Ist Sexismus gegenüber Frauen heutzutage noch existent?

vom 05.02.2014, 19:06 Uhr

Vielleicht entsteht dieser Eindruck mir gegenüber nur, weil ich es noch nicht persönlich erlebt habe. Aber einen ernsthaften, gesellschaftlich anerkannten Sexismus gegenüber Frauen kann ich nicht mehr erkennen. Es gibt zwar auch heute noch Menschen, die die Position vertreten, sich gesellschaftlich "über" Frauen stellen zu müssen.

Auch knapp angezogene Frauen werden zum Beispiel in der Werbung eher bevorzugt, was aber die Karriereleiter angeht haben es Frauen inzwischen um einiges leichter. Es bewerben sich zwar weniger Frauen für Stellen wie Führungspositionen, jedoch haben sie in dieser Hinsicht weniger Probleme als Männer. Aus einem technischen Studiengang weiß ich, dass dort Frauen lieber gesehen werden als Männer, wobei dieser Studiengang ohnehin schon zu 60% von Frauen besetzt wird. In dieser Berufssparte sind sie auch was Bewerbungen angeht ungemein bevorzugt.

Ich bin dankbar für diese Entwicklung und auch der Meinung, dass die Bestrebungen in Richtung Frauenquote und dergleichen fortgesetzt werden sollten. Dennoch finde ich, dass einige Feministinnen wie Alice Schwarzer in dieser Hinsicht ("gesellschaftliche Unterdrückung der Frau") oft übertreiben. Wie seht ihr das? Ist Sexismus noch ein Thema, oder ist dieses Thema gar überbewertet?

» dalticous » Beiträge: 172 » Talkpoints: 9,30 » Auszeichnung für 100 Beiträge



dalticous hat geschrieben:Wie seht ihr das? Ist Sexismus noch ein Thema, oder ist dieses Thema gar überbewertet?

Schwierige Frage! Eigentlich sage ich auch immer, dass dieses Thema erst vom Tisch ist, wenn man gar nicht mehr darüber redet, denn erst wenn etwas wirklich zur Normalität wird, dann wird es kaum noch Berichte darüber geben oder die meisten Menschen denken nicht großartig darüber nach. Es ist natürlich schön, dass die Frauen auch die Karriereleiter hoch klettern und ich bin froh, dass ich als junge Frau auch Karriere machen darf, jedoch bin ich auch der Meinung, dass Alice Schwarzer und weitere Feministinnen zum Teil wirklich übertreiben.

Mit jedem Jahr wird es wahrscheinlich immer weniger Menschen beziehungsweise Männer geben, die diese Ansicht vertreten, das ist meine Vermutung. Immerhin gibt es gelegentlich in den Medien etwas über Sexismus zu berichten und so denken die Menschen oder eben auch die Männer darüber nach und machen sich ein eigenes Bild. Außerdem ist die Einstellung, dass ein Mann stärker, schlauer oder eben über der Frau gestellt ist noch aus einer anderen Zeit, die Generation wird eben auch nicht mehr jünger. In Zukunft vergisst man wahrscheinlich auch einiges über die Traditionen und Weltanschauungen von früher.

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» soulofsorrow » Beiträge: 9228 » Talkpoints: 24,02 » Auszeichnung für 9000 Beiträge


Sexismus ist meiner Meinung nach in der Gesellschaft immer noch zu weit verbreitet und zu sehr akzeptiert. Natürlich können wir froh sein, dass unsere Ehemänner immerhin schon seit dem Jahr 1977 nicht mehr das Recht haben, unseren Job zu kündigen, wenn wir den Haushalt nicht ordentlich führen. Auch die Trennung zwischen schlecht bezahlten Frauenberufen mit niedrigem Prestige und richtigen "Männerjobs" verschwimmt allmählich ein wenig.

Dennoch bin ich der Meinung, dass Frauen immer noch wegen ihres Geschlechts benachteiligt werden, um die übliche Definition von "Sexismus" heran zu ziehen. Das fängt schon damit an, dass Mädchen immer noch zu oft vermittelt wird, sie müssten vor allem hübsch und lieb sein. Mit diesen Eigenschaften schafft man es kaum in die Führungsetage eines Unternehmens. Außerdem kann ich mir nach wie vor nicht vorstellen, dass eine Frau im gebärfähigen Alter die gleichen Chancen bei der Bewerbung auf einen qualifizierten, anspruchsvollen Job hat wie ein ebenso gut qualifizierter Mann, weil letzterer eben nicht schwanger werden kann.

Auch Hausarbeit und Pflege von Angehörigen bleiben immer noch an Frauen hängen, weil diese dafür erzogen werden, sich zu kümmern und ihre eigenen Bedürfnisse hintanzustellen. Wenn das keine Benachteiligung ist, was dann? Dass Frauen für die gleiche Arbeit im Schnitt weniger Geld bekommen als Männer, ist ebenfalls immer noch eine traurige Tatsache.

Über die Ausbeutung der Frau als Sexobjekt, welches vor allem dekorativ zu sein hat, will ich mich an dieser Stelle gar nicht auslassen. Aber generell bin ich somit der Meinung, dass auch hier und heute in vielerlei Hinsicht mit zweierlei Maß gemessen wird, was die Gleichberechtigung der Geschlechter angeht.

» Gerbera » Beiträge: 11322 » Talkpoints: 50,48 » Auszeichnung für 11000 Beiträge



Ich kann davon eigentlich nicht viel bemerken, wobei wir auch einfach der Vorteil haben, dass wir eben in Deutschland leben. In anderen Ländern ist die Entwicklung diesbezüglich nun mal leider sicherlich nicht so weit, wie das bei uns der Fall ist, deswegen sollten wir uns glücklich schätzen und froh sein, dass wir in einem aufgeklärten Land leben und als Frauen nicht mehr unterdrückt werden. Ich selbst stamme aus Polen und habe beispielsweise das Gefühl, dass es dort schon noch ein bisschen anders ist. Zwar haben die meisten Frauen in meinem Bekannten- und Familienkreis aus Polen inzwischen auch eine gute Ausbildung und ein Studium hinter sich, aber wenn sie dann schwanger werden, enden sie meistens doch als Hausfrauen. Das ist in Deutschland zum Glück inzwischen ja anders.

Was jetzt die Werbung angeht, die du angesprochen hast, so würde ich das nicht als Sexismus ansehen. Die Frauen werden eben als ein Sexsymbol angesehen und wenn es wirklich so sein sollte, dass Männer eher Produkte kaufen, auf denen sich attraktive Frauen befinden, anstelle von Produkten ohne diese Werbung, dann sollte man sich als Frau weniger erniedrigt, als eher mächtig fühlen, weil man den Mann so einfach beeinflussen kann. Das sagt ja dann eher etwas negatives über den Mann, anstatt über die Frau aus.

Dennoch sollte man dem Thema vielleicht noch ein wenig Zeit geben, denn es ist noch nicht lange her, dass die Männer eine so große Macht über die Frauen hatten, wie man sich das nicht vorstellen kann. Das ist erst seit einigen Jahren anders und ich finde, dass diese Entwicklung sehr schnell vonstatten gegangen ist und man vielleicht auch noch ein bisschen Zeit braucht, sich davon zu erholen. Im Moment leben einfach noch einige Generationen, wo das klassische Bild der Rollenverteilung dominant ist und meiner Ansicht nach ist Sexismus erst dann komplett vom Tisch, wenn es solche Verteilungen und Paare nicht mehr gibt.

Gerbera hat geschrieben:Dennoch bin ich der Meinung, dass Frauen immer noch wegen ihres Geschlechts benachteiligt werden, um die übliche Definition von "Sexismus" heran zu ziehen. Das fängt schon damit an, dass Mädchen immer noch zu oft vermittelt wird, sie müssten vor allem hübsch und lieb sein. Mit diesen Eigenschaften schafft man es kaum in die Führungsetage eines Unternehmens. Außerdem kann ich mir nach wie vor nicht vorstellen, dass eine Frau im gebärfähigen Alter die gleichen Chancen bei der Bewerbung auf einen qualifizierten, anspruchsvollen Job hat wie ein ebenso gut qualifizierter Mann, weil letzterer eben nicht schwanger werden kann.

Was jetzt die Erziehung angeht, so würde ich das jetzt eher als die klassische Geschlechterverteilung ansehen, man versucht dem Kind eben, die Rolle zu vermitteln. Das ist natürlich auch noch sehr von alten Werten belastet, ich würde es aber nicht gleich als Sexismus bezeichnen. Den Jungen drückt man heute ja auch immer noch Autos in die Hand und zieht ihnen blaue Strampler an, obwohl sie Puppen und rosa Kleidchen vielleicht hübscher finden.

Gerbera hat geschrieben:Auch Hausarbeit und Pflege von Angehörigen bleiben immer noch an Frauen hängen, weil diese dafür erzogen werden, sich zu kümmern und ihre eigenen Bedürfnisse hintanzustellen. Wenn das keine Benachteiligung ist, was dann?

Auch was das angeht, sehe ich eigentlich keinen Sexismus, der von der Gesellschaft ausgeht, denn ob die Frau nun die Hausarbeit und all die anderen klischeehaften Aufgaben übernimmt, die man ihr früher zugedacht hat, oder nicht, dass ist ihr Problem! Ich kann mich als Frau dazu entscheiden mit einem Mann zusammen zu leben und dabei vielleicht komplett auf meine Karriere verzichten, kann mich den ganzen Tag um Kinder und Haushalt kümmern und jeden Abend ein warmes Essen auf den Tisch stellen, oder aber ich kann meinen Partner als gleichwertig ansehen und ihm den gleichen Anteil an Arbeit und Erziehung überlassen, wie ich ihn selbst auch erledige. Ich und mein Freund haben uns bereits darauf geeinigt, dass mein Freund sich Elternurlaub nehmen wird, wenn wir ein Kind bekommen, wohin gegen ich selbst arbeiten gehen werde und das Vollzeit. Was den Haushalt jetzt angeht, so macht mein Freund meist sogar mehr als ich, weil ich einfach etwas weniger Zeit dafür habe.

» Crispin » Beiträge: 14916 » Talkpoints: -0,43 » Auszeichnung für 14000 Beiträge



Es gibt mit Sicherheit noch immer Menschen die uns Frauen als minderwertiger sehen. Aber ohne auf noch verbleibende Mängel einzugehen, wie die oftmals schlechtere Bezahlung, denke ich das wir es immerhin schon weit gebracht haben. Die paar Menschen die auf mich nieder schauen, da kann ich auch getrost mit leben.

Ich bin dankbar das diese Wandlung stattgefunden hat. Und ich bin jedem dankbar der dies ermöglicht hat, dafür aufgestanden ist. Wir Frauen dürfen den Mund aufmachen und sagen wenn uns etwas nicht passt. Wir können uns entscheiden eine Karriere anzustreben. Oder aber auch Hausfrau und Mutter zu sein. Wir können uns entscheiden zu Kochen, weil wir es gerne wollen, und nicht weil es unsere Rolle ist dem Mann gefällig zu sein. Vergewaltigung in der Ehe war noch bis 1997 kein Strafbestand. Das kann ich mir kaum vorstellen. Wir dürfen streiten und diskutieren, auch wenn es vielen Männer auf die Nerven geht. Aber wir Frauen haben inzwischen gelernt das auch wir das Recht haben uns zu verwirklichen. Und das war für viele Frauen in den Generationen vor mir alles andere als normal.

Mit Sicherheit ist noch nicht alles so wie es sein könnte. Aber ich persönlich finde das Wichtigste ist geschafft.. Nämlich das die Frauen inzwischen größtenteils um ihren Wert wissen. Und sich nicht mehr einfach fügen. Und ich denke auch das die meisten Männer dies inzwischen so sehen.

» Maddie » Beiträge: 196 » Talkpoints: 63,84 » Auszeichnung für 100 Beiträge


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