Schmuck aus Mammutelfenbein - dekadent?

vom 04.02.2014, 15:52 Uhr

Aufgrund meiner Hobbys bin ich oft auf verschiedenen Mineralienmessen und auch Fossilienmessen in verschiedenen Regionen Deutschlands unterwegs. Im Ausland würde ich mir so etwas auch gerne mal ansehen, insbesondere in Frankreich oder Tschechien, aber bisher kam ich leider noch nicht dazu. Aber weil ich zumindest innerhalb Deutschlands solche Messen oft aufsuche, bekomme ich dort natürlich so einige mehr oder weniger schöne oder interessante Trends mit.

Ich staune über seltsame Entwicklungen in der "Heilstein"-Branche, über irgendwelche Angebote im Esoterikbereich, die sich dort auch immer häufiger zeigen, und auch darüber, was für Schmuck wohl neuerdings zu vermarkten versucht wird, wundere ich mich manchmal ein wenig. Schmuckhändler gibt es auf diesen Messen übrigens auch immer massenhaft, was ich aber normalerweise eher bisschen schade finde, denn persönlich würde ich stattdessen lieber ein paar Stände mehr mit Mineralien oder Versteinerungen im unverarbeiteten Zustand sehen. Aber das ist wohl Geschmackssache.

Seit einiger Zeit jedenfalls sehe ich auf allen Messen mindestens einen Stand, der Schmuck aus dem fossilen Elfenbein von Mammuts verkauft. Offenbar werden die Überreste der Mammuts in Teilen Russlands gezielt ausgegraben und die Knochen und Stoßzähne dann Kiloweise verkauft, woraus einige Leute dann eben Schmuck fertigen. Weil Mammuts nicht mehr existieren, greift da natürlich auch kein Artenschutzgesetz. Der Handel mit dem Mammutelfenbein ist also völlig legal, im Gegensatz zum Handel mit Elfenbein von rezenten Elefantenarten. Es ist also keine illegale Sache, sondern scheint rechtlich völlig in Ordnung zu sein.

Was haltet Ihr davon, dass Mammutelfenbein zu Schmuck verarbeitet und verkauft wird? Sind das schöne, interessante Schmuckstücke, die Ihr auch gerne besitzen oder verschenken würdet? Oder meint Ihr, dass die Überreste von Mammuts nicht verarbeitet werden sollen, sondern eher in ein Museum gehören? Welche Gründe sprechen sonst noch für oder gegen die Schmuckherstellung aus dem Elfenbein von Mammuts? Wie viel gibt es überhaupt von diesem Material? Ist es etwas sehr Seltenes, was geschützt werden sollte?

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge



Wenn ich darüber nachdenke, bin ich hin und her gerissen. Einerseits schadet man ja wirklich keinem Tier mehr, wenn man fossiles Mammutelfenbein zu Schmuckstücken verarbeitet. Schnitzereien aus Bein, egal ob Elfenbein oder ganz gewöhnlichen Knochen, haben zudem eine gewisse Tradition, die es sich zu pflegen lohnt. Ich selbst finde Beinschnitzereien, wenn sie handwerklich gut verarbeitet sind, durchaus attraktiv und besitze selbst eine Kette aus geschnitzten Kamelknochen. Vermutlich wurde der Rest des Kamels anderweitig sinnvoll genutzt, sodass ich deswegen auch kein schlechtes Gewissen habe. Mammutelfenbein ist mir als Schmuck-Material noch nicht untergekommen.

Zudem nehme ich an, dass es wohl einfach zu viele Mammutknochen gibt, als dass man jedes einzelne gefundene Skelett präparieren, zusammensetzen und ins Museum stellen muss. Die Nachfrage spielt ja auch eine Rolle. Den meisten Museumsbesuchern wird es egal sein, ob ein künstliches Modell eines Mammuts im Museum zu besichtigen ist oder das mühsam zusammengebastelte Original-Knochengerüst aus dem sibirischen Permafrostboden. Und solange der Elfenbeinhandel von lebenden Tierarten verboten bleibt, kann auch niemand behaupten, Träger von Schmuckstücken aus Mammutelfenbein würden ähnlich wie Pelzmantelfreunde falsche Signale setzen und Elfenbein wieder gesellschaftsfähig machen.

Der Nachteil ist natürlich, dass der Vorrat an Mammutelfenbein begrenzt ist und es irgendwann wohl keine Knochen zum Verarbeiten mehr geben wird. Außerdem gehen vielleicht wichtige Forschungserkenntnisse über die Tierart verloren, wenn man die Knochen gewerbsmäßig für die Schmuckherstellung sammelt. Ob man sich dann wünschen würde, doch lieber noch ein paar Skelette fürs Museum aufgehoben zu haben, kann ich auch nicht beurteilen. Vielleicht sind ja noch Tausende Knochen irgendwo in Sibirien zu finden?

» Gerbera » Beiträge: 11332 » Talkpoints: 52,90 » Auszeichnung für 11000 Beiträge


Elfenbein-Schmuck wurde früher viel gekauft, was ich da schon nicht verstehen konnte. Nun wieder aus den Elfenbein-Stoßzähnen der ausgegrabenen Mammuts Schmuckstücke zu arbeiten, sollte verboten werden. Diese Ausgrabungen werden irgendwann zu Ende sein. Wenn dann kein Elfenbein mehr nachkommt, wird man sich wieder vermehrt an den Elefanten vergreifen und ihnen die Stoßzähne ausschneiden. Das finde ich so schlimm. Ich kann auch die Menschen nicht verstehen, die meinen, etwas ganz Besonderes mit einem Elfenbein-Schmuckstück zu kaufen. Und wer sagt denn überhaupt, dass diese Schmuckstücke wirklich aus dem Elfenbein der Stoßzähne von Mammuts gemacht wurde? So viel Elfenbein-Stoßzähne von Mammuts gibt es nicht. Wer von den Laien ist schon in der Lage, das Elfenbein von Mammuts und Elefanten zu unterscheiden? Ich nicht, du vielleicht?

Es gibt so viele Museen in vielen Ländern der Erde. Wäre es nicht besser, die Stoßzähne ganz zu lassen und mit den rekonstruierten Körperknochen dem Publikum ein Mammut mit echten Knochen und Elfenbein-Stoßzähnen zu zeigen? Vielleicht verlangt man für Knochen und Stoßzähne zu viel Geld, dass die Museen es sich nicht leisten können. Da wird bei einem stückweisen Verkauf wesentlich mehr herauskommen. Ich finde es schon dekadent, solchen Schmuck überhaupt in Erwägung zu ziehen.

Ich muss dir recht geben, dass auf solchen Messen stets sehr viele Schmuckhändler zu finden sind. Wenn ich lese, Fossilien- oder Mineralienmesse, denke ich erst einmal an unverarbeitete Funde. Da wird aber immer viel zu wenig von gezeigt. Das ist sehr schade. Denn gerade die sind sehr interessant.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge



Es ist tatsächlich ein sehr zweischneidiges Schwert. Man schadet keinem Tier mehr. Ich denke auch, dass nicht jeder Fund für Museen interessant ist. Um sie zu Schmuck zu verarbeiten, müssen die Stücke nicht sehr groß sein, nicht von ein und demselben Tier stammen und es muss nicht der ganze Stoßzahn vorhanden sein.

Den meisten Museumsbesuchern wird es egal sein, ob ein künstliches Modell eines Mammuts im Museum zu besichtigen ist oder das mühsam zusammengebastelte Original-Knochengerüst aus dem sibirischen Permafrostboden.

Also mir persönlich wäre es überhaupt nicht egal. Außerdem sind Museen nicht nur für kleine Kinder, sondern sie sind immer Teil von Forschung und Lehre. Und dafür sollten da schon Originale stehen.

Und mit dem Stichpunkt Forschung sind wir beim eigentlich Problem. Es geht nicht nur um Ausstellungsstücke. In den Stoßzähnen stecken Informationen über das Klima zu Lebzeiten der Mammuts. Und immerhin lebten die vor der letzten Eiszeit. Ich kann mit gut vorstellen, dass es interessant ist, die Bedingungen vor der Eiszeit besser zu untersuchen, wo wir heute vor der nächsten Eiszeit stehen sollen.

Tierschützer hatten gehofft, dass das Vorkommen an Elfenbein von toten Mammuts in Sibirien eine Erholung für die lebenden Elefanten bedeuten würde. Aber das zeichnet sich leider nicht ab. Vor allem Neureiche in China sind richtig scharf auf Elfenbein und ihnen ist es egal, ob es legal oder illegal ist. Da man die beiden Sorten kaum auseinander halten kann, sind die Preise fast gleich. Die Nachfrage muss ganz ungeheuerlich sein.

Von daher bin ich dafür, den Handel mit allen Sorten Elfenbein zu verbieten. So kann man dann auch gleich die teuren Untersuchungen, ob es nun von Mammuts oder Elefanten stammt, weglassen. Ist es Elfenbein, ist es illegal. Das macht die Sache sehr viel einfacher.

Allerdings stellt das Elfenbeingeschäft in Sibirien mittlerweile eine wichtige Einnahmequelle dar. Der Bergbau ist dort nicht mehr das, was er mal war. Nach dem Ende der Sowjetunion ging es wirtschaftlich bergab. Der Region hilft es also sehr, dass man nun an das Elfenbein rankommt.

Aber, um die eigentliche Frage zu beantworten: Ja, ich finde es dekadent, Schmuck aus Mammutelfenbein haben zu wollen. Bei den Chinesen geht es auch ausschließlich darum. Es ist ein Statussymbol. Wenn man aber die Hintergründe kennt, sollte man einfach die Finger davon lassen. Ich hätte auch keine Lust, immer zu erklären, dass es kein "böses Elfenbein" ist.

Die Stoßzähne gehören in die Forschung. Sie haben abseits des materiellen einen viel höheren Wert. Und mir persönlich wäre es wirklich egal, aus welchen Material Schmuck ist. Er muss schön sein. Da reichen doch die Knochenschnitzereien, von denen Gerbera erzählt hat.

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» Bienenkönigin » Beiträge: 9448 » Talkpoints: 19,93 » Auszeichnung für 9000 Beiträge



Cid hat geschrieben:Und wer sagt denn überhaupt, dass diese Schmuckstücke wirklich aus dem Elfenbein der Stoßzähne von Mammuts gemacht wurde? So viel Elfenbein-Stoßzähne von Mammuts gibt es nicht.

Was die Menge an Stoßzähnen von Mammuts betrifft, habe ich keine Ahnung. Deswegen fällt es mir auch wirklich schwer, zu bewerten, ob es schädlich ist, dass daraus Schmuck gemacht wird, oder nicht. Wenn es diese Stoßzähne wirklich massenhaft gäbe, dann wäre das wohl nicht so schlimm. Beispielsweise gibt es ja auch bestimmte Ammoniten-Arten und Belemniten-Arten, von denen es etliche Exemplare gibt. Die kann man dann schon beispielsweise als Ring oder als Anhänger für eine Kette einfassen lassen. Da geht der Forschung nichts bei verloren.

Was aber bei selteneren Dingen natürlich der Fall wäre. Das wäre auch meine größte Kritik an diesem Mammutelfenbeinschmuck. Eigentlich sollten seltene Fossilien in der Forschung und im Museum landen, das ist definitiv auch meine Meinung. Aber wie es jetzt mit Mammutelfenbein aussieht, kann ich nicht im Geringsten einschätzen. Vielleicht hat hier jemand Anderes ja genauere Zahlen dazu?

Aber was jetzt die Unterscheidbarkeit oder Nicht-Unterscheidbarkeit von Mammutelfenbein und normalem Elfenbein betrifft: Ich glaube, die Gefahr, dass Elfenbein rezenter Elfanten genutzt wird und als Mammutelfenbein deklariert wird, besteht eher weniger. Gerade aufgrund der Illegalität ist heutiges Elfenbein auf dem Schwarzmarkt sicher extrem teuer. Wenn man Mammutelfenbein imitieren will, beziehungsweise einem Kunden etwas Anderes als Mammutelfenbein ausgeben will, dann könnte man sicher auch normale Knochen aus Schlachthöfen nehmen. Welcher Laie kann Elfenbein optisch von irgendwelchen Rinderknochen unterscheiden? Außerdem gibt es wohl auch noch eine bestimmte Holzart, die Elfenbein extrem ähnlich sieht.

Cid hat geschrieben:Vielleicht verlangt man für Knochen und Stoßzähne zu viel Geld, dass die Museen es sich nicht leisten können. Da wird bei einem stückweisen Verkauf wesentlich mehr herauskommen.

Das Geld ist immer das Problem. Viele Museen sind, was das betrifft, vollkommen mies dran. Da reicht das Geld teilweise kaum dazu, die bestehende Sammlung korrekt aufzubewahren und zu restaurieren, an Neukäufe ist da gar nicht zu denken. Schlimm, wenn dann bestimmte Fossilien eben an Reiche oder Neureiche verkauft werden, und dann dort im Wohnzimmer hängen, oder aber eben zu Schmuck verarbeitet werden, den man dann wissenschaftlich nicht mehr auswerten kann.

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» Wawa666 » Beiträge: 7277 » Talkpoints: 23,61 » Auszeichnung für 7000 Beiträge


Trotz Verbotes boomt der Handel mit Elfenbein aus Afrika. Anfang 2012 wurde in Kamerun in einem Nationalpark ein Massaker veranstaltet und 400 Elefanten mussten ihr Leben lassen. Auch wenn der Handel mit Elfenbein verboten ist, wird er illegal weiter betrieben. Das geht natürlich nur, wenn die Menschen diese Ware auch kaufen, leider tun sie es. Unterscheiden kann man das Elfenbein der Elefanten und Mammuts nur durch eine Infrarotspektroskopie, also nur Fachleute.

Interessant ist eine Meldung, dass die Wissenschaftler in Russland versuchen, ein Mammut zu klonen. In Sibirien wurde auf einer Insel ein vollständig durch den Permafrost erhaltenes Mammut ausgegraben, das sogar noch flüssiges Blut enthielt. Ein Glücksfund für die Wissenschaftler, die jedoch bezweifeln, dass das Klonen klappt.

Nach Schätzung sollen in Sibirien noch etwa 500.000 Tonnen des Mammut-Elfenbeins im Permafrost vergraben sein. Dort sind auch immer Glücksritter unterwegs, die sich einen Fund erhoffen. Je wärmer es wird, desto schneller werden die Knochen- und Elfenbeinfunde geborgen werden können. Aufgrund welcher Annahme das gesamte noch vergrabene Mammut-Elfenbein insgesamt so hoch eingeschätzt wird, kann ich nicht sagen. Aber für mich ist das utopisch.

» Cid » Beiträge: 20027 » Talkpoints: -1,03 » Auszeichnung für 20000 Beiträge


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