Hat Kunsthonig nicht das geringste mit Bienen zu tun?

vom 05.02.2014, 22:22 Uhr

Ich habe neulich von meiner Tante einen Becher mit Honig bekommen. Dieser schmeckte eigentlich auch ganz gut. Er war aber nicht flüssig wie "normaler" Honig und auch nicht kristallisiert. Er war cremig und roch aber genauso wie Honig. Auf einem Schild auf diesem Becher stand "Kunsthonig". Meine Tante hat ihn aus dem Urlaub mit gebracht. Dieser blieb wohl beim Frühstück übrig.

Was ist Kunsthonig und hat er nicht das geringste mit Bienen zu tun oder was ist an diesem Honig künstlich? Meine Oma meinte, dass es schon zu ihrer Kindheit Kunsthonig gab und dass sie ihn lieber gegessen hat als Bienenhonig. Auch meine Mutter mag Kunsthonig gerne und sie meinte, dass er leider gar nicht mehr so oft in den Geschäften zu sehen ist. Woraus wird Kunsthonig gemacht?

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» MissMarple » Beiträge: 6786 » Talkpoints: 0,00 » Auszeichnung für 6000 Beiträge



Kunsthonig hat tatsächlich gar nichts mit Bienen zu tun. Manchmal wurde/wird ein wenig Bienenhonig als Aroma beigefügt. Aber im Grunde ist das Zeug einfach Zucker, um genau zu sein Saccharose. Die wird mit Säure behandelt. Also entweder Zitronensäure, Salzsäure, Ameisensäure, Milchsäure oder Weinsäure. Dieser Vorgang heißt Invertieren.

Kunsthonig ist ein Ersatzstoff. Es ist einfach ein süßer Brotaufstrich, der sich Honig als Vorbild genommen hat. Im Grunde so wie vegane Leberwurst. Also falls deine Oma, Tante oder Mutter das mal eklig finden sollten oder doof finden, dass die Hersteller das Wort "Leberwurst" mit in die Artikelbezeichnung aufgenommen haben, hast du da ein sehr schönes Gegenargument. Mit der Zeit werden wir uns wohl an "vegane Leberwurst" genauso gewöhnen wie an "Kunsthonig".

Mittlerweile wird er aber offiziell nicht mehr Kunsthonig genannt, sondern unter dem Namen Invertzuckercreme verkauft. Ich weiß, dass man sie bei Kaufland bekommen kann. Da sieht die Verpackung so aus. Es steht schon drauf, dass sie vor allem zum Backen gut ist. Wo der Geschmack halt nicht so wichtig ist. Ansonsten wird Kunsthonig aber kaum noch verkauft. In der DDR war er wohl sehr beliebt.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Auch unter dem Namen Wibine, was eben die Assoziation an Honig nahe legt, war er mal im Handel in Deutschland und ist es vermutlich auch noch. Manche Produkte enthalten tatsächlich einen Teil echten Honig, wie Bienenkönigin schon sagte.

Die Geschichten aus der DDR habe ich auch gehört. Das lag aber meines Wissens weniger an der Ignoranz der Leute, dass er da so beliebt war. In einigen Regionen war echter Honig wohl Bückware und nicht so einfach käuflich erhältlich. So hat man eben den Ersatz gekauft, weil der leicht erhältlich war. Wenigstens schmeckt das wie Honig und ist besser, als gar nichts.

Auch meine Oma, die in Franken lebte, hat gerne Kunsthonig in großen Töpfen gekauft. Aus meiner Erinnerung geschätzt, enthielten diese Gefäße locker 2,5 Kilogramm von diesem Produkt. Als Kind fand ich den total lecker. Allerdings weiß ich nicht, ob sie damals einfach schnell mal in den Osten gefahren ist, um dort das Produkt einzukaufen, oder ob das eine gewisse Sparsamkeit war, die noch eine Kriegsfolge war. Ich kann sie leider diesbezüglich auch nicht mehr fragen, da sie längst nicht mehr lebt.

Zum Backen eignet er sich ganz gut, beispielsweise für Honigkuchenteig. Auf dem Frühstücksbrötchen reicht er allerdings nicht an echten Honig heran. Zumindest sagt das meine mittlerweile erwachsene Zunge. Zudem hat Honig eben auch einige Inhaltsstoffe, die man nicht nachbauen kann. Es ist eben in dem Sinne kein Honig, sondern aromatisierte Zuckerpaste.

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» trüffelsucher » Beiträge: 12446 » Talkpoints: 3,92 » Auszeichnung für 12000 Beiträge



trüffelsucher hat geschrieben:Die Geschichten aus der DDR habe ich auch gehört. Das lag aber meines Wissens weniger an der Ignoranz der Leute, dass er da so beliebt war. In einigen Regionen war echter Honig wohl Bückware und nicht so einfach käuflich erhältlich. So hat man eben den Ersatz gekauft, weil der leicht erhältlich war. Wenigstens schmeckt das wie Honig und ist besser, als gar nichts.
Nein, mit Ignoranz hat das nichts zu tun. :) Echter Honig ist einfach teuer. Das war schon immer so. Im Moment geht es einigermaßen. Aber es ist nun mal ein landwirtschaftliches Produkt, also wetterabhängig. Außerdem ist die Arbeit mit Bienen nicht einfach und sie ist zeitintensiver als die Feldwirtschaft. Zur Ernte ist sie sehr arbeitsintensiv, aber Maschinen kommen kaum zum Einsatz. Schon seit Ende des 19. Jahrhunderts wurde versucht, einen billigen Ersatzstoff für Honig zu erfinden.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



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