, die eine heftige Drogenwirkung haben, wenn man sie konsumiert. So wachsen dort beispielsweise Engelstrompete, Stechapfel und Tollkirschen. Ob Alraune und Schierling auch dabei waren, weiß ich gar nicht mehr. Aber ich war schon sehr fasziniert davon, dass solche Pflanzen dort einfach herumstanden.
Den bekannten Schlafmohn, aus dem Opium gewonnen wird, hatten sie übrigens auch da. Tatsächlich hatten auch schon irgendwelche Besucher offenbar die Mohnkapseln und den Stängel der Schlafmohnpflanze angeritzt, um den Milchsaft daraus zu gewinnen. Dieser ist es ja, der die Alkaloide beinhaltet, aus denen letztendlich die Drogen hergestellt werden.
Wie findet Ihr so einen Garten? Schön und interessant, oder seht Ihr da auch ein Risiko, dass einige Leute sich an den Pflanzen bedienen könnten? Es sind ja außerdem auch nicht einfach "nur" Drogen, sondern der Konsum kann schon zu starken Vergiftungserscheinungen bis hin zur tödlichen Atemlähmung führen. Sollte so ein Garten offen zugänglich sein, oder sollte er vielleicht abgezäunt oder nur unter Aufsicht zu besuchen sein? Was meint Ihr?
Solche Kräuter- oder Apothekergärten gehören oftmals zu botanischen Gärten dazu. Es ist schon ein wenig heikel, diese teilweise gefährlichen oder sich zum Missbrauch eignenden Pflanzen auszustellen. Aber andererseits wachsen diese Pflanzen auch zum Teil in der freien Natur und da steht auch kein Wachmann.
Man muss immer abwägen zwischen der Aufklärung und dem Beschützen. Meiner Meinung nach ist Aufklärung wichtiger. Es bringt doch viel mehr, Jugendlichen von den Gefahren zu erzählen und es ihnen deutlich zu machen, welches Risiko sie mit dem Konsum eingehen würden. Die Alternative wäre, es ihnen komplett zu verschweigen. Aber dennoch erfahren sie dann von Klassenkameraden oder aus Filmen davon und kommen vielleicht auf die Idee, die jeweilige Pflanze auszuprobieren. Dann geschieht das aber ohne eine sinnvolle Warnung und Aufklärung und ist darum umso gefährlicher.
Und so empfinde ich diese Gärten als legitim und sinnvoll. Die Pflanzen stehen doch dort in kleinen Mengen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass ein Lehrer die Mohnkapseln angeritzt hat, um seinen Schülern den Opiumgewinn anschaulich zu erklären. Und selbst wenn es tatsächlich Jugendliche waren. Jeder darf 20 Schlafmohnpflanzen in seinem Garten haben. Die Jugendlichen hätten also auch andere Möglichkeiten, an den Saft heranzukommen.
Man kann sie nicht vor allem beschützen und die Welt in Watte packen. Nein, die Welt ist voll mit Schlafmohnpflanzen, Eiben, Einbeeren, Vogelbeeren, Herbstzeitlosen, Maiglöckchen und Bilsenkraut. Das können wir doch nicht alles ausrotten. Lieber offen darüber sprechen und warnen. Dann können die Jugendlichen auch eine bewusstere Entscheidung treffen, ob sie die Gefahr für einen "lustigen" Rausch eingehen wollen. Ohne Aufklärung sehen sie nur den lustigen Teil.
Engelstrompeten hat jeder zweite Spießer in seinem Garten und jedes Jahr werden die bei den örtlichen Discountern als Jungpflanzen zu Schleuderpreisen verramscht. Ebenso die ach so niedlichen Hortensien, die ja wohl auch einen tückischen Rausch verursachen können.
Vor den Tollkirschen wurden wir als Kinder noch gewarnt, dass wir die im Wald ja nie essen sollen. Wenn man weiß, wo sie stehen, findet man sie auch. Ebenso Fliegenpilze und die kleinen Zauberpilze, die manch kundige Person auf bestimmten Wiesen findet. Bei vielen Spaziergängen habe ich auch schon den roten Fingerhut einfach so in der Landschaft gefunden, der eines der stärksten einheimischen Gifte beinhaltet.
Ich sehe solche Gärten nicht als problematisch an. Selbst wenn man jetzt ins Feld führt, dass dort Wissen unter das Volk gebracht wird. In jeder besseren naturwissenschaftlichen Abteilung einer öffentlichen Bibliothek findet man auch Bücher, in denen die notwendigen Informationen enthalten sind. Man braucht bloß ein oder zwei Naturführer zu Pflanze und Pilzen aufschlagen und weiß zumindest schon mal, welche Pflanzen giftig sind.
Und wer nicht in solche Gärten geht, der findet ein paar Klicks von Google entfernt auch einiges an Wissen, das besser nicht in unverantwortliche Hände gehört. Auf die Jugendlichen und Kinder müssen die Eltern möglichst aufpassen und alle Erwachsenen müssen eben selbst wissen, was sie im Leben riskieren wollen. Zu dem Wissen, welche Pflanzen was können gehört nämlich auch das Wissen, dass pflanzliche Drogen schwer zu dosieren sind und man sich da leicht ins Off schießen kann. Das sollte sich mittlerweile herum gesprochen haben.
Und falls wirklich Gäste den Schlafmohn geerntet haben, dann ist das meiner persönlichen Meinung nach Diebstahl. Wenn man im Botanischen Garten Birnen mitgehen lässt, wäre das ja auch nicht legal, auch wenn der Besitz und der Verzehr von Birnen prinzipiell nichts illegales ist, da Birnen in jedem besseren Supermarkt erhältlich sind. Wenn da einer überhaupt ernten darf, dann die Besitzer des Gartens, wobei ich mir da wegen der Rechtslage und den Betäubungsmittelgesetzen auch nicht sicher wäre.
Bienenkönigin hat geschrieben: Jeder darf 20 Schlafmohnpflanzen in seinem Garten haben.
Ich habe mich gleich über diesen Satz gewundert und nach dem Schreiben meines vorherigen Beitrages noch mal recherchiert. Mag sein, dass Wikipedia sich irrt, aber zumindest in Deutschland darf man nicht einfach so Schlafmohn anbauen. Siehe hier .
Einzelne Sorten, die Wirkstoffarm sind, kann man sich als Ausnahme auch als Privatmensch kostenpflichtig genehmigen lassen. Aber von einer Anzahl von 20 Stück kann man zumindest dort nichts lesen. In Österreich wird auf Grund von Traditionen das ganze wohl lockerer gehandhabt. Aber auch da konnte ich keine Höchstmenge oder so finden. Worauf stützt du diese These?
trüffelsucher hat geschrieben:Bienenkönigin hat geschrieben: Jeder darf 20 Schlafmohnpflanzen in seinem Garten haben.
Worauf stützt du diese These?
Auf meine Erinnerung. Die hat mich wohl im Stich gelassen oder es wurde mir halt mal falsch erzählt. Aber es ist ja auch nicht schlimm in dem Fall. Es ist jedenfalls grundsätzlich gar kein Problem, an diverse giftige Pflanzen zu kommen. Und ebenso an Pilze, die du erwähnt hast. Das Zeug wächst überall, in Gärten und in der freien Natur. Daher finde ich eben diese Apothekergärten auch nicht schlimm, sondern sinnvoll.
Aber dann ist es schon seltsam, dass Schlafmohn so verboten ist und Tollkirsche im Supermarkt erhältlich ist. Immerhin kann man sich die Tollkirsche einfach in den Mund stecken, aber der Schlafmohn muss noch geerntet werden. Oder kann man den Saft auch schon einfach so konsumieren?
Ob man den Saft auch so konsumieren kann, weiß ich nicht. Letztlich hat es wohl auch schon Fälle gegeben, wo Babys gestorben sind, als Eltern ihnen aus handelsüblichem Mohn eine Schlafmilch gekocht haben. Es gibt also vermutlich mehrere Arten, das Zeug zu konsumieren und zuzubereiten. Warum hier so rigoros in Deutschland geregelt wird, weiß ich nicht. Zudem war das ja wohl nicht immer so und ich kenne in der Generation meiner Großeltern eigentlich keinen, der deshalb Opiumsüchtig war. Aber vermutlich hängt das damit zusammen, dass Opium als stark süchtig machend gilt und man daher lieber mit harter Hand vorbeugen will, damit da nichts entgleist. Und für Opium gibt es sicher gute Preise auf dem Schwarzmarkt, für Tollkirschen wohl eher nicht.
Zudem würde ich das nicht so einfach behaupten, dass man Tollkirschen einfach so essen kann. Die sehen zwar harmlos und lecker aus, sind aber nicht harmlos. Zumindest als Kinder hat man uns gewarnt, dass ganz wenige Beeren tödlich wirken können. Eine exakte Zahl habe ich nicht mehr, meine Grundschulzeit ist schon ein Weilchen her. Für einen Erwachsenen liegt die Dosis vermutlich etwas höher. Das doofe an solchen Naturdrogen ist aber eben, dass man nie weiß, wie konzentriert die jeweilige Einzelfrucht den oder die Wirkstoffe enthält, so dass das eben ganz schön blöd ausgehen kann, wenn man nicht gerade Pharmazie studiert hat und das Zeug vor dem Konsum selbst analysieren kann. Von daher geht der Gesetzgeber wohl davon aus, dass ohnehin nur Leute Tollkirschen essen, die ohnehin auch auf andere Art und Weise zum Selbstmord tendieren.
trüffelsucher hat geschrieben: Zudem würde ich das nicht so einfach behaupten, dass man Tollkirschen einfach so essen kann. Die sehen zwar harmlos und lecker aus, sind aber nicht harmlos.
Nein, damit meinte ich, dass man die Tollkirschen, wenn man sie als Drogen konsumieren will, einfach pflücken und essen muss. Man muss sie nicht mehr verarbeiten oder irgendwelche Arbeitsgänge vollziehen wie beim Schlafmohn. Natürlich sollte man Tollkirschen nicht einfach essen. Aber daher verstehe ich nicht, warum die nicht ebenso verboten sind, weil sie ja noch leichter zu konsumieren sind.
Ich weiß es nicht, ob es Gesetze dafür gibt, ob man Tollkirschen im heimischen Garten anbauen darf. Mal ganz abgesehen davon, ob das überhaupt möglich ist, weil manche Pflanze ganz besondere Ansprüche an die Wachstumsbedingungen haben. Aber da Tollkirschen ja meist wild irgendwo wachsen, kann man sie schlecht verbieten. Sonst müsste man ja Förster zum Rupfen von potentiell gefährlichen Pflanzen durch unsere Wälder jagen. Die Kosten zahlt doch keiner, zudem ist das ein Eingriffs ins Ökosystem, der auch Folgen haben kann.
So ein Hexengarten oder Klostergarten wird vermutlich aber recht aufwändig zu genehmigen sein. Und wenn man die entsprechenden Stellen fragt, bekommt man auch für manches Genehmigungen. Wir haben zu Forschungszwecke mal in der Uni Hanfpflanzen angebaut und deren Wachstum beobachtet. Das wurde uns auch ganz offiziell genehmigt, allerdings mussten wir die Pflanzen zerstören, bevor sich Blüten entwickelten, so dass kein anderweitiger Nutzen möglich war. Es ist halt nur eben nicht unbedingt einfach, dass alles so zu regeln, wie man sich es vorstellt.
Vielleicht gibt es für den Hexengarten ja auch solche Sondergenehmigungen, dass zum Beispiel die Mohnpflanzen bis zu einem bestimmten Stichtag gerodet werden müssen, damit sie nicht zu viel Wirkstoffe ausbilden, oder was auch immer. Vielleicht werden die Pflanzen ja auch Video überwacht. Das kann einem im Zweifel aber der Gartenbetreiber sicher genauer sagen.
Ich habe letztens einen Artikel gelesen (ka wo, also ist das nur aus dem Gedächtnis), dass Jugendliche Geranien oder Petunien aus Nachbars Garten geklaut haben, weil man die rauchen kann. Also wenn es nicht der Schlafmohn ist, dann ist es eben eine Balkonpflanze.
Bienenkönigin hat geschrieben:Man muss immer abwägen zwischen der Aufklärung und dem Beschützen. Meiner Meinung nach ist Aufklärung wichtiger. Es bringt doch viel mehr, Jugendlichen von den Gefahren zu erzählen und es ihnen deutlich zu machen, welches Risiko sie mit dem Konsum eingehen würden.
Da stimme ich Dir definitiv zu. Wobei bei diesem Garten zwar dabei stand, dass es sich um Giftpflanzen handelt, allerdings keine wirklichen Warnungen über die Symptome, die die Vergiftung mit sich bringen kann, genannt worden sind. In größeren botanischen Gärten mag das teilweise anders sein, was ich auch begrüßen würde.
Was die Menge der Pflanzen betrifft: Bei Nachtschattengewächsen liegt die Menge, die eine tödliche Dosis verursachen würde, ja nicht so hoch. Da reichen einige wenige Samen, Beeren oder Blätter schon aus. Und ja, sicherlich kann jeder Spießer Engelstrompeten oder Goldregen oder Blauregen im Garten haben. Prunkwinden sind auch nicht so selten als Zierpflanze. Aber bisschen was Anderes ist es meiner Meinung nach schon, ob nun irgendwo im Kleingarten einzeln so eine Giftpflanze steht, oder ob man ein Gärtchen mit lauter unterschiedlichen Giftpflanzen anlegt und noch ein schönes Schild dranhängt, das sinngemäß aussagt "Drogenpflanzen". Einige Teenager dürfte das doch eher zum Ausprobieren reizen, oder irre ich mich?
Was den Konsum beziehungsweise die Gewinnung von Schlafmohn als Droge betrifft: Ich glaube, man kann die Droge durch bestimmte Behandlungsweisen "verfeinern". Aber an sich haben allein schon die Samen und die Mohnmilch schon eine Drogenwirkung. Also einen Rausch bekäme man vermutlich auch schon, wenn man die Schlafmohnkapsel bloß anritzt und den herausquellenden Saft trinkt.
Hier übrigens noch ein schöner Nachrichtenartikel zum Thema, der mir in der Zwischenzeit zufällig in die Hände gekommen ist: Ein Bericht über den "Alnwick Poison Garden" auf der Website von Travelbook.de.
Link dieser Seite https://www.talkteria.de/forum/topic-233554.html
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